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Veröffentlicht am 11.01.2019

Von dem vermeintlichen Spionagethriller hatte ich mir mehr Spannung erwartet. Gerade am Anfang ist die Handlung sehr zäh.

Bühlerhöhe
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Rosa Silbermann ist eine deutschstämmige Jüdin, die im Auftrag des israelischen Geheimdienst 1952 als Rosa Goldberg nach Deutschland reist, um ein Attentat auf Bundeskanzler Konrad Adenauer zu verhindern. ...

Rosa Silbermann ist eine deutschstämmige Jüdin, die im Auftrag des israelischen Geheimdienst 1952 als Rosa Goldberg nach Deutschland reist, um ein Attentat auf Bundeskanzler Konrad Adenauer zu verhindern. Er wird zur Frischzellenkur im Luxushotel Bühlerhöhe erwartet. Rosa hat als Kind bereits Urlaube im Schwarzwald verbracht, ist als Agentin aber völlig unerfahren und fühlt sich entsprechend unwohl, vor allem da ihr vorgeblicher Ehemann Ari Goldberg, der die Mission leiten soll, auf sich warten lässt.
Während ihres Aufenthalts wird der Araber Abdul Nourridine, ein Hotelgast, getötet. Rosa findet seine Leiche und ahnt dabei noch nicht, dass der Verdacht des Mordes auf sie gelenkt werden soll. Eine Rolle spielt dabei die neugierige Hausdame der Bühlerhöhe, Sophie Reisacher, die gerne nicht mehr nur als Angestellte in den höheren Kreisen verkehren würde.

"Bühlerhöhe" ist ein Roman, der Fiktion mit historischen Fakten vereint. So hat Konrad Adenauer tatsächlich mehrfach Urlaub Bühlerhöhe verbracht und im Vorfeld des deutsch-israelischen Wiedergutmachungsabkommens wurden zwei Briefbomben, eine davon direkt an Adenauer adressiert, verschickt. Eine radikale jüdische Untergrundorganisation wollte damit verhinder, dass Israel "Blutgeld" aus Deutschland annimmt.

Der Roman wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt: aus Sicht Rosa Goldbergs, aus Sicht Sophie Reisachers sowie aus der Sicht der verschüchterten Agnes, die Im Hotel Hundseck arbeitet und die noch aus der Zeit der französischen Besatzung mit einem Trauma zu kämpfen hat. Alle Frauen schwelgen in Erinnerungen an die Kriegszeit und an verlorene Lieben.

Ich empfand den Roman als etwas zäh und hatte mir von diesem vermeintlichen Spionagethriller mehr Spannung erwartet. Die Atmosphäre im Schwarzwald und der Alltag in den Nobelhotels der 50er-Jahre ist sehr anschaulich geschildert. Die vielen Details und Personen ermüden jedoch auch, insbesondere da der interessante Bundeskanzler Konrad Adenauer keine aktive Rolle hat und während des gesamten Romans etwas eindimensional als rheinische Frohnatur mit preussischen Tugenden dargestellt wird. Die Aufklärung des geplanten Anschlags wurde durch die Nebenhandlungen um die verschiedenen Protagonisten zu sehr in den Hintergrund gerückt. Von dem eigentlichen spannenden Plot hatte ich mir mehr Krimi statt einer ausschweifenden Darstellung etwas klischeehafter weiblicher Romanfiguren erwartet.

Veröffentlicht am 09.01.2019

Vorhersehbare Geschichte, stereotype Charaktere und alles in allem ein etwas altbackener Roman

Wenn nicht jetzt, wann dann?
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Der Klappentext des Romans klingt eigentlich nach einer heiteren Liebeskomödie rund um die Hochzeitsplanerin Elizabeth Baumgarten.
Liz ereilt allerdings schon zu Beginn des Romans ein folgenschwerer Fahrradunfall, ...

