Profilbild von schnaeppchenjaegerin

schnaeppchenjaegerin

Lesejury Star
offline

schnaeppchenjaegerin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit schnaeppchenjaegerin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.01.2022

Jahrzehntelange Freundschaft dreier Frauen mit all ihren Höhen und Tiefen - abwechslungsreich, lebendig und emotional.

Nur wir drei
0

Nach einem Prolog in der Gegenwart wird die/ der Leser*in 31 Jahre zurück in das Jahr 1986 versetzt. Catrin Kelly, Judith Harris und Lana Llyod sind beste Freundinnen seit sie fünf Jahre alt sind und reisen ...

Nach einem Prolog in der Gegenwart wird die/ der Leser*in 31 Jahre zurück in das Jahr 1986 versetzt. Catrin Kelly, Judith Harris und Lana Llyod sind beste Freundinnen seit sie fünf Jahre alt sind und reisen nach ihrem Schulabschluss gemeinsam nach Griechenland, um noch einmal Zeit miteinander zu verbringen, bevor sich ihre Wege trennen werden. Während die bodenständige Catrin in Wales bleibt, um in Cardiff Medizin zu studieren, zieht die von einer instabilen Familie geprägte Judith für ein Studium der Wirtschaftswissenschaften nach London und die quirlige Lana besucht eine Schauspielschule in Guildford.
Auch wenn sich die drei Freundinnen nicht mehr jeden Tag sehen können, bleiben sie eng miteinander verbunden und treffen sich häufig. Dass alle drei ganz unterschiedliche Persönlichkeiten sind und ganz eigene Erwartungen an ihr Leben haben, wird nach der unbeschwerten Kinderfreundschaft als Erwachsene deutlich. Geprägt von Problemen in der Familie und dem Eingehen neuer Beziehungen verändert sich auch das Verhältnis der Freundinnen untereinander. Sie werden sich fremd, finden jedoch immer wieder zueinander zurück und geben sich in schwierigen Zeiten Halt und verbringen die schönen Momente des Lebens gemeinsam.

Der Roman ist abwechselnd aus der Sicht einer der drei Freundinnen geschildert, so dass man sich in jede von ihnen gut hineinversetzen und ihr weiteres Leben verfolgen kann. Catrin ist geradlinig und hat in der Freundschaft die Rolle der Vermittlerin inne, während Lana selbstbewusst und hedonistisch veranlagt ist und Judith eher in sich gekehrt ist und nicht schnell Vertrauen fassen kann.

Die Geschichte beschreibt den Urlaub in Griechenland, die Folgen der Erlebnisse vor Ort und die Zeit der Abnabelung von Zuhause und das Erwachsenwerden nach der gemeinsamen Schulzeit ausführlich. Durch die unterschiedlichen Entwicklungen von Catrin, Judith und Lana kommt es zu Konflikten und Geheimnissen zwischen ihnen, was für Zündstoff sorgt. Sodann erfolgt ein Zeitsprung in das Jahr 2005, als die Freundinnen in den 30ern jeweils sesshaft geworden sind, bevor die Geschichte in der Gegenwart knapp zwanzig Jahre später im Jahr 2017 endet und den Kreis zum Prolog schließt.

"Nur wir drei" beschreibt die jahrelange Freundschaft dreier Mädchen aus einem fiktiven Ort in Wales, die nach einem letzten gemeinsamen Urlaub als Erwachsene ihre eigenen Wege gehen, die Freundschaft durch eine zunehmende Entfremdung gefährdet wird, jedoch nie ganz zerbricht. Das Band zwischen den Frauen wird nach all den Jahren und erfolgten Verletzungen brüchig, ist aber letztlich so dick, dass sie trotz unterschiedlicher Ansichten und Lebenswege auf die anderen beiden nicht verzichten möchten.
Man erlebt alle Höhen und Tiefen mit, leidet mit den dramatischen und freut sich über die glücklichen Momente, die sie teilen. Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen - alle wichtigen Stationen im Leben der Freundinnen erlebt man anschaulich mit.
Aufgrund des unterschiedlichen familiären Hintergrunds und der individuell gezeichneten Persönlichkeiten ist die Geschichte abwechslungsreich und entwickelt sich dynamisch weiter. Als Erwachsene rückt der Fokus weg allein von der Beschreibung der Freundschaft hinzu weiteren emotional besetzten Themen wie Liebe, Familie, Zusammenhalt und Vertrauen und geben der Erzählung Tiefe.
Die Geschichte ist lebendig geschildert und es ist eine Freude, die drei auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Trotz Enttäuschungen und trauriger Erlebnisse hinterlässt der Roman am Ende ein gutes Gefühl, indem er zeigt, was Freundschaft alles aushalten kann, aber dass es auch Differenzen geben kann, die selbst die innigste Freundschaft nicht kitten kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.01.2022

Berührende Lebens- und Liebesgeschichte einer jungen Deutschen, die 1939 in New York neu anfangen muss, verwoben mit den ersten Schritten in der Neonatologie.

