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Veröffentlicht am 15.04.2020

Nicht nur für passionierte Wanderer geeignet

Die Kunst des stilvollen Wanderns – Ein philosophischer Wegweiser
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Ein fast 100 Jahre alter Wegweiser zum Wandern. Kann man damit wirklich heute noch was anfangen? Eindeutig ja, selbst wenn man dem Wandern nicht so sehr zugeneigt ist, wie das der Autor war, kann man einiges ...

Ein fast 100 Jahre alter Wegweiser zum Wandern. Kann man damit wirklich heute noch was anfangen? Eindeutig ja, selbst wenn man dem Wandern nicht so sehr zugeneigt ist, wie das der Autor war, kann man einiges rund um das Thema Wanderlust (-frust, wenn man es falsch angeht) aus dem Buch mitnehmen.


Was benötigt man, um weite Strecken zurückzulegen? Welche Eigenschaften und Ausrüstung machen das Wandern zu einem Genuss, bei dem auch philosophische Überlegungen ganz von allein kommen, weil man sich dem Wandern einfach hingeben kann? Diesen, wenn auch teils banalen Fragen, wie dem richtigen Schuhwerk und vielen weiteren Fragen geht der Autor nach. Wunderschön fand ich auch die Landschaftsbeschreibungen und die Eigenarten verschiedener Menschen, die der Autor kennengelernt hat.
Nicht alle Kapitel haben mich gleichermaßen gefesselt, dafür haben es andere geschafft mich zu fesseln, dabei hätte ich nicht gedacht, dass mich Überlegungen zu Tabak interessieren könnten.

Wochen oder gar Monate zu wandern, ohne Zelt unter freiem Himmel zu schlafen und ähnliches werde ich auch nach der interessanten Lektüre ganz sicher nicht nachmachen, aber es hat mich sehr unterhalten, was der Autor erlebt hat und welche Tipps er gibt, selbst wenn sie heute so nicht mehr umsetzbar/nötig sind, trotzdem hat überraschend vieles heute noch Gültigkeit, beispielsweise die Überlegungen zu den Weggefährten. Und ich habe auch einen ganz konkreten Tipp mitgenommen, den ich bei nächster Gelegenheit mal ausprobieren werden – das Wandern in einer Stadt im Zick-zack-Kurs.

Die Sprache ist leicht verständlich und hat nichts übermäßig Antiquiertes an sich. Zahlreiche Bezüge sind heute vielleicht nicht mehr so verständlich doch dafür gibt es einen schönen Anhang, der nach Kapiteln unterteilt weitere Informationen und Erklärungen bietet. Zudem hat es der Autor tatsächlich mehrfach geschafft mich zum Lachen zu bringen, während mich das Kapitel „Fremde“ nicht selten ob der ganzen Vorurteile den Kopf schütteln ließ (nicht über den weltoffenen Autor!)

Das edel gestaltete Buch dieses Globetrotters ist ein besonders schönes Geschenk für Wanderer.

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Veröffentlicht am 15.04.2020

Fesselnde Geschichte unter dem Deckmantel der Forschung

Die Tanzenden
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Das Hôpital de la Salpêtrière ist Ende des 19. Jahrhunderts der Platz für jene Frauen, die als geisteskrank, gestört und von der Norm abweichend, gelten. Darunter sind gefährliche Frauen, aber auch solche, ...

Das Hôpital de la Salpêtrière ist Ende des 19. Jahrhunderts der Platz für jene Frauen, die als geisteskrank, gestört und von der Norm abweichend, gelten. Darunter sind gefährliche Frauen, aber auch solche, die man(n) loswerden wollte. So landete auch die lebensfrohe, wenn auch in der Familie schon immer kritisch beäugte Eugénie dort, weil sie ihrer Großmutter gestand Geister zu sehen. Sowas kann die Familie nicht dulden, daher muss sie weg. Aufseherin Geneviève merkt schnell, dass Eugénie nicht krank ist. Auch die anderen Frauen, die auf nichts mehr hoffen dürfen und sich immer auf die Bälle, bei denen sie der Öffentlichkeit präsentiert werden, freuen, merken das schnell.

Gehört und ein wenig gelesen hatte ich schon im Vorfeld von den Bällen, bei denen die Oberschicht sich an den „Geisteskranken“ ergötzt hat, doch nie hatte ich so ein Buch in den Händen. Wie unter dem Deckmantel der Forschung Frauen unter unmenschlichen Bedingungen gehalten wurden, wie sich Männer unliebsamer Frauen und Töchter entledigten – das ist einfach furchtbar. Trotzdem kann und will man das Buch nicht mehr aus den Händen legen. Man fiebert mit Eugénie mit, hofft und bangt, verteufelt die Großmutter und den Vater, die ihr Vertrauen so mit Füßen getreten haben und muss gleichzeitig die Stärke der jungen Frau bewundern. Dass Männer einfach so Frauen als geisteskrank deklarieren und somit abschieben konnten, ist furchtbar.


