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Veröffentlicht am 22.10.2018

originelle, stellenweise amüsante, aber auch herzergreifende Geschichte über Trauer, Einsamkeit und die lebensverändernde Macht von Freundschaft und Hilfsbereitschaft

Wenn der Rest der Welt schläft
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Sam führt seit dem tragischen Verlust seiner Familie ein einsames, zurückgezogenes Leben. Tagsüber geht er zur Arbeit, aber nachts wird er zu "Phantasma", einem Superheld, einem Rächer für die Armen und ...

Sam führt seit dem tragischen Verlust seiner Familie ein einsames, zurückgezogenes Leben. Tagsüber geht er zur Arbeit, aber nachts wird er zu "Phantasma", einem Superheld, einem Rächer für die Armen und Unterdrückten.
Erst als er die drei Jahre jüngere Sarah kennenlernt, die offenbar auch ein Geheimnis verbirgt, wird ihm bewusst, dass es noch mehr in seinem Leben geben könnte, als die nächtlichen Streifzüge in einem selbst gebastelten Kostüm, auf der Suche nach Menschen, die Hilfe benötigen. Doch Sarah hat einen Arbeitskollegen, der sich sehr für sie interessiert und sich ihr selbstbewusst nähert. Sam muss den Mut, den er mit dem Überstreifen seiner Maskerade entwickelt, in den Alltag übertragen, um seine Chance auf Liebe nicht ungenutzt zu verspielen. Voraussetzung für einen Neuanfang ist jedoch, dass Sam sich dem Schmerz der Vergangenheit stellt und sein Traum verarbeitet.

"Wenn der Rest der Welt schläft", wird Comic-Fan Sam zu seinem alter Ego "Phantasma", einer Mischung aus Batman und Robin Hood. Er ist glücklich, wenn er anderen Menschen helfen kann. Dabei kennt er die Fremden nicht einmal und auch er selbst möchte bei seinen kleinen Heldentaten unerkannt bleiben.

Sam ist ein bescheidener, sympathischer junger Mann, der einen streng strukturierten Alltag und leicht autistische Züge hat. Seine Fassade beginnt zu bröckeln, als er sich in Sarah verleibt. Gleichzeitig sieht er sich mit Erinnerungen konfrontiert, einem Verlust, der elf Jahre her ist und sein Leben nachhaltig verändert hat, Der Schmerz sitzt noch so tief, dass er Ängste hat, sich an andere Menschen fester zu binden.

Während Sams Aktivitäten als Phantasma etwas abenteuerlich und skurril zu lesen sind, ist Sams Schmerz und seine Flucht in die Einsamkeit nachvollziehen konnte, war mir nicht ganz klar, warum er, um seine Trauer zu kompensieren, ausgerechnet Fremden auf diese nicht ganz alltägliche Weise hilft, als ob er selbst etwas wieder gut zu machen hätte. Doch als Phantasma fühlt er sich unbesiegbar und so glücklich, wie er als unbedarftes Kind einmal gewesen ist.
Bis auf die für mich deshalb nicht ganz logische Handlung ist "Wenn der Rest der Welt schläft" aufgrund der Vielzahl an besonderen Charakteren und der Weiterentwicklung, die Sam macht, als er seine Komfortzone verlässt, eine originelle, stellenweise amüsante, aber auch herzergreifende Geschichte über Trauer, Einsamkeit und die lebensverändernde Macht von Freundschaft und Hilfsbereitschaft.

Veröffentlicht am 20.10.2018

Authentische und gefühlvolle Geschichte um drei liebevoll beschriebene, facettenreiche Figuren

Als sich unsere Herzen trafen
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Kat ist Ende 29 und arbeitet als Krankenschwester in Sheffield. Beruflich ist sie erfolgreich wurde sie doch kürzlich zur Stationsschwester befördert. Privat läuft es weniger gut. Sie trauert Exfreund ...