Das Leben in unseren Händen
0

1939 flüchten die beiden Jüdinnen Ada und Hannah Rosenbaum von Deutschland nach Amerika, um in New York ein neues Leben zu beginnen. Während sie auf ihre Eltern und ihren jüngeren Bruder warten, werden ...

1939 flüchten die beiden Jüdinnen Ada und Hannah Rosenbaum von Deutschland nach Amerika, um in New York ein neues Leben zu beginnen. Während sie auf ihre Eltern und ihren jüngeren Bruder warten, werden sie von ihrer Tante Judith und ihrem Onkel Simon aufgenommen, die sie bisher nicht kannten. Kurz nach ihrer Ankunft bringt Ada im siebten Monat ein Kind zur Welt. Das Krankenhaus gibt dem Frühchen keine Chance, aber Hannah kann das Mädchen zu einem Arzt bringen, der sich auf Frühgeburten spezialisiert hat und den Säugling unentgeltlich bei sich aufnimmt.
Während Ada sich heimlich gewünscht hat, dass das uneheliche Kind nicht überleben würde, kümmert sich Hannah liebevoll um ihre Nichte. In Deutschland hatte sie gerade noch ihre Ausbildung als Krankenschwester beenden können und träumt nun davon Ärztin zu werden. Sie ist jedoch schon glücklich, eine Anstellung bei Dr. Couney zu erhalten, um die Frühgeburten zu versorgen. Ada hingegen versucht durch eine möglichst baldige Heirat Fuß in New York zu fassen.

"Das Leben in unseren Händen" ist ein Roman, der historische Fakten um den Arzt Martin Couney mit einer fiktiven Geschichte um die beiden jüdischen Schwestern Ada und Hannah Rosenbaum verbindet.
Hannah ist die Protagonistin, aus deren Sicht der Roman geschildert ist und die nicht nur aufgrund der Erzählweise sondern insbesondere aufgrund ihrer Persönlichkeit viel nahbarer wirkt, als Ada. Hannah ist eine warmherzige junge Frau, die sich gewissenhaft auf den Neuanfang in New York vorbereitet hat und ambitioniert von einem Beruf als Ärztin träumt. Ada ist mehr auf ihren eigenen Vorteil bedacht und gibt sich damit zufrieden, "die Frau von" zu sein.

Der Schreibstil der Autorin ist anschaulich und lebendig. Medizinische Fakten und die Entwicklungen im Hinblick auf die Behandlung von Frühgeburten oder in Bezug auf psychische Erkrankungen werden reibungslos mit den Lebensgeschichten der beiden Schwestern verbunden. Selbst die Ortsbeschreibungen sind so liebevoll bis ins Detail verfasst, dass man sich bildhaft in das New York der damaligen Zeit versetzt fühlt.

Hannah ist ein einnehmender Charakter, den man gern auf seinem Neuanfang in New York begleitet. "Das Leben in unseren Händen" ist ein hervorragend recherchierter Roman, der vor dem Hintergrund des beginnenden Zweiten Weltkrieges interessante Einblicke zur Stadtgeschichte, der Situation von Einwanderern und den Entwicklungen in der Medizin mit einer berührenden Lebens- und Liebesgeschichte einer jungen Deutschen einfließen lässt, die es durch ihre Zielstrebigkeit, ihr Engagement und ein unheimlich großes Herz schafft, in der Fremde neu zu beginnen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.01.2022

Spannender, undurchsichtiger Fall mit individuell gezeichneten Hauptcharakteren - charmante Krimireihe mit einem noch besseren zweiten Band.

Grenzfall - Ihr Schrei in der Nacht
0

In der Jachenau im Tölzer Land verschwindet eine junge Frau nachts im Schneetreiben spurlos, als sie auf dem Weg zum Hof ihrer Eltern ist. Wenig später werden zwei weitere junge Menschen vermisst, die ...

