Profilbild von schnaeppchenjaegerin

schnaeppchenjaegerin

Lesejury Star
offline

schnaeppchenjaegerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit schnaeppchenjaegerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.09.2024

Schwarz und Weiß = Gut und Böse - oberflächliche Geschichte einer Familientragödie, in der die Bürgerrechtsbewegung nicht zum Tragen kommt

Was ihr uns versprochen habt
0

Cinthy Kindred wächst zusammen mit ihrer älteren Schwester Ezra in dem kleinen Ort Salt Point in Maine auf. Neben den Junketts sind sie dort die einzige schwarze Familie. Die Mädchen sind mit Ruby Scaggs ...

Cinthy Kindred wächst zusammen mit ihrer älteren Schwester Ezra in dem kleinen Ort Salt Point in Maine auf. Neben den Junketts sind sie dort die einzige schwarze Familie. Die Mädchen sind mit Ruby Scaggs befreundet, die aus einer armen Familie stammt und damit ebenfalls eine Außenseiterin ist.
Cinthy und Ezra gehen gemeinsam mit weißen Kindern zur Schule, wo auch ihr Vater als Lehrer arbeitet. Besonders Cinthy ist eine eifrige Schülerin, die gelernt hat, nicht aufzufallen. Als ihre Klassenlehrerin stirbt und eine neue Lehrerin an die Schule kommt und sich auch die Freundschaft zwischen Ezra und Ruby zu verändern beginnt, da die Mädchen in die Pubertät gekommen sind, verändert sich die Dynamik. Gleichzeitig kündigen sich Veränderungen im Land an, als die Rufe nach Gleichberechtigung der schwarzen Bevölkerung endlich zu werden scheinen.
Die Kindreds und Junketts werden plötzlich als Bedrohung wahrgenommen und sehen sich mit Hass und Vorurteilen konfrontiert.

Die Geschichte ist tragisch und die Ungerechtigkeiten schier unerträglich. Sie wird überwiegend aus der Perspektive von Cinthy geschildert, es gibt jedoch auch Einblicke in das Leben von Ruby. Möglicherweise liegt es an der Kinderperspektive, weshalb ich mehrfach das Gefühl hatte, dass mir Details zur Geschichte fehlen, weil die Kinder selbst nicht alles verstehen, und mir deshalb das Verhalten der Charaktere oftmals nicht nachvollziehbar war. Die Freundschaft zwischen Ezra und Ruby sowie ihr Streit bleiben so unverständlich wie das Verhalten der neuen Lehrerin und Cinthys Großmutter, die plötzlich präsent war. Da helfen auch die einzelnen Rückblenden in die Vergangenheit wenig, um für die Familien- und Charakterentwicklung eine Erklärung zu finden.

Der Roman zeigt eindrücklich, dass in Amerika im Jahr 1957 die Hautfarbe bestimmte, wie Personen wahrgenommen werden und welche Chancen sie im Leben haben. Das wird insbesondere durch den Gegensatz der Familien Kindred und Scaggs anschaulich demonstriert. Während Cinthy und Ezra in einem wohlbehüteten Elternhaus aufwachsen und es nicht an Liebe und Geborgenheit mangelt, lebt Ruby in einem Elternhaus voller Angst, Hass, Gewalt und ohne Moralvorstellungen. Dennoch wird diese Familie nicht so ausgegrenzt und argwöhnisch betrachtet, wie die Kindreds und Junketts.

Die Bürgerrechtsbewegung bleibt in dem Roman komplett außen vor. Man erfährt nur von der Situation in Salt Point, wo es plötzlich zu Hass und Gewalt gegen die wenigen Schwarzen kommt, aber nicht, was sich in dem ganzen Land verändert und welche Verbesserungen es in Nord und Süd möglicherweise gibt und was dies auslöst.

