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Veröffentlicht am 21.08.2020

Kriminalroman mit viel Lokalkolorit, bayerischem Charme und schrulligen Charakteren, aber eine nur mäßig spannende Verbrecherjagd

Der halbe Russ
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Desirée Dollinger ist Sekretärin bei der Staatsanwaltschaft in München, wird jedoch aktiv in die Ermittlungen in einem Mordfall involviert, als ein russischer Straßenmusiker in München tot aufgefunden ...

Desirée Dollinger ist Sekretärin bei der Staatsanwaltschaft in München, wird jedoch aktiv in die Ermittlungen in einem Mordfall involviert, als ein russischer Straßenmusiker in München tot aufgefunden wird. Daisy, ihres Zeichens Hobby-Akkordeonspielerin, soll undercover in der Straßenmusikerszene versuchen an Informationen zu gelangen, nachdem Kriminalkommissar Sepp Leutner bisher wenig erfolgreich war. Nach einem Kontakt mit Straßenmusiker Igor, der im Gespräch mit Daisy ihren Heimatort Dachselkofen erwähnte, stirbt auch dieser und Daisy fühlt sich daraufhin selbst nicht mehr sicher. Der Fall lässt sie nicht los und so begibt sie sich zu ihrer Familie im Bayerischen Wald, um herauszufinden, welche Verbindungen es zwischen den Mordopfern und ihrem Heimatdorf geben könnte.
In Dachselkofen trifft sie nicht nur auf ihren Vater, den pensionierten Kriminaloberkommissar Blochner, der dann plötzlich verschwindet, sondern auch auf ihren Jugendschwarm Vinzenz, der die verheiratete Daisy durcheinanderbringt.

"Der halbe Russ" ist ein Kriminalroman mit viel Lokalkolorit und bayerischem Charme, der abwechslungsreich, mitunter aber auch etwas sprunghaft geschrieben ist. Sekretärin Daisy Dollinger gerät dabei in die Ermittlungen der Münchner Polizei und ist durch die Vergangenheit ihres Vaters letztlich sogar familiär betroffen.


Die Autorin setzt auf schrullige Charaktere, skurrile Situationen und humorvolle Dialoge. Der Mordfall an sich weiß jedoch wenig zu fesseln und auch die Verbrecherjagd ist nicht wirklich spannend, unterhält allenfalls durch den dörflichen Charakter in Dachselkofen und die bayerische Lebensart.
Bis auf den Undercover-Einsatz zu Beginn des Romans hat Daisy Dollinger keine wirklich aktive Rollen, sondern gerät mehr unbeabsichtigt in die Verbrechensaufklärung hinein und bringt sich dabei selbst in Gefahr.
Dackeldame Wastl ist nichts weiter als schmückendes Beiwerk und wirkt mit der wiederholten Beschreibung des Beinchenhebens eher als Seitenfüller als wesentlich für den Roman oder gar die laufenden Ermittlungen. Dabei hätte sich ein Hund schon per se als Spürnase angeboten.

"Der halbe Russ" ist der Auftakt einer Regional-Krimi-Reihe um Daisy Dollinger, der mich aber aufgrund des eher lahmen Kriminalfalls nur bedingt neugierig auf die weiteren Teile machen konnte.

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Veröffentlicht am 19.08.2020

Statt Psychothriller mehr ein Drama über einen unerfüllten Kinderwunsch

Die Nachbarin
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Lexie und Harrie wohnen in London Tür an Tür in einem anonymen Mehrfamilienhaus und kennen sich bisher nicht persönlich.
Lexie ist mit Tom verheiratet und versucht nach einer erlittenen Fehlgeburt vergeblich ...

Lexie und Harrie wohnen in London Tür an Tür in einem anonymen Mehrfamilienhaus und kennen sich bisher nicht persönlich.
Lexie ist mit Tom verheiratet und versucht nach einer erlittenen Fehlgeburt vergeblich schwanger zu werden. Sie ist unzufrieden, verzweifelt und ihr ganzes Dasein dreht sich nur noch um den unerfüllten Kinderwunsch.
Harriet, die vor Kurzem von ihrem Freund Luke verlassen wurde, beneidet Lexie um ihr Leben mit Tom und versucht alles, um ihn für sich zu gewinnen.