In der Jachenau im Tölzer Land verschwindet eine junge Frau nachts im Schneetreiben spurlos, als sie auf dem Weg zum Hof ihrer Eltern ist. Wenig später werden zwei weitere junge Menschen vermisst, die aus der Nähe stammen.
Zeitgleich werden zwei Studentinnen aus einem Studentenwohnheim in Innsbruck vermisst. Die Spuren dort weisen allerdings eindeutig auf einen brutalen Überfall hin.
Auf der deutschen Seite ermittelt Oberkommissarin Alexa Jahn zusammen mit ihrem Kollegen Florian Huber von der Kripo Weilheim, während in Österreich Inspektor Bernhard Krammer und Roza Szabo vom LKA Tirol die Ermittlungen übernommen haben. Unabhängig von einander suchen sie nach den vermissten jungen Menschen, bis sie durch ein in Deutschland gestohlen gemeldetes Fahrzeug, das in Innsbruck in der Nähe des Tatorts gefunden wird, auf die Fälle und mögliche Parallelen aufmerksam werden.

Kramer fühlt sich an einen lange zurückliegenden Fall ermordeter junger Menschen aus Wien erinnert, bei dem der Täter nicht gefasst werden konnte. Krammer verdächtigt erneut den mutmaßlichen Täter von damals, auch wenn seine Kollegin Szabo befürchtet, dass sich Krammer verrennt. Doch schon im letzten grenzüberschreitenden Fall in der Region Karwendel war es die Intuition Krammers, die letztlich zur erfolgreichen Aufklärung führte.

"Grenzfall - Ihr Schrei in der Nacht" ist der zweite Band nach dem Auftakt "Grenzfall - Der Tod in ihren Augen" um das grenzübergreifende Ermittlerteam Alexa Jahn und Bernhard Krammer. Der neue Fall handelt nur eine Woche nach dem erfolgreichen Abschluss des ersten Falls, der gleichzeitig der erste Einsatz von Alexa Jahn bei der Kripo Weilheim war, wo sie sich als Neue noch bewähren muss.
Der zweite Band lässt sich ohne Vorkenntnisse des Auftaktbandes lesen, auch wenn das wissen zu den Figuren und zum besonderen Verhältnis zwischen Alexa und Krammer zum besseren Verständnis beiträgt. Die Aufklärung des Falls ist davon unberührt.

Der neue Fall handelt lange parallel in Deutschland und Österreich und ist abwechselnd aus der Perspektive von Alexa bzw. Krammer geschildert. In beiden Ländern verschwinden junge Menschen, wobei auf Anhieb keine Gemeinsamkeiten zu erkennen sind. Es ist lange unklar, ob es sich um unabhängig voneinander erfolgte Beziehungstaten handelt oder ob ein Verrückter am Werk ist.
Die Perspektive der Opfer, die deren Pein darstellt und die Gedanken des Täters, die zwischen den Kapiteln in kursiver Schrift abgedruckt sind, deuten jedoch in eine Richtung, so dass man den Ermittlern einen Schritt voraus ist.

Während Alexa in ihrer ersten Woche bei der Kripo Weilheim dazugelernt hat und bemüht ist, mit ihrem Kollegen und Konkurrenten Huber als Team zu arbeiten, zeiht sich Krammer in sich zurück und versteift sich auf einen Cold Case aus seiner Zeit als Inspektor in Wien, der ihn nicht ruhen lässt. Erst nach gut zwei Dritteln des Romans beginnt die gemeinsame Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Österreich. Dabei bleibt spannend, ob und wie die Fälle zusammenhängen könnten und ob Krammer mit seiner Intuition Recht behält, die schon in Band 1 hilfreich war.

Wie schon in Band 1 haben mir die individuell gezeichneten, sympathischen Hauptcharaktere gut gefallen. Ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten und Herangehensweisen an die Fallaufklärung wirken authentisch und geben der Reihe, zusammen mit den Beschreibungen der Umgebung und den Eigenheiten der Landbevölkerung, ihren eigenen Charme.

