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Veröffentlicht am 20.02.2017

Einfach nicht mein Geschmack: zu aufgesetzte Charaktere, zu skurril und verworren

Hotel du Barry oder das Findelkind in der Suppenschüssel
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1919 wird im Hotel du Barry ein Baby an der Wäscheleine in einer übergroßen Unterhose hängend vom Personal aufgefunden.

Der gutmütige Besitzer des Hotels, Daniel du Barry trauert um seinen kürzlich verstorbenen ...

1919 wird im Hotel du Barry ein Baby an der Wäscheleine in einer übergroßen Unterhose hängend vom Personal aufgefunden.

Der gutmütige Besitzer des Hotels, Daniel du Barry trauert um seinen kürzlich verstorbenen Lebensgefährten Matthew Lamb, adoptiert kurzerhand das Findelkind und benennt es nach seinem Lieblings-Champagner Catherina Anastasia Luanda du Barry. Selbst heiratet er die emotional unterkühlte Zwillingsschwester seines verstorbenen Geliebten, um seine Homesexualität zu vertuschen. Edwina Lamb genügt es, so in die erlesenen Kreise aufgenommen zu werden.

Die kleine Cat wächst umsorgt von Daniel und dem gesamten Hotelpersonal auf und reift zu einer schönen klugen Frau, die sich der Kunst u.a. der Aktmalerei verschrieben hat.

Seit ihrer Jugend hinterfragt sie ihre Herkunft und versucht herauszufinden, wer ihre Mutter ist. Als sie einer Theater-Schauspielerin begegnet, die die selben violetten Augen wie sie selbst hat, aber nur wenige Jahre älter ist, kommt sie dem Rätsel ihrer Herkunft auf die Spur. Doch dann sieht sie sich mit dem mysteriösen Tod ihres Adoptivaters Danny konfrontiert, der sich betrunken vom Dach gestürzt hat, nachdem ein weiterer Geliebter beim Urlaub in Venedig ums Leben gekommen ist...

"Hotel du Barry oder das Findelkind in der Suppenschüssel" ist ein ironischer Roman, der in einem Nobelhotel zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielt, in dem Moral und Tugend nicht gerade groß geschrieben werden. Sowohl Gäste, aber vor allem die Hotelangestellten wie der findige Hoteldetektiv Jim, die resolute Chefin der Zimmermädchen Bertha oder die persönliche Angestellte von Daniel, Mary, haben ihre schmutzigen Geheimnisse, die dort frivol ausgelebt werden. Die überwiegende Mehrheit des Personals hat jedoch ein gutes Herz und ist die Familie von Cat und auch Daniel. Edwina stellt das böse Gegenteil dar.

Das Buch ist schwer einzuordnen: Soll es Komödie, Drama oder Kriminalroman sein? Mir hat sich lange kein roter Faden des Romans erschlossen. Die Charaktere waren mir überwiegend zu aufgesetzt und die ganze Geschichte zu skurril und verworren.

Der englische Humor von Lesley Truffle hat meinen Geschmack nicht getroffen. Ich fand die Handlung nicht lustig oder wundersam, sondern schlicht langweilig.

Veröffentlicht am 20.02.2017

Realistischen Darstellung eines utopischen Settings - Gelungener Auftakt der Ventura-Saga

Wir zwei in fremden Galaxien
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Das Jugendbuch "Wir zwei in fremden Galaxien" ist Band 1 der Ventura-Saga, einer Dystopie, die ich noch vor Veröffentlichung lesen durfte.

Die 17-jährige Seren lebt seit ihrer Geburt auf der Ventura, ...

Das Jugendbuch "Wir zwei in fremden Galaxien" ist Band 1 der Ventura-Saga, einer Dystopie, die ich noch vor Veröffentlichung lesen durfte.

Die 17-jährige Seren lebt seit ihrer Geburt auf der Ventura, einem Raumschiff, das sich im 84. Jahr auf der Reise von der Erde in Richtung des Planeten Epsilon Eridani befindet. Die Ventura wird noch weitere 662 Jahre unterwegs sein, bis sie ihr Ziel erreicht hat, weshalb die Zwischengenerationen weder den Planeten Erde noch einen anderen Planeten betreten werden, sondern sich auf einer lebenslänglichen Forschungsreise befinden werden.

