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Veröffentlicht am 11.04.2023

Eine melancholische Geschichte über eine Frau, die verschwindet und erst dadurch sichtbar wird.

Die Nacht der Zugvögel
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Nisha ist vor zehn Jahren von Sri Lanka nach Zypern eingewandert, um dort als Hausangestellte zu arbeiten und ihre Familie fern in der Heimat finanziell zu versorgen. Liebevoll kümmert sie sich neben der ...

Nisha ist vor zehn Jahren von Sri Lanka nach Zypern eingewandert, um dort als Hausangestellte zu arbeiten und ihre Familie fern in der Heimat finanziell zu versorgen. Liebevoll kümmert sie sich neben der Hausarbeit um die zehnjährige Tochter Aliki ihrer Arbeitgeberin Petra. Diese ist seit dem Tod ihres Mannes alleinerziehende Mutter und hat sich aufgrund ihrer eigenen Kummers nie Gedanken um die Herkunft und Nöte ihrer treuen Angestellten gemacht.
Nisha pflegte lose Kontakte zu anderen Fremdarbeiterinnen und unterhielt heimlich eine Liebesbeziehung zu Petras Mieter Yiannis.
Als Nisha an einem Sonntagabend spurlos verschwindet, ihrer Wertgegenstände aber in ihrem Zimmer verblieben sind, macht sich Petra erstmals Sorgen um ihre Angestellte und versucht herauszufinden, was mit Nisha geschehen ist, während die Polizei kein Interesse daran hat, die Vermisste zu finden.

"Die Nacht der Zugvögel" versetzt einen durch die intensiven Beschreibungen des Lebens auf der Insel anschaulich nach Zypern und legt den Fokus dabei eindringlich auf die Situation der ausländischen Hilfsarbeiterinnen, die überwiegend aus Osteuropa und Asien stammen und unter zum Teil widrigen Bedingungen niedere Arbeiten verrichten. Verschuldet bei Agenturen, die die Arbeitsstellen vermitteln, haben sie kaum die Möglichkeit wieder zu gehen oder sich ein eigenes Leben aufzubauen, da sie ihren Lohn zur Unterstützung ihrer Familien in die Heimat senden.

Nisha geht es bei Petra vergleichsweise gut. Sie kümmert sich um Aliki wie um ihr eigenes Kind und kann den Kontakt zu ihrer 12-jährigen Tochter nur per Videotelefonie halten. Ihr Verschwinden gibt Rätsel auf, denn aufgrund ihrer zurückgelassenen Andenken ist anzunehmen, dass Nisha nicht freiwillig gegangen ist.

Geschildert aus den Perspektiven von Petra und Yiannis begleitet man Petra auf ihrer fast schon verzweifelten Suche nach Nisha und erfährt in Rückblenden mehr über Nisha als Person, die sich ihrem heimlichen Geliebten Yiannis anvertraut hat.
Es ist eine einfühlsame Geschichte über Verlust, Liebe, Heimat, Freiheit und Verantwortung, die den Schwächsten in der Gesellschaft eine Stimme gibt. Fremdarbeiterinnen, die abhängig von ihren Arbeitgebern in den zyprischen Haushalten mehr oder weniger gut behandelt werden, sind gesichtslos, austauschbar und mehr Vieh oder ein nützliches Utensil als ein Mensch mit Seele und Verstand. Auch Petra merkt erst beim Verschwinden ihrer Angestellten, was sie an ihr hatte und wie wenig sie doch über sie wusste, obwohl beide als Witwen und Mutter einer Tochter sogar entscheidenden Gemeinsamkeiten hatten.

