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Veröffentlicht am 22.01.2021

Steife und konstruierte Handlung. Einfallslose und althergebrachte Liebesgeschichte , die emotional nicht berührt

Tür an Tür mit der Liebe
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Lena Jacobi lebt in einer Wohngemeinschaft mit dem älteren Herren Konstantin Gruber in München. Sie ist gelernte Schneiderin und hat sich nach dem Tod ihrer Mutter mit einem eigenen Atelier für Brautmoden ...

Lena Jacobi lebt in einer Wohngemeinschaft mit dem älteren Herren Konstantin Gruber in München. Sie ist gelernte Schneiderin und hat sich nach dem Tod ihrer Mutter mit einem eigenen Atelier für Brautmoden und Trachten in München selbstständig gemacht. In der Liebe hat sie bisher keine guten Erfahrungen gesammelt. Sie hängt noch an ihrer ersten Liebe. Christian hatte sie vor 19 Jahren verlassen, um ins Ausland zu gehen. Seitdem haben sie sich in all den Jahren an einzelnen Tagen gesehen und führen eine Fernbeziehung.
Dr. Jonas Wolff ist Veterinär und frisch von seiner Ehefrau geschieden, als ein Freund von ihm bittet, ihn in seiner Tierarztpraxis zu vertreten. Jonas zieht deshalb kurzfristig nach München in die Wohngemeinschaft von Herrn Gruber, der noch ein Zimmer frei hat.
Die erste Begegnung von Jonas und Lena ist ein Desaster. Die beiden finden ach in den Tagen danach keinen Zugang zueinander, die Stimmung in der Wohngemeinschaft ist unangenehm angespannt. Als Jonas jedoch auf Hilfe von Lena angewiesen ist, kommen sie sich näher und merken plötzlich, dass der andere doch nicht so hysterisch und mürrisch ist, wie gedacht. Doch dann kommt Christian aus Hongkong zurück und kündigt an, sich in München niederzulassen. Lena freut sich, dass sie endlich eine Perspektive mit Christian hat, bekommt aber Jonas nicht mehr aus dem Kopf.

"Tür an Tür mit der Liebe" ist eine Liebesgeschichte, deren Entwicklung allzu leicht vorherzusehen ist. Mann und Frau lernen sich kennen, zicken sich zunächst an, merken dann, dass sie mehr für einander empfinden und dann taucht der ominöse (Ex-)freund auf. Bis zum erwartenden Happy End müssen deshalb einige Klippen und Missverständnisse umschifft werden.

Der Roman ist in keine Kapitel unterteilt, die Perspektiven wechseln allerdings häufig von Absatz zu Absatz. Das ist etwas irritierend und gewöhnungsbedürftig. Der Roman beginnt mit Lenas Schulzeit und dem Tag, an dem sie Christian kennengelernt hat, als er in ihre Klasse kam. Durch ihn blühte die Musterschülerin auf, was sich allerdings in ihrer erwachsenen Persönlichkeit nicht widerspiegelt. Auch anderweitig hatte dieser kurze Abschnitt aus der Vergangenheit keinen wesentlichen Bezug für die weitere Geschichte und war in meinen Augen überflüssig.
Die Geschichte war insgesamt nicht rund und in Teilen sogar unglaubwürdig. Lenas seltsame Beziehung zu Christian war mir unklar. Hat si sich tatsächlich 19 Jahre an einen Mann gebunden, den sie aufgrund seiner beruflichen Auslandsaufenthalte nur an wenigen Tagen gesehen hat und kaum einen telefonischen Kontakt hatte? Genauso befremdlich fand ich es, als 34-jährige Frau dauerhaft zur Untermiete bei einem älteren Herrn zu wohnen. Diese Unselbstständigkeit und ihr krankhaft zwanghaftes Verhalten passten wiederum nicht zu dem Mut, sich mit einem eigenen Geschäft selbstständig zu machen. Noch weniger Zugang fand ich zu Jonas, der zwar verheiratet war, aber nie wirklich geleibt hatte. Er blieb mir zu farblos.
Andere Charaktere sind klischeehaft gestaltet. Es erfolgt eine einfache Unterteilung in Gut und Böse, wie die frustrierte Mutter, die ihre Tochter drangsaliert, der unzuverlässige On-/Off-Freund oder der fürsorgliche ältere Herr, der zu einem Ersatz-Opa mutiert.