Kat ist Ende 29 und arbeitet als Krankenschwester in Sheffield. Beruflich ist sie erfolgreich wurde sie doch kürzlich zur Stationsschwester befördert. Privat läuft es weniger gut. Sie trauert Exfreund Mark hinterher, der sie vor sieben Wochen nach fünf Jahren Beziehung verlassen hat.
Eine ihrer Patientinnen, die nach einem Unfall aufgenommen wird, spricht nicht, was allerdings keine physischen Ursachen hat. Kat macht sich Gedanken um die Mittfünfzigerin, von der sie nur den Namen kennt und die scheinbar keine Verwandten oder Freunde hat, die sie vermissen. In Susans Notizbuch findet sie nur eine Telefonnummer, die sie kontaktiert. Es handelt sich dabei um Rhys Woods, einen Installateur, der bei Susan die Heizung repariert hat.
Rhys besucht Susan, ohne zu wissen, dass ihn mehr mit ihr verbindet, als die Arbeiten an ihrem Haus.

Der Roman handelt von drei unterschiedlichen Persönlichkeiten, die scheinbar zufällig aufeinander treffen und die alle ein gebrochenes Herz verbindet. Am meisten Raum nehmen dabei Kat und Rhys ein, während die stumme Patientin Susan zunächst rätselhaft bleibt.
Kat ist eine sehr sympathische Persönlichkeit und engagierte, warmherzige Krankenschwester, deren Arbeitsalltag, ihre Verantwortung und Sorgen, man anschaulich miterlebt. Auch Rhys ist ein einnehmender Charakter, der unter Bindungsängsten zu leiden scheint, seitdem der Vater die Familie vor Jahren verlassen hat und vor wenigen Monaten sein Bruder sich das Leben genommen hat.

Cover und Titel des Buches suggerieren eine Liebesgeschichte, aber die Liebe zwischen Mann und Frau ist nur ein Nebenaspekt des Romans. Anna Mansell verwendet einen emotionalen Schreibstil, der den Leser mitnimmt und der die traurigen Themen Selbstmord, Einsamkeit und Verlassenwerden eindringlich schildert, ohne rührselig zu werden oder ins Kitschige abzugleiten.
Auch wenn der Leser bald ahnt, was hinter Susans Schweigen stecken könnte und sich noch früher sicher sein kann, was Susan und Rhys verbindet, ist der Roman durch Wendungen und die dramatische Geschichte um die drei liebevoll beschriebenen, facettenreichen Individuen packend bis zum Schluss.

Es ist schön zu lesen, wie sich eigentlich fremde Menschen um einander sorgen und sich trotz aller Widerstände bemühen, zu helfen. Nicht nur Kat und Rhys überzeugen, auch die Nebencharaktere verleihen dem Buch Lebendigkeit.

Veröffentlicht am 19.10.2018

Dramatische Familiengeschichte, bei der ein Geheimnis der Vergangenheit bis in die Gegenwart Rätsel aufgibt - Spannung auf zwei Zeitebenen

Die Schwestern von Applecote Manor
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Als die alleinerziehende, exzentrische Mutter Bunny Wilde nach dem Tod ihres Mannes ein Angebot annimmt, als Sekretärin in Marrakesch zu arbeiten, gibt sie ihre vier minderjährigen Töchter in die Obhut ...

Als die alleinerziehende, exzentrische Mutter Bunny Wilde nach dem Tod ihres Mannes ein Angebot annimmt, als Sekretärin in Marrakesch zu arbeiten, gibt sie ihre vier minderjährigen Töchter in die Obhut ihres Schwagers und dessen Frau. Die Mädchen waren früher jeden Sommer bei Tante Sybil und Onkel Perry in Applecote Manor, bis ihre Cousine Audrey vor fünf Jahren spurlos verschwunden ist. Vor allem die inzwischen 15-jährige Margot war eng mit der zwei Jahre älteren Audrey befreundet und vermisst ihre Gegenwart auf dem Anwesen. Tante und Onkel haben sich verändert, es herrscht eine unangenehme Atmosphäre. Während Margot heimlich das Zimmer von Audrey betritt und in ihren Sachen stöbert, beginnen sich ihre beiden älteren Schwestern Flora und Pam für die jungen Männer aus der Nachbarschaft zu interessieren.

