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Veröffentlicht am 02.09.2021

Sehr gute Ansätze, aber auch einige Schwächen

Eskalation
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Dina will eigentlich nur schnell nach Hause fahren, doch ein Mann hat sie auf dem Handy angerufen und bedroht sie. Er fährt hinter ihr her und zwingt sie nach seinem Willen durch die Gegend zu fahren – ...

Dina will eigentlich nur schnell nach Hause fahren, doch ein Mann hat sie auf dem Handy angerufen und bedroht sie. Er fährt hinter ihr her und zwingt sie nach seinem Willen durch die Gegend zu fahren – ein echter Alptraum. Dina weiß nicht, wie sie sich verhalten soll, dann gerät sie in eine Polizeikontrolle und das reinste Chaos bricht aus. Dina verschwindet, ihr gesamtes Umfeld wird von der Polizei durchwühlt, aber sie bleibt verschwunden…

Der Plot und die Leseprobe haben mich so angesprochen, dass ich gar nicht mehr lange überlegen musste, schon befand sich das Buch im Warenkorb. Anfangs hat mich die Geschichte auch extrem gefesselt und ich kann schon verraten: Das Gefühl hielt lange an, aber es wurde nach und nach leider deutlich schwächer.

Was hat Dina getan, um so bedroht zu werden? Was ist die Motivation des Täters? Wird Dina noch gerettet werden? Fragen über Fragen, die sich nach und nach ergeben und auf die ich natürlich eine Antwort haben wollte. Ich tappe sehr lange im Dunklen, hatte den einen oder anderen Verdacht. Mit manchem lag ich auch richtig, allein die tatsächlichen Hintergründe, darauf wäre ich im Leben nicht gekommen. Und hier liegt auch einer meiner Kritikpunkte, den ich, um Spoiler zu vermeiden, nicht richtig ausarbeiten kann, aber so viel: Die Ausgangslage hat richtig Potential, und der Mittelteil war auch mehrheitlich richtig gut, während die Tätermotivation und das Ende insgesamt dann doch etwas dürftig waren, teils fand ich es auch einfach nicht ganz nachvollziehbar. Und dazu wirkte es auf mich auch ziemlich konstruiert. Der ach so übermächtige Täter ging mit gelegentlich auf die Nerven und wirkte nicht immer glaubwürdig.

Die Geschichte ist in weiten Teilen sehr spannend und durch die meist kurzen Kapitel, zahlreiche Cliffhanger und das Tempo einfach kaum aus der Hand zu legen. Das Tempo ist hoch und gefallen haben mir auch die verschiedenen Perspektiven, die ein ganzheitliches Bild ergeben und z.B. auch die Ermittlungen genauer beschreiben. Das Geschehen nimmt auch schnell Fahrt auf und der Stil ist insgesamt gut, mit kleineren Ausnahmen, die jedoch nicht so sehr ins Gewicht fallen. Die Charaktere fand ich ausbaufähig, aber beim Lesen hat es nicht gestört, dass sie vielleicht noch etwas mehr Potential gehabt hätten. Aber und das fand ich richtig gut: Man bekommt einmal vor Augen geführt, was passieren kann, wenn man zu sorglos mit seinen persönlichen Daten umgeht…

Veröffentlicht am 24.08.2021

Spannende Familiengeschichte aus zwei gegensätzlichen Blickwinken

Wellenflug
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Anna Reichenheim ist jüdischen Ursprungs und in ihrer Zeit war es eminent „richtig“ zu heiraten. Genau das ist ihr gelungen und sie gebar einige Kinder, um deren Wohl sie ständig gemüht war. Einzig der ...

Anna Reichenheim ist jüdischen Ursprungs und in ihrer Zeit war es eminent „richtig“ zu heiraten. Genau das ist ihr gelungen und sie gebar einige Kinder, um deren Wohl sie ständig gemüht war. Einzig der Älteste schlägt aus der Reihe und vergnügt sich lieber im nächtlichen Treiben Berlins. Dort trifft er auf Marie, eine junge Frau, die alles andere als standesgemäß, aber herzensgut ist. Reibereien und Streit innerhalb der Familie sind vorprogrammiert.