Das misslungene Kennenlernen und die daraus resultierenden Streitigkeiten zwischen Jonas und Lena wirkten aufgesetzt und völlig überzogen. Sie verhielten sich mit ihrem kindischen Gebaren nicht ihrem Alter entsprechend. Auf der anderen Seite verhielten sie sich mit ihrem unablässigen Gesieze sehr bieder und deutlich älter, als sie eigentlich waren. Das trug auch dazu bei, dass die Dialoge untereinander - auch mit Herrn Gruber - hölzern und unnatürlich wirkten. Da konnten selbst die Zickereien, die vielleicht humorvoll sein sollten, nicht für eine Auflockerung sorgen.

Die Geschichte hatte zwar auch unterhaltsame Momente, aber ich empfand sie insgesamt als zu steif und konstruiert. Selbst der Versuch, den problembehafteten Charakteren mit ihren Sorgen Tiefgang zu verleihen, wirkte zu bemüht. Die aufzuklärenden familiären Konflikte wurden zu schnell, zu einfach abgehandelt und neben die eigentliche Handlung unbeholfen platziert. Die Liebesgeschichte war mir zu einfallslos und althergebracht, konnte mich emotional nicht berühren. Romantische Stimmung kam bei mir nicht auf, weil mir die Charaktere gleichgültig blieben und mich die in weiten Teilen realitätsfremde Geschichte nicht überzeugen konnte.

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Veröffentlicht am 20.01.2021

Spannender Psychothriller- raffiniert schafft es die Autorin aus einem eigentlich freudigen Ereignis ein beängstigendes Szenario aufzubauen

Anders
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Bei einer Nachtwanderung während eines Ferienlagers verschwinden die beiden elfjährigen Jungen Sander und Maarten. Während Maarten noch in derselben Nacht tot aufgefunden wird, bleibt Sander verschollen. ...

Bei einer Nachtwanderung während eines Ferienlagers verschwinden die beiden elfjährigen Jungen Sander und Maarten. Während Maarten noch in derselben Nacht tot aufgefunden wird, bleibt Sander verschollen. Auch wenn seine Eltern Alma und Linc noch ein weiteres Kind bekommen, zerbricht die Familie an der Tragödie. Nach sechs Jahren erscheint ein junger Mann bei der Polizei und berichtet, von einem Pädophilen in einer Hütte im Wald festgehalten worden zu sein. Der Mann sei gestorben, weshalb er nun habe fliehen können.
Zurück in seinem Elternhaus verhält sich Sander distanziert. Er ist zu keiner Psychotherapie bereit und möchte auch mit seiner Familie nicht über seine Erlebnisse im Wald sprechen. Seine Mutter Alma versucht einen Zugang zu ihm zu finden und wühlt dabei die Vergangenheit auf, die nicht immer einfach war. Sander und seine ältere Schwester Iris hatten sich häufig gestritten. Iris wirft ihrer Mutter noch heute vor, sich stets auf die Seites ihres Sohnes gestellt zu haben und beobachtet ihren wieder aufgetauchten Bruder argwöhnisch.

"Anders" ist ein spannender Psychothriller, dessen Handlung zwölf Tage nach der Rückkehr von Sander umfasst. Nach der Wiedersehensfreude ist die Stimmung in der Familie angespannt. Sander ist kein elfjähriger Junge mehr, sondern ein fremder junger Mann, der sich vor allen verschließt und keine Hilfe annehmen möchte. Es ist unklar, was in der Nacht seines Verschwindens passiert ist und was er in den Jahren im Wald durchgemacht haben mag. Es kann nur spekuliert werden, ob Sander Schuld am Tod seines Entführers ist. Durch alte Videoaufnahmen und Erinnerungen von Iris und Alma kommen Details aus Sanders Kindheit ans Licht, die seinen Charakter in Frage stellen.