Seren, die gerade ihren Schulabschluss gemacht hat und alsbald den ihr vom System vorgegebenen Lebenspartner zu ehelichen hat, um ihre Aufgabe im Zuchtprogramm zu erfüllen, empfindet diese Leben als hoffnungs- und sinnlos. Zu Dom, der wie Seren Probleme hat, die strengen Regeln auf der Ventura zu befolgen, entwickelt sie Gefühle, die auf dem Raumschiff, dessen Insassen allein die Aufgabe haben, sich bis zur Ankunft systemkonform fortzupflanzen, verboten sind. Als sie in die Umlaufbahn von Huxley-3 eintreten, auf dem angeblich kein Leben möglich ist, wird in Seren die Hoffnung auf einen Ausweg geweckt...

Auch wenn es sich bei dem Roman um eine Dystopie handelt, finde ich die Vorstellung gar nicht so abwegig, dass sich die Menschheit in Zukunft eine Alternative zum Planeten Erde suchen muss.

Wie Seren ihr Dasein auf der Ventura beschreibt, ist allerdings äußerst beklemmend. Die Menschen, die auf dieser Mission geboren werden, haben zu funktionieren, um den Erhalt der nachfolgenden Generationen zu garantieren und die Menschheit zu retten. Als Eigentum der NASA opfern sie ein natürliches, menschenwürdiges Leben für eine Mission, auf welcher Gefühle und echte Liebe nicht von Belang und eine kulturelle Weiterentwicklung verboten sind.

Kate Ling schafft es durch ihren berührenden Schreibstil, dass man sich als Leser sehr gut in Seren hineinversetzen und ihr Gefühl der Ausweg- und Hoffnungslosigkeit nachvollziehen kann. Sie ist eine mutige junge Frau, die vom Leben mehr erwartet, als ihre Leidensgenossen. Mit ihrer Entschlossenheit für ein anderes, besseres Leben zu kämpfen, das eigentlich nur ein Traum sein kann, eckt sie unermüdlich an und bringt sich und Dom aufgrund der drohenden Repressalien in Gefahr.
Die Liebesgeschichte zwischen ihr und Dom entwickelte sich für meinen Geschmack zu Beginn sehr abrupt, die tiefe Emotionalität, die die beiden sofort verband, war mir zu intensiv und hätte gemächlicher aufgebaut werden können.

Dennoch ist Band 1 der Ventura-Saga aufgrund der sehr realistischen Darstellung eines utopischen Settings und der flüssigen Erzählweise ein gelungenes Romandebüt, dass ich schon jetzt ungeduldig auf Band 2 der Saga warte, an der Kate Ling gerade erst noch schreibt.

  • Einzelne Kategorien
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  • Originalität
Veröffentlicht am 18.02.2017

Seichte Liebesschnulze auf niedrigem sprachlichen Niveau statt Kriminalroman

Kölsch & Spätzle
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Florian Wenzel ist Polizeikommissar in Köln und bekommt einen neuen Partner an die Seite: Frank Scheuerle aus dem Schwabenland.

Mit Pullunder und Krawatte hält ihn Florian, der begeisterte Sportwagenfahrer ...

Florian Wenzel ist Polizeikommissar in Köln und bekommt einen neuen Partner an die Seite: Frank Scheuerle aus dem Schwabenland.

Mit Pullunder und Krawatte hält ihn Florian, der begeisterte Sportwagenfahrer mit dem athletischen Oberkörper, für einen Oberspießer und ist skeptisch was die zukünftige Zusammenarbeit betrifft.

Als Frank seinen Partner zu sich nach Hause einlädt, offenbart sich dem Junggesellen Florian die perfekte Familienidylle in der Reihenhaussiedlung. Frank ist glücklich mit seiner ersten Liebe Ute verheiratet, mit der er drei süße Kinder hat.

Florian muss sich bald eingestehen, dass die herzliche Schwabenfamilie nur auf den ersten Blick spießig und akzeptiert Frank als gleichberechtigten Partner. Zu dem ältesten Sohn Maik baut Florian sogar ein freundschaftliches Verhältnis und unternimmt gerne etwas mit ihm alleine.


Durch einen Zufall lernt Florian an einer Tankstelle die toughe Schwester Kerstin von Frank kennen, die in Stuttgart wohnt und seine Leidenschaft zu schnellen Autos und Hardrock-Musik teilt.

