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Veröffentlicht am 06.12.2017

Ein Roman fürs Herz - emotionale und mitreißende Geschichte mit zahlreichen liebenswürdigen Charakteren

Solange unsere Herzen schlagen
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Vor sechs Jahren ist Norah ohne Begründung verschwunden und hat ihren Ehemann Adam sowie ihre beiden Töchter Ella und Willa zurückgelassen. Jetzt steht sie plötzlich an einem Freitag Morgen in der Willoughby ...

Vor sechs Jahren ist Norah ohne Begründung verschwunden und hat ihren Ehemann Adam sowie ihre beiden Töchter Ella und Willa zurückgelassen. Jetzt steht sie plötzlich an einem Freitag Morgen in der Willoughby Street in dem kleinen Städtchen Holdingwell und kommt wie selbstverständlich in ihr altes Zuhause, während Adam und Kinder in der Arbeit bzw. der Schule sind.

Was Norah nicht weiß, ist, dass ihre ehemalige beste Freundin, die Chirurgin Fay, inzwischen mit Adam zusammenlebt und Willa wie ihre eigene Tochter angenommen hat. Die heute siebenjährige war zum Zeitpunkt des Verschwindens von Norah noch so klein, dass sie keine Erinnerung an ihre Mutter hat und noch nicht einmal ahnt, dass Fay nicht ihre leibliche "Mummy" ist. Ella war damals schon acht und hat ihre Mum geliebt, ihr in allem - sei es die Leidenschaft für Jazz und das Trompetespielen oder das Laufen - nachgeeifert. Sie hat nie aufgegeben zu glauben, dass ihre Mutter zurückkommt und hat für die in ihren Augen Vermisste einen eigenen Twitterkanal gepflegt, um sie wiederzufinden.

Norah bringt mit ihrer Rückkehr das gesamte Familienleben durcheinander. Adam weiß nicht mehr, welche Frau er liebt, Willa möchte einfach nur, dass alle als Großfamilie zusammenleben und miteinander glücklich sind und Ella begreift, dass sie Fay furchtbar unrecht getan hat, indem sie ihre Ablehnung all die Jahre so offen zeigte und dass sie sich schwer in Norah getäuscht hat.

Der Roman erstreckt sich über den kurzen Zeitraum von Freitag bis Mittwoch, in dem für die Familie Wells aber unheimlich viel Einschneidendes passiert. Er ist abwechselnd aus der Sicht der einzelnen Familienmitglieder erzählt, so dass man als Leser in die Gefühls- und Gedankenwelt aller wichtigsten Akteure eintauchen kann. Alle Charakter sind komplex und detailliert ausgearbeitet und es unheimlich kurzweilig und interessant zu lesen, wie sie auf die Rückkehr von Norah reagieren bzw. welche Folgen "Die Mutter, Die Gegangen Ist" damit für das Familienleben auslöst.

Spannend ist zudem zu erfahren, warum Norah damals ihre Familie allein gelassen hat und warum sie ausgerechnet jetzt nach sechs Jahren, zwei Tage vor Willas Geburtstag, zurückkehrt.

"Solange unsere Herzen schlagen" ist ein sehr kitschiger Titel für eine berührende Familiengeschichte, die trotz ihrer Länge von knapp 600 Seiten nie langweilig wird.
Der Roman ist so warmherzig und liebevoll geschrieben, was sich vor allem in den Kapitel aus der naiven Perspektive der süßen Willa und der unglücklichen, aber starken und so gutherzigen Fay, "Die Mutter, Die Geblieben Ist", wiederspiegelt. Aber auch mit Ella leidet man als Leser(in) mit, die von ihrer Mutter so furchtbar vor den Kopf gestoßen wurde.

Norah steht für die impulsive, freiheitliebende Frau, mit der es Adam nie langweilig geworden ist. Sie war vor allem in der Vergangenheit ein hedonistischer Mensch und hat selbst für ihre Kinder keine Regeln aufgestellt.
Fay ist das genaue Gegenteil von Norah. Sie ist bodenständig und zuverlässig und kümmert sich selbstlos mehr um andere als um sich selbst.

Der Roman zeigt das Leben einer Familie, die sich mit der Flucht der Mutter arrangiert hatte und nun scheinbar wieder von Neuem beginnen muss. Virginia Macgregor zeigt, was es heißt, Mutter bzw. Vater zu sein und dass nicht jeder Elternteil ab Geburt in die Rolle einer verantwortungsbewussten Mutter oder Vater schlüpfen kann.

