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Veröffentlicht am 03.09.2019

Literarisches Perlchen

Der Sprung
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Eine Frau steht auf einem Dach und scheint springen zu wollen, doch sie tut es nicht. Stattdessen hält sie Rettungsdienste, Polizei, Einwohner und Medien auf Trab, indem sie das Dach beginnt abzudecken ...

Eine Frau steht auf einem Dach und scheint springen zu wollen, doch sie tut es nicht. Stattdessen hält sie Rettungsdienste, Polizei, Einwohner und Medien auf Trab, indem sie das Dach beginnt abzudecken und dergleichen. Die Polizei versucht ihr Bestes, um die Frau vom Dach zu bekommen, aber eine Entscheidung gibt es erst am zweiten Tag… Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das Umfeld der Frau, aber auch Anwohner und Polizisten bewegt das Geschehen.


Diesem Buch kann man, oder zumindest ich, mit einer Rezension kaum gerecht werden, denn es ist so grandios konstruiert, teils mutig und beeindruckend, sodass ich einfach versuche spoilerfrei meine Eindrücke zu schildern.


Der Geschichte lässt sich leicht folgen, obwohl extrem viele Personen mitten im Geschehen sind und auch deren Vergangenheit eine teils große Rolle spielt. Der Leser bemerkt schnell, dass man Menschen nicht in Schubladen stecken sollte, solange man sie und ihre Geschichte nicht kennt. Alle Charaktere sind mehr oder weniger lose miteinander verbunden. Einige kennen sich persönlich, andere haben nur einen Bezug zu dem Haus auf dem die Frau steht und zu springen droht. Ihre Beschreibungen sind sehr gelungen und haben jeden einzelnen authentisch und doch individuell wirken lassen, sodass man sie gut auseinanderhalten konnte. Es gibt jedoch nicht nur Menschen, die unter dem Geschehen leiden, sondern sogar solche die profitieren.
Furchtbar, aber sehr gut geschildert finde ich die Zuschauer des Spektakels. Diese Gafferei, die sogar dazu führt, dass manche wünschten, die Frau würde springen – eigentlich unfassbar, aber man weiß ja, dass das heute durchaus realistisch ist. Es gibt aber noch viele weitere Gedankenanstöße – einfach toll geschrieben!


Das Buch ist gespickt mit schönen Metaphern, lässt sich leicht lesen und hat einen roten Faden, an dem der Leser sehr gut entlanggeführt wird. Besonders gelungen finde ich das Ende, denn es ist etwas offen und gewöhnlich mag ich das überhaupt nicht – hier ist es aber stimmig und einfach passend.


Dieses Buch hat mich nicht nur beim Lesen sehr gut unterhalten, sondern wirkt auch Tage später noch nach. Ein literarisches Perlchen, welches ich so schnell sicher nicht vergessen werde und das ich gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 31.08.2019

Damals wie heute lesenswert

Ein anderer Takt
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1962 erschien „A different Drummer“, des mittlerweile verstorbenen Autors, welches hier nun neu aufgelegt wurde. Da gerade in den Südstaaten die Rassentrennung rigide war und ich mich für das Thema interessiere ...

1962 erschien „A different Drummer“, des mittlerweile verstorbenen Autors, welches hier nun neu aufgelegt wurde. Da gerade in den Südstaaten die Rassentrennung rigide war und ich mich für das Thema interessiere musste ich das Buch einfach lesen.

Vom einen auf den anderen Tag ändert sich in einer fiktiven Kleinstadt alles. Der dunkelhäutige Tucker Caliban beginnt sein Hab und Gut zu vernichten und zieht mit seiner Familie von dannen. Alle anderen Schwarzen folgen seinem Beispiel und verlassen den Staat. Welche Auswirkungen hat das auf die weiße Bevölkerung? Wer soll nun die Arbeiten erledigen, die die Weißen nicht machen wollten? Wichtiger als jene Fragen sind in diesem Roman jedoch die Beweggründe für Tuckers Weggang.

Mich hat die Geschichte sehr überrascht, denn es war nicht unbedingt, was ich erwartet hatte, aber der Autor hat einen Weg eingeschlagen, welchen ich sehr gelungen finde. Er schildert weniger als erwartet die Folgen und statt aus der Sicht der Dunkelhäutigen, schildert er das Geschehen aus der Sicht der weißen Bevölkerung und legt damit deren Probleme nach und nach offen. Liberale und traditionelle Stimmen aus den verschiedensten Altersstufen kommen zu Wort und geben damit ein rundes Bild ab. So zeigt sich beispielsweise, dass auch jene, die liberal scheinen, einen gewissen Rassismus an den Tag legen, wenn sie sich auch nicht direkt gegen die Dunkelhäutigen richten. Für mich war diese Herangehensweise neu oder zumindest anders als alles was ich bisher gelesen habe.