"Grenzfall - Ihr Schrei in der Nacht" ist ein spannender, undurchsichtiger Fall, der mich gut unterhalten hat, auch wenn ich frühzeitig einen Verdächtigen im Visier hatte. Das Motiv konnte ich dabei jedoch nicht erahnen und ist am Ende schlüssiger als die Auflösung in Band 1, weshalb mit dieser Nachfolgeband noch besser gefallen hat. Mit Freude blicke ich schon auf das Frühjahr 2023, wenn mit "Grenzfall - In der Stille des Waldes" Band 3 erscheint.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.01.2022

Mischung aus Medizin-Thriller, Dystopie und Familientragödie - spannend, emotional berührend und erschreckend realistisch beschrieben.

Der letzte Weg
0

In naher Zukunft sprechen die Mehrheit der Bakterien nicht mehr auf Antibiotikabehandlungen an, die Anzahl resistenter Superbakterien wächst. Grund ist der fahrlässige Umgang mit Antibiotika durch die ...

In naher Zukunft sprechen die Mehrheit der Bakterien nicht mehr auf Antibiotikabehandlungen an, die Anzahl resistenter Superbakterien wächst. Grund ist der fahrlässige Umgang mit Antibiotika durch die Behandlung von Nutztieren, wodurch sie in die Nahrungskette gelangten und das frühzeitige Absetzen der Medikamente bei Erkrankungen. Um die noch wirkungsvollen Antibiotika zu sparen, wurde in England ein Gesetz erlassen, dass Patienten über 70 Jahre vom Zugang zu Antibiotika ausschließt. Schon harmlose Infektionen stellen schließlich das Todesurteil dar. Kate Connelly arbeitet als Krankenschwester auf einer Isolierstation, wo sie erkrankten Menschen Beihilfe zum Suizid leistet.
Radikale Pro-Leben-Aktivisten protestieren gegen die Regierung und die Gesetzgebung und bedrohen die Angestellten in solchen Krankenhäusern. Auch Kate wurde bereits körperlich attackiert. Ihre Adoptivmutter ist vor Kurzem gestorben, da auch ihr im fortgeschrittenen Alter nicht mehr geholfen werden konnte. Am Todesbett riet sie Kate nach ihrer leiblichen Mutter zu forschen, die sie nie kennengelernt hat.

Lily Taylor steht kurz vor der Schwelle, dem 70. Geburtstag. Sie leidet an Arthritis und ist in einer luxuriösen Seniorenresidenz untergebracht, wo sie liebevoll umsorgt wird. Als sie eine Postkarte von einem anonymen Absender erhält, wird sie von ihrer Vergangenheit, die sie so lange erfolgreich verdrängen konnte, eingeholt.

Ungefähr 47 Jahre zuvor, 27 Jahre vor der "Großen Krise" forscht die Engländerin Dr. Mary Sommers in Südafrika als Botanikerin an einem Heilmittel gegen Tuberkulose. Unter dem Druck von Pharmakonzernen und Wissenschaftlern, die den Tod weniger Menschen in Kauf nehmen, um eine Mehrheit zu retten, gerät Mary zunehmend in einen Interessenkonflikt, denn sie hat sich in einen der Pharmakologen verliebt.

"Der letzte Weg" handelt von der Antibiotikakrise, einem Zukunftsszenario, das - nicht nur vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie - erschreckend realistisch ist. Multiresistente Keime, ein Bevölkerungsschwund, Bioterrorismus, Medikamentenknappheit und eine Ungleichbehandlung von Patienten abhängig von ihrem Alter prägen den Alltag in naher Zukunft. Grenzen sind geschlossen und die Menschen stehen unter permanenter medizinischer Aufsicht um eine Verbreitung von Krankheiten zu verhindern. Abende in Diskotheken oder spontane Umarmungen sind undenkbar.
Die Beschreibungen dieser schon fast apokalyptischen Zukunftsvorstellung wirken authentisch und werden durch die die vorgestellten Charaktere und ihre Familien lebendig. Die Arbeit als Krankenschwester, die für Kate überwiegend bedeutet, den Patienten zu einem schnellen Tod zu verhelfen, ist grausam und auch die Angst alter Menschen, die sich fast ausschließlich in steriler Umgebung aufhalten müssen, beklemmend.

Die Autorin verwendet Fachbegriffe, überfordert die/ den Leser*in jedoch nicht. Die Geschichte bleibt durchgehend nachvollziehbar und schlüssig. Die Wechsel der Perspektiven sorgen für Abwechslung und Mini-Cliffhanger, während die Einschübe aus Zeitungsartikeln die Fiktion noch bedrohlicher wirken lassen.