In ersten Teil geht es um die Geschichte Annas, die als Kind schon irgendwie ihren eigenen Kopf hatte und sehr gerne mit dem Vater im Kontor unterwegs war – auch wenn die Mutter das nicht sehr gerne sah. Mit dem Tod ihrer Schwester muss Anna schnell erwachsen werden. Fortan wurde Wert daraufgelegt, dass sie standesgemäß heiraten wird und einen großen Haushalt führen kann. Anna findet dann tatsächlich einen passenden Mann, den sie auch gernhat, doch Adolph Reichenheim war immer schon kränklich und verstirbt früh. Dessen Bruder nimmt jedoch seine Stelle ein und Anna lebt mit ihren Kindern wohlhabend mitten in Berlin. Immer mehr Kinder kommen zur Welt und alle sind wohl geraten – nur der älteste Sohn Heinrich hat nur Flausen im Kopf. Statt im Textilbetrieb seines Vater zu arbeiten oder anderweitig Karriere zu machen, ist er auf seinen Lustgewinn aus und schert sich nicht um Familientraditionen.

Im zweiten Teil geht es um Marie, die aus ärmlichen Verhältnissen stammt und die es auch in Berlin nicht so richtig voran schafft, trotz ihrer Bemühungen. Sie trifft auf Heinrich und Welt prallen aufeinander. Marie heiratet Heinrich, obwohl einiges im Argen liegt und sie nicht von dessen Mutter akzeptiert wird. Die beiden Frauen sind so unterschiedlich in ihrem Denken und Handeln, sind dazwischen nicht nur eine Generation, sondern eben auch eklatante Standesunterschiede, die unüberbrückbar scheinen.

Beide Frauen sind etwas Besonderes und ich mochte auch beide, denn aus ihrem Blickwinkel betrachtet haben sie immer nur das Beste gewollt und versucht. Im ersten Teil war mir Anna ziemlich sympathisch und man verstand ihre Beweggründe sehr gut anhand ihrer Biografie. Auch Annas Handeln ist verständlich – nur in der Geschichte der jeweils anderen hält sich die Sympathie dann in Grenzen. Hier wird sehr deutlich, dass an dem Spruch – „Bevor du urteilst, ziehe meine Schuhe an und gehe meinen Weg“ – schon einiges dran sein kann.
Besonders reizvoll ist natürlich, dass der Geschichte reale Personen und Ereignisse zu Grunde liegen und die Geschichte somit noch deutlich mehr Tiefe hat, als ein rein fiktionale. Die Verbindung der beiden Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten, eingebettet in den historischen Hintergrund, der immerhin die beiden Weltkriege beinhaltet, ist richtig gut gelungen.
Der Schreibstil ist ansprechend, fesselnd, spannend und unterhaltsam. Die Autorin schafft es, trotz schier endloser Figuren, die wesentlichen Charaktere so gut zu beschreiben, dass man sie auseinanderhalten kann. Die Entwicklung des Nationalsozialismus ist sehr gut nachvollziehbar dargestellt, auch das manche eben nicht direkt verstanden, wie schlimm noch alles werden würde.

Mich hat das Buch wirklich begeistert und ich empfehle es daher auch gerne weiter, besonders an Leser mit Faible für besondere Familiengeschichten.

Veröffentlicht am 14.08.2021

Neue Lieblingsautorin

Der Mauersegler
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Arzt Prometheus ist am Boden zerstört und weiß weder ein, noch aus. Völlig planlos ist er geflüchtet, vor den Ereignissen in seiner Umgebung, aber auch sich selbst und seiner tiefen Schuld. Er strandet ...

Arzt Prometheus ist am Boden zerstört und weiß weder ein, noch aus. Völlig planlos ist er geflüchtet, vor den Ereignissen in seiner Umgebung, aber auch sich selbst und seiner tiefen Schuld. Er strandet in Dänemark und trifft dort auf zwei besondere Frauen.

Prometheus, eigentlich Marvin, ist seit seiner Kindheit mit Jakob befreundet. Sie sind immer gemeinsam durch dick und dünn gegangen. Nun ist Jakob an Blasenkrebs erkrankt, und es haben sich auch schon Metastasen gebildet. Prometheus, ein engagierter Arzt, hat gerade eine Studie am Laufen, die sich genau mit dem Krankheitsbild beschäftigt. Anstelle von Chemo forscht er mit Immuntherapien und schleust Jakob in die Studie ein. Die scheint nicht so anzuschlagen und es wird wirklich dramatisch.