Ich habe diesen zu Herzen gehenden Roman über die unkonventionelle Familie Wells regelrecht verschlungen. Es ist eine emotionale und mitreißende Geschichte mit zahlreichen liebenswürdigen Charakteren und eine wirklich überzeugend realistische Darstellung einer Familie in der Krise.

Veröffentlicht am 08.11.2017

Berührende Tragikomödie über drei Personen, die über ein Hospiz verbunden sind

Zwanzig Zeilen Liebe
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Stella ist Krankenschwester für die Nachtschichten in einem Hospiz und schreibt dort im Auftrag der Gäste, wie die Patienten dort genannt werden, Abschiedsbriefe, die sie nach deren Tod an die Hinterbliebenen ...


Stella ist Krankenschwester für die Nachtschichten in einem Hospiz und schreibt dort im Auftrag der Gäste, wie die Patienten dort genannt werden, Abschiedsbriefe, die sie nach deren Tod an die Hinterbliebenen übergibt.

Nicht immer schafft es Stella, eine professionelle Distanz zu bewahren und lässt die Schicksale der Erkrankten und ihre Sorgen sowie die der Angehörigen nah an sich heran. Für Stella steht im Hospiz nicht der Tod und Trauer im Vordergrund, sondern das Leben. Sie möchte den Gästen einen würdevollen und möglichst schmerzfreien Aufenthalt gestalten, bis dies loslassen können.

Hoffnung schöpft sie vor allem auch von den Erkrankten, die eine Besserung erfahren und wieder entlassen werden können, wie die an Mukoviszidose erkrankte Hope. Diese ist gerade einmal 17 Jahre alt und begreift während ihres Aufenthalts im Hospiz, dass das Leben ein Geschenk ist und dass sie die ihr verbleibende Zeit nutzen muss, statt mit ihrem Schicksal und der lebensgefährdenden Krankheit zu hadern. Eine Rolle spielt dabei ihr bester Freud Ben, der in sie verliebt ist.


Neben der psychisch belastenden Arbeit ist Stella damit beschäftigt, um ihre Ehe zu kämpfen. Ihr Mann ist bei einem Kampfeinsatz in Afghanistan schwer verwundet worden und hat bei dem Bombenangriff ein Bein verloren. Er versinkt in Trübsal und macht indirekt Stella für sein Unglück verantwortlich, da er für sie aus dem Hinterhalt geflüchtet ist und seinen besten Freund Kip dabei zurücklassen musste, der bei dem Angriff ums Leben gekommen ist.


Dritter Protagonist des Romans ist der 35-jährige Hugh, der nach dem Tod seines Vaters und seiner Lebensgefährtin, die ihn verlassen hat, zurückgezogen in seinem haus wohnt. Erst als neue Nachbarn in das Haus gegenüber ziehen, eine alleinerziehende Mutter mit ihrem zehnjährigen Sohn, die sich aufreibt, um finanziell über die Runden zu kommen und dabei ein permanentes schlechtes Gewissen hat, nicht genug Zeit mit ihrem Sohn zu verbringen, kommt Hugh aus seinem Schneckenhaus heraus.


"Zwanzig Zeilen Liebe" beschreibt sieben Nächte im Leben von Stella, Hope und Hugh. Dreh- und Angelpunkt des Romans ist das Hospiz, in welchem Stella arbeitet und in dem Hope gepflegt wurde, bis sie nun kurz vor ihrer Entlassung nach Hause steht. Die Erzählung von Hugh verläuft parallel zur Handlung im Hospiz, der eine Verbindung dorthin hat, von der er selbst noch nichts weiß.


Durch die drei zunächst getrennt von einander laufenden Erzählungen und die Unterbrechung durch die Briefe der Sterbenden, hatte ich etwas Anlaufschwierigkeiten in den Roman hineinzukommen.

Als ich Stella, Hope und Hugh aber näher kennenlernte und die Verbindungen der Protagonisten untereinander immer deutlicher wurden, war ich gepackt von ihren Schicksalen und dem berührenden Schreibstil von Rowan Coleman. Auch wenn der Schauplatz des Romans ein Hospiz ist und Krankheiten, Tod, Abschied und Trauer damit allgegenwärtig sind, ist es kein deprimierendes Buch. Trotz der traurigen Momente überwiegt die positive Botschaft des Romans, die durch die sympathischen und sehr nahbaren, authentischen Charaktere vermittelt wird: die Hoffnung niemals aufzugeben, das Beste aus einer Situation herauszuholen, offen für neue Begegnungen zu sein und andere am Leben Anteil haben zu lassen, um Hürden nicht alleine überwinden zu müssen.