Ein halbes Jahrhundert später drängt Jessie auf den Kauf von Applecote Manor. Sie ist mit dem Witwer Will verheiratet, mit dem sie die gemeinsame Tochter Romy hat. Bella ist seine pubertierende Tochter aus der Ehe mit Mandy, die Jessie nicht ernst nimmt und mit dem Umzug nicht einverstanden ist. Jessie wollte London hinter sich lassen, in der Hoffnung, dass Will auch Abstand zu Mandy findet.

"Die Schwestern von Applecote Manor" ist ein Roman, der in der Vergangenheit im Jahr 1959 handelt und aus der Ich-Perspektive von Margot geschrieben ist. In der Gegenwart wird die Geschichte aus Jessies Sicht erzählt.

Während 1959 das Verschwinden der 12-jährigen Audrey noch gegenwärtig ist und es mysteriös bleibt, was mit ihr passiert ist, wusste Jessie vor dem Kauf des Anwesens nichts über das vermisste Kind. Die Familie erfährt erst durch Bellas Mitschülerinnen von dem Drama, wobei Jessie nicht einordnen kann, was davon Schauermärchen sind, was der Wahrheit entspricht und inwiefern die aufsässige Bella ihr bewusst Angst einjagen möchte.

Auf beiden Zeitebenen spürt man die beklemmende Atmosphäre des älteren Anwesens, auf dem sich ein Verbrechen ereignet haben könnte. Die Wilde-Schwestern waren von einem eintönigen Sommer auf Applecote Manor ausgegangen, aber über dem Haus schwebt der Geist von Audrey und die nagende Ungewissheit, was mit ihr passiert sein mag. Tante Sybil scheint traumatisiert und hofft noch immer auf eine Rückkehr ihrer einzigen Tochter, während Onkel Perry von den Schwestern verdächtigt wird, in das Verschwinden Audreys involviert zu sein.
Die Schwestern waren bisher unzertrennlich, eine Einheit gegen die egozentrische Mutter, die durch die Anwesenheit der jungen Männer und der ersten Liebe auseinanderzubrechen droht. Margot, die an einer Hauterkrankung leidet, empfand sich schon immer als unzulänglich und fühlt sich mehr denn je im Vergleich zu ihren älteren Schwestern zurückgesetzt. Unerwartet rückt sie in den Mittelpunkt, als Sybil in ihr Audrey wiederzuerkennen glaubt.

Jessie spürt tagtäglich, dass sie mit der verstorbenen Ehefrau ihres Mannes nicht konkurrieren kann, leidet einerseits unter dem schwierigen Verhältnis zu ihrer Stieftochter, andererseits aber auch zunehmend unter der Einsamkeit in einem viel zu großen Haus, nachdem Will, anders als geplant, immer öfter beruflich nach London muss. Statt der erhofften Romantik einer Idylle auf dem Land entfremdet sich das Paar zusehends voneinander.

Sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit erlebt man eine Familiengeschichte mit interessanten Charakteren, die spannend zu lesen ist, da der Leser auf beiden Zeitebenen hofft, das Rätsel um Audreys Verschwinden zu lösen. Während 1959 nicht mehr aktiv versucht wird, den Vermisstenfall zu lösen, lässt Bella die Vergangenheit nicht ruhen und findet Gegenstände der Vorbesitzer des Hauses, die sie sammelt und die Jessie irritieren bzw. ängstigen. Auch Bellas nächtliches Schlafwandeln wirkt bedrohlich und trägt zur Beunruhigung Jessies bei.

Der Schreibstil der Autorin ist bildhaft, zumal fast poetisch, was allerdings gut zu der beklemmenden Atmosphäre in den alten Gemäuern von Applecote Manor passt. Trotz des Wechsels aus Vergangenheit und Gegenwart, dem Gegensatz der Hitze des Sommers 1959 und der Februarkälte 2009, lässt sich der Roman flüssig lesen.

"Die Schwestern von Applecote Manor" erzählt eine dramatische Familiengeschichte, bei der ein Geheimnis aus der Vergangenheit bis in die Gegenwart Rätsel aufgibt und bei der man mit den Sorgen und Nöten ganz unterschiedlicher Frauen aus verschiedenen Epochen konfrontiert wird.