Auch wenn zu spüren ist, dass Sander schon als Kind nicht einfach war und seine Grenzen mehrfach überschritten hat, ist trotzdem nicht klar, ob sein Verhalten als Kind mit der Entführung und seiner Rückkehr in Zusammenhang gebracht werden können. Die Handlung fesselt durch die düstere Atmosphäre und die Undurchschaubarkeit von Sander. Durch immer mehr Details aus der Vergangenheit vor der Entführung, die sich verdichten, entwickelt der Thriller eine Sogwirkung, um herauszufinden, wer Sander wirklich ist und wie viel Opfer bzw. Täter wirklich in ihm steckt.
Auf raffinierte Weise schafft es die Autorin aus einem eigentlich freudigen Ereignis, das einem Wunder gleicht, ein beängstigendes Szenario voller dunkler Geheimnisse aufzubauen.

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Veröffentlicht am 18.01.2021

Dramatische Geschichte, die wunderbar witzig erzählt wird, die Hoffnung schenkt und Mut macht, Veränderungen herbeizuführen und anzunehmen.

Wir von der anderen Seite
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Es beginnt mit einem eigentlich harmlosen Nierenstein und endet mit einer Blutvergiftung und multiplem Organversagen. Doch Rahels Körper kämpft und nach einer Woche erwacht sie entkräftet und verwirrt ...

Es beginnt mit einem eigentlich harmlosen Nierenstein und endet mit einer Blutvergiftung und multiplem Organversagen. Doch Rahels Körper kämpft und nach einer Woche erwacht sie entkräftet und verwirrt aus dem Koma. An ihrer Seite sind ihre Eltern und ihr Bruder Juri, die sich liebevoll um sie kümmern und mit unumstößlichen Optimismus Rahel aufbauen und an ihre Genesung glauben. Ihr Freund Olli ist Rechtsanwalt in einer Kanzlei im 500 km entfernten Berlin und kann mit der Situation weitaus schwerer umgehen.
Während Rahel immer wieder an sich selbst zweifelt und befürchtet, nie wieder richtig gesund zu werden, macht sie trotz Rückschläge Fortschritte und kommt nach mehreren Wochen im Krankenhaus und einem Aufenthalt in einer Rehaklinik an der Ostsee wieder in ihr Zuhause nach Berlin. Der Alltag fällt ihr schwer, die Medikamente machen sie müde und schwämmen sie auf. Sie fühlt sich unattraktiv und schwach. Als freie Drehbuchautorin sorgt sie sich um ihre Existenz und das Zusammenleben mit Olli ist distanziert und von Spannungen geprägt.
Doch Aufgeben ist keine Option und so hadert Rahel nicht weiter mit ihrem Schicksal, lässt sich von ihren inneren Dämonen und Monstern, die ihr das Herz schwermachen, nicht weiter weiter drangsalieren.

"Wir von der anderen Seite" ist eine Krankheitsgeschichte, mit der die Drehbuchautorin ("Keinohrhasen") eigene Erlebnisse verarbeitet. Ich hatte nicht erwartet, dass Dreiviertel des Romans in Kliniken handeln, aber Rahels Erzählstimme ist so erfrischend direkt und trotz aller Tragik humorvoll, dass auch die Klinikaufenthalte nicht eintönig wirken. Als Leser merkt man unweigerlich, dass Anika Decker die Dinge selbst erlebt hat, über die Rahel spricht, denn manche Situation ist so absurd oder beschämend würdelos, dass man sie sich nicht selbst hätte ausdenken können. Als junge Frau muss Rahel viel einstecken und so ist es nur nachvollziehbar, dass sie Momente hat, in denen sie verzweifelt und resigniert ist.

Trotz der lebensbedrohlichen Erkrankung ist der Roman jedoch nie melancholisch oder bedrückend. Rahel findet immer wieder zu ihrem herrlich trockenen Humor zurück, was die tragikomische Geschichte so wunderbar leicht macht.
Auch wenn die Handlung für mich gegen Ende ein paar Längen hatte, fühlte ich mich insgesamt gut unterhalten und mochte vor allem die Art und Weise der ehrlichen Erzählung ohne übertriebenes Drama.
Man hofft mit Rahel für ihre körperliche Genesung, aber auch darauf, dass sie sich mit ihrem neuen Alltag arrangieren kann, weiterhin Fortschritte macht und die schwere Erkrankung seelisch verarbeiten kann.
"Wir von der anderen Seite" ist eine dramatische Geschichte, die wunderbar witzig erzählt wird, die Hoffnung schenkt und Mut macht, Veränderungen herbeizuführen und Umbrüche anzunehmen.

