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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.09.2022

Toller Reihenauftakt

Fräulein vom Amt – Die Nachricht des Mörders
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Baden-Baden, 1922: Alma ist Telefonistin und hört ein Gespräch mit, welches alles andere als alltäglich erscheint, denn eine Frau sei bei den Kolonnaden zu finden. Kurz später erfährt Alma aus der Zeitung, ...

Baden-Baden, 1922: Alma ist Telefonistin und hört ein Gespräch mit, welches alles andere als alltäglich erscheint, denn eine Frau sei bei den Kolonnaden zu finden. Kurz später erfährt Alma aus der Zeitung, dass dort ein Mordopfer gefunden wurde. Sie hat also die Stimme des Mörders gehört und so macht Alma eine Aussage, aber der Kriminalrat hat kaum Interesse an der Aufklärung des Falls – das kann Alma nicht so auf sich beruhen lassen.

Mich hat das Buch wirklich sehr gut unterhalten, denn es ist in erster Linie eine Kriminalgeschichte im historischen Kontext, gespickt mit humorvollen Momenten und ein wenig fürs Herz ist auch dabei (keine Sorge – das Ganze nimmt nicht Überhand und ist nur nett in das Gesamtgeschehen eingeflochten). Mir erscheint der Roman sehr gut recherchiert und vor allem startete schnell das Kopfkino. Das zum einen an der Geschichte, aber auch an dem flüssigen und ansprechenden Schreibstil. Bis auf wenige Seiten hat mich das Geschehen immer gefesselt, es gab spannende Momente, manches wird richtig brenzlig, aber auch das „normale“ Leben ist sehr interessant. Die Einblicke in Almas Familie haben mir genauso gut gefallen, wie ihre Wohngemeinschaft mit ihrer besten Freundin und die Vermieterin….ein echtes Original die gute Dame, die mir so einige Schmunzler beschert hat. Am besten gefiel mir die sympathische Alma, die zunächst mehr oder weniger zufällig mitten in einen Kriminalfall stolpert und sich dann nach und nach regelrecht festbeißt, um der Gerechtigkeit auf die Sprünge zu helfen. Menschenkenntnis, Kombinationsgabe etc. zeichnen die taffe, junge Frau aus. Emmi nervt gelegentlich ein wenig, aber auch sie hat das Herz am rechten Fleck und die beiden emanzipierten Frauen ergänzen sich einfach sehr gut.

Toll finde ich, dass die Menschen nach dem ersten Weltkrieg einfach einmal leben wollen – trotz Inflation - auch mal ausgelassen feiern und dass die Autorinnen auch interessante gesellschaftliche Themen einstreuen. Klasse ist auch der Handlungsort. Solche Bücher sind meist in Berlin, vielleicht mal in Hamburg angesiedelt, nun endlich ist auch mal ein „Nest“ als Kulisse gewählt worden und das gefällt mir ausgesprochen gut. Durch die Kurgäste, Casinos und dergleichen bietet der Ort alles, was man sich nur so wünscht.

Ein bisschen unrealistisch fand ich das eine oder andere dann doch, denn dass ein Fräulein so bei Ermittlungen mitmischt…naja, aber ganz ehrlich: Es tut der Sache für mich so gar keinen Abbruch und es hat mich einfach unterhalten.
Ich freue mich auf weitere Teile dieser Reihe nach dem vielversprechenden Start.

Veröffentlicht am 12.09.2022

Harter Pageturner

Blutige Stufen (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 12)
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L.A. ist ein hartes Pflaster – das wird in dem neusten Band der Reihe um die Ermittler der UV-Einheit Hunter und Gracia mehr als deutlich. Die neuste Tatserie erschüttert selbst hartgesottene Kriminalisten ...