Veröffentlicht am 17.10.2018

Buch über das Suchen und Finden von Liebe und Glück, das zum Nachdenken anregt - originelle Idee einer Liebesgeschichte der anderen Art

Als der Zufall sich verliebte
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Guy, Emily und Eric sind von Beruf Zufallsstifter, auf ihre Art und Weise Geheimagenten. Nach Außen leben sie ein reguläres, kontinuierliches Leben wie andere Menschen, haben jedoch die Fähigkeit, Ereignisse ...

Guy, Emily und Eric sind von Beruf Zufallsstifter, auf ihre Art und Weise Geheimagenten. Nach Außen leben sie ein reguläres, kontinuierliches Leben wie andere Menschen, haben jedoch die Fähigkeit, Ereignisse hervorzurufen, durch die bestimmte Menschen zu lebensverändernden Entscheidungen gelangen. Sie bewegen sich damit in einer Grauzone zwischen Schicksal und freier Wahl. Sie verursachen solange Zufälle, die wiederum Ereignisse auslösen, bis ihr Auftragsziel erreicht ist. Guy erledigt am liebsten Aufträge, in denen es darum geht, für einander bestimmte Paare zu ihrem Liebesglück zu verhelfen.
Er selbst denk immer noch an Kassandra zurück, die er in seiner vorherigen Tätigkeit als eingebildeter Freund kennen und lieben lernte. Seitdem hat sich sein Herz für keine andere Frau mehr geöffnet und so merkt er auch nicht, wie viel mehr als kollegiale Freundschaft Emily für ihn empfindet.

Die Zufallsstifter sind nur Rädchen in einer Maschinerie, was für sie frustrierend, als sie sich Gedanken über ihre eigenen Leben machen.

"Als der Zufall sich verliebte" beschreibt eine Welt, in der es keine Zufälle gibt. Kleine Taten können dabei große Auswirkungen haben: Das Finden einer Liebe, wissenschaftliche Entdeckungen, Unfälle - alles scheint arrangiert zu sein, um den Menschen in ihrer Entwicklung weiterzuhelfen.

Der Roman ist aus den Perspektiven von Guy, Emiliy und Eric geschrieben, wobei Guy im Fokus der Handlung steht. In Rückblenden erfährt man, wie sich die drei kennengelernt haben und wie ihr Seminar für Zufallsstifter verlaufen ist. So erfährt der Leser, was es mit ihren besonderen Eigenschaften auf sich hat. Die Erzählung wird dabei durch Auszüge aus einem Handbuch für Zufallsstifter unterbrochen und ist zumal etwas ausufernd und philosophisch zu lesen. Die Abarbeitung der Aufträge wirkt dabei etwas episodenhaft, bevor man Zusammenhänge erkennen kann und sich am Ende tatsächlich alle Fäden aus Vergangenheit und ihrem ehemaligen Dasein, Gegenwart als Zufallsstifter und Zukunft zusammenlaufen.

"Als der Zufall sich verliebte" ist eine fantastische Liebesgeschichte der etwas anderen Art, bei der mir vor allem die originelle Idee um die Geheimorganisation der Zufallsstifter gefallen hat. Es werden Fragen aufgeworfen nach Ursache und Wirkung und wie viel Einfluss der Mensch überhaupt auf sein eigenes Leben hat. Sind wir alle nur Teil eines großen Plans, den es umzusetzen gilt? Braucht es die Kollateralschäden, die uns im Leben begleiten, um den Pfad für ein ultimatives Endziel zu ebnen?
Das Buch über das Suchen und Finden von Liebe und Glück regt zum Nachdenken an und regt einen optimistischen Blick in die Zukunft an, in dem Glauben, dass am Ende alles gut wird.

Veröffentlicht am 15.10.2018

Gelungene Mischung aus empathischem Familiendrama, spannenden Kriminalroman und Mysterythriller, der bis zum Schluss fesselt

Alles, was wir verloren haben
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Lucy Durant war 14 Jahre alt, als ihr Bruder Nolan spurlos verschwunden ist. Die Verbindung zu ihrem älteren Bruder hatte sie aber schon länger verloren, da er sich zunehmend in seiner eigenen Gedankenwelt ...