Es ist eine Mischung aus Medizin-Thriller, Dystopie und Familientragödie, die nicht nur aufgrund des bedrückend realistisch beschriebenen Zukunftsszenarios sondern auch durch die Einzelschicksale der Charaktere spannend und gleichzeitig emotional berührend beschrieben ist.
Am Ende bleibt nur zu hoffen, dass diese Geschichte keine Prophezeiung, sondern eine Warnung ist, rechtzeitig einzulenken, um ein solches katastrophales Szenario zu verhindern, das nicht nur die Todeszahlen in die Höhe schießen lässt, sondern auch Sozialneid hervorruft und Bürgerkriege provozieren könnte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.01.2022

Der Roman verliert sich in diversen Nebenhandlungen, die beliebig und für den Fortgang der Handlung unerheblich sind. Kein Familienroman, sondern eine langatmige Geschichte, die weder fesselt, noch emotional berührt

Das Nest
0

"Das Nest" ist ein Treuhandfonds, den der bereits verstorbene Familienvater Leonard Plumb für seine vier Kinder angelegt hat. Dieser sollte am 40. Geburtstag der jüngsten Tochter Melody ausgezahlt werden. ...

"Das Nest" ist ein Treuhandfonds, den der bereits verstorbene Familienvater Leonard Plumb für seine vier Kinder angelegt hat. Dieser sollte am 40. Geburtstag der jüngsten Tochter Melody ausgezahlt werden. Wenige Monate zuvor verursacht der älteste Sohn Leo jedoch einen Unfall, weshalb Mutter Francie den Fonds als Schweigegeld für das Unfallopfer verwendet, um einen Skandal zu verhindern. Dummerweise hatten die Kinder jedoch mit der Auszahlung eines millionenschweren Erbes gerechnet, so dass sie sich nicht aus ihren bestehenden Finanzkrisen heraushelfen können. Leo vertröstet seine Geschwister zunächst und verspricht, sich um einen Ausgleich zu kümmern, aber dann verschwindet der Lebemann klammheimlich.

Der Roman ist aus der Perspektive zahlreicher Charaktere geschrieben, dass es zunächst schwerfällt, einen Überblick über alle Figuren zu erhalten und die Zusammenhänge zu erkennen. Es werden nicht nur Szenen aus dem Leben der vier Geschwister Plumb geschildert, sondern auch aus denen von Nebencharakteren, die für die Handlung keine wesentliche Rolle spielen. Auf diese Weise kommt man keinem Charakter wirklich nah, sie blieben distanziert und undurchsichtig. Auch stört die am Anfang sprunghafte Erzählweise den Lesefluss. Die einzelnen Episoden und Rückblenden wirken zusammenhanglos und es fehlt an einer aktiven Handlung, da sich der Roman mehr mit den Gedanken und Sorgen der Protagonisten beschäftigt.
Erst als der Fokus stärker auf Leo rückt und sein Charakter, der sich als eine arrogante, überhebliche und egoistische Persönlichkeit entpuppt, die keinerlei Unrechtsbewusstsein zu haben scheint, sich seine Schuld nicht eingesteht und für sich selbst einen Neuanfang möchte, wird das Buch interessanter und spannender. Leider verliert sich die Handlung dann erneut in Nebenschauplätzen, so dass sie am Ende nicht spannender sondern ermüdender wird.

"Das Nest" ist für mich kein klassischer Familienroman, denn dafür fehlte mir eine durchgehende Interaktion der Geschwister. Es bleibt vage, wie die Geschwister gemeinsam aufgewachsen sind und in welchen Verhältnissen sie zueinander stehen. Verbindendes Element scheint einzig der Treuhandfonds zu sein, weshalb sie sich überhaupt um Treffen bemühen. Details aus den Leben der jeweils anderen kennen sie nicht. Die Rolle von Mutter Francie ist nebulös und warum sie das Erbe eingesetzt hat, um negative Schlagzeilen zu vermeiden, wird nicht klar.

Auch wenn der rote Faden die ausstehende Wiedergutmachung Leos ist, auf die sich die Geschwister verlassen, um ihre finanziellen Probleme zu lösen, verliert sich der Roman in diversen Nebenhandlungen, die völlig beliebig und für den Fortgang der Handlung unerheblich sind, so dass er etwas langatmig und unfokussiert erscheint. Auch die fehlende Nähe zu den Charakteren erschwert es, an ihren Schicksalen teilzuhaben, so dass die Handlung weder sonderlich fesselt noch emotional berührt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere