Bildgewaltiges Inselleben
Zur See„Sie ist nicht unfreundlich, sie baut nur keine Brücken. Bleibt, wo sie ist, und sieht dem Gegenüber zu, wenn es ins Leere läuft und strampelnd in der Luft hängt.“ (S. 87)
Dörte Hansen hat mit „Zur See“ ...
„Sie ist nicht unfreundlich, sie baut nur keine Brücken. Bleibt, wo sie ist, und sieht dem Gegenüber zu, wenn es ins Leere läuft und strampelnd in der Luft hängt.“ (S. 87)
Dörte Hansen hat mit „Zur See“ einen eindrucksvollen und bildlichen Roman veröffentlicht, der mich die Inselluft riechen und den Sand zwischen den Zehen spüren ließ.
Das Cover: Farblich sehr angenehm und passend zu den anderen Werken der Autorin. Mir hätte die Walfischflosse allein schon gereicht, jedoch kann ich mir dann vorstellen, dass man es direkt mit Moby Dick assoziiert hätte. Dennoch finde ich das Boot ein wenig zu groß; irgendetwas stört die Komposition.
Die Handlung: Es dreht sich alles rund um die Familie Sander, die in einem Dorf auf der Nordseeinsel lebt. Viele Stürme hat sie bereits erlebt – sowohl in der Natur, wie auch in der Familie selbst. Doch schon bald sehen sie sich großen Veränderungen ausgesetzt, die den größten Sturm erst noch ankündigen könnten.
Meine Meinung: Wenn man Urlaub sucht, aber auch einer sehr nachdenklichen und melancholischen Stimmung nicht abgeneigt ist, dann eignet sich diese Geschichte ausgezeichnet. Das Inselleben wird in all seinen Farben, aber auch Stürmen und Fluten beschrieben und die Bewohner:innen mit all ihren Stärken und Eigenheiten vorgestellt. „Zur See“ ermöglicht ein bildgewaltiges und eindrückliches Leseerlebnis, an welches ich noch gern zurückdenke. Es ist an manchen Stellen doch ein wenig düster – das muss man mögen – ich fand es hingegen sehr passend zu seinen Charakteren. Die Handlung und der gedankenversunkene Schreibstil funktionieren unglaublich gut und dennoch hätte ich mir gewünscht, emotional noch mehr verwickelt zu sein. Es geschehen einige aufwühlende Ereignisse, doch ich hatte das Gefühl, meist aus weiter Ferne diese zu beobachten, anstatt mitten in der Gefühlswelt zu stecken oder vor Ort zu sein. Da hätte ich mir gern noch mehr Nähe zur Geschichte gewünscht.
Die Charaktere: Tatsächlich hatte ich das Gefühl, dass man diese nie richtig durchschaut. Es gab meist immer einen großen Zwischenraum zu ihnen. In den meisten Fällen würde mich das stören, hierbei hat es jedoch die Spannung gesteigert. Man hat stets nach Motiven gesucht, die sie antreiben, probiert die Hintergründe zu erraten und sich dabei selten in Sicherheit gewiegt. Wirklich interessante Personen, die Dörte Hansen erschaffen hat.
Fazit: Mein erster Roman der Autorin, der mich überzeugen konnte. Aufgrund der Distanz zum Buch vergebe ich hier 4/5 Sternen und eine klare Leseempfehlung.