Wie schon "Im siebten Sommer" hat mir auch dieser Roman der Autorin sehr gut gefallen. Unwahrscheinlich empathisch beschreibt sie den Alltag in einem Hospiz und schafft es dennoch, komische Elemente in den Roman miteinfließen zu lassen ohne vom ernsten Thema abzulenken.

"Zwanzig Zeilen Liebe" ist eine berührende Tragikomödie "auf das Leben!", die mir bewusst gemacht hat, dass ein Hospiz nicht allein ein Ort zum Sterben ist und noch lange nicht das Ende bedeutet.

Veröffentlicht am 01.11.2017

Tiefgründiger Roman voller Gefühl mit authentischen Protagonisten - uneingeschränkte Leseempfehlung

Die Stille zwischen Himmel und Meer
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Edda verbringt zum ersten Mal in ihrem Leben einen Urlaub am Meer. Allein ist sie an die Nordsee gefahren, um sich dort im Herbst an der rauen See ihren Ängsten zu stellen. Sie fürchtet sich vor verschlossenen ...

Edda verbringt zum ersten Mal in ihrem Leben einen Urlaub am Meer. Allein ist sie an die Nordsee gefahren, um sich dort im Herbst an der rauen See ihren Ängsten zu stellen. Sie fürchtet sich vor verschlossenen Räumen, dem endlosen Himmel und anderen Menschen.

Ausgerechnet das von ihr gebuchte Ferienhaus ist versehentlich doppelt vergeben worden, weshalb sie es sich, bis eine Lösung gefunden wird, mit einem Touristen aus Bayern teilen muss. Sebastian ist anlässlich des zweiten Todestages seiner Ehefrau in deren Heimatort gefahren, wo sie auch begraben liegt. Sie war bei einem Bergunglück ums Leben gekommen.

Aber auch Edda hat ein schlimmes Trauma zu verarbeiten. Sie wurde als Fünfjährige von einer Frau entführt und über zwölf Jahre festgehalten. Vor sieben Jahren konnte sie sich von ihrer "zweiten Mutter" befreien, die Suizid begangen hat, und nach einem Klinikaufenthalt und Psychotherapie in ihr Elternhaus zurückkehren. Ihr Vater ist bereits vor neun Jahren verstorben und zu ihrer Mutter fehlt ihr jegliche Bindung.

Die Geschichte von Edda ist sehr berührend beschrieben. Als Leser taucht man tief in den Charakter ein und kann ihre Ängste - einerseits vor verschlossenen Türen und dem Eingesperrtsein, andererseits aber auch vor dern unendlichen Weite, der Freiheit - nachvollziehen. Es erfordert viel Mut, sich freiwillig ganz allein mit diesen Ängsten zu konfrontieren, aber Edda möchte endlich etwas Normalität in ihrem Leben - und vor allem - überhaupt leben.

Durch Rückblenden und Eddas Erinnerungen erfährt man von ihrer Vergangenheit, von ihrer Gefangenschaft in einem Kellergewölbe und wie eine fremde Frau, ihre Peinigerin, zu ihrer einzigen Bezugsperson und gezwungenermaßen zu ihrer Mutter wurde.

Ihr zeitweiliger Mitbewohner im Ferienhaus Sebastian, der im Verlauf der vier Wochen seine ablehnende, ruppige Art ablegt, hilft ihr bei ihren weiteren Schritten auf ihrem Weg zurück ins Leben, hadert aber selbst noch so mit seinem Schicksal, dass er sich immer wieder von Edda zurückzieht.

"Die Stille zwischen Himmel und Meer" ist ein tiefgründiger Roman mit authentischen Protagonisten, deren Schicksale zu Herzen gehen und denen man emotional so nahe kommt, dass man ihre Gefühle und Handlungen durchweg nachvollziehen kann.

Es ist ein Buch über zwei verletzte Seelen und ihren einsamen Kampf gegen ihre inneren Dämonen, das Mut macht, sich seinen Ängsten zu stellen, bei Rückschlägen nicht aufzugeben und hoffnungsvoll in eine unbeschwertere, glücklichere Zukunft zu blicken.
Kati Seck hat einen sehr empathischen Schreibstil, als hätte sie die Geschehnisse selbst erlebt. Der Roman ist emotional anrührend und besticht durch ein glaubwürdiges Ende, das kein Happy End erzwingt, sondern den Protagonisten Raum und Zeit lässt, sich noch weiterzuentwickeln.

