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Veröffentlicht am 20.05.2020

Blutiger Krimi mit einer großen Anzahl an gewalttätigen Szenen, der vor Klischees und stereotypen Charakteren strotzt

Tannenstein
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Ein Wanderer tötete in dem am der deutsch-tschechischen Grenze gelegenen Tannenstein elf Menschen. Der Fall gibt Rätsel auf. Der Wanderer lebte zuvor ein Jahr unauffällig in dem Ort, die Getöteten befanden ...

Ein Wanderer tötete in dem am der deutsch-tschechischen Grenze gelegenen Tannenstein elf Menschen. Der Fall gibt Rätsel auf. Der Wanderer lebte zuvor ein Jahr unauffällig in dem Ort, die Getöteten befanden sich an dem Abend in der Dorfkneipe, scheinen aber darüber hinaus keine Verbindung untereinander zu haben.

Drei Jahre nach dem Mord wird der ehemalige Polizist Alexander Born aus der Haft in Berlin entlassen. Er möchte den Tod seine Geliebten und Kollegin Lydia Wellstedt rächen, die gegen den Wanderer ermittelte und dabei Spuren zur russischen Mafia fand.
Born beginnt auf eigene Faust eine Hetzjagd gegen skrupellose, unmenschliche Strukturen der Organisierten Kriminalität.

"Tannenstein" ist ein Kriminalroman, der aus vielen kurzen Kapiteln besteht, bei denen die Perspektiven und Handlungsorte stetig wechseln. Es wird nicht nur die Sicht von Ermittlern, Tätern und Opfern vermittelt, sondern auch von zahlreichen Nebencharakteren, die in dem Konglomerat aus Drogen, Prostitution, Gewalt und Kriminalität über die deutsche Grenze hinweg eine Rolle spielen.
Statt für Spannung zu sorgen, wird dadurch der Lesefluss unterbrochen. Die Vielzahl der Protagonisten und Handlungsorte wirkt eher verwirrend, da über eine Verbindung der unzähligen Handlungsstränge nur gemutmaßt werden kann.

Der Roman strotzt zudem vor Klischees und stereotypen Charakteren. Alle Personen sind unsympathisch und unnahbar, Prostituierte sind dumm und naiv, Russen Alkoholiker und skrupellose Gewalttäter, Frauen im Allgemeinen werden zum Sexobjekt degradiert. Ein Einblick in die Psyche der handelnden Personen fehlt völlig.

Der blutige Krimi enthält eine große Anzahl an Gewaltszenen, die das gefährliche Milieu verdeutlichen, mit dem Born es zu tun hat und sind nichts für zartbesaitete Leser.

Mich konnte der erste Band der Born-Trilogie nicht packen. Ich empfand sowohl die Charaktere anstrengend als auch eine Verbindung zwischen den einzelnen Handlungsorten in Deutschland, Russland, Weißrussland und Tschechien herzustellen. Der eigenwillige Schreibstil mit zahllosen Worthülsen und der bedingten Coolness von Born, der als ehemaliger Polizist fragwürdige Moralvorstellungen hat, konnte bei mir kein Interesse für den Fall als solchen wecken.

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Veröffentlicht am 18.05.2020

Der Roman handelt von Mutterliebe, Verdrängung und dem früheren Umgang mit psychischen Erkrankungen - eine emotionsgeladene, spannende Familiengeschichte.

Die verlorene Frau
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Rebecca und ihre Mutter Harriet leiden unter den Gewaltausbrüchen des kriegstraumatisierten Vaters, der 1952 aus einer psychiatrischen Klinik als geheilt entlassen wurde. 1960 eskaliert die Situation so ...

Rebecca und ihre Mutter Harriet leiden unter den Gewaltausbrüchen des kriegstraumatisierten Vaters, der 1952 aus einer psychiatrischen Klinik als geheilt entlassen wurde. 1960 eskaliert die Situation so weit, dass Jacob erst seine Frau und dann sich selbst tötet. Rebecca wächst sodann bei ihrem besten Freund Harvey auf, den sie später heiraten wird.
Die Ehe ist nicht von Dauer. Nach der Geburt von Tochter Jessica leidet Rebecca unter einer postpartalen Psychose, das Paar trennt sich. Harvey heiratet erneut und Liz wird daraufhin zu Jessies Mum. Als Jessie schwanger wird und Nachforschungen über ihre Familiengeschichte anstellt, scheint sich das Schicksal zu wiederholen. Auch sie verkraftet die Geburt ihrer Tochter nicht und entführt sie daraufhin aus Angst davor, dass ihrem Baby im Krankenhaus Leid zugefügt wird.
Als Rebecca von dem Drama erfährt, bittet sie ihre jüngere Tochter Iris, die Journalistin ist, um Hilfe, um Jessie und ihre Enkelin zu finden. Auch sie muss erst die jahrzehntelang gehegten Familiengeheimnisse ergründen, um die Suche nach ihrer Halbschwester zu unterstützen.

