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Veröffentlicht am 15.06.2023

Charismatischer Ermittler

Düster ruht die See
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Ben Kitto ist als Kriminalbeamter auf seiner Heimatinsel tätig. Sein eher beschauliches Leben gerät nicht nur durch die bevorstehende Geburt seines ersten Kindes aus dem Gleichgewicht, sondern auch der ...

Ben Kitto ist als Kriminalbeamter auf seiner Heimatinsel tätig. Sein eher beschauliches Leben gerät nicht nur durch die bevorstehende Geburt seines ersten Kindes aus dem Gleichgewicht, sondern auch der Fund einer skelettierten Leiche sorgt für Wirbelauf der kleinen Insel. Als dann auch noch ehemalige Kollegen des Ermittlers ermordet werden sind alle in Alarmbereitschaft.

Das Buch ist bereits das sechste aus der Reihe um den Ermittler Ben Kitto und spielt auf den Scilly Inseln vor Cornwall. Ich kannte bisher noch keines der anderen Bücher und das ist wahrscheinlich letztlich auch der Grund, warum das Buch von mir einen Stern Abzug bekommt, den ich hatte ab und an etwas Probleme mit den Hintergründen und daraus resultierenden Handlungen der Figuren. Die Figur des Ben Kitto ist sehr komplex und hier hätten mir einige Vorkenntnisse wohl gut genützt.

Die Geschichte ist in zwei Handlungsstränge unterteilt. Es gibt den Leichenfund auf der Insel und die damit verbundenen Ermittlungen, bei denen gut die Eigenheiten der Inselbewohner ausgearbeitet sind und die Mordserie an den Kollegen Kittos aus dessen Undercover Zeit. In wie weit es hier Erwähnungen in den anderen Büchern gibt kann ich nicht sagen. Während dieser Handlungsstrang sehr spannend und brutal erzählt wird, sind die Ermittlungen auf der Insel eher etwas ruhiger und schwerfälliger dargestellt, gehen dafür aber mehr in die Tiefe.

Bei Ruby, dem Schatten aus Kittos Vergangenheit hingegen habe ich diese Tiefe etwas vermisst. Ihre Figur ist sehr zerrissen dargestellt, gequält, aber leider insgesamt zu flach und die Erklärung für ihr Verhalten war mir etwas zu viel Klischee, etwas zu sehr schwarz weiß.

Trotzdem war die Lektüre spannend, Handlung, Figuren und Schauplatz gelungen und ich habe das Buch gern gelesen. Ich denke Ben Kitto wird mir sicher nicht zum letzten mal über den Weg gelaufen sein.

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Veröffentlicht am 09.06.2023

Unterhaltsam

Foellig nerdiges Wissen
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Jeder kennt diese Situation, wenn in einem Gespräch plötzlich eine Person mit einer Info um die Ecke kommt, die so gar nichts mit dem Thema zu tun hat und eigentlich auch niemanden interessiert und bei ...

Jeder kennt diese Situation, wenn in einem Gespräch plötzlich eine Person mit einer Info um die Ecke kommt, die so gar nichts mit dem Thema zu tun hat und eigentlich auch niemanden interessiert und bei der man sich am Ende fragt, woher und warum weiß man sowas. Mit der Lektüre von Jens Foells Buch lernt man genau so eine Person kennen und entdeckt genau solche Fakten, eigentlich total sinnlos, aber dann auch irgendwie wieder total spannend und unterhaltsam.

Mich hat das Buch ein ums andere Mal zum schmunzeln gebracht, manche Infos waren vielleicht etwas ecklig (keine Angst, der Autor warnt vor) und auf manche hätte ich auch verzichjten können, aber der Großteil war durchaus interessant und spannend. Natürlich handelt es sich, wie groß auf dem Cover angekündigt, um Nerdwissen und so bleibt es nicht aus, dass man manchmal einfach nur Bahnhof versteht, aber der Autor schafft es eben mir sogar diesen Bahnhof noch witzig rüber zu bringen. Wenn das mit der Wissenschaft mal nicht mehr läuft kann er gut bauch Schriftsteller werden.

Ich bin jetz auf jeden Fall gerüstet, wenn demnächst die Gesprächstthemen ausgehen. Ich kann dann ganz locker von Nacktmullen dozieren, oder das total faszinierende Axolotl in den Raum werfen, ich kann vom Müll auf dem Mond erzählen, weiß, dass War of Warcraft auch in Sachen Pandemie einiges zu bieten hat und dass es Menschen gibt, die ein Glas mit Lamakacke auf dem Schreibtisch stehen haben. Spannend, oder!?