Veröffentlicht am 27.10.2017

Bewegende Familiengeschichte und sehr lebendige Erzählung der deutschen Geschichte anhand des Schicksals dreier Frauen

Marlenes Geheimnis
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Die 34-jährige Christiane, kurz Nane genannt, fährt anlässlich der Beerdigung ihrer Großmutter Eva in ihre Heimat an den Bodensee. Die Pharmavertreterin braucht ohnehin eine Auszeit von ihrem Leben in ...

Die 34-jährige Christiane, kurz Nane genannt, fährt anlässlich der Beerdigung ihrer Großmutter Eva in ihre Heimat an den Bodensee. Die Pharmavertreterin braucht ohnehin eine Auszeit von ihrem Leben in Frankfurt und bleibt ein paar Tage länger bei ihrer Tante Marlene, die die familiengeführte Schnapsbrennerei übernommen hat.
Auch Nanes Mutter Vicky kommt zur Beerdigung, hat aber ein derart zerrüttetes Verhältnis zu ihrer Schwester, dass sie direkt wieder abreist.

Eva hat ihrer Enkelin ein Buch mit ihren Memoiren hinterlassen, in denen Nane zu lesen beginnt und deren Offenbarungen über ihre Familiengeschichte sie überrascht.
Durch die Aufzeichnungen von Eva Menzel im Zeitraum von 1938 bis 1953 erfährt man deren Lebensgeschichte und die ihrer Tochter Marlene. Eva wohnte zur Zeit des Nationalsozialismus in Reichenberg im Sudetenland, wo sie von ihrem Vater, einem Apotheker, das Schnapsbrennen erlernt hat, während ihre Mutter Julika dem Alkohol verfiel. Als ihr Vater letztlich doch an die Front musste, befand sich Eva stets in dem Zwiespalt, weiterhin Schnaps zu brennen, der ein begehrtes Zahlungs- bzw- Tauschmittel wurde und damit die Alkoholsucht ihrer Mutter zu unterstützen.

Als 16-Jährige verliebt sie sich in den Tschechen Jan, der Ende des Zweiten Weltkriegs als Partisan gegen die Deutschen kämpfte und bei dem Versuch Eva vor den übergriffigen russischen Besatzern zu schützen, sein Leben ließ.

Es folgten schwierige Jahre, geprägt von der Krankheit der Mutter, der Vertreibung aus der Heimat und der Ungewissheit, ob der Vater wieder lebend zurückkehren würde.
Über verschiedene Lager in Brandenburg und Sachsen gelangt die Familie schließlich nach Rickenbach am Bodensee, wo Eva zusammen mit Marlene 1946 ein neues Leben beginnt und mit dem heimischen Äpfeln eine florierende Schnapsbrennerei aufbaut.
Aus dem Flüchtlingsmädchen aus Nordböhmen wird in den 40er-Jahren die dreimalige Bodensee-Apfelkönigin.

Genauso gebannt wie Nane die Lebensbeichte ihrer Großmutter liest, die damit ihre Enkelin über ihre Herkunft aufklären möchte und gleichzeitig für eine Annäherung ihrer beiden ungleichen Töchter Marlene und Viktoria sorgen möchte, ist man als Leser von den sehr authentisch wirkenden Frauenschicksalen fasziniert. Eva lernt man als warmherzige und starke Frau kennen, die sich im Leben vieles erkämpfen musste, bevor sie am Bodensee Fuß fasste und Toni, den Vater ihrer Tochter Viktoria heiratete. Marlene war ein aufgewecktes junges Mädchen und wirkt als erwachsene, über 70-jährige Frau reserviert und unnahbar. Rätselhaft ist ihre Allergie auf rohe Äpfel, die so gar nicht zu ihrem Erfolg bei der Herstellung von Obstbränden passt und ihre starke Abneigung gegen die Nachbarsfamilie Bentele, die sogar zur Beerdigung von Eva ausgeladen wird.

All diese Fragen gilt es mit Hilfe von Evas Aufzeichnungen aufzuklären, bei der Nane ihrer Heimat wieder ein Stück näher kommt.
"Marlenes Geheimnis" ist eine bewegende Familiengeschichte, die die Historikerin Brigitte Riebe detailreich und sehr anschaulich schildert. Gerade die Authentizität und die Leidenschaft mit der die deutsche Geschichte anhand des Schicksals von Eva bzw. Marlene wiedergegeben wird, machen den Roman zu einem emotional fesselnden, generationenübergreifenden Leseerlebnis.