Für meinen Geschmack war mir der Gegensatz von Schwarz und Weiß als Gut und Böse zu stereotyp. Die Geschichte blieb mir zu oberflächlich und pauschal, zu plakativ dramatisch, brutal und von zu vielen Unglücken und Verlusten geprägt, die jeden Hoffnungsschimmer, den es zu dieser Zeit ja gerade für die schwarze Bevölkerung geben sollte, ausblendet oder zumindest für die Zukunft in Betracht zieht. Zu keinem Zeitpunkt konnte ich einen Zugang zu den Charakteren verspüren und empfand das Ende als zu abrupt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.09.2024

Schreckliche Protagonistin zum Fremdschämen, wirre Story - nicht mein Humor

Mon Chéri und unsere demolierten Seelen
0

Charly Benz ist 43 Jahre alt und arbeitet im Marketing eines veganen Berliner Startups. Sie hatte noch nie eine richtige Beziehung und bis auf ihre Schwester Sybille und Herrn Schabowski, den sie dafür ...

Charly Benz ist 43 Jahre alt und arbeitet im Marketing eines veganen Berliner Startups. Sie hatte noch nie eine richtige Beziehung und bis auf ihre Schwester Sybille und Herrn Schabowski, den sie dafür bezahlt, dass er ihre Post öffnet, keine nennenswerten Kontakte. Herrn Schabowski, der durch ihre wöchentlichen Konsultationen zu einem väterlichen Freund geworden ist, erzählt sie von ihrem Leben, von ihrem Scheitern und ihren Beziehungsproblemen. Herr Schabowski hört ungläubig zu und kann nicht verstehen, dass Charly so tiefstapelt und sich als Karikatur ihrer selbst darstellt.

"Mon Chéri und unsere demolierten Seelen" klingt so vielversprechend, geistreich und originell, aber die Geschichte kann mit dem Titel nicht mithalten. Der einzige rote Faden des Romans ist, dass Charly erzählt. Sie textet jeden Menschen zu, dem sie begegnet, egal ob es ihr PostEngel, ihre Schwester, ein flüchtig bekannter Kulturjournalist, ein Nachbar oder der Verkäufer im Späti ist. Keiner ist vor ihren mehr oder weniger interessanten geistigen Ergüssen sicher. Dabei sind ihre Monologe, die von vergangenen Peinlichkeiten handeln oder ein Unwissen offenbaren, zum Fremdschämen. Da ist es auch kein Wunder, dass Charly bisher jeden potentiellen Freund in die Flucht geschlagen hat.
Darüber hinaus reihen sich die kurzen Kapitel häufig zusammenhanglos aneinander. Es erfolgen wirre Zeitsprünge oder es ist im ersten Moment gar nicht klar, ob Charly gerade wieder in Erinnerungen schwelgt und wem sie diese erzählt oder ob es sich um ein gegenwärtiges Geschehen handelt.

Nach gut der Hälfte nimmt der Roman eine andere Richtung. Konnte man bisher geteilter Meinung über die Art von Humor sein, wird die Geschichte mit einer überraschenden Schwangerschaft und einem nahenden Tod noch absurder. Der Aufenthalt in Bad Gastein ist dann vergleichsweise langweilig und konträr zur bisherigen irrsinnigen Handlung.

Kein Charakter kann in seiner Darstellung überzeugen. Charly wirkt als 43-jährige erfolgreiche Werbetexterin, für die Begriffe wie Duckface und Hashtag Fremdwörter sind und die auch mit ihrem Zyklus wenig anfangen kann und keinen Gynäkologen hat, lebensfremd. Ihre Sexualpartner, die sie warum auch immer plötzlich hat, bleiben blass und austauschbar.

Ich hatte eine Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft und eine ulkige Einsiedlerin erwartet und stattdessen einen wirren Lebenslauf einer beziehungsunfähigen Außenseiterin bekommen, die sich selbst das Leben schwermacht und mit ihren Marotten abschreckend wirkt. Charlys Philosophieren ist so überspitzt dümmlich dargestellt, dass es einfach nicht mehr komisch ist. Vielleicht muss man, um ihre demolierte Seele zu verstehen, die ein oder andere Packung kirschschnapsgetränkte Mon Chéri essen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.09.2024

Leidenschaftlicher Roman, der den Veteraninnen Vietnams eine Stimme gibt - ehrlich, fesselnd und emotional.