Lucy Durant war 14 Jahre alt, als ihr Bruder Nolan spurlos verschwunden ist. Die Verbindung zu ihrem älteren Bruder hatte sie aber schon länger verloren, da er sich zunehmend in seiner eigenen Gedankenwelt abgeschottet, sich mit UFO-Verschwörungstheorien beschäftigte und selbst der Meinung war, dass Außerirdische unter ihnen seien. Sogar seine Freundin Celeste hatte er im Verdacht, in Wahrheit nicht von dieser Welt, ein "Sternenwesen", zu sein.

Als sich Nolans Verschwinden zum 10. Mal jährt, ist Lucy, die sich allein und von ihren getrennt lebenden Eltern im Stich gelassen fühlt, bereit, Nachforschungen anzustellen. Sie fährt von Los Angeles in ihren Heimatort Bishop, wo ihre Mutter noch wohnt. Durch ihre Rückkehr kommen Erinnerungen an die Nacht, in der Nolan verschwand, und an die Zeit davor, in ihr hoch. Diese sind lückenhaft, was der Verdrängung oder auch dem Alkoholkonsum damals geschuldet sein könnte. Sie gibt sich und ihrem Freundeskreis eine Mitschuld, wie die Situation um Nolan eskalierte und macht sich Vorwürfe, dass sie der Polizei gegenüber nicht die Wahrheit gesagt hat. Zusammen mit dem UFO-Forscher Wyatt versucht sie herauszufinden, was mit Nolan passiert ist.

Der Roman ist aus der Perspektive von Lucy, aber auch von Nolan erzählt, spielt in der Gegenwart, blickt aber auch zurück in die Vergangenheit, in das Jahr 1999, als Nolan verschwand.
Lucy ist eine junge Frau, die in einer Art Warteschleife gefangen ist, kaum einen Menschen an sich heranlässt und es tagtäglich erfolglos versucht, nicht an Nolan zu denken.
Als Teenager hat sie sich, enttäuscht vom Vater, der die Familie verlassen hat, bewusst abgegrenzt und einem Freundeskreis angeschlossen, die sich gehässig über ihren Bruder lustig machen. Nolan und seine schon wahnhaften UFO-Forschungen waren ihr peinlich und aus Sicht eines jungen Mädchen, das dazugehören wollte, ist ihr abweisendes Verhalten Nolan gegenüber nachvollziehbar.
Nolan war ein 16-jähriger kreativer Junge, ein Träumer, dem egal war, was andere über ihn dachten und der in seiner eigenen Welt lebte. Seine UFO-Forschung, der Glaube an Außerirdische, steigert sich in einen Wahn, der die Außenwelt an seinem Verstand zweifeln lässt.

Zehn Jahre später möchte Lucy, geplagt von Reue und Schuldgefühlen, sowie einer schwelenden Wut in Bezug auf ihre Eltern, endlich Gewissheit haben, was mit ihrem Bruder geschehen ist. Die nagende Ungewissheit ist Schuld daran, dass weder sie noch ihre Mutter Sandra, Nolan aufgegeben haben und nach all den Jahren loslassen können. Wurde er tatsächlich von Aliens entführt, ist er einfach weggelaufen oder hat er gar Selbstmord begangen?

Mit Spannung verfolgt man, wie immer mehr Details aus der Vergangenheit offenbar werden und sich die einzelnen Puzzlestücke zusammensetzen. "Alles, was wir verloren haben" ist ein melancholischer Roman über zwei Geschwister und eine zerbrochene Familie, der spannend geschrieben ist. Es geht um Obsessionen, Fragen des Glaubens und die Angst vor dem Unbekannten. Vergangenheit und Gegenwart werden in dieser mysteriösen Geschichte, bei der man nicht wissen kann, was Wahrheit, Einbildung oder krankhafter Wahn ist, anschaulich miteinander verbunden.
Als Leser ist man gefesselt und fiebert einer Auflösung des Rätsels um Nolan entgegen. Am Ende bleibt es dem Leser überlassen, eine logische Erklärung zu finden oder sich darauf einzulassen, dass wir nicht allein auf der Welt sind und extraterrestrische Intelligenz existiert.

"Alles, was wir verloren haben" ist eine gelungene Mischung aus empathischem Familiendrama, spannenden Kriminalroman und Mysterythriller, der mich bis zum Schluss fesseln konnte.