Der Roman ist abwechselnd aus der Perspektive von Lexie und Harriet geschrieben, so dass man tief in die Seelen der beiden Frauen blicken kann. Beide sind mit ihrem Leben denkbar unzufrieden und haben jeweils den Eindruck, dass es der anderen hinter der Wand um ein Vielfaches besser geht. Sie sind klammheimlich neidisch, missgünstig und bemitleiden sich vor allem selbst. Auf den Leser wirken sie damit unsympathisch, was für einen Thriller nichts ungewöhnliches ist, ihre Leben, Denkweisen und Handlungen konnten mich jedoch nicht fesseln. Ich empfand ihr Selbstmitleid, das sich aber der ersten Seite durch die gesamte Geschichte zieht weder interessant noch bemitleidenswert, dafür anstrengend und eintönig. Ein Nervenkitzel kam leider nur auf den allerletzten Seiten auf, als Harriet und Lexie endlich persönlich aufeinander trafen.

"Die Nachbarin" ist ein Buch über Neid, Eifersucht, Stalking und psychisch labile Persönlichkeiten, das mir zu eintönig und langweilig war. Mir rückte Lexie und ihr unerfüllter Kinderwunsch und die medizinische Therapie im Vergleich zur tragischen Person Harriet zu sehr in den Vordergrund, so dass aus dem Psychothriller ein zu einseitiges Drama wurde.

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Veröffentlicht am 17.08.2020

Die Ehefrau Jesu in der Hauptrolle - Fiktive Geschichte, beruhend auf profunden Fakten, die mitreißend geschrieben ist und durch das Thema Emanzipation nach wie vor aktuell ist.

Das Buch Ana
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Ana soll im Alter von vierzehn Jahren mit dem deutlich älteren Witwer Nathaniel verheiratet werden. Sie versucht sich dagegen zu wehren, denn Ana, die lesen und schreiben gelernt hat, möchte wie ihr Vater ...

Ana soll im Alter von vierzehn Jahren mit dem deutlich älteren Witwer Nathaniel verheiratet werden. Sie versucht sich dagegen zu wehren, denn Ana, die lesen und schreiben gelernt hat, möchte wie ihr Vater Schriftgelehrte werden und sich keinesfalls einem Mann unterordnen müssen. Noch vor der Vermählung stirbt Nathaniel plötzlich und Ana ist daraufhin als verwitwete Verlobte gebrandmarkt. Zudem herrschen Gerüchte in Sepphoris, dass Ana sich unzüchtig verhalten hat. Auf dem Marktplatz wird sie sogar tätlich angegriffen, als sie aus Wut auf den Tetrarchen, der sie als Konkubine in seinen Haushalt aufnehmen wollte, ein Elfenbeinblatt stahl. Jesus ben Joseph, für den sie seit einer ersten Begegnung schwärmte, rettet Ana vor der Steinigung und heiratet sie wenig später. Ana verzichtet damit auf den Reichtum ihrer Familie und zieht zusammen mit ihrer liberalen Tante Yaltha, die ihr stets eine Stütze war, zu Jesus' Familie nach Nazareth. Dort lernt Ana, was es bedeutet in Armut zu leben und was körperliche Arbeit ist. Jesus, der seit einer Offenbarung auf der Suche nach Gott als seinen Wegweiser ist, schließt sich dem Prediger Johannes an und lässt Ana allein zurück. Ana verliert sich wieder in ihren Schriftrollen, die sie von zu Hause mitgebracht hatte und träumt selbst davon, eine Stimme zu sein. Als Johannes verhaftet wird, wird Jesus Kopf seiner Bewegung und geht mit seinen Jüngern davon, um die Menschen davon zu überzeugen, dass das Reich Gottes nah ist. Jesus wird schon bald als Messias gefeiert, begibt sich damit jedoch in die Gefahr der Verfolgung durch Herodes, während Ana nach Alexandria fliehen.

"Das Buch Ana" ist die Stimme Anas, der Gefährtin von Jesus aus Nazareth. Sie war ihrer Zeit weit voraus, hat sich über alle Konventionen hinweg gesetzt und die typische Rolle der Frau abgelehnt. Sie wollte sich nicht darauf reduzieren lassen, treusorgende Ehefrau zu sein und Kinder zu gebären, sondern sich weiterbilden, in der Bibel forschen und die Aufmerksamkeit auf alle darin enthaltene Frauenschicksale lenken.
Ana ist eine mutige Frau, ein starker Charakter mit einem einnehmenden Wesen, so dass Jesus in der fiktiven Geschichte zu einer Randfigur wird. Auch wenn Jesus nicht oft anwesend ist, da er als Wanderarbeiter für die Familie sorgt, unterstützt er Ana indirekt, indem er ihr vertrauensvoll alle Freiheiten lässt.