Der Klappentext des Romans klingt eigentlich nach einer heiteren Liebeskomödie rund um die Hochzeitsplanerin Elizabeth Baumgarten.
Liz ereilt allerdings schon zu Beginn des Romans ein folgenschwerer Fahrradunfall, durch den sie über einen längeren Zeitraum mit einem kompliziert gebrochenen Bein im Krankenhaus bleiben muss. Ihr Aufenthalt dort wird ihr allerdings von dem geschiedenen Arzt Dr. Friedrich versüßt, der ihr morgens sogar den Kaffee ans Bett serviert.
Die Geschehnisse rund um die Hochzeitsagentur "Hochzeitsfieber" ereignen sich sodann mit der 64-jährige Annemarie Hummel. Sie ist seit mehreren Jahren Witwe, eher schüchtern und ohne Selbstbewusstsein und hat seit Jahren sehr zurückgezogen gelebt. Die Witwenrente hat sie als Bäckerin von Hochzeitstorten im Auftrag von Liz aufgebessert. Als Liz im Krankenhaus ist, springt Annemie für sie in der Agentur ein und mausert sich bald selbst zur beliebten mütterlichen Hochzeitsplanerin, die sich insbesondere um die Hochzeit der Juwelierstochter Nina Winter kümmert und dabei von deren Vater und dessen Bruder umgarnt wird.
Ich hatte mich gewundert, dass der Schwerpunkt des Romans ein ganz anderer war, als ich mir vorgestellt hatte und bin dann auf eine Buchbeschreibung gestoßen, die bis auf die Altersangabe von Annemie viel treffender ist und den Inhalt des Buches besser beschreibt:

"Annemie ist fast sechzig und hat sich viel besser gehalten, als sie selbst glaubt. Wenn sie die Handtücher nach Farben geordnet hat und die Teppichfransen parallel liegen, dann zaubert sie in ihrer kleinen Küche ausgefallene Hochzeitstorten. Sie arbeitet für Liz, die mit ihrer Agentur Hochzeiten im großen Stil ausrichtet. Ein geordnetes Leben, bis eine folgenreiche Verwechslung Annemie und den Vater einer Braut einander näherbringt. Das Chaos beginnt, und plötzlich ist alles ganz anders!"

Das Buch handelt insofern von drei unterschiedlichen Frauen: Annemie, die unglücklich verheiratet war und seit Jahren einsame Witwe ist, Liz, die von ihrem Zukünftigen betrogen wurde und sich nur noch beruflich um die Ehe schert und Nina, die ohne Mutter aufgewachsen ist und von der perfekten Hochzeit träumt.
Die einzelnen Handlungsstränge sind dabei wenig überraschend vorhersehbar und die Charaktere doch eher stereotyp gezeichnet.

Meiner Meinung nach ist der Roman eher für ältere Frauen, die sich mit Annemie identifizieren können, da der Großteil des Romans von ihr handelt, oder für romantische Frauen, die sich mit der Planung ihrer eigenen Hochzeit beschäftigen.
Mir war der Roman zu trivial und aufgrund der älteren, sehr hilflos und eingeschüchtert wirkenden, altmodischen Tortenbäckerin Annemie zu bieder.

Veröffentlicht am 07.01.2019

Blick hinter die Fassade einer Vorzeigestadt: Familiendrama über Zugehörigkeit und Mutterschaft

Kleine Feuer überall
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Der Roman beginnt mit der Katastrophe. Das Haus der Familie Richardson steht in Flammen. Es handelt sich um Brandstiftung, denn in jedem Schlafzimmer waren kleine Feuer gelegt worden. Die drei Geschwister ...

Der Roman beginnt mit der Katastrophe. Das Haus der Familie Richardson steht in Flammen. Es handelt sich um Brandstiftung, denn in jedem Schlafzimmer waren kleine Feuer gelegt worden. Die drei Geschwister Trip, Lexie und Moody verdächtigen ihre jüngste Schwester Izzy, die sich schon immer merkwürdig und aufmüpfig benommen hat und verschwunden ist.

Sodann springt der Roman sechs Monate zurück in die Vergangenheit in das Jahr 1996 und erzählt, wie die mittellose Künstlerin Mia Warren mit ihrer Tochter Pearl in das Vorzeigestädtchen Shaker Heights gezogen ist, von den Richardsons eine günstige Wohnung erhielt und für sie als Haushaltshilfe arbeitete und wie ein befreundetes Ehepaar der Richardsons sich um die Adoption eines ausgesetzten chinesischen Babys bemühten.

Shaker Heights ist ein künstlich angelegter Ort, in dem alles gesittet und geordnet zugeht. Die Bewohner sind angepasst und weichen nicht von der Norm ab. Diese Geradlinigkeit wird vorbildlich von Elena Richardson verkörpert, nur deren jüngste Tochter Izzy, das schwarze Schaf der Familie hat schon von Kleinauf gegen die Befolgung von Regeln rebelliert. Elena ist ein Mensch, der sich um andere kümmert und die ihren Wohlstand uneigennützig mit anderen teilt. Als Mia in die Idylle zieht, die als freie Künstlerin ein ganz anderer Typ Mensch ist, ist Izzy fasziniert von ihr.
Elena kommt durch einen Zufall einem Geheimnis Mias auf die Schliche und beginnt in ihrer Eigenschaft als Journalistin zu recherchieren. Sie ahnt nicht, was sie mit dem Wühlen in deren Vergangenheit auslösen wird.