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Veröffentlicht am 16.01.2021

Wendungsreicher Psychothriller, der die Gefahren eines digitalen Zuhauses und Künstlicher Intelligenz auf beängstigende Art und Weise beschreibt

Die Stimme
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Jo Ferguson lebt nach der Trennung von ihrem Ehemann Simon und beruflichen Problemen in der Wohnung ihrer Freundin Tabitha. Dort hat deren Freund ein Smarthome-System installieren lassen, das sämtliche ...

Jo Ferguson lebt nach der Trennung von ihrem Ehemann Simon und beruflichen Problemen in der Wohnung ihrer Freundin Tabitha. Dort hat deren Freund ein Smarthome-System installieren lassen, das sämtliche Funktionen kontrolliert. Als die elektronische Stimme Elektra zum ersten Mal eigeninitiativ mit Jo spricht, wird sie an ein Erlebnis aus ihrer Vergangenheit erinnert, das Angst und Schuldgefühle bei ihr auslöst. Nur ihr Exmann und Tabitha wissen, was Jo getan hat. Aber warum sollten die beiden ihr drohen? Nachdem Jos Vater vor Jahren Selbstmord begangen hat, als bei ihm Schizophrenie diagnostiziert wurde, ist sich Jo auch nicht sicher, ob sie sich die Stimme von Elektra nur einbildet oder ob es tatsächlich jemanden gibt, der ihr Smarthome-System steuert und ihr digitales Leben - E-Mail, Facebook, Twitter - gehackt hat. Bald schon steht sie ganz allein da, denn Freunde und Familie bekommen von ihr abscheuliche E-Mails und wenden sich von ihr ab.

"Die Stimme" ist ein moderner Psychothriller, der die Gefahren eines digitalen Zuhauses und Künstlicher Intelligenz auf beängstigende Art und Weise beschreibt. Jo lebt in einer Wohnung, in der in jedem Raum ein Smarthome-Assistent ist, der permanent auf Empfang ist. Sie weiß nicht, ob ihre Freundin oder deren Verlobter Zugriff auf das System haben oder ob sich jemand illegal eingeloggt hat. Sie wagt es aber auch nicht, sie abzuschalten, da Elektra Jo mit ihrer Vergangenheit erpresst. Jo agiert völlig kopflos und hilflos, denn Freunde hat sie wegen ihrer Nachrichten bald keine mehr und aufgrund einer erblichen Vorbelastung zweifelt sie auch an ihrem eigenen Verstand.

Es ist ein wendungsreicher Thriller, in dem es viele verdächtige Personen aus Jos Umfeld gibt, die in Betracht gezogen werden müssen, Jo schaden oder sogar in den Selbstmord treiben wollen, die jedoch genauso schnell wieder ausgeschlossen werden müssen. Das Ausmaß der "Stimme" auf Jos Leben wird dabei stetig größer. Sie ist der Manipulation hilflos ausgeliefert.
Durch die Perspektive von Jo, aus der der Roman weitgehend geschrieben ist, und die eindringlichen Beschreibungen dieses beängstigenden Szenarios kann man sich sehr gut in Jo und ihre schier ausweglose Situation hineinversetzen. Gespannt verfolgt man, ob und wie es Jo gelingt herauszufinden, wer oder was hinter der Bedrohung durch die "Stimme" steckt.
Auch wenn die Geschichte extrem an die Spitze getrieben wird, ist es erschreckend zu lesen, wie groß der Einfluss von Künstlicher Intelligenz in kürzester Zeit werden kann und wie umfassend sie das ganze Leben kontrollieren und bedrohen kann.