Eigentlich hatte ich genug von Krebsbüchern (vor ein paar Jahren hatte ich ständig welche gelesen), aber hier mache ich natürlich eine Ausnahme. Die Autorin hat einen bemerkenswerten Schreibstil. Man liest sich schnell fest, zum einen aufgrund der Geschichte als solcher, aber auch weil sie eine gelungene Mischung aus humor- und gefühlvollen Momenten bietet. Die Kapitel sind kurz und man will unbedingt mehr erfahren, zudem ist ihre Schreibe einfach sehr locker und leicht zu lesen. Auch die verschiedenen Zeitebenen sind gut kombiniert. Lange ist auch unklar wo genau Prometheus einen Fehler gemacht haben will. Erst nach und nach wird immer mehr erkennbar und man fragt sich: Was hätte ich getan? Kann man Prometheus Handeln nachvollziehen? Bis zu welchem Punkt? Das Buch zeigt sehr deutlich: Gut gemeint ist nicht gut gemacht.
Jasmin Schreiber hat das Zeug zu einer Lieblingsautorin mit ihrem schönen Stil, dem man immer wieder anmerkt, dass sie auch Biologin ist. Und das ist im positivsten Sinne gemeint, denn man erfährt hier nicht nur über den Mauersegler so einiges.

Mich hat das Buch einfach begeistert, ich freue mich schon auf die nächste Geschichte der Autorin und empfehle diese solange weiter, auch wenn es alles andere als leichte Kost ist.

Veröffentlicht am 13.08.2021

Licht und Schatten

Diabolic – Fatales Vergehen
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Ruth, Shiloh und Kat baden als Jugend nachts nackt in einem kleinen See und werden dabei beobachtet. Als wäre das nicht genug, greift der Täter an und vergewaltigt Ruthie, die Tochter des Pfarrers. In ...

Ruth, Shiloh und Kat baden als Jugend nachts nackt in einem kleinen See und werden dabei beobachtet. Als wäre das nicht genug, greift der Täter an und vergewaltigt Ruthie, die Tochter des Pfarrers. In letzter Sekunde können die Mädchen noch schlimmeres verhindern und flüchten. 15 Jahre später sind sie alle wieder zurück in der Kleinstadt. Es verschwindet ein Mädchen und das Geheimnis aus der Vergangenheit scheint ans Licht zu kommen, muss es vielleicht sogar, um den Täter zu stoppen.
Ich fand es nicht so ganz nachvollziehbar und auch nicht wirklich authentisch, dass die Mädels wirklich 15 Jahre über das Erlittene schwiegen. Wie konnten das die Eltern nicht merken? Klar, jede von ihnen hatte Eltern, die etwas speziell waren bzw. anderes um die Ohren hatten, und dennoch. Auch andere Bezugspersonen, wie beispielsweise Lehrer scheinen nicht gemerkt zu haben, dass da was ganz böse schiefgelaufen ist. Und Geheimnisse - die kommen doch eigentlich auch immer wieder raus. Aber nun gut, wenn man das als gegeben annimmt und sich nicht weiter daran stört, dann stellen sich doch direkt einige spannende Fragen. Wer hatte Ruthie damals vergewaltigt? Ist er auch am Verschwinden der anderen Mädchen beteiligt? Ist er noch aktiv?

Die Geschichte wird aus drei Perspektiven geschildert. Da ist die taffe Shiloh, die damals nach den Ereignissen abgehauen ist und nun zurückkehrt, auch die Pfarrerstochter Ruthie hatte der Stadt den Rücken gekehrt und ist nun wieder mit ihrer Tochter zurückgekommen. Und dann gibt es noch Kat, die in die Fußstapfen ihres Vaters getreten ist und als Polizistin in der Kleinstadt tätig ist. Nun treffen sie alle wieder zusammen und nicht nur das – auch der Täter scheint noch aktiv zu sein. Was tun? Spätestens als die drei Frauen direkt bedroht werden, wird klar: Das Schweigen muss ein Ende haben. Können die drei noch das jüngst entführte Mädchen retten?