Dass die Frauen wie Tiere im Zoo gehalten und präsentiert wurden, ist nahezu unglaublich und aus heutiger Sicht ein absolutes No-Go. Gaffer sind also keine neue Erscheinung. Das menschliche Elend hat schon immer eine gewisse Klientel angesprochen.

Der Blick hinter die Mauern, die Auseinandersetzungen der Frauen untereinander und die „Forschungsmethoden“ werden sehr gut geschildert. Eugénie wehrt sich gegen all das, möchte die althergebrachte Ordnung zwischen Mann und Frau nicht akzeptieren und versucht nicht in dem Krankenhaus, ob der Umstände, tatsächlich noch krank zu werden. Doch nicht nur Eugénies Schicksal, auch das anderer Frauen wird geschildert. Manche haben Gewalt durch Männer erfahren und einige sind dadurch auch sicherlich wirklich erkrankt, aber sie hätten auf jeden Fall etwas anderes verdient, als Behandlungen dieser Art.

Die einzige Frau in der Geschichte, die völlig anders erscheint, ist Aufseherin Geneviève, die dafür sorgt, dass nicht alles im Chaos versinkt. Auch wenn sie das gut erledigt(und bei mir nicht immer mit ihrer Art punkten konnte), hat auch sie ihre Schwierigkeiten mit den Männern, die nicht folgenlos bleiben…
Der Schreibstil ist fesselnd, manchmal habe ich Sequenzen aber auch zweimal gelesen. Es war einfach fast zu ungeheuerlich, was die Autorin geschildert hat, sodass ich sicher gehen musste nichts falsch verstanden zu haben – hatte ich leider nicht…und wenn man dann ein wenig noch recherchiert und feststellt, dass der Roman zwar fiktiv ist, die Behandlungen aber genauso abliefen, wird man zornig, wütend und ist irgendwann der Überzeugung, dass die wahrhaft Gestörten nicht innerhalb der Krankenhausmauern zu finden waren. Zu den meisten Frauen bekommt der Leser schnell eine Verbindung und man hofft, dass das jeweils Beste doch bitte eintreten möge.

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Veröffentlicht am 15.04.2020

Vier Fragen für den inneren Kompass

Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich Von einer Begegnung, die alles veränderte
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Eine überforderte Frau, die nicht mehr so ganz zufrieden ist mit ihrem Leben, obwohl sie von außen betrachtet alles hat, ein schönes Haus, einen Mann, Kinder, Job – und trotzdem passt einfach irgendwas ...

Eine überforderte Frau, die nicht mehr so ganz zufrieden ist mit ihrem Leben, obwohl sie von außen betrachtet alles hat, ein schönes Haus, einen Mann, Kinder, Job – und trotzdem passt einfach irgendwas nicht, denn der Stress dominiert ihren Alltag. Wie diesem Stress begegnen? Was den Leser erwartet, ist im Titel schon sehr treffend und prägnant zusammengefasst.


Sicher geht es ganz vielen Menschen in unserer Leistungsgesellschaft so. Man hat eigentlich alles was man braucht, die Familie ist gesund, man ist finanziell abgesichert und lebt in einem schönen Haus mit Garten. Das klingt erst einmal ganz erstrebenswert, doch ein Blick hinter die Fassade reicht, um zu erkennen, dass die Protagonistin (ohne Name) unglücklich, gestresst und gehetzt ist. Eines Tages geht gar nichts mehr und sie spaziert in den Wald ihrer Kindheit, in dem sie zahllose glückliche Stunden verbracht hat. Dort trifft sie auf eine alte Frau, die ihre nach und nach – mittels vier Fragen- die Augen für das Wesentliche öffnet.

Diese vier Fragen, die ich hier nicht verraten werde, die aber den inneren Kompass wieder ins Lot bringen sollen, sind nun nicht unbedingt neu, allerdings lohnt es sich, diese Fragen sich selbst auch einmal ehrlich zu stellen. Ganz so wie es die Protagonistin tut, der es auch nicht immer auf Anhieb gelingt alles umzusetzen, aber daran arbeitet. Ganz so einfach wie im Buch wird es im „echten“ Leben nicht sein, aber es könnte einen Anstoß für Leser bieten es zumindest zu versuchen.

Ein bisschen war es zum Ende hin durchschaubar, daher ziehe ich einen Stern ab, insgesamt hat mich die Geschichte aber unterhalten und auch zum Nachdenken gebracht.
Der Schreibstil ist sehr flüssig und entwickelt nach wenigen Seiten schon einen gewissen Sog, sodass man im Nu den Text gelesen hat – das „Setzen“ und eventuelle Umsetzen des Inhaltes dauert dann schon wieder länger. Das Reflektieren eigener Verhaltensweise wird in jedem Fall unterstützt.

Das kleine Büchlein ist obendrein noch wunderbar illustriert und bietet sich auch als Geschenk wunderbar an – selbst wenn die Beschenkte Person sonst eher weniger liest, weil diese beispielsweise immer so im Stress ist….

