Familiendrama, das sich aufgrund der drohenden Gefahr zu einem Psychothriller mit klaustrophobischer Atmosphäre entwickelt.
NachtwaldNach einem Aufenthalt in einer Entzugsklinik trifft Lizzie nach langer Zeit wieder auf ihre Mutter und ihren Bruder. Ihre Mutter ist frisch verheiratet und möchte ihren Kindern an diesem Wochenende ihren ...
Nach einem Aufenthalt in einer Entzugsklinik trifft Lizzie nach langer Zeit wieder auf ihre Mutter und ihren Bruder. Ihre Mutter ist frisch verheiratet und möchte ihren Kindern an diesem Wochenende ihren neuen Mann George vorstellen. Sie verbringen die Zeit auf Butler Hall, einem altehrwürdigen Anwesen, das abgelegen in einem Wald liegt und schon lange im Familienbesitz der Butlers ist.
Am ersten Abend stößt ein ungebetener Gast zu ihnen, der das so harmonisch geplante Familienwochenende stört. Als am nächsten Morgen eine Leiche gefunden wird und irritierende Entscheidungen getroffen werden, wird Lizzie allmählich klar, dass etwas nicht stimmt und von den Anwesenden jeder etwas zu verbergen hat.
"Nachtwald" hat die klassischen Zutaten eines Locked-Room-Szenarios: ein altes Haus, ein dunkler Wald, eine übersichtliche Anzahl an Personen, ein Toter, kein Handyempfang und damit keine Möglichkeit, Hilfe zu holen. Trotz eines altbekannten Settings ist der Roman keines falls langweilig, sondern weiß schon aufgrund des Prologs mit zwei Frauen auf der Flucht zu fesseln.
Die Stimmung, als die Familie zusammenkommt, ist angespannt. Lizzie hat durch ihr Alkohol- und Drogenproblem ihre Mutter und ihren Bruder enttäuscht und Vertrauen verspielt, die überstürzte Hochzeit ihrer Mutter nach nur sechs Monaten des Kennenlernens von George macht argwöhnisch und Liam verhält sich reichlich seltsam. George wirkt aufgesetzt euphorisch und seine Tochter und ihr ebenfalls frisch gebackener Ehemann Hudson auffällig entspannt. Jeder macht sich im Verlauf des ersten Abends verdächtig und könnte am nächsten Morgen ein Motiv für einen Mord haben.
Die Geschichte ist raffiniert, die Wendungen sind überraschend und nicht plump. Es ist schwierig zu durchdringen, was in den handelnden Personen vor sich geht, selbst als allmählich Geheimnisse gelüftet und Lügen offenbart werden.
Die Ausgangslage ist ein Familiendrama, das sich aufgrund der drohenden Gefahr zu einem Psychothriller entwickelt. Geschickt werden falsche Fährten gelegt und die klaustrophobische Atmosphäre unterstreicht die Hilflosigkeit der Figuren, die sich gegenseitig nicht trauen können und dem abgelegenen Ort nicht so einfach entkommen können.
Die Motive der Täter werden am Ende schlüssig erklärt, die Gewalteskalation gleicht jedoch einem etwas überzogenem Showdown, auch wenn bei einem Thriller nicht verwunderlich ist, dass aus Geltungssucht und Gier über Leichen gegangen wird.