Weitere Kritikpunkte: Zum Ende hin ging es dann ein bisschen arg schnell und plötzlich ist alles klar. Da hätte ich ein wenig mehr erwartet, zumindest etwas mehr zum Motiv des Täters. Und dann sind die Männer allesamt so dermaßen potent und unersättlich. Irgendwann musste ich doch mit den Augen rollen und hatte echt genug von den Liebesszenen, die einander die Hand reichten. Klar- es darf zwischendurch auch mal gerne die eine oder andere Bettszene kommen, wenn es passt, dann ist das kein Problem. Hier erschien es mir aber sowas von zwanghaft die Protagonistinnen in Action zu erleben. Da hätte ich mir doch lieber mehr Thriller gewünscht. Da die Geschichte als solche gut war, ich es – bis auf einige Stellen gerne gelesen habe - und der Schreibstil auch weitgehend gelungen, gibt es dann 3,5 Sterne.

Veröffentlicht am 11.08.2021

Familiengeschichte im politischen Milieu

Heimatsterben
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Familienoberhaupt Tilde hatte den zweiten Weltkrieg mit einem Säugling an der Seite überlebt, doch nun ist ihre Zeit gekommen. Als sie stirbt, bittet sie ihre Enkelin Hanna auf deren Schwester aufzupassen. ...

Familienoberhaupt Tilde hatte den zweiten Weltkrieg mit einem Säugling an der Seite überlebt, doch nun ist ihre Zeit gekommen. Als sie stirbt, bittet sie ihre Enkelin Hanna auf deren Schwester aufzupassen. Aus gutem Grund, denn Hannas Schwager hat große politische Pläne.

Familiengeschichten, dazu noch in einem politischen Kontext eingebettet, sind genau mein Ding, darum war schnell klar: Das Buch muss ich haben und ich kann schon direkt verraten, dass das Buch meinen Erwartungen weitgehend entsprach.
Der Schreibstil ist rund und somit lässt sich das Buch fast in einem Rutsch lesen, zumal man sich immer wieder fragt, wohin alles führen wird. Die Protagonisten, allen voran Hanna sind schnell eingeführt und man hat direkt ein Bild vor Augen. Die Familienkonstellationen werden gut nachvollziehbar geschildert – notfalls kann man ja auch mal bei dem optisch schön in Szene gesetzten Stammbaum nachsehen. Manche Charaktere bleiben etwas blasser, aber ihre Beweggründe werden offensichtlich und darauf kommt es letztlich an. Wie alles ineinandergreift fand ich nachvollziehbar und vieles auch ein wenig absehbar, aber das tat der Geschichte keinen Abbruch.

Überrascht hatte mich ein wenig, dass die Geschichte in der Zukunft spielt, aber das hat auf jeden Fall einen Reiz, denn aktuelle Entwicklungen können somit „weitergesponnen“ werden und es zeigt sich, was passieren könnte. Dabei sind die Entwicklungen teils wirklich sehr dramatisch, aber nicht völlig utopisch, wenn man sich mal so manches genauer ansieht und gewisse Tendenzen in mancher Bevölkerungsschicht mal genauer unter die Lupe nimmt. Und was das Buch auch eindrücklich zeigt: Man kann seine moralischen Vorstellungen haben und doch in Geschichten reingezogen werden, die den eigenen Vorstellungen eigentlich widersprechen. Und wenn man dann einmal drin hängt….

Die Familiengeschichte ist konstant Thema, aber immer und immer wieder wird das politische System gekonnt eingebunden und die Geschichte vorangetrieben, teils mit Rückblicken in die jüngere Vergangenheit, teils bis zurück in den zweiten Weltkrieg und die Flucht Tildes. Dann gibt es auch noch weitere Themenkomplexe, wie Homosexualität, was macht die Macht mit Menschen, wie arbeitet der Wiederstand und so vieles mehr – was in Summe ein gutes, stimmiges Gesamtbild ergibt. Wenn schon die Rede von „Bild“ ist, dann muss ich auch mal eine Ausnahme machen und etwas zu Cover sagen: Es passt extrem gut und auch wenn es sicher erst einmal nicht ganz so schön wirkt – es hat seinen Reiz.

Es ist ein fiktionales Werk, ein Gedankenspiel, wie sich unsere nähere Zukunft entwickeln könnte, dass ich sehr gerne weiterempfehle und mich sicher immer wieder zum Nachdenken anregen wird.