Auch Kerstin ist auf den ersten Blick von Florian überwältigt und kann ihn zu Hause in Stuttgart nicht vergessen. Sie hatte sich allerdings seit dem Tod ihres Vaters bei einem Polizeieinsatz geschworen, sich nie mit einem Polizisten einzulassen, weshalb es bei einzelnen knisternden Begegnungen im Hause Scheuerle zu bleiben scheint...


Unter "Kölsch & Spätzle" hatte ich mir irrtümlich einen humorigen Krimi vorgestellt, in welchem ein Kommissar aus Schwaben in Köln ermittelt. Anders als gedacht, handelt es sich um einen Liebesroman, in dem der Kriminalfall nahezu keine Rolle spielt. Schwerpunkt der Handlung ist die "verbotene" Liebe von Florian und Kerstin.

Nicht nur in der Vorstellung der Protagonisten, sondern auch in der Umsetzung durch die Autorin werden fortlaufend Klischees betont und stereotype Charaktere beschrieben. Diese Plattitüden wurden zwar auch nach einem aufmerksamen Lesen des Klappentextes klar, hätten aber auch spielerisch humorvoll in den Roman einfließen können. Ich fand sie allerdings vordergründig platt und fast schon satirisch und zu dominant für die Handlung. Formulierungen der Personenbeschreibungen à la "athletischer Oberkörper", "eisig blaue Augen", "stahlblaue Augen", "seliges Lächeln" usw. werden penetrant aneinadergereiht, so dass bei mir kein Lesevergnügen aufkommen konnte.

Aus einem Kriminalroman wurde eine seichte Liebesschnulze auf niedrigem sprachlichen Niveau.

Veröffentlicht am 13.02.2017

Vier Wochen bis zur Hinrichtung: düsterer Krimi um ein wahres Schicksal Anfang des 19. Jahrhunderts in Island

Das Seelenhaus
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Agnes Magnúsdottir, von der Mutter als Kind verstoßen, fühlt sich Zeit ihres Lebens unerwünscht und ungeliebt. Als Magd arbeitet sie Anfang des 19. Jahrhunderts in Island bei dem als Wunderheiler bzw. ...

Agnes Magnúsdottir, von der Mutter als Kind verstoßen, fühlt sich Zeit ihres Lebens unerwünscht und ungeliebt. Als Magd arbeitet sie Anfang des 19. Jahrhunderts in Island bei dem als Wunderheiler bzw. Hexenmeister verschrienen Natan Ketilsson auf dem Hof von Illugastadir.
Als dieser 1828 tot auf seinem Hof aufgefunden wird, wird u.a. Agnes beschuldigt, ihn mittels eines Messers getötet und anschließend den Hof angezündet zu haben. Vom Landrat Björn Blöndal wird sie zum Tod durch Enthauptung verurteilt. Die vier Wochen bis zu ihrer Hinrichtung soll sie auf dem Bauernhof Kornsáhof bei einer Beamtenfamilie verbringen.

Das Ehepaar Jónsson hat zwei Töchter und ist entsetzt, dass sie eine Mörderin bei sich aufnehmen müssen. Zunächst haben sie Angst vor der verschlossenen jungen Frau, nehmen sie aber dennoch fast schon selbstverständlich in ihr Haus auf. Agnes ist überraschend intelligent und erledigt die Arbeiten im Haushalt und Hof trotz ihrer Perspektivlosigkeit sehr engagiert.

Zur Läuterung und Buße sowie zur Vorbereitung auf ihre Begegnung mit Gott soll Agnes Gespräche mit einem Priester führen. Der junge Pfarrvikar Tóti ist sichtlich berührt vom Schicksal der jungen Frau, Agnes vertraut sich jedoch als erster der Hausherrin Magrèt an, der sie ihre Lebensgeschichte erzählt und was sich am Tag des vermeintlichen Mordes zugetragen hat.

Der Roman beruht auf wahren Begebenheiten. Agnes Magnúsdottir war die letzte Person, die in Island im Jahr 1829 hingerichtet wurde. Zur damaligen Zeit gab es auf Island keine Gefängnisse, weshalb Verurteilte entweder in Dänemark inhaftiert wurden oder als Arbeitskräfte auf Höfe von so genannten Dienstmännern verteilt wurden.