L.A. ist ein hartes Pflaster – das wird in dem neusten Band der Reihe um die Ermittler der UV-Einheit Hunter und Gracia mehr als deutlich. Die neuste Tatserie erschüttert selbst hartgesottene Kriminalisten und den geneigten Leser gleich mit, denn die Grausamkeit ist beachtlich. Was mag hinter den Taten stecken? Was bewegt den Mörder? Warum diese Art der Tötung und dieses Nachtatverhalten?
Eine junge Frau feierte eben noch ausgelassen, hatte einen netten Flirt, ging jedoch allein nach Hause. Dort angekommen, bekommt sie einige beängstigende Nachrichten auf das Handy und wird dann brutal ermordet. Im Nachgang bekommen die Angehörigen noch ein Video des Mordes. Warum quält der Täter das Opfer und die Angehörigen so? Ist er einfach nur sadistisch? Wird es noch mehr Morde geben?
Detective Robert Hunter vom LAPD und sein Partner Carlos Garcia sind erschüttert und die beiden haben ja schon einiges gesehen. Die beiden ermitteln mit Hochdruck und dennoch können sie weitere Taten nicht verhindern. Der Fall ist undurchsichtig, es gibt kaum Spuren, weil der Täter sehr vorsichtig ist und auch die Tatbegehung als solche gibt zunächst keine Hinweise.
Sehr detailliert und actionreich werden die Taten und Tatorte beschrieben. Da musste ich auch nicht selten schlucken und das Kopfkino sprang an – die Bilder waren alles andere als angenehm, dennoch konnte und wollte ich das Buch kaum mehr weglegen. Besonders spannend wurde es, wenn der sogenannte „Mentor“ seine Taten beginnt. Man fiebert mit dem Opfer mit, hofft und bangt. Das Vorgehen lässt einen nicht kalt, selbst wenn man tagsüber liest.
Gut eingeflochten werden auch andere Themen, die brandaktuell sind, wie Black lives matter, Mobbing, Depressionen und dergleichen. Hier ist mindestens genauso gut recherchiert, wie bei den rechtmedizinischen und psychologischen Aspekten des Buches. Ich glaube es gab nicht eine einzige Seite, die mich nicht auf die eine oder andere Art und Weise gelangweilt hätte. Der kurzweilige Schreibstil, die Figurenentwicklung, aber auch die Konstruktion der Geschichte sind einfach grandios und überzeugen mich immer und immer wieder. Ich habe lange mit Hunter gerätselt, was hinter allem stecken mag, nicht selten schien der Fall klar – aber Carter hat nun einmal immer wieder Wendungen und Überraschungen im Gepäck.
Zur Aufklärung will ich gar nicht viel verraten, aber auch die hat es in sich. Mich hat das, wie das gesamte Buch, sehr überzeugt, auch weil ich ganz lange nicht den Hauch einer Idee hatte und Carter mich sehr überraschen konnte.
Es wird im 12. Fall wieder sehr blutrünstig, noch brutaler als gewöhnlich und ist damit so gar nichts für zarte Seelen. Wer Carter kennt und schätzt, wird hier wieder sehr zufrieden den harten Pageturner beenden.

Veröffentlicht am 07.09.2022

Anspruchsvoll

Das neunte Gemälde
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Der Kunstexperte Lennard Lomberg wird von einem gewissen Dupret kontaktiert mit einem Hinweis auf ein Gemälde, eines mit einer Geschichte, die auch Lombergs Familie zu betreffen scheint. Lomberg einigt ...

Der Kunstexperte Lennard Lomberg wird von einem gewissen Dupret kontaktiert mit einem Hinweis auf ein Gemälde, eines mit einer Geschichte, die auch Lombergs Familie zu betreffen scheint. Lomberg einigt einem Treffen recht widerwillig zu, reist aber zunächst ins Ausland. Kaum zurück, wird er beim geplanten Treffen von Dupret sitzengelassen. Wie durch den Besuch des BKA deutlich wird, war Dupret zu dem Zeitpunkt schon tot. Eine brisante Geschichte um ein Gemälde nimmt ihren Lauf.