Die Geschichte Anas ist eine fiktive Geschichte, der jedoch profunde historische Recherchen zugrunde liegen. Es geht nicht um den christlichen Glauben und darum Jesus' Wirken oder seine Wunder darzustellen oder die Frage zu klären, ob es sich bei ihm um Gottes Sohn handelt, sondern um Ana und ihre Emanzipationsbestrebungen. Jesus ist schlicht ein einfacher, gottesfürchtiger Mann, der sich mit einem großen Herz für die Armen und Entrechteten einsetzt.

Das Buch ist mitreißend geschrieben, da die Geschichte, eingewoben in die Fakten, so lebendig dargestellt wird. Ana ist eine authentische Figur, eine Rebellin in einer patriarchalen Gesellschaft, in deren Emotionen man sich hineinfühlen und ihre Sehnsüchte und Ambitionen nachvollziehen kann. Es ist spannend, ihren Weg zu verfolgen, der sie immer neuen Gefahren aussetzt. denen sie sich furchtlos stellt. Sie widersetzt sich allen Regeln und Gepflogenheiten der damaligen Zeit, um sich Gehör zu verschaffen. Sie möchte kein totgeschwiegenes Frauenschicksal sein, wie sie sie aus der Bibel kennt, sondern der Nachwelt etwas von sich hinterlassen.

Der Roman berührt, fesselt und begeistert und ist trotz der Zeit vor 2000 Jahren, in der er handelt, aufgrund der Thematik nach wie vor aktuell. Er löst nicht das Mysterium, ob es die Ehefrau Ana wirklich gegeben hat, erweckt die Figur jedoch so zum Leben, dass ihre Existenz durchaus möglich gewesen ist und nicht abwegig ist, dass sie aufgrund ihrer unerbittlichen emanzipatorischen Haltung aus Geschichtsbüchern herausgeschrieben wurde oder ihr zumindest nicht die von ihr sehnsüchtig erhoffte Stimme gegeben wurde.

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Veröffentlicht am 09.08.2020

Zu Beginn spannender Thriller, der dann jedoch abflacht und Nervenkitzel und Tiefe vermissen lässt

Ein gutes Mädchen
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Vor zwei Jahren ist die 16-jährige Sophie Harlow verschwunden. Sie hat einen Abschiedsbrief hinterlassen und in unregelmäßigen Abständen kommen Postkarten mit ihrer Handschrift an die Adresse ihrer Eltern, ...

Vor zwei Jahren ist die 16-jährige Sophie Harlow verschwunden. Sie hat einen Abschiedsbrief hinterlassen und in unregelmäßigen Abständen kommen Postkarten mit ihrer Handschrift an die Adresse ihrer Eltern, die mitteilen, dass es ihr gut geht und dass sich ihre Eltern keine Sorgen machen sollen. Die Polizei stuft den Fall deshalb nicht als Verbrechen ein und hat die Ermittlungen eingestellt. Kate glaubte nicht, dass ihre Tochter einfach so ausgerissen ist; die Ehe der Eltern ist an dem Unglück zerbrochen.

Kate arbeitet inzwischen bei der "Flaschenpost"-Hotline, einer gemeinnützigen Organisation für Ausreißer und Angehörige von vermissten Personen. In einer Nachtschicht erhält Kate einen Anruf - es ist Sophie, die sich abermals meldet, um zu sagen, dass sich ihre Eltern nicht sorgen sollen. Die Polizei unternimmt weiterhin nichts und so beginnt Kate erneut mit Nachforschungen zum Verschwinden ihrer Tochter und findet tatsächlich neue Spuren.



Der Roman ist in drei Teile untergliedert, wobei ich den ersten Teil am spannendsten fand. Darin ist noch unklar, was es mit dem Verschwinden Sophies auf sich hat und ob sie tatsächlich noch am Leben sein könnte oder ob irgendjemand ein perfides Spiel mit Kate treibt. Ab Teil zwei verliert der Thriller etwas an Schwung, während Kate weiter nach ihrer Tochter sucht, niemand ihr glaubt und sie als paranoid abgestempelt wird. Sodann schafft es die Autorin jedoch durch eine unerwartete Wende den Leser zu überraschen, auch wenn der Showdown den Nervenkitzel eines Psychothrillers vermissen lässt und ein wenig knapp abgehandelt wird. Gerade die Motive von Opfer und Täter bleiben zu sehr im Unklaren und hätte dem Roman weitaus mehr Tiefer verleihen können.

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Veröffentlicht am 08.08.2020

Spannendes Familiendrama, das zeigt, welchen Einfluss belastende Ereignisse der Vergangenheit auf die Gegenwart und Zukunft haben können

Geheimnis der Gezeiten
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Als die Eltern von Richard Tide überraschend bei einem Autounfall ums Leben kommen, tritt er sein Erbe an und übernimmt das Anwesen Clifftops in Dorset. Seine Ehefrau Helen und die beiden Töchter müssen ...

Als die Eltern von Richard Tide überraschend bei einem Autounfall ums Leben kommen, tritt er sein Erbe an und übernimmt das Anwesen Clifftops in Dorset. Seine Ehefrau Helen und die beiden Töchter müssen sich der Entscheidung letztlich beugen. Gerade Helen, der ihre Unabhängigkeit und ihre Karriere neben dem Familienleben immer wichtig war, leidet unter dem Umzug, der sie zur Hausfrau und Mutter degradiert. Das Verhältnis zu den pubertierenden Mädchen, insbesondere zu der älteren Cassie, wird schwieriger, weshalb ein Lichtblick für Helen die ungeplante Schwangerschaft mit dem Nachzügler Alfie ist. Als dieser im Alter von drei Jahren am Strand unbemerkt verschwindet, da ihn seine älteren Schwestern unbeaufsichtigt gelassen haben, bricht für Helen eine Welt zusammen. Die Trauer um den geliebten Sohn, die Ungewissheit über seinen Verbleib und die Wut auf Dora, die Cassie und Alfie allein ließ, sowie das eigene schlechte Gewissen quälen Helen. Die Familie zerbricht an der Tragödie.
Als Dora mit Mitte 20 selbst schwanger ist und aufgrund ihres Erlebnisses in der Kindheit große Angst vor der Verantwortung hat, kehrt sie nach Clifftops zurück und sucht das Gespräch mit ihrer Mutter. Dabei muss sich auch Helen ihren inneren Dämonen stellen und die Frage der Schuld neu aufgeworfen werden.

"Geheimnis der Gezeiten" ist eine Familiengeschichte, die auf zwei Zeitebenen handelt und aus den Perspektiven von Cassie, Dora und Helen geschrieben ist. In Rückblenden erfährt man, wie es zu dem Umzug nach Dorset kam, von den schwierigen Anfangsjahren in Clifftops und der Unzufriedenheit Helens und was sich in dem tragischen Sommer vor elf Jahren ereignet hat. Der Klappentext verrät dabei fast zu viel, denn Alfies Verschwinden ereignet sich erst nach gut einem Drittel des Romans.

Dennoch ist das Buch spannend, denn der Verlust des Dreijährigen bildet nur den Rahmen für die Handlung. Im Fokus stehen vielmehr die Folgen der Tragödie und die Geheimnisse, die die Familie umgeben, das Ungesagte, das das Familienleben belastet und die Schuldgefühle und Gewissensbisse, die das Zusammenleben letztlich unmöglich machen. Die Tides schaffen es nicht zusammenzuhalten und sich gegenseitig Trost zu spenden, sondern driften vielmehr auseinander. Vor allem die Frauen der Familie erlauben es sich nicht, wieder Glück empfinden zu dürfen.

Dramatik und Spannung stehen in einem ausgewogenen Verhältnis. Zudem sind die Charaktere authentisch dargestellt und ihr Handeln nachvollziehbar, auch wenn sie nicht unbedingt Sympathieträger sind.

Es ist ein Familiendrama, das zeigt, welchen Einfluss belastenden Ereignisse der Vergangenheit auf die Gegenwart und Zukunft haben können. Dabei bleibt bis zum Ende spannend, ob alle Beteiligten mutig genug sind, sich der (unangenehmen) Wahrheit zu stellen, Verantwortung zu übernehmen und damit den Weg frei für eine Chance auf Vergebung und einen Neuanfang für die nachfolgende Generation machen.

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