Nishas Schicksal steht beispielhaft für das Verschwinden mehrerer Hausangestellter auf Zypern, durch die sich Christy Lefteri zu ihrem Roman "Die Nacht der Zugvögel" inspirieren ließ. Behutsam, mit großer Herzenswärme und einer poetischen Schreibweise wird eine melancholische Geschichte erzählt, die Geduld erfordert, eindringlich die Gefühle der Hauptfiguren beschreibt und weniger den Fokus auf eine spannungsgeladene Suche nach der Vermissten rückt. Ein krasser Gegensatz ist dabei die Schilderung der Wilderei der Zugvögel, die auf ihrem Flug über Zypern abgefangen, getötet und zum Verzehr verkauft werden, was den Anschein erweckt über Jahrzehnte zurückversetzt zu werden, was genauso überholt erscheint wie die Situation der eingewanderten Arbeiterinnen.
Die Geschichte setzt ein Zeichen gegen Rassismus und für Menschlichkeit animiert dazu, hinzusehen, zuzuhören, alle Menschen gleichwertig zu behandeln und den Mut zu haben, Missstände anzuzeigen und aufzuklären.

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Veröffentlicht am 09.04.2023

Kein Thriller, aber eine dennoch spannend konstruierte Familiengeschichte, bei der sich die Geheimnisse, Ängste und Lügen peu à peu offenbaren.

Liebste Tochter – Du lügst so gut wie ich
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Die schwangere Saffron Cutler ist mit ihrem Freund Tom in das alte Cottage ihrer Großmutter Skelton Place 9 in den Cotwolds gezogen. Bei Bauarbeiten werden die Leichen zweier Menschen freigelegt, die offenbar ...

Die schwangere Saffron Cutler ist mit ihrem Freund Tom in das alte Cottage ihrer Großmutter Skelton Place 9 in den Cotwolds gezogen. Bei Bauarbeiten werden die Leichen zweier Menschen freigelegt, die offenbar vor über 30 Jahren getötet worden sind. Die Polizei beginnt mit den Ermittlungen und versucht die Leichen zu identifizieren. Sie möchten auch mit Saffys Großmutter Rose sprechen, die selbst in dem Cottage gewohnt hat, bevor sie es in den letzten Jahrzehnten vermietet hatte. Doch Rose ist dement und macht nur verwirrte Angaben. Durch die Namen, die sie nennt, wird jedoch deutlich, dass sie etwas zu verbergen hat. Saffy und ihre aus Spanien eingetroffene Mutter beginnen selbst mit Nachforschungen, werden dabei beobachtet und von einem angeblichen Privatdetektiv bedrängt. Je tiefer sie nachforschen desto mehr Angst bekommt Saffy etwas über ihre geliebte Großmutter zu erfahren, das sie nicht wissen möchte.

"Liebste Tochter" ist kein nervenaufreibender Thriller, sondern eine Familiengeschichte, deren Spannung sich gemächlich aufbaut und bei der sich die Geheimnisse erst nach und nach lüften. Die Geschichte wird in der Gegenwart aus wechselnden Perspektiven geschildert, wobei zunächst nicht klar ist, in welchem Zusammenhang Theo, der Sohn eines cholerischen Arztes, mit dem Cottage und Saffys Familie steht.
In der Vergangenheit erzählt Rose ihre Geschichte, die wie ein Geständnis gegenüber ihrer Tochter anklingt.

Der Plot ist durch Geheimnisse der Vergangenheit, die verborgenen Ängste und die Vielzahl der involvierten Personen lange unvorhersehbar. Das Tempo des Romans ist gerade zu Beginn langsam, bis man tiefer in die Vergangenheit eintaucht und spekulativ die einzelnen Puzzlestücke zusammensetzt. Die Rolle der Polizei ist dabei zu vernachlässigen, Saffys Mutter Lorna scheint weitaus findiger zu sein und die Ermittlungen selbst voranzutreiben.
Die Themen Mutterliebe, sexuelle Gewalt und Alzheimer werden geschickt mit Aufklärung des Leichenfunds verbunden und geben der Geschichte, die trotz des spannend konstruierten Plots weder Thriller noch Kriminalroman ist, Tiefe. Einzig der Titel hat sich mir bis zum Ende nicht erschlossen. Was sind die Lügen der Tochter?

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Veröffentlicht am 07.04.2023

Ein Lauftraining verbindet drei ganz unterschiedliche Frauen - Mut machender Roman über Trauer und Verlust, Selbstfindung, Neuanfänge, Freundschaft und Liebe.