Ein Buch, das an Aktualität nichts eingebüßt hat. Begeistert haben mich die Herangehensweise des Autors und seine gleichermaßen simple wie eingängige Sprache. Ein wenig bin ich aber der häufigen Verwendung von „Neger“ oder gar Schlimmeren zusammengezuckt, aber hier muss man schon die Zeit berücksichtigen aus der das Buch stammt und auch, dass der Autor selbst dunkelhäutig war, also das Gefühl hatte kein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen. Themen sind natürlich ganz allgemein Rassismus, aber auch der Kampf um Gleichberechtigung, Mut, Zusammenhalt und Selbstbestimmung. Das Ende ist nicht ganz wie ich mir das gewünscht hätte, aber in sich stimmig.

Mein größter Kritikpunkt betrifft nicht die Geschichte (fließt daher nicht ein in meine Bewertung ein), sondern das Vorwort. Es ist alles andere als uninteressant, aber es verrät einfach viel zu viel von der Geschichte. Ich hatte sowas schon befürchtet und das Vorwort erst im Anschluss an die Lektüre gelesen – zum Glück, denn es wird alles verraten. Wer also strikt alles chronologisch durchliest, spoilert sich und das gewaltig.

Veröffentlicht am 26.08.2019

Enttäuschendes Ende

ATME!
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Nile ist scheinbar eine glückliche Frau, denn sie ist mit ihrem Traummann zusammen, der scheinbar nur noch für sie da ist. Doch das Glück hält nicht lange an. Während sie ein Brautkleid kaufen möchte, ...

Nile ist scheinbar eine glückliche Frau, denn sie ist mit ihrem Traummann zusammen, der scheinbar nur noch für sie da ist. Doch das Glück hält nicht lange an. Während sie ein Brautkleid kaufen möchte, verschwindet Traummann Ben plötzlich spurlos. Nile verfällt in Panik und versucht alles, um ihren Ben wieder zu finden. Ihre Suche treibt manchmal seltsame Blüten…


Sehr schnell bemerkt der Leser, dass die Erzählerin Nile ein außergewöhnlicher Charakter ist, dessen Gegenwart man im eigenen Leben nicht unbedingt schätzen würde. Dabei fragt man sich, wo die Ursachen für ihr spezielles Wesen sein könnten und ob man ihr eventuell auch Unrecht tut und sie zu schnell in die falsche Schublade steckt. Diese Fragen habe ich mir von Beginn an gestellt, denn irgendwo müssen ihr Hang zur Übertreibung und ihre Ängste, die richtig greifbar sind ja herkommen… Während die Panik gut dargestellt ist und auch ein gewisses Interesse wecken konnte, haben mich die Rückblenden zu Niles und Bens Beziehung oft nur den Kopf schütteln lassen. Oft sind ihre Handlungen nur noch wirr (sowohl in den Rückblenden, als auch und im besonderen bei der Suche nach Ben) und auch Bens Ex, die Nile irgendwann bei der Suche hilft, hat mich nicht immer überzeugen können. Zumal immer mehr Dinge geschehen und Fragen aufgeworfen werden, die alles in einem anderen Licht erscheinen lassen.


Wer sagt die Wahrheit? Kann man Nile trauen oder ist sie vielleicht noch schlimmer, als man das vermutet? Wo ist Ben? Was steckt hinter allem? Ist vielleicht alles nur ein Hirngespinst? Ärgerlich finde ich, dass zum Ende hin manche sehr zentrale Frage offen bleibt. Natürlich kann man sich ein eigenes Bild machen, aber manches hätte ich schon gerne von der Autorin beantwortet bekommen. Negativ ist mir auch aufgefallen, dass es mir einfach über sehr weite Strecken einfach zu wenig spannend war.


Der „Thriller“ greift auch ein interessantes, gesellschaftlich viel zu wenig beachtetes Thema auf und das Buch lässt sich wegen kurzer Kapitel(auch bei begrenztem Interesse) sehr schnell lesen. Deshalb war das Buch kein kompletter Reinfall und trotzdem hat es mich unter dem Strich enttäuscht. Längen in der ersten Hälfte und insbesondere das Ende sind eine pure Enttäuschung für mich gewesen und entsprechend werde ich das Buch auch nicht weiterempfehlen. Was ich jedoch empfehle ist das Lesen einer Leseprobe, denn wie man an anderen Rezensionen sieht, gefällt das Buch den einen sehr, den anderen gar nicht. Also einfach mal unverbindlich reinlesen und dann entscheiden.

Veröffentlicht am 25.08.2019

Neues wagen

Es wird Zeit
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Die fast 50-Jährige Judith hat eigentlich alles, was für ein gutes Leben nötig ist. Als Zahnarztgattin ein sicheres Auskommen, drei liebenswerte Kinder und doch ist nicht alles gut – ganz im Gegenteil. ...