"Kleine Feuer überall" blickt hinter die Fassade einer Vorstadtidylle. Der Roman handelt von mehreren Familien, die ganz unterschiedlich zusammengesetzt sind. Interessant sind dabei vor allem die Mutter-Kind- und insbesondere die Mutter-Tochter-Beziehungen. Hier werden Fragen aufgeworfen, was eine Familie und eine gute Mutter ausmachen, indem problematische oder gesellschaftlich umstrittene Aspekte wie Abtreibung, Leihmutterschaft, Adoption und Rassismus erörtert werden.

Nachdem das Buch mit einem Paukenschlag beginnt, wird das Leben der Richardsons und die Entwicklung der Verbindung zu Mia und die Freundschaften der Richardson-Kinder zu Pearl erzählt, bis der Roman durch die Aufdeckung von Mias Geheimnis und eine umstrittene Adoption zunehmend an Dynamik gewinnt. Faszinierend ist auch die Weiterentwicklung der Charaktere, die alle individuell beschrieben sind, so dass trotz der Vielzahl der Figuren der Überblick nie verloren geht und jeder auf den Leser lebendig wirkt.

"Kleine Feuer überall" ist ein sehr gut konstruiertes Drama, eine Geschichte über unterschiedliche Familien, über die Rolle der Frau und Mutterschaft, Erwachsenwerden, Rassismus im Alltag und die unbedingte Einhaltung der Norm, um den Traum einer perfekten Harmonie durchzusetzen. Besonders gut gefallen hat mir die Vielzahl der Charaktere, in die man eintaucht und die ganz und gar nicht schwarz-weiß gezeichnet sind. Unter ihnen gibt es kein eindeutiges Gut oder Böse, so dass die Handlung nicht abflacht oder vorhersehbar wäre und eine spannende Faszination entfacht.

Veröffentlicht am 05.01.2019

Unterhaltsame Liebesgeschichte über zwei Menschen, die erst die Vergangenheit bezwingen müssen, um offen für die Liebe zu sein, stellenweise wirkte die Liebesgeschichte etwas konstruiert

Doch Liebe findet ihre Zeit
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Antonia ist Inhaberin einer Verpackungsfirma in München und Kunstliebhaberin. Als sie zusammen mit ihrer Schwester Susanne bei einer Ausstellung des Künstlers Julian Markward ist, verliebt sie sich in ...

Antonia ist Inhaberin einer Verpackungsfirma in München und Kunstliebhaberin. Als sie zusammen mit ihrer Schwester Susanne bei einer Ausstellung des Künstlers Julian Markward ist, verliebt sie sich in eine seiner Skulpturen, die aus persönlichen Gründen allerdings unverkäuflich ist. Antonia möchte das nicht hinnehmen und nach einem Streitgespräch, das durch Julians Machoallüren provoziert wird, kann sie ihm einen Deal abringen: Er darf bis zu seinem Umzug in seine neues Apartment in der Einliegerwohnung in ihrer Villa wohnen und soll ihr als Gegenleistung als "Gesellschafter" dienen. Bei Vertragsbruch muss er ihr das Kunstwerk für 10.000 € überlassen.
Antonias Plan ist es, Julian das Leben bei ihr möglichst unerträglich zu machen, so dass er freiwillig aufgibt und sie die ersehnte Skulptur erhält.
Die beiden Streithähne stellen allerdings schon bald fest, dass der jeweils andere gar nicht so arrogant ist wie er bzw. sie vorgibt zu sein und dass sich hinter den Fassaden zwei verletzliche Seelen verbergen.

Antonia und Julian sind beide Mitte Dreißig, wirken aber durch den etwas kindischen Deal unreifer. Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, das beschrieben wird und bei dem von Anbeginn vorhersehbar ist, wie die Kabbeleien zwischen den beiden enden werden.