Das Glück läuft, wohin es will
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Nachdem Hannah von ihrem Ehemann Dan für seine deutlich jüngere Personaltrainerin verlassen wurde, meldet sie sich spontan nach einer Flasche Merlot für den Great South Western Marathon an. Nüchtern bereut ...

Nachdem Hannah von ihrem Ehemann Dan für seine deutlich jüngere Personaltrainerin verlassen wurde, meldet sie sich spontan nach einer Flasche Merlot für den Great South Western Marathon an. Nüchtern bereut die 48-Jährige, die mit ihrem Gewicht hadert, ihre Entscheidung am nächsten Morgen, die sie bereits auf Social Media publik gemacht hat. Doch sie möchte Dan beweisen, was in ihr steckt und beginnt zu trainieren. Im Park lernt sie Malika und Cassie kennen, die ebenfalls laufen. Malika hatte sich wie sie spontan zu dem Marathon angemeldet, um für ihre bei einem Fahrradunfall verstorbene Freundin Abbie zu laufen. Ihr hatte sie einst versprochen, gemeinsam zu laufen, was sie jedoch nie in die Tat umgesetzt hatte. Zudem möchte sie mit dem Lauf etwas erreichen, indem sie auf mehr Sicherheit im Straßenverkehr aufmerksam macht und für eine Wohltätigkeitsorganisation Spenden sammelt, die sich dafür einsetzt. Cassie ist im Gegensatz zu den anderen beiden eine erfahrene Läuferin und bietet an, zusammen mit den beiden zu trainieren und einen Trainingsplan für Anfänger zu erstellen.
Gemeinsam gründen die drei unterschiedlichen Frauen den "Running into Trouble-Club" und treffen sich jeden Mittwoch. Während Hannah und Cassie durch den Laufclub zu mehr Zuversicht und Selbstvertrauen finden und ihre Traurigkeit langsam ablegen, lernen sie sich näher kennen und werden zu Freundinnen, die sich gegenseitig Halt geben, aber auch nicht immer einer Meinung sind.

Der Roman wird abwechselnd aus den Perspektiven von Hannah und Malika geschildert, während man von den Schwierigkeiten der scheinbar perfekten Cassie nur indirekt erfährt. Sie finden durch das Laufen zusammen, auch wenn jede von ihnen versucht andere Probleme damit zu lösen. Hannah mangelt es an Selbstbewusstsein, vermisst ihren Ehemann und hat Angst vor der Einsamkeit. Sie fühlt sich unattraktiv und sieht durch den Marathon eine Chance, ihren Mann zurückzugewinnen. Hannah ist gerade zu Beginn sehr weinerlich, droht in Selbstmitleid zu versinken und wirkt nicht nur durch ihre verquere Eigendarstellung im Internet deutlich jünger als 48 Jahre.
Die 25 Jahre jüngere Malika trauert um ihre Kollegin und Freundin und fühlt sich von ihren Freunden unverstanden. Durch das Laufen fühlt sie sich Abbie näher und hat zudem das Gefühl durch die Spendensammlung etwas zu bewirken.
Cassie ist eine selbstbewusste Frau, die für sich entschieden hat, keine Kinder zu bekommen. Sie eckt damit insbesondere bei Hannah an, die mehrere Fehlgeburten erleiden musste und kinderlos geblieben ist. Als Cassies Verlobter doch den Wunsch äußert, eine Baby zu bekommen, muss sie eine Entscheidung treffen.