Wenn das Schulwissen ähnlich interessant erzählt würde wie hier, würde die Pisa Studie sicher besser ausfallen. Gern mehr davon, ich bin sicher der Autor hat noch einiges in Petto.

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Veröffentlicht am 29.05.2023

Roadtrip mit Gruselfaktor

Road of Bones – Straße des Todes
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Die Kolyma ist eine Straße im tiefsten Sibirien, obwohl Straße hier wahrscheinlich nicht unbedingt das beschreibt, was wir uns darunter vorstellen. Auf 1200 Meilen ist hier einfach eine Schotterschicht ...

Die Kolyma ist eine Straße im tiefsten Sibirien, obwohl Straße hier wahrscheinlich nicht unbedingt das beschreibt, was wir uns darunter vorstellen. Auf 1200 Meilen ist hier einfach eine Schotterschicht auf den Permafrostboden aufgebracht worden. Unter dieser Schotterschicht liegen die Überreste derer, die am Bau der Straße beteiligt waren, meist Gefangene aus den unzähligen Gulags, aber auch für Autofahrer wird die Kolyma oft zum eisigen Grab. Dieser Tatsache verdankt sie dann auch den Titelgebenden Beinamen Road of Bones, Straße der Knochen.

Autor Christopher Golden schickt seine beiden Protagonisten Teig und Prentiss auf einen Roadtrip der besonderen Art. Filmemacher Teig steckt finanziell in der Klemme und hofft mit einer Reportage über diese unwirtliche Gegend aus seinem Tief zu kommen. Prentiss, Freund und immer wieder Geldgeber von Teig ist hauptsächlich dabei, um seine Investition zu schützen.

Die Geschichte startet recht klassisch für diese Art Grusel mit einer Alltagssituation, der Leser erwartet in keiner Weise das, was später im Verlauf der Geschichte passiert. Ich mag diese vielleicht schon fast altmodische Art der Herangehensweise sehr, erinnert mich das Ganze doch etwas an Storys von Stephen King. Hier konkret musste ich stellenweise an seinen Roman "Duddits" denken.

In den ersten Kapiteln werden die wenigen beteiligten Figuren eingeführt. Hier hatte die Geschichte dann auch die ein oder andere Länge, einfach aber eben auch, weil man so gar nicht weiß, was der Autor einem eigentlich sagen will und dann, quasi aus dem Nichts, beginnt die Hetzjagd. Die Story spielt hier geschickt mit verschiedensten Horrorelementen, während manches recht detailliert beschrieben wird, bleibt anderes der Phantasie des Lesers überlassen. Bei einigen Szenen kam mir das Beschriebene etwas holprig daher, Handlungsabläufe vielleicht nicht unbedingt realistisch nachvollziebar. Wahrscheinlich würde einiges visuell besser funktionieren, aber das ist nur meine subjektive Meinung.

Das Buch vermischt recht spannend Legenden der indigenen Bevölkerung Sibiriens, mit ein bisschen Blair Wich Project und Reality TV Geisterjagd. Wer, wie ich, auf diese Art moderner Schauergeschichte steht, wird sich gut unterhalten fühlen.

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Veröffentlicht am 29.05.2023

Klimawandel

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
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"Wir sind alle Frösche in einem Topf, die nicht merken das sie gekocht werden." Diese sehr treffende Metapher liest man gleich mehrfach im Buch. Meist gebraucht Hauptfigur Tom sie um zu verdeutlichen, ...

"Wir sind alle Frösche in einem Topf, die nicht merken das sie gekocht werden." Diese sehr treffende Metapher liest man gleich mehrfach im Buch. Meist gebraucht Hauptfigur Tom sie um zu verdeutlichen, wie wir Menschen sehenden Auges in die Klimakatastrophe steuern. Die Erde wird sich, ebenso wie das Wasser im Kochtopf, immer mehr erwärmen, das Eis der Polkappen schmelzen, der Meeresspiegel ansteigen und laut Toms Prognose wird Politiker Causley dann nicht mehr im Wohnzimmer seines Hauses im kleinen englischen Küstenort St. Piran sitzen können, ohne zu ertrinken.

Genau dieses Szenario, Gegenstand einer aberwitzigen Wette zwischen dem jungen Studenten Tom und dem Klimawandelleugner Causley, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Anhand dieser Wette sind die Lebensläufe der Figuren miteinander verbunden und der Leser begleitet die beiden Männer. Immer wieder wird ihre Geschichte aufgegriffen, wobei es verschiedene, unterschiedlich große Zeitsprünge gibt. Über Jahrzehnte hinweg bekommen wir so immer wieder Einblicke in das Leben der Figuren, ihre Arbeit, ihre persönliche Entwicklung und auch in die vortschreitenden klimatischen Veränderungen.

Der Autor schickt uns Leser mit wunderschönen Worten an wunderschöne Orte und während er und oppulent von diesen Orten vorschwärmt mahnt er gleichzeitig wie fragil und zerbrechlich dies alles ist. Die Figur Tom ist hierbei der erhobene Zeigefinger, der oft sehr radikal und unverblühmt die Zukunft unseres Planeten aufzeigt, während der Politiker Causley stellvertretend für die Menschen steht, die die Klimakrise leugnen, gar für eine Verschwörung halten. Natürlich sind die Figuren hier vielleicht etwas überzeichnet, aber letztlich doch gar nicht so weit von der Realität entfernt. Auch die beschriebenen Klimafakten sind reale Probleme, die beschriebenen Szenarien längst keine bloße Utopie.

Das Buch verpackt eine eindringliche Message in eine teils durchaus ironische Geschichte. Der Stil des Autors macht das Lesen zu einem Erlebnis, ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen und habe es in einem Rutsch durchgelesen. Eine absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 23.05.2023

Kleinstadtleben

Dunkelzeit
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Alma und Clyle beschäftigen den jungen Hal auf ihrer Farm. Hal ist nach einem Unfall in seiner Kindheit geistig beeinträchtigt, führt aber trotzdem ein relativ selbstständiges Leben, hat seine Arbeit und ...

Alma und Clyle beschäftigen den jungen Hal auf ihrer Farm. Hal ist nach einem Unfall in seiner Kindheit geistig beeinträchtigt, führt aber trotzdem ein relativ selbstständiges Leben, hat seine Arbeit und seine Freunde. Als ihn zwei Kumpels zu einem Jagdausflug einladen ist er begeistert, allerdings läuft das Ganze nicht wie geplant.

Vorab! Schon das Cover des Buches gibt Hinweise auf das landwirtschaftlich geprägte Kleinstadtleben, das den Leser hier erwartet. Und eben dieses Kleinstadtleben, dieses spezielle soziale Gefüge, die Atmosphäre sind es auch, was das Buch vorrangig behandelt. Natürlich ist das Buch als Kriminalroman untertitelt und der Klappentext unterstreicht diesen Eindruck. Der Kriminalfall um die verschwundene Peggy ist dann auch Thema, allerdings nicht in dem Maße, wie man es in einem klassischen Krimi erwarten würde.

Ich würde das Buch eher in die Kathegorie Milieustudie, oder Gesellschaftsdrama einordnen. Die Figuren sind gefangen in den festgefahrenen Strukturen ihres Umfelds. Lebensläufe scheinen vorgezeichnet, Andersartigkeit wird zwar oberflächlich akzeptiert, aber immer auch argwöhnisch beäugt. So verwundert es den Leser nicht, dass recht schnell nach dem Verschwinden der jungen Frau der "Dorftrottel" als Täter präsentiert und vorverurteilt wird. Hier zeigt die Autorin dann auch ihre Stärken, denn das Verhalten der Figuren ist hier sehr klar und treffend gezeichnet.

Großen Raum in der Geschichte nimmt die Beziehung von Alma und Ehemann Clyle ein. Bei den Bemühungen Hal zu verteidigen kommen die Beiden nicht umhin ihre Beziehung zueinander zu überdenken. Der Leser nimmt hier an der Aufarbeitung lang verdrängter Gefühle teil und erlebt eine Ehe auf dem Prüfstand. Hier ist man als Leser manchmal etwas von den Figuren und ihrerm "herumgeeiere" genervt, aber letztlich passt das ganz gut, den so sind die Charaktere eben. Einen erfrischenden Kontrast dazu bietet die Figur von Milo, dem Bruder der verschwundenen Peggy, der in seiner Trauer so echt ist und mit seiner kindlichen, aber gleichzeitig so reifen Art hinter die Fassade der Erwachsenen blickt und so letztlich als Erster die Wahrheit erkennt. Allein das macht den Roman sowas von lesenswert.

Der Roman lebt von den leisen Tönen, das kleinstädtische, landwirtschaftliche Leben Mitte der achtziger Jahre wird treffend dargestellt, die Träume und Hoffnungen der Jugendlichen ebenso, wie das Hadern der Erwachsenen mit verpassten Möglichkeiten und Chancen. Wer hier einen spannungsgeladenen Krimi erwartet wird enttäuscht sein, wer sich aber auf die Geschichte einlässt und einen Blick unter die Oberfläche riskiert, wird sich gut unterhalten fühlen. Eine absolut lesenswerte Milieustudie mit starken Figuren. Der Stern Abzug bezieht sich nur auf die, für mich falsche, Genrezuordnung des Buches.

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