"Die verlorene Tochter" ist eine spannende Familiengeschichte, die aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird und auf mehreren Zeitebenen handelt. Sowohl die Vergangenheit, die von dramatischen Schicksalen geprägt ist, als auch die Gegenwart, die von der Suche nach einer psychotischen Mutter und ihrem kranken Neugeborenen handelt, sind packend geschildert. Das Geheimnis aus der Vergangenheit wird erst nach und nach durch die Handlung im Jahr 2014 und die Rückblenden bis in die Nachkriegszeit aufgedeckt, wodurch sich unfassbare Abgründe auftun. Die Schicksale der hilflosen Frauen berühren und erschütternd ist zu lesen, was Patienten noch in den 1950er-Jahren als psychiatrische Therapie angetan wurde.
Der Roman handelt von Mutterliebe, Verdrängung und dem früheren Umgang mit psychischen Erkrankungen. Er ist beklemmend und fesselt bis zum Schluss bis alle Handlungsstränge zusammengeführt werden und das Unrecht und die damit verbundenen Leiden, die über drei Generationen die Leben der Frauen prägten, aufgeklärt werden, so dass Klarheit herrscht und eine Chance auf Wiedergutmachung und Vergebung gewährt werden kann.
Die Mischung aus emotionsgeladenem Drama und einer Familiengeschichte mit Thrillerelementen besticht durch einen gelungen konstruierten Plot und authentischen Charakteren.

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Veröffentlicht am 16.05.2020

Schauriger Plot mit gewalttätigen Szenen, der den Leser vor allem aufgrund der inneren Zerrissenheit der Protagonisten, die sie Grenzen überschreiten lässt, packt

So dunkel der Wald
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Ronja und Jannik leben seit Jahren in Gefangenschaft in einer Hütte in einem dunklen Wald. Als Kind wurden sie von ihrem Peiniger, den sie Paps nennen, entführt. Dort leben sie mit weiteren Kindern, die ...

Ronja und Jannik leben seit Jahren in Gefangenschaft in einer Hütte in einem dunklen Wald. Als Kind wurden sie von ihrem Peiniger, den sie Paps nennen, entführt. Dort leben sie mit weiteren Kindern, die noch nicht durch "das Sonnentor" gegangen sind. Als sie eines Tages die Möglichkeit haben ihren Entführer zu überwältigen, scheint die Freiheit in greifbare Nähe gerückt. Doch Ronja und Jannik ist die Welt außerhalb des Waldes fremd und sie haben Bedenken, einfach so zurückzukehren, denn sie fühlen sich schuldig an den Ereignissen, die sie erlebt haben und an den Dingen, die sie getan haben.
Währenddessen ermittelt Sarah Wiesinger an dem Fall der Kindesentführungen, denn jüngst ist wieder ein kleines Mädchen im Wald verschwunden.

"So dunkel der Wald" ist ein düsterer Thriller, der in zwei Handlungssträngen erzählt wird. Im Fokus steht die Situation der Kinder und Jugendlichen im Wald, während die parallel verlaufenden Ermittlungen durch die Kriminalkommissarin weniger Raum einnehmen.

Es ist kein klassischer Thriller über eine Kindesentführung, denn statt dem Schmerz der Eltern und der Suche nach den Kindern rückt die Perspektive der Opfer, die seit Jahren an ihr Martyrium gewohnt sind, in den Mittelpunkt.
Der Roman beginnt spannend mit einem möglichen Fluchtversuch und flacht dann etwas ab, als es nicht mehr um die Gefangenschaft als solche, sondern den ungewohnten Umgang mit der Aussicht auf Freiheit geht. Die Kinder kennen kein normales Leben mehr und wissen nicht, was sie außerhalb des Waldes erwartet. Sie sind verunsichert und haben Angst, was durch ein ewiges Hin und Her zwischen Ronja und Jannik sehr deutlich wird. Der psychologische Ansatz ist spannend und auch wenn man das Verhalten der Jugendlichen zunächst nicht verstehen kann, wird nachvollziehbar dargestellt, wie Opfer zu Tätern werden und wie verstörend die Situation für sie erscheinen mag.
Die Ermittlungen der jungen Kommissarin sind nur nebensächlich, waren mir aber von zu vielen Zufällen geprägt.