Eine Bekannte hatte das Buch abgebrochen und gab es mir mit dem Hinweis, dass es sicher genau mein Geschmack sei und ich ihr dann bitte erzählen soll, um was es wirklich ging. Ganz so in die Tiefe kann ich hier inhaltlich natürlich nicht gehen, aber ich kann schon mal verraten, dass sie mit ihrer Einschätzung, dass mir die Geschichte gefallen könnte, goldrichtig lag. Dabei sah das zu Beginn noch etwas anders aus. Der gehobene Schreibstil schien mir ein bisschen arg abgehoben, wenngleich zu den Charakteren und ihrer Lebenswelt passend. Das Buch ist vor allem am Anfang sehr anspruchsvoll und fordert volle Aufmerksamkeit. Mit der Zeit gab sich dieses „Problem“ und ich hatte wirklich Freude an dem ausschweifenden, detaillierten Stil. Ja, er ist schon speziell, man muss am Ball bleiben und vor allem sollte man ein gewisses Interesse an Politik, Geschichte und Kunst mitbringen – sonst ist man wohl verloren. Denn es gibt verschiedene Zeitebenen, etliche Charaktere und ungezählte Orte, Verwicklungen, Wendungen und dergleichen. Nicht alles ist wichtig, aber unterhaltsam fand ich die Geschichte eigentlich immer. Vor allem der Zeitstrang in 1966 hatte es mir angetan. Politik spielt neben der Kunst hier eine ganz zentrale Rolle. Die Geschehnisse damals hatten es wirklich in sich und wirken bis 2016 nach. Es ist alles stimmig, historische Fakten werden gut eingebaut und am Ende sind auch die wichtigsten Fragen geklärt. Und dass trotz einer extremen Themenvielfalt, bei der manches ineinander reinspielt. Der Charakter Lomberg ist mal eine ganz andere Art „Ermittler“, an den ich mich gewöhnen musste, ihn jedoch schätzen lernte.

Da es mich wirklich überzeugt hat, mal was anderes war und meine Interessengebiete Politik und Kunst, sowie die diversen Zeitebenen so gekonnt zusammenspielten, empfehle ich das Buch gerne weiter. Man sollte aber wohl voran mal eine Leseprobe anschauen, ob man sich mit dem Schreibstil anfreunden kann.

Veröffentlicht am 07.09.2022

Spannender Auftakt

Stille blutet
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Nadine Just ist eine erfolgsorientierte Nachrichtensprecherin, die es mit den Gefühlen ihrer Mitmenschen nicht so genau nimmt. Eine unsympathische Person, wie sie im Buche steht. Genau diese kündigt live ...

Nadine Just ist eine erfolgsorientierte Nachrichtensprecherin, die es mit den Gefühlen ihrer Mitmenschen nicht so genau nimmt. Eine unsympathische Person, wie sie im Buche steht. Genau diese kündigt live im TV vom Teleprompter abgelesen ihren eigenen Tod an. Ein widerlicher Scherz? Auf jeden Fall ein kleiner Skandal, der nur wenige Stunden von ihrer Ermordung übertroffen wird. Gefunden wird sie noch im Sender von ihrem Ex Tibor Glaser – dem baldigen Hauptverdächtigen Nr.1.

Ich mag einfach den Schreibstil der Autorin. Sie kommt schnell zur Sache, die handelnden Personen lernt man schnell recht gut kennen und auch das Setting beschreibt sie so, dass das Kopfkino losgeht. Allein die Idee finde ich großartig. Eine Nachrichtensprecherin verkündet ihren Tod selbst, live und in Farbe und wenig später wird sich diese Meldung verwirklichen. Darauf muss man erst einmal kommen. Dass ein früherer Partner in den Fokus der Ermittlungen gerät finde ich stimmig. Die Ermittlungen sind unterhaltsam und das Team gefällt mir bis auf eine Ausnahme sehr gut. Ermittlerin Fina, die als Erzählerin eine nicht unerhebliche Rolle in diesem Buch einnimmt gefällt mir.

Gelungen eingebaut finde ich auch die sozialen Medien, denn bald ist #inKürzetot Trend und erschwert die Ermittlungen, besonders da es nicht bei einem Opfer bleibt. Immer wieder gerät Tibor in den Fokus der Ermittlungen, die Medien bekamen Wind von seiner potentiellen Täterschaft – keine leichte Situation und das Füße stillhalten gelingt ihm nicht, er „ermittelt“ auf eigene Faust. Hier musste ich schon ab und an mit den Kopf schütteln über den jungen, reichlich verwöhnten Mann, dennoch habe ich ihn irgendwann gemocht. Zwischendurch hat dann auch noch ein unbekannter, deutlich erkennbar dubioser Erzähler ein paar Einwürfe – das unterbrach zwar immer wieder etwas meinen Lesefluss, verspricht andererseits aber auch Spannung.

Und die kommt auch – und wie. Es wird immer brisanter für Tibor und alle möglichen Leute scheinen irgendwie verdächtig, dann aber auch wieder nicht, denn welches Motiv sollten sie haben? Warum werden genau jene Menschen getötet? Was mag die Mordserie ausgelöst haben? Fragen über Fragen, die zum Miträtseln animieren und auch in diesem gut konstruierten Thriller zum Ende beantwortet werden. Wer aus welchem Grund hinter allem steckte, hat mich wirklich überrascht.