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Veröffentlicht am 15.01.2021

Dramatischer Roadtrip und das Porträt einer festgefahrenen Ehe vor dem Scheideweg

Unter uns das Meer
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Juliet ist studierte Literaturwissenschaftlerin und arbeitet an ihrer Dissertation über die Autorin Anne Sexton. Sie ist Mutter zweier kleiner Kinder und kommt mit ihrer Doktorarbeit schon seit geraumer ...

Juliet ist studierte Literaturwissenschaftlerin und arbeitet an ihrer Dissertation über die Autorin Anne Sexton. Sie ist Mutter zweier kleiner Kinder und kommt mit ihrer Doktorarbeit schon seit geraumer Zeit nicht weiter, als ihr Ehemann Michael, der für eine Versicherung arbeitet, ihr eröffnet, dass er seinen Traum wahrmachen möchte, ein Segelboot zu kaufen und ein Jahr um die Welt zu segeln. Juliet hat keine Ahnung vom Segeln und ist skeptisch, lässt sich letztlich aber von ihrem Ehemann von dem Abenteuer überzeugen. Von Connecticut machen sie sich auf nach Panama, um von dort die Karibik zu durchqueren.

Juliet leidet seit der Geburt der siebenjährigen Tochter Sybil unter Depressionen. Michael stürzt sich in die Arbeit, ist selten zu Hause und träumt von der großen Freiheit. Die Ehe der beiden ist nicht wirklich glücklich, aber offenbar besteht die Hoffnung, sich durch die gemeinsame Reise wieder einander näher zu kommen.

Der Roman ist aus der Perspektive von Juliet geschrieben, die - wieder zu Hause - auf den Segeltörn zurückblickt. Unterbrochen werden ihre Eindrücke durch Ausschnitte aus dem Logbuch, das Michael während ihrer Reise auf dem Segelboot geschrieben hat. Es ist eine Art Tagebuch, das Juliet liest, um die Ereignisse des Roadtrips zu verarbeiten und mehr über ihren Ehemann und seine Beweggründe zu erfahren.

"Unter uns das Meer" ist mehr als nur die Erzählung einer abenteuerlichen Reise zweier etwas blauäugig handelnder Amerikaner mit ihren kleinen Kindern. Es ist das Porträt einer festgefahrenen Ehe vor dem Scheideweg, ein Buch über eine Frau, die in der Vergangenheit Schreckliches erlebt hat und sich ihren Ängsten stellt, ein abenteuerlicher und am Ende dramatischer Roadtrip und die Geschichte über eine Liebe in stürmischen Zeiten.

Juliet und Michael sind völlig unterschiedlich, sowohl in ihren politischen Ansichten als auch ihrer Mentalität und ihren Persönlichkeiten mit all ihren Stärken und Schwächen. Durch den stetigen Perspektivwechsel kann man sich als Leser in beide Charaktere hineinversetzen, wobei Juliet nahbarer wird als Michael, von dem man nur die Logbucheinträge lesen kann.
Auf der Reise kann Michael endlich der Kapitän seines Lebens sein, die Depressionen Juliets treten in den Hintergrund und die Kinder haben mehr von ihrem Vater und blühen auf dem Segeltörn auf.

Durch die Herausforderungen, denen sich Juliet und Michael auf offener See stellen müssen, ist der Roman packend und lässt einen vor allem mitfiebern, als Juliet unerwartet über sich hinauswachsen muss. Auf ruhiger See hat der Roman allerdings auch seine Längen. Durch die Gedanken Juliets erfährt man ihr nicht verarbeitetes Trauma und was es ihr so schwer macht, ihre Mutterrolle zu erfüllen.

"Unter uns das Meer" ist ein Ausbruch aus dem Alltag, eine Abenteuerreise, die ein persönlicher Traum und der Wunsch nach Freiheit ist, aber letztlich als Weglaufen vor Problemen gewertet werden muss. Es ist ein durch den Aufbau abwechslungsreiches Buch, das anders als gedacht, jedoch mehr Drama als erkenntnisreicher Roadtrip ist. Es handelt vom Überleben in Extremsituationen, aber auch der Bewältigung der Ereignisse, wenn diese überstanden sind. Einerseits konnte mich der Roman durch die Themenvielfalt positiv überraschen, andererseits wirkte er aber auch ein wenig überfrachtet.

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