Es ist ein schauriger Plot mit gewalttätigen Szenen, der den Leser vor allem aufgrund der inneren Zerrissenheit der Protagonisten, die sie Grenzen überschreiten lässt, packt.

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Veröffentlicht am 15.05.2020

Warmherzige Geschichte über einen Jungen, der gegen eine unheilbare Krankheit kämpft und seine Liebe zu einem Hund - statt kitschig unerwartet tiefsinnig

Lass uns an Wunder glauben
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Kate Blunt ist Tierärztin in einem Tierheim in Cape Cod und alleinerziehende Mutter des unheilbar an Mukoviszidose erkrankten Jaspers. Jasper ist elf Jahre alt und arbeitet freiwillig im Tierheim. Sein ...

Kate Blunt ist Tierärztin in einem Tierheim in Cape Cod und alleinerziehende Mutter des unheilbar an Mukoviszidose erkrankten Jaspers. Jasper ist elf Jahre alt und arbeitet freiwillig im Tierheim. Sein Traum ist es, einen eigenen Hund zu haben, was von Kate aus finanziellen Gründen und der Scheu vor noch mehr Verantwortung bisher abgelehnt wurde.
Als eine räudige, offenbar misshandelte und an einer Lungenkrankheit leidende Promenadenmischung im Tierheim abgegeben wird, verspürt Jasper eine Verbindung zu dem Hund. Er kann sich auf wundersame Art in den Hund hineinversetzen und auch der Hund verhält sich im Umgang mit Jasper, als wären sie seit Jahren Gefährten. Jasper blüht dank Whistler auf und seine Krankheitssymptome nehmen ab. Voller Euphorie kann er bald auch seine Mutter davon überzeugen, Whistler zu adoptieren, doch dann meldet sich der rechtmäßige Besitzer des Hundes und erhebt Ansprüche.

"Lass uns an Wunder glauben" ist eine warmherzige Geschichte über einen Jungen, der gegen eine unheilbare Krankheit kämpft und seine Liebe zu einem Hund, der eine magische, heilende Wirkung auf die Menschen hat.
Der Roman ist abwechselnd aus der Perspektive von Kate und Jasper erzählt. Kate ist eine Mutter, die ihren kranken Sohn abgöttisch liebt und alles für ihn tun würde. Gleichzeitig leidet sie aufgrund seiner Erkrankung unter der alleinigen Verantwortung für ihn und seine permanente medizinische Behandlung und dem schlechten Gewissen, dass sie aufgrund der Genetik Schuld an seiner ZF ist, von der sie ihn nicht erlösen kann.
Jasper ist ein aufgeweckter, verständiger Junge, der nicht mit seinem Schicksal hadert, sondern seine Krankheit und die damit verbundene kurze Lebenserwartung akzeptiert hat. Er ist dankbar für seine Gabe mit Hunden kommunizieren zu können, ist hilfsbereit und hat das Herz auf dem rechten Fleck.

Es ist ein emotionales Buch, das zu Tränen rührt, aber nicht deprimierend ist. Es ist motivierend und hoffnungsvoll zu lesen, wie der einerseits für sein Alter so reife, anderseits wiederum kindlich-naive Junge dafür kämpft, mit dem für ihn passenden Hund zusammenleben zu dürfen. Trotz der schrecklichen Erkrankung von Jasper und dem drohenden Verlust des Hundes ist die Stimmung des Buches vor allem durch Jaspers unbeschwerte Art und seine fast schon philosophische Denkweise grundsätzlich heiter.
Die magische Verbindung zwischen dem Hundeflüsterer und dem Labradormischling ist nicht erklärbar, aber auch nicht nötig, wenn es darum geht, an Wunder zu glauben.

Die ausgewogene Mischung aus humorvollen und nachdenklich machenden Szenen, die glaubwürdigen und sympathischen Charaktere sorgen für eine abwechslungsreiche, lebendige Geschichte, die statt kitschig zu sein unerwartet tiefgründig ist und nicht nur für Hundefreunde empfehlenswert ist.