Die fast 50-Jährige Judith hat eigentlich alles, was für ein gutes Leben nötig ist. Als Zahnarztgattin ein sicheres Auskommen, drei liebenswerte Kinder und doch ist nicht alles gut – ganz im Gegenteil. Nun ist in ihre alte Heimat zurückgekehrt, dabei sollte sie das nie. Ihr blieb jedoch nichts anderes übrig, da sie ihre Mutter bestatten muss. Dort trifft sie auch auf ihre frühere Freundin und ihre Jugendliebe. Es wird manches ganz schön auf den Kopf gestellt…

Die Ich-Erzählerin Judith nimmt den Leser an die Hand und gewährt Einblicke in das Leben einer Frau, die von außen betrachtet alles hat, was man so braucht. In ihr sieht es jedoch ganz anders aus. Ihren Mann liebt sie nicht richtig, sie leidet unter dem Empty-nest, denn alle drei Söhne sind mittlerweile ausgezogen und sie hadert mit der Vergangenheit. Nun ist der familiäre Zusammenhalt komplett weg, dafür sind Selbstzweifel und schlaffe Haut da. Was soll sie mit ihrem restlichen Leben noch anfangen? Vielleicht eine alte Jugendliebe aufwärmen? Mitten rein trifft sie auch noch der eine oder andere Schicksalsschlag und es ist Zeit sich zu öffnen. Längst Vergangenes kommt nochmal zur Sprache und die Emotionen spielen schier verrückt.
Ich gehöre altersmäßig noch nicht zur Zielgruppe, trotzdem konnte man sich in das Geschehen gut einfühlen – nicht selten habe ich auch ganz schön mit den Augen rollen müssen, weil Judith doch das eine oder andere Klischee ganz schön bedient, aber so ist sie nun mal. Es passt an dieser Stelle. Vieles ist heiter, die Selbstironie gekonnt auf den Punkt gebracht, manches tief traurig und anderes einfach unter Midlife-Crisis zu verbuchen. Gefallen haben mir die Bezüge zur Vergangenheit, denn auch wenn ich nicht so alt bin, sind mir viele der Dinge durchaus ein Begriff gewesen und haben Erinnerungen an meine Mutter und Oma geweckt.

Ich hatte bisher nur „Mondscheintarif“ von ihr gelesen und fand es furchtbar, aber ich wollte der Autorin noch eine Chance geben. Hier hatte sie mich auch schnell mit ihrem recht amüsanten Schreibstil gefangen genommen, mit ihren Anekdoten gut unterhalten, nachdenklich gestimmt und die Aussage des Buches ist bei mir auch angekommen. Manchmal muss man sich einfach verändern, mutig seinen Weg gehen und nicht nur das tun, was die anderen von einem erwarten.

Veröffentlicht am 19.08.2019

Endlich mal an den Sauerteig gewagt - mit Erfolg

Brot backen mit Christina
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Brot gehört für mich einfach zum Alltag, darum backe ich es auch immer wieder gerne selbst und bin gelegentlich auch auf der Suche nach neuen Ideen. Geschmacklich mal was Neues reinbringen, vielleicht ...

Brot gehört für mich einfach zum Alltag, darum backe ich es auch immer wieder gerne selbst und bin gelegentlich auch auf der Suche nach neuen Ideen. Geschmacklich mal was Neues reinbringen, vielleicht auch Rezepte, die weniger Zeit in Anspruch nehmen – genau solche suche ich immer wieder mal und habe sie hier gefunden.
Den klaren Aufbau mit allgemeinen Infos, bevor es ans Eingemachte geht, fand mich gelungen. Gerade als Deutscher muss man da schon etwas aufmerksamer lesen, denn die Autorin ist Österreicherin und es gibt schon einige Unterschiede, die es zu beachten gilt, sonst könnte das Brot misslingen – hier hätte ich übrigens mehr zu den möglichen Fehlerquellen und Vermeidungsmöglichkeiten erwartet. Schade war auch, dass manche Mehlsorte zumindest in meiner Kante nicht zu bekommen war. Ansprechende Bilder, leichte Erklärungen und klare Handlungsschritte machen das Nachbacken zumindest für jene, die schon mal gebacken haben, ziemlich leicht.
Ich bin also kein Neuling im Brot backen, aber ich habe immer größten Respekt vor Sauerteig gehabt. Mit diesem Buch habe ich mich endlich mal allein daran getraut und das Ergebnis konnte sich auch sehen lassen. Optisch wie geschmacklich wurde das Brot einwandfrei, auch wenn ich mir ziemlichen Stress gemacht habe. Auch die süßen Brote oder die Hefevarianten habe ich teilweise getestet und die Ergebnisse kamen meist – nicht immer und bei allen – recht gut an. Weißbrot und Co sind aber eben auch nicht jedermanns Ding. Komisch fand ich auch, dass mein Backofen vor allem gegen Ende reguliert werden musste – hätte ich mich da strikt an die Anleitung gehalten, wäre manches Brot schwarz geworden. Da ich nach ihren Rezepten auch Kuchen backe und dort alles passt, hat mich das ein wenig irritiert. Läge es an meinem Ofen, müsste sich das dort ja auch bemerkbar machen (!?).
Unter dem Strich war ich aber nicht ganz so begeistert wie von ihrem „Kuchen backen mit Christina“, daher nur vier Sterne und trotzdem eine Empfehlung – nicht nur an Anfänger.