"Das Seelenhaus" versetzt den Leser in eine düstere Stimmung nach Island, eine Insel, die vom rauen, kalten Klima geprägt ist. 1828/ 1829 sind die Unterschiede zwischen Arm und Reich deutlich: Armut, Elend, Krankheiten und Tod sowie die Ausweglosigkeit aller Protagonisten auf den Bauernhöfen, deren Leben so beschränkt ist, sind in dem Buch allgegenwärtig.
Es ist ein leicht deprimierender historischer Roman, der nicht nur durch den Bezug auf ein wahres Verbrechen sehr authentisch wirkt. Es ist kein spannender Krimi, da das Schicksal von Agnes Magnúsdottir besiegelt und das Ende vorgegeben ist.

"Das Seelenhaus" ist die fiktionale Nacherzählung des tragischen Schicksals einer jungen Frau, der im Leben weder Liebe noch Glück vergönnt war. Der Mord und seine Aufklärung treten in den Hintergrund, während das Innenleben der vermeintlichen Mörderin einfühlsam von allen Facetten beleuchtet wird.

Veröffentlicht am 10.02.2017

Schein und Sein einer reichen amerikanischen Familie, vorhersehbare Liebesgeschichte

Träume wie Sand und Meer
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"Träume wie Sand und Meer" ist Band 3 der East-Coast-Reihe von Beatriz Williams. Alle Romane der Serie sind in sich geschlossene Erzählungen, weshalb man die ersten beiden Bände nicht gelesen haben muss, ...

"Träume wie Sand und Meer" ist Band 3 der East-Coast-Reihe von Beatriz Williams. Alle Romane der Serie sind in sich geschlossene Erzählungen, weshalb man die ersten beiden Bände nicht gelesen haben muss, um die Geschichte um Christina "Tiny" Schyler zu verstehen. Wer jedoch "Das geheime Leben der Violet Grant" (Band 2) gelesen hat, wird Tiny als ältere Schwester von Vivian kennen.

Der Roman spielt in den 60er-Jahren und zeigt Schein und Sein einer reichen amerikanischen Familie mit politischen Ambitionen. Er wird aus der Perspektive von Tiny im Jahr 1966 bzw. aus Sicht von Caspian im Jahr 1964 erzählt.

1966 ist Tiny mit dem Politiker Frank Hardcastle verheiratet und hat gerade eine Fehlgeburt erlitten. Franks Cousin Caspian kehrt als Kriegsversehrter und gefeierter Held aus Vietnam zurück und fast zeitgleich erhält Tiny einen Erpresserbrief mit pikanten Fotos von ihr aus dem Jahr 1964, die die Karriere ihres Ehemannes mitten im Wahlkampf zerstören könnten.

1964 verliebte sich Tiny in Cap ohne zu ahnen, dass es sich bei ihm um den Cousin ihres Verlobten handelt. Schon damals begann sie zu zweifeln, ob es sich bei Frank um den richtigen Mann fürs Leben handelt, war allerdings trotzdem nicht entschlossen genug, sich von ihm und seiner einflussreichen Familie zu lösen.

Durch den Perspektivenwechsel kann man als Leser die Gefühle von Tiny und Cap gut nachvollziehen, auch wenn Tiny als Protagonistin des Romans farblos bleibt. 1964 hat sie theoretisch noch die Möglichkeit, ihr Leben ganz einfach eine neue Richtung zu geben, wagt es aber nicht, die nötigen Schritte dafür zu unternehmen. 1966 ist die Situation, verheiratet mit einem Ehemann im Rampenlicht, viel schwieriger und dennoch ist sie hier emotional gebeutelt durch die Fehlgeburt und unter Druck durch die Erpressung eher bereit, aus dem goldenen Käfig auszubrechen.

Früh ist die Geschichte durch das Auftauchen von Cap und Schwester Pepper, die deutlich mehr Pfeffer im Hintern hat als Tiny, vorhersehbar, die Handlung aber nicht so unterhaltsam geschrieben, dass man gespannt verfolgt, wie Tiny aus dem ganzen Schlamassel herauskommt und sich von allem emanzipiert.

"Träume wie Sand und Meer" konnte mich insofern nicht für weitere Bände der East-Coast-Reihe begeistern.