Der Roman handelt von Trauer und Verlust, von Selbstfindung und Neuanfängen, aber auch von Freundschaft und Liebe. Trotz schwieriger Themen liest er sich leicht. Die Frauen sind zwar etwas klischeehaft dargestellt, aber ihre Wünsche und Hoffnungen sind verständlich. Im Verlauf der Geschichte und angespornt durch das Laufen machen sie eine Entwicklung durch, finden nicht nur neue Freunde, sondern auch einen Weg, sich ihren Probleme zu stellen. Die Frauen bewältigen nicht nur das Lauftraining gemeinsam, sondern animieren sich auch gegenseitig für neue Erfahrungen. Der Roman macht damit Mut, offen zu sein und unabhängig vom Alter, Neues zu wagen. Zudem zeigt er, dass schwere Zeiten gemeinsam mit Freunden, die Halt geben, leichter durchzustehen sind.
Diese Botschaften sind allerdings so offensichtlich, dass der Roman etwas langweilig wirken könnte. Einige Wendungen, die so nicht vorhersehbar waren, sorgten jedoch für neue Impulse.

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Veröffentlicht am 30.03.2023

Ein tragischer Sommer mit weitreichenden Auswirkungen - melancholischer Roman über Trauer und Verlust und das was Familie bedeutet

Sommer
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Im Sommer 1989 ist Anna zehn Jahre alt und freut sich über die Wochen, die sie mit ihrem Cousin und gleichzeitig besten Freund Martin in ihrem Heimatdorf an der ostdeutschen Elbe verbringen darf. Freundschaft ...

Im Sommer 1989 ist Anna zehn Jahre alt und freut sich über die Wochen, die sie mit ihrem Cousin und gleichzeitig besten Freund Martin in ihrem Heimatdorf an der ostdeutschen Elbe verbringen darf. Freundschaft schließt sie auch mit der siebzigjährigen Fanni, von der die Kinder aufgrund ihrer Eigenschaft als Zwilling fasziniert sind. Doch was am Ende des Sommers beim Angeln passiert, wird Auswirkungen auf Annas Leben haben, das durch den frühen Tod der Eltern ohnehin schon von Verlust bestimmt war.
Zehn Jahre später lebt Anna über 300 km von ihrer Heimat entfernt in der Anonymität der Großstadt. Sie hat sich in einer WG arrangiert, wo sie sich um die Schildkröte ihrer Wohnungsgeberin kümmert. Beide Frauen sind froh, wenn sie sich nicht allzu häufig begegnen.
Im Sommer 2015 ist Anna zurück in ihrer Heimat, als das Haus ihrer Tante verkauft werden soll. Es ist der Sommer, in dem Martins Sohn Erik elf Jahre alt wird und der wieder alles verändern wird.

"Sommer" ist ein Roman der leisen Töne, der eine melancholische Stimmung ausstrahlt. Die Charaktere sind als Erwachsene in sich gekehrt und zurückhaltend. Vieles bleibt ungesagt und den Gedanken der Leser überlassen. Auch die großen Zeitsprünge vom Sommer 1989 in den Winter 1999/2000 und den Sommer 2015 tragen dazu bei, dass Informationslücken entstehen. So ist auch die Tragik des Sommers 1989 und dessen Auswirkungen nicht leicht fassbar. Der Einschnitt wird ausschließlich in dem eintönigen und einsam wirkenden Leben von Anna deutlich, mit dem sie allerdings zufrieden scheint. Die Traurigkeit zieht sich durch den Roman, denn auch der Sommer 2015 ist mit einem Verlust verbunden. Hoffnung und Zuversicht schenkt die Geschichte trotz aller Schwermut durch die Bedeutung der Familie, die Halt gibt und die sich immer wieder neu zusammensetzt.

"Sommer" zeigt, welche Auswirkungen Erlebnisse aus der Vergangenheit auf die weitere Zukunft und den eigenen Lebensweg haben können. Die Geschichte stellt eindringlich dar, dass sich die Geister der Vergangenheit nicht leicht verdrängen lassen, dass man sie annehmen muss, um weiterleben zu können. Anna hat ihre ganz eigene Überlebensstrategie entwickelt, die ihr Halt gibt.
"Sommer" ist bestimmt keine heitere Urlaubsgeschichte, sondern erzählt vielmehr von den Erschwernissen des Lebens, von Tod und Traurigkeit, die auch in einer scheinbar unbeschwerten Ferienzeit voller Abenteuerlust, Entdeckungsgeist und flirrender Hitze, Einzug halten können und für Düsternis und Kälte sorgen können. Doch trotz Verlust ist am Ende immer jemand da, der Halt und Fürsorge gibt, auch wenn es nicht die nächsten Verwandten sind.