Die Frauen jenseits des Flusses
0

Frankie wächst gut behütet in wohlhabenden Verhältnissen in Kalifornien auf. 1966 entscheidet sie sich dafür, ihrem Bruder nach Vietnam zu folgen und dort als Pflegekraft der US-Army zu dienen. Sie möchte ...

Frankie wächst gut behütet in wohlhabenden Verhältnissen in Kalifornien auf. 1966 entscheidet sie sich dafür, ihrem Bruder nach Vietnam zu folgen und dort als Pflegekraft der US-Army zu dienen. Sie möchte etwas sinnvolles leisten und nicht nur hübsch aussehen und Dinnerpartys geben. Schlecht auf die Situation vor Ort vorbereitet und nur mit rudimentärem medizinischen Kenntnissen, ist die Ankunft im Kriegsgebiet schockierend. Doch mit der Hilfe von anderen Schwestern, die zu Freundinnen werden und die Arbeit erträglicher machen, wächst Frankie über sich hinaus, verlängert ihren Aufenthalt sogar um ein Jahr und lernt im Bombenhagel und umgeben vom Leid amerikanischer Soldaten und vietnamesischer Zivilisten die Liebe kennen.
Die Rückkehr nach Amerika, während der Krieg in Vietnam noch in vollem Gang ist, ist ernüchternd und ganz anders als erwartet. Frankie wird nicht dankbar mit offenen Armen empfangen, sondern von Kriegsgegnern und Protestierenden beschimpft und bespuckt und weder von Gesellschaft noch staatlichen Einrichtungen als Veteranin anerkannt.
Selbst kriegstraumatisiert, muss die erwachsen gewordene Frankie neu anfangen und mit ihren Erinnerungen zurechtkommen.

"Die Frauen jenseits des Flusses" handelt vom Vietnam-Krieg und seinen Folgen und welche Rolle den Frauen zugeschrieben wurde.
Die Autorin ruft damit wahre historische Ereignisse in Erinnerung und verbindet sie mit einer berührenden fiktiven Geschichte über die zu Beginn 20-jährige Frankie, die buchstäblich zur Heldin mutiert.

Sowohl die Kampfmomente und blutigen Szenen im Lazarett, als auch die erhebenden Szenen vom spärlichen Alltag der Soldaten und des medizinischen Personals sind authentisch beschrieben. Die Autorin produziert Bilder, die erschüttern und berühren. Schmerz, Angst und Gewalt, aber auch Liebe, Freundschaft und Hoffnung sind im grünen Dschungel spürbar.
Doch die Erlebnisse nach Frankies Einsatz in Vietnam sind mindestens genauso aufwühlend, machen traurig, wütend und fassungslos.

Die Geschichte handelt von Liebe, Freundschaft, Familie, Kriegstrauma und dem Wechseln von einer Hölle in eine andere Hölle. Der Krieg und die Verletzungen, die Methoden der Kriegsgegner und das Schicksal der Opfer sind brutal. Zurück in Amerika sind Flashbacks, Alpträume und psychische Probleme gegenwärtig. Ein Neuanfang ohne professionelle Hilfe ist schwierig und die Wut, als Veteranin nicht ernstgenommen zu werden, nachvollziehbar und empathisch geschildert.

Die Charaktere sind liebevoll und individuell gezeichnet, der geschichtliche Hintergrund aufwändig recherchiert und für Amerika wenig rühmlich dargestellt. Die Autorin gibt mit dem Roman den Frauen, die in Vietnam gedient oder in Amerika auf die Rückkehr von Angehörigen gewartet und sich für das Ende des Krieges eingesetzt haben, eine Stimme und zollt ihnen Anerkennung und Respekt.

Es ist ein leidenschaftlicher Roman über den steinigen, aber dennoch hoffnungsvollen Weg einer jungen Heldin und Patriotin. Auch wenn die Geschichte von Liebe handelt, verklärt die Autorin nichts und verzichtet auf eine kitschige Liebesgeschichte. Der Roman geht unter die Haut, macht Geschichte lebendig und demonstriert eindrücklich die Sinnlosigkeit eines Krieges.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.09.2024

Raus aus der Komfortzone - Eine Wanderung zur Selbsterkenntnis zweier Middleager, ein Aufbruch zu einem Neuanfang und zu einer neuen Liebe.