Der Weg dorthin ist jedoch abwechslungsreich und unterhaltsam geschrieben. Komische Szenen wechseln sich mit tiefgründigeren Episoden ab und als Leser ist spürbar, dass sowohl Antonia als auch Julian schon schlimme Dinge erlebt haben, die ihr Leben prägen und die ihre etwas eigenwilligen Verhaltensweisen erklären.
Während bei Antonia offensichtlich ist, dass sie unter dem frühen Verlust ihrer Eltern als Sechsjährige zu leiden hatte und deshalb auch nicht gemeinsam mit ihrer Schwester aufwachsen konnte, bleibt Julians Vergangenheit und was ihn quält, länger im Verborgenen.
Dieser Aspekt und die zu erwartende Annäherung der beiden, die anfangs schier unmöglich erscheint, sorgen für Spannung und den nötigen Reiz, weiter zu lesen.
Der Schreibstil ist angenehm und flüssig, die Übergänge und Perspektivenwechsel sind fließend und lassen den Leser gleichermaßen Einblick in beide Protagonisten erhaschen.
Etwas ungewöhnlich fand ich dabei, dass der Roman in keine Kapitel untergliedert ist.

"Doch Liebe findet ihre Zeit" ist eine Liebesgeschichte, die unterhaltsam, stellenweise durch Antonias Spielchen etwas unglaubwürdig und albern ist und sie deshalb konstruiert wirken lässt. Ich fand ihr Verhalten für eine Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens übertrieben kindisch z.B. als sie Julian durch einen samstäglichen Einkauf im Supermarkt zu verärgern versuchte. Über diese Provokationen hinaus ist der Roman jedoch emotional und lebensnah geschrieben. Es geht um Kindheitstraumata und Ängste, die bewältigt werden müssen, um ein befreites Leben führen zu können, in dem auch die Liebe Platz hat.

Auch die Nebenhandlung über Antonias Onkel und seine Beziehung zu dem an Parkinson erkrankten Paul, die gemeinsam in ein Seniorenheim gezogen sind und nun voneinander Abschied nehmen müssen, fand ich originell und konnte dem Roman noch mehr Tiefe verleihen.

Veröffentlicht am 04.01.2019

Witzige, aber nie alberne Geschichte über einen jungen Mann, der ein unverbesserlicher Besserwisser ist, aber gleichzeitig nie erwachsen geworden ist

Klugscheißer Royale
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Timo Seidel arbeitet seit dem Abitur in einem Callcenter in Köln und hatte bisher wenn Ehrgeiz, an dem Studentenjob etwas zu ändern, da auch seine Freundin Cleo sein Leben mitfinanziert hat.
Als er zurecht ...

Timo Seidel arbeitet seit dem Abitur in einem Callcenter in Köln und hatte bisher wenn Ehrgeiz, an dem Studentenjob etwas zu ändern, da auch seine Freundin Cleo sein Leben mitfinanziert hat.
Als er zurecht entlassen wird und ihn gleichzeitig seine Freundin verlässt, ist er gezwungen, endlich etwas an seinem bequemen Leben zu ändern. Mit viel Glück erhält er nach vorübergehender Arbeitslosigkeit eine befristete Anstellung als Englisch-Lehrer an einer Abendschule, da er als Halb-Amerikaner zweisprachig aufgewachsen ist.
Durch die Arbeit, die ihm überraschenderweise Spaß macht, entwickelt er sich auch charakterlich weiter und wird damit auch wieder attraktiver für Cleo.

Als "Klugscheißer Royale" bezeichnet sich Timo selbst und fühlt sich als Lehrer wie James Bond. Er ist sehr von sich überzeugt, auch wenn er objektiv in seinem Leben noch nicht viel erreicht hat.
Der Roman ist aus der Sicht Timos und erfrischend witzig geschrieben. Man kann den Klugscheißer nicht wirklich ernst nehmen, hinter dessen Schale sich doch ein sympathischer Charakter verbirgt, der Verantwortung für sich und andere übernehmen kann.
"Klugscheißer Royale" erzählt eine witzige, aber nie alberne Geschichte über einen jungen Mann, der ein unverbesserlicher Besserwisser ist, aber gleichzeitig nie wirklich erwachsen geworden ist. Im Verlauf des Romans lernt man aber noch eine andere Seite Timos kennen und er reift merklich über die wenigen Monate, die die Geschichte andauert.
Auch wenn Timos Arbeit als Lehrer als ungelernter Pädagoge erstaunlich problemlos vonstatten geht, bietet der Roman eine gute Unterhaltung, die nicht so banal ist, wie das Cover und der saloppe Klappentext vermuten lassen.
"Klugscheiße Royale" ist ein Roman, den sowohl Männer als auch Frauen lesen können und der sich auch ideal als Urlaubslektüre eignet.