Es wurden aber auch einige Fragen bereits aufgeworfen, die in einem kommenden Band dann hoffentlich aufgeklärt werden. Das nicht alles – nur der „große“ Fall gelöst wurde – hat mich schon ein bisschen vergrämt, das hätte die Autorin aus meiner Sicht gar nicht nötig, denn der Auftakt hat mir sehr gut gefallen. Das Team hat auf jeden Fall Potenzial und vor allem Fina hat es mir angetan. Sie ist jung, authentisch und man mag sie einfach. Sie hat es allerdings nicht gerade leicht mit ihrem Partner, jedoch sind diese Spannungen auch nicht uninteressant. Zudem scheint sie ja auch gewisses Interesse geweckt zu haben…

Veröffentlicht am 06.09.2022

Bis auf wenige Aspekte überzeugend

Das Letzte, was du hörst
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Roya wird von einer Bekannten angeschrieben, die psychisch nicht auf der Höhe zu sein scheint. Die junge Journalistin möchte schnell helfen, verunfallt jedoch. Die Bekannte kann nur noch tot aufgefunden ...

Roya wird von einer Bekannten angeschrieben, die psychisch nicht auf der Höhe zu sein scheint. Die junge Journalistin möchte schnell helfen, verunfallt jedoch. Die Bekannte kann nur noch tot aufgefunden werden. Auffällig dabei: Sie hört den bekannten Podcast „Hörgefühlt“. Hat der Podcast etwas mit dem Suizid zu tun? Carola, eine schön ältere und etwas desillusionierte Ermittlerin ist mit dem Fall betraut.
Ich mag Winkelmanns Schreibstil – er wirft den Leser mitten ins Geschehen, hält sich nicht ewig mit langen Reden auf, sondern kommt zum Punkt. Dazu ist das Tempo meist hoch, die Geschichte unterhaltsam und spannend, durch wechselnde Perspektiven und zeitliche Ebenen sehr lebendig. Deshalb habe ich auch hier zugegriffen, wenngleich das ganze Podcast-Universum nichts für mich ist. Ich habe zumindest noch keinen Podcast gefunden, der mich überzeugt hätte, einfach weil ich eher der Lese- als der Hörtyp bin. Und ich bin sehr froh, dass ich zugriffen habe, auch wenn mich das Buch nicht auf ganzer Linie überzeugt hat, wie ich schon an der Stelle verraten möchte.
Was wird gespielt? Hat der Podcaster etwas mit dem Fall zu tun? Ist er dubios oder hat er nur eine Marktlücke entdeckt und geschickt für sich genutzt? Die Journalistin Roya findet das Verhalten des Podcasters zumindest fragwürdig und beginnt sich in das Thema einzuarbeiten und recherchiert ausgiebig. Roya ist sehr schön gezeichnet und auch Ermittlerin Carola ist gut charakterisiert. Es ist unterhaltsam beiden Frauen über die Schulter zu sehen und irgendwann mochte ich das Buch nicht mehr zur Seite legen.
Besonders dramatisch fand ich das grausige Geschehen, welches zeitlich früher stattfindet und zunächst nicht zur Geschichte zu passen scheint. Nicht nur hier tun sich menschliche Abgründe– und haben mich auch immer wieder einmal schlucken lassen. Das ist schon nicht ohne, was sich der Autor hier wieder ausgedacht hat, aber so kennt man Winkelmann, so will und schätze ich ihn. Dazu gibt es viele Wendungen, Überraschungen und Cliffhanger in diesem raffinierten Plot. Recht lange hatte ich kaum eine Idee, wohin die Reise gehen könnte.
Doch auch wenn ich hier viel Lob im Gepäck hatte, so muss ich doch auch Kritik anbringen. Die Auflösung ergab zwar Sinn, aber die Zufälle sind mir zu groß bzw. war es zum Ende hin einfach zu viel des Guten. Das war einfach drüber, fast schon ein bisschen unglaubwürdig (ebenso wie Rojas Verhalten am Ende des Buches) – das passte gar nicht zu dem ansonst sehr gelungenen Buch.
Auch wenn mich das Ende dann in Teilen nicht so überzeugt hat, hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich empfehle es gerne weiter.