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Wenn nichts mehr geht, geht gehen- Geschichte über Selbstfindung, Achtsamkeit, Gleichberechtigung und Mental Load

Agnes geht
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Nach einem heftigen Streit mit ihrem Ehemann Tom, von dem Agnes sich gedemütigt und nur als Hausfrau und Mutter wahrgenommen sieht, flieht die Mutter zweier Teenager in ein Hotel und beschießt am nächsten ...

Nach einem heftigen Streit mit ihrem Ehemann Tom, von dem Agnes sich gedemütigt und nur als Hausfrau und Mutter wahrgenommen sieht, flieht die Mutter zweier Teenager in ein Hotel und beschießt am nächsten Morgen zu gehen - von Hamburg an der Elbe entlang bis nach Berlin, wo sie auf Empfehlung ihrer Freundin Britta eine neue Arbeitsstelle antreten könnte.
Auf ihrem Weg, wo sie verschiedenen Menschen begegnet, zu denen sie mehr oder weniger intensive Kontakte hat, wird ihr bewusst, wie unglücklich sie mit ihrem Leben, ihrem Körper und ihrem Dasein als unbezahlte Familienmanagerin ist.
Währenddessen übernimmt Tom, als der Kühlschrank leer ist und die Teller sich in der Spüle stapeln, sukzessive Agnes' Aufgaben und entwickelt nach Abklingen der Wut über den Egoismus seiner Ehefrau Verständnis für ihre Empfindungen und ist bereit, mehr Verantwortung abseits seines Berufes als Arzt zu übernehmen.

"Wenn nichts mehr geht, geht gehen" ist Agnes' Devise, um ihren Frust auf der tagelangen Wegstrecke und emotionalen Ballast abzuladen. Agnes' Weg ist einerseits ein Ausbruch aus dem Alltag als Mutter, Putzfrau, Köchin und Chauffeurin, andererseits eine bewusste Auszeit, um sich selbst zu finden und sich klar zu werden, was Agnes sich von ihrem Leben erwartet und ob ihre Ehe mit Tom noch eine Chance hat. Agnes bricht jeglichen Kontakt nach Hamburg ab und lässt sich trotz schmerzenden Füßen immer weiter treiben. Sie fühlt sich frei und unabhängig und macht sich nicht einmal Gedanken um ihre Kinder, die vor den Kopf gestoßen sind. Ist sie deshalb eine schlechte Mutter? Und darf ihr Körper nach zwei Schwangerschaften nicht auch genau so aussehen?

Agnes ist stellvertretend für viele Frauen, die sich unbezahlt um Haushalt und Kinder kümmern, dafür keine Anerkennung finden und an sich selbst zweifeln. Der Roman handelt von Gleichberechtigung, Mutterschaft, Erschöpfung vom Alltag, Achtsamkeit und Selbstwahrnehmung. Ihre Geschichte ist lebendig geschildert und so authentisch.
Die Kapitel aus Toms Perspektive zeigen zudem, dass auch er sich verändert und versucht, sich in Agnes und ihr Dilemma hineinzuversetzen. Das rundet den Roman ab und ist durch die Einsichten in das Familienleben ohne die selbstverständliche Mama zu den sonst so ernsten Themen ein passender Ausgleich.
Auch wenn Agnes etwas radikal vorgeht und sicher auch selbst ein wenig Schuld daran ist, dass sie in den Jahren zuvor nie ein klärendes Gespräch mit ihrem Ehemann geführt hat, ist ihr Weglaufen und ihr Achtsamkeitsweg gut nachvollziehbar. Auch die Landschaften, durch die Agnes streift, sind anschaulich beschrieben, so dass man Agnes innerlich und äußerlich auf ihrem Weg zu mehr Selbstachtung, Anerkennung und Zufriedenheit begleitet.

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