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Veröffentlicht am 15.04.2020

Eiskalt erwischt - Neues Lieblingsbuch

Marianengraben
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Paula hat ihren kleinen Bruder verloren und ist in eine tiefe Depression gestürzt aus der sie einfach nicht mehr rauskommt. Schuldgefühle und der Verlust machen ihr das Leben schwer bis unerträglich. Durch ...

Paula hat ihren kleinen Bruder verloren und ist in eine tiefe Depression gestürzt aus der sie einfach nicht mehr rauskommt. Schuldgefühle und der Verlust machen ihr das Leben schwer bis unerträglich. Durch einen Tipp ihres Therapeuten unternimmt sie eine waghalsige Aktion, bei der sie auf Helmut trifft, einen alten Mann, der eine Mission zu erfüllen hat.


Die ersten Seiten waren nur tieftraurig und haben mich schon zweifeln lassen, ob das Buch das richtige für mich ist, doch dann kam ein Twist, den ich so nicht vermutet hatte und mit dem Auftauchen Helmuts war es um mich geschehen. Es war eine solch irrwitzige Begegnung, dass ich unbedingt wissen musste, wie das weitergeht und ich wurde nicht enttäuscht. Der Roadtrip, zu dem die beiden so unterschiedlichen Charaktere aufbrechen, ist unterhaltsam, emotional und einfach herrlich. Paula beginnt aufzublühen, wenn sie auch immer wieder von der Trauer um ihren kleinen Bruder nach unten gezogen wird und der trockene Humor Helmuts, der die Sachen direkt beim Namen nennt und gleichzeitig für sich auf seine Privatsphäre pocht, machen die Geschichte zu etwas besonderem. Das Buch stimmt nachdenklich, ist oft lustig, nicht selten abenteuerlich (an manchen Stellen wurde auch ganz schön dick aufgetragen) und hat mich einfach sofort für sich eingenommen. Feinfühlig tastet sich die Autorin immer weiter voran, unterbricht sich gekonnt mit Situationskomik, wenn es zu emotional werden könnte und hat ihrer Geschichte ein wunderbares Setting ausgesucht.

Die Bezüge zur Biologie fand ich immer wieder unterhaltsam und spannend. Sie passten auch vortrefflich in diese besondere Geschichte, wie auch die philosophisch anmutenden Passagen. Tiefgründig, wie der Marianengraben aus dessen dunklen Tiefen im Laufe der Geschichte ausgestiegen wird und immer mehr Licht ins Leben kommt.

Mich hat das Buch sehr berührt und nicht nur einmal musste ich pausieren, weil mir Tränen in den Augen standen – für mich äußerst untypisch. Ja, ich lache gerne beim Lesen und hatte hier auch nicht selten die Gelegenheit dazu, aber nah an Wasser gebaut, wie Paula, bin ich eigentlich nicht und trotzdem hat es mich mal da, mal dort eiskalt erwischt.

Und nicht nur deshalb hat sich das Buch zu einem meiner Lieblingsbücher entwickelt, welches ich gerne weiterempfehle!

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Veröffentlicht am 15.04.2020

Anders als erwartet, aber empfehlenswert

Die Schlange von Essex
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Cora Seabornes Mann stirbt und sie ist mit ihrem Sohn allein. Doch statt betrübt zu sein, beginnt die gut situierte Frau ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu leben. Ihr Interesse an wissenschaftlichen ...

Cora Seabornes Mann stirbt und sie ist mit ihrem Sohn allein. Doch statt betrübt zu sein, beginnt die gut situierte Frau ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu leben. Ihr Interesse an wissenschaftlichen Themen führt in das kleine Dorf Aldwinter, denn dort geht das Schauermärchen der Schlange von Essex um. Gibt es tatsächlich ein Ungeheuer oder lassen sich die Geschehnisse leicht erklären?

Man muss ein gewisses Interesse an der viktorianischen Zeit mitbringen und auch Interesse an den Charakteren entwickeln, um Freude an dem Buch zu entwickeln. Mir ist das weitgehend gelungen, unter anderem, weil mich nach einer gewissen Eingewöhnungszeit die gut aufgebauten Charaktere und ihre Entwicklung sehr interessierten. Besonders zu nennen sind hier Cora und ihr „Gegenpart“, der Pfarrer William. Darüber hinaus war auch die Frage nach der Schlange nicht uninteressant. Beeindruckt hat mich weiterhin, dass neben den zentralen Themen wie Wissenschaft und Religion so viele gesellschaftliche Themengebiete angeschnitten worden sind, wie beispielsweise die Wohnsituation der armen Bevölkerung. Natürlich kommt auch das Zwischenmenschliche nicht zu kurz von Freundschaften bis hin zur Liebe in jeglicher Form.
Herausragend ist der Schreibstil, der zum genussvollen Lesen einlädt und die Welt um einen herum auszuschalten scheint.

Unter dem Strich hat das Buch zwar nicht ganz meinen Erwartungen entsprochen, denn den Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft war nicht so zentral, wie ich das erwartet hatte, jedoch war ich trotzdem recht angetan.