Zwei in einem Leben
0

Marnie ist 38 Jahre alt, seit einigen Jahren geschieden und arbeitet von zu Hause aus als Lektorin. Sie hat sich von Freunden, die inzwischen verheiratet sind und Kinder haben, zurückgezogen und mit dem ...

Marnie ist 38 Jahre alt, seit einigen Jahren geschieden und arbeitet von zu Hause aus als Lektorin. Sie hat sich von Freunden, die inzwischen verheiratet sind und Kinder haben, zurückgezogen und mit dem Alleinsein arrangiert, gesteht sich aber ein, einsam zu sein und möchte dies ändern.
Michael ist 42 Jahre alt, lebt in Trennung und ist Erdkundelehrer. Voller Leidenschaft versucht er seinen Schülern die Natur nahe zu bringen und geht selbst am liebsten allein wandern, weil er das leere Zuhause nicht aushält. Als er wieder eine Tour geplant hat, überredet ihn seine Freundin Cleo zu einer Wanderung und trommelt ein paar Freunde u.a. Marnie zusammen.
Aus der geplanten Wanderung zu siebt, wird eine Wanderung zu fünft und schon nach zwei Tagen sind Michael und Marnie zu zweit unterwegs. Bei typischem englischen Wetter, Übernachtungen in Unterkünften, die mal mehr, mal weniger charmant sind, kommen sich die beiden nach anfänglicher Skepsis näher.

"Zwei in einem Leben" ist in mehrere Abschnitte untergliedert, die die Route von der irischen See zur Nordsee illustriert beschreiben. Darüber hinaus ist der Roman in kurzen Kapiteln abwechselnd aus der Perspektive von Marnie beziehungsweise Michael geschildert.
Beide Charaktere sind individuell gestaltet und sehr lebendig beschrieben. Durch die Gedanken, die sie sich in einsamen Stunden oder im Umgang mit anderen machen, durch die lebhaften Dialoge und besonderen Eigenheiten, werden sie bildhaft vorstellbar. Es fällt leicht, sich in die Middleager hineinzuversetzen, die nach gescheiterten Beziehungen Probleme haben, sich auf neue Menschen einzulassen und als kinderlose Singles in einer Gesellschaft mit Paaren vereinsamen.

Dennoch ist die Lektüre trotz (psychischer) Probleme, grauem Wetter und sogar einem Todesfall auf der Strecke nicht betrüblich, sondern durch die witzigen inneren Monologe und Gespräche unter einander abwechslungsreich und unterhaltsam. Trotzdem werden die Schwierigkeiten, die die Figuren haben, nicht leichtfältig aufgezählt, sondern einfühlsam und mit der notwendigen Tiefe behandelt.

So erfolgt auch die Annäherung zwischen Marnie und Michael realistisch nur ganz allmählich, sie öffnen sich je weiter sie gehen einander und werden zu Freunden auf einem gemeinsamen Weg. Die Entwicklung ist authentisch, letztlich vorhersehbar und dennoch entwickelt sich eine gewisse Spannung, da die beiden weiterhin zurückhaltend sind, sich schwer damit tun, Gefühle zu zeigen und ungewiss ist, wie es nach der Wanderung, die neben Freundin Cleo das einzig verbindende Element ist, mit den beiden weitergehen wird.

Der Roman ist voller Wortwitz und treffender Metaphern, geistreich und unangestrengt unterhaltsam. Wer jedoch eine allzu romantische und berührende Liebesgeschichte wie "Zwei an einem Tag" erwartet, wird möglicherweise enttäuscht sein. Neben den Auswirkungen der Pandemie und der Verrohung der Gesellschaft geht es um einen Weg aus der Komfortzone, um Selbstreflexion und eine erwachsene Liebe, die vorsichtig verhalten statt leidenschaftlich ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.09.2024

Mischung aus Drama, Kriminalroman und einem Hauch historischer Roman - konstruierter Handlungsverlauf mit zu vielen Themen, die oberflächlich bleiben

Die vergessenen Kinder
0

Im Jahr 1975 war Superintendent Joanna Hamilton noch eine junge, unerfahrene Polizistin, als sie zu einem Fall häuslicher Gewalt gerufen wurde. Die Situation eskalierte und am Ende überlebten in dem Haushalt ...