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Veröffentlicht am 13.05.2020

Humorvolle, aber auch herzzerreißend traurige Geschichte über eine ungewöhnliche Mutter-Tochter-Beziehung und das, was Familie ausmacht

Meine Mutter, unser wildes Leben und alles dazwischen
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Dido Sylvia Jones ist sechs Jahre alt, als sie zusammen mit ihrer Mutter Edie von London in eine Kleinstadt in Essex zieht. Edie ist alleinerziehend, weiß angeblich nicht, wer der Vater von Dido ist und ...

Dido Sylvia Jones ist sechs Jahre alt, als sie zusammen mit ihrer Mutter Edie von London in eine Kleinstadt in Essex zieht. Edie ist alleinerziehend, weiß angeblich nicht, wer der Vater von Dido ist und verhält sich so unkonventionell, dass sie in der Nachbarschaft auffällt.

Auf dem Nachbargrundstück entdeckt Dido eine ganz gewöhnliche Familie: Vater, Muter und zwei Kinder. Dido freundet sich mit Harry und Tom an, auch wenn Mutter Angela die Verbindung zu dem Mädchen mit der seltsamen Mutter skeptisch betrachtet. Dido allerdings träumt davon, in einer solch intakten, bodenständigen Familie aufzuwachsen und wünscht sich klammheimlich sogar eine Mutter wie Angela.

Als Teenager verliebt sich Dido in Tom, was letztlich zu einem Zerwürfnis mit den Trevelyans, aber auch ihrer Mutter führt. Wütend, verletzt und enttäuscht verlässt Dido die Kleinstadt, um in London ein neues Leben anzufangen. Erst Jahre später wird sie Harry und Tom wieder begegnen.

"Meine Mutter, unser wildes Leben und alles dazwischen" ist eine tragikomische Familiengeschichte, die mit der Kindheit Didos im Juli 1976 beginnt und im Dezember 2004 endet, als Dido 34 Jahre alt ist. Dido ist ein Mädchen, das einfach nur normal sein möchte. Sie möchte nicht weiter auffallen und in der Masse verschwinden. Mit ihrer exzentrischen Mutter, einer selbst ernannten Künstlerin, die nichts darauf gibt, was andere von ihr denken, und Alkohol und Drogen nicht abgeneigt ist, ist dies jedoch nicht möglich. Dido verkriecht sich in ihre Bücher und klammert sich an ihre Freundschaft zu den Trevelyans, um von einem anderen Leben zu träumen.

Es ist in Teilen eine humorvolle, sehr abwechslungsreiche und unterhaltsame Geschichte mit einem sympathischen, von Grund auf ehrlichen Mädchen, das ohne den Halt in einer eigenen Familie aufwächst. Gleichzeitig ist es jedoch auch eine anrührende und herzzerreißend traurige Geschichte, die feinfühlig von den Sorgen und Nöten des Mädchen erzählt. Man begleitet Dido dabei, wie sie aufwächst, erwachsen wird und sich in Folge unglücklicher Ereignisse von ihrer Mutter, die sie nie als solche bezeichnen durfte, entfremdet und nicht nur räumlich , sondern auch emotional entfernt.
Dabei schafft es die Autorin, den Zeitgeist der 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahre durch die beiläufige Schilderung von prägenden realen Ereignissen wie Live Aid 1985 oder dem Schwarzen Montag im Oktober 1987 sowie der Musik, die die Teenager hören, der Nutzung von Schallplatten und Telefonzellen, einzufangen.

Die Geschichte ist rückblickend aus der Perspektive von Dido geschildert und ist passend zum Alter der Protagonistin zunächst kindlich-naiv, später erwachsen und reflektierter. Mit ihrer Erzählung wendet sich Dido an ihre Mutter, spricht sie immer wieder direkt an, was ihren Frust und ihre Enttäuschung, aber auch ihre Wünsche noch eindringlicher und authentischer wirken lässt. Dido ist einerseits anklagend, andererseits aber auch von einem schlechten Gewissen geprägt. So bleibt bis zum Schluss die Hoffnung, dass sich Mutter und Tochter versöhnen und damit arrangieren können, wie unterschiedlich sie und ihre Vorstellungen vom Leben sind.