Veröffentlicht am 20.10.2017

Tiefgründiges Teenager-Drama, das aber keinesfalls nur für junge Erwachsen lesenswert ist.

Der gefährlichste Ort der Welt
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Im Prolog beschreibt der Schüler der achten Klasse, Tristan Bloch, sein Mill Valley für ein Geschichtsprojekt. Im nächsten Kapitel ist Tristan tot.
Nachdem sein Liebesbrief, den er seiner Mitschülerin ...

Im Prolog beschreibt der Schüler der achten Klasse, Tristan Bloch, sein Mill Valley für ein Geschichtsprojekt. Im nächsten Kapitel ist Tristan tot.
Nachdem sein Liebesbrief, den er seiner Mitschülerin Calista mutig zugesteckt hatte, auf Facebook veröffentlicht wurde, stürzte sich Tristan von der Golden Gate Bridge.

Im zweiten und dritten Teil des Romans werden Schüler der staatlichen Mittelschule in Mill Valley, die eine (Teil-)schuld an dem tragischen Suizid haben, drei bis fünf Jahre später jeweils für in Kapitel in den Fokus gerückt-
Abigail Cress, die ehemalige beste Freundin von Calista, beginnt eine Affäre mit ihrem SAT-Lehrer, der hochbegabte Nick nutzt seine Fähigkeiten um gegen Bezahlung Referate für seine Mitschüler zu schreiben oder mit gefälschten Schülerausweisen Abschlussarbeiten abzulegen. Elisabeth ist die schöne, aber schüchterne und deshalb zu unrecht als arrogant eingeschätzte Mädchen, das im Haus ihrer Mutter eine Party gibt, die aus dem Ruder läuft, woran mitunter dieselben Teenager Ryan und Damon Schuld tragen, die Tristans Liebesbrief auf Facebook ins Lächerliche gezogen hatten.

Mill Valley ist eine Kleinstadt in Kalifornien in der Nähe von San Francisco, die vom gut situierten weißen Mittelstand geprägt ist. So handelt es sich bei den Teenagern um verwöhnte, von den Eltern wohl behütete Kinder, die gemeinsam die Highschool besuchen, die zum "gefährlichsten Ort der Welt" wird.
Kinder können grausam sein und so setzen sich in diesem Milieu die durchsetzungsfähigsten, selbstbewussten, einflussreichen und schönen Schüler gegen die schwächeren Außenseiter bei dem Wettbewerb um Ansehen und Macht durch.

Auch wenn die Autorin jedes Kapitel einem/r anderen Schüler/in widmet, ist der Roman keine Sammlung von Kurzgeschichten, da die Protagonisten in der chronologischen Abfolge wiederkehren, sich aber die Perspektive ändert und die einzelnen Kapitel geschickt miteinander verknüpft sind.
Jeder Teenager stellt dabei einen (Steretyp dar, mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften und einem mehr oder minder großen Anteil am Tod von Tristan - sei es durch Unterlassen, fahrlässiges Handeln oder aktives Zutun.

Anders als in anderen Büchern ist die Katastrophe der Ausgangspunkt des Romans und nicht das Ende. Das Cyber-Mobbing an Tristan hat nicht nur Auswirkungen auf sein persönliches Schicksal, sondern auch noch Jahre später auf die Leben der involvierten Mitschüler. Vor allem Calista quält sich lange mit einem denkbar schlechten Gewissen.

Es ist ein moderner Roman, der einen ungewöhnlichen und spannenden Aufbau hat und der sich mit den aktuellen Problemen unsere Gesellschaft bzw. der jüngeren Generation, wie unbedachter Umgang mit Social Media, Mobbing, Alkohol, Drogen und der Oberflächlichkeit von Jugendlichen befasst, die jeden ausgrenzen, der ihren Vorstellungen nicht genügt oder der aus purer Langweile zum Opfer erhoben wird und in Misskredit gerät.
Dabei verzichtet die Autorin auf plumpe Kritik, Schuldzuweisungen oder Verurteilungen, sondern beschreibt dies unterschwellig anhand der Biographien der einzelnen Protagonisten, die bei näherer Betrachtung oft anders sind, als sie zunächst den Anschein haben.

"Der gefährlichste Ort der Welt" ist ein tiefgründiges Teenager-Drama, das aber keinesfalls nur für junge Erwachsen lesenswert ist.