Im Jahr 1975 war Superintendent Joanna Hamilton noch eine junge, unerfahrene Polizistin, als sie zu einem Fall häuslicher Gewalt gerufen wurde. Die Situation eskalierte und am Ende überlebten in dem Haushalt der Moores nur die beiden Töchter Holly und Daisy, die sodann in ein Waisenhaus gebracht wurden. Die Mädchen wurden später getrennt, die jüngere adoptiert und die ältere, die aufmüpfig wurde, verschwand eines Tages spurlos. Schon Jahre zuvor kam ein anderes Mädchen, das in dem Waisenhaus lebte, unter ungeklärten Umständen ums Leben.
30 Jahre später ist Jo kurz vor ihrer Pensionierung, als die sterblichen Überreste einer jungen Frau gefunden werden. Jo vermutet, dass es sich dabei um Holly handelt, die so lange schon vermisst ist. Sie möchte endlich beide Fälle vollständig aufklären, um Hollys Schwester Gewissheit zu geben und selbst guten Gewissens in Rente gehen zu können.

"Die vergessenen Kinder" ist ein Roman, der auf unterschiedlichen Zeitebenen handelt. Nach einem Rückblick auf den 14. Dezember 1975, der das Schicksal der beiden Schwestern Holly und Daisy besiegelte, fokussiert sich die Handlung auf die Jahre 1985 und 2015, der Verlust der beiden Teenager und der Fund der Leichenteile, die Jo die Fälle aufrollen lassen, die die Polizei zum Tatzeitpunkt nur unzureichend aufgeklärt hat. Darüber hinaus gibt es Rückblenden in das Frühjahr 1944, das zur eigentlichen Handlung bis auf wiederkehrende Charaktere keinen offensichtlichen Bezug hat.

Das Buch ist eine Mischung aus Drama, Kriminalroman und einem Hauch historischer Roman. Der Schwerpunkt der Handlung liegt auf den traurigen Schicksalen der Mädchen und den familiären und beruflichen Verhältnissen von Jo und weniger auf den polizeilichen Ermittlungen oder den Spionagetätigkeiten der Alliierten während des Zweiten Weltkrieges.

Die Geschichte beginnt spannend mit einem von Jos ersten Einsätzen, der unglücklich endet und sie auch Jahre später noch beschäftigt. Anschließend verläuft sich der Roman mit verschiedenen Erzählsträngen und wirkt mit der Vielzahl an Themen zu überladen. Dabei ist keine Thematik wirklich neu, hat man Romane über kümmerliche Verhältnisse in Kinderheimen, Missbrauch Schutzbefohlener, ungewollte Schwangerschaften, problematische Mutter-Tochter-Beziehungen und frauenfeindliche Strukturen in Polizeibehörden schon häufiger gelesen. Der Fokus auf nur einzelne Probleme davon hätte dem Roman mehr Tiefe und den Charakteren mehr Möglichkeiten der Entfaltung geben können.

Darüber hinaus erscheint konstruiert, dass alle handelnden Figuren irgendwie mit einander zusammenhängen, verwandt sind oder beruflich zusammenarbeiten. Aufgrund der übersichtlichen Anzahl der handelnden Charaktere ist der Täter bald zu erahnen. Am Ende gibt es jedoch kein klares Motiv und seine Charakterisierung mag nicht zu den verübten Taten passen. Selbst wenn der Erzählstrang aus 1944 die Weichen für die Zukunft stellen sollte, überzeugt der Teil als Erklärung für die Beweggründe des Täters wenig und erscheint überflüssig.
Das Buch hat seine spannenden und dramatischen Momente, reicht aber nicht an die anderen Romane "Die verlorene Frau" oder "Das Geheimnis des Mädchens" von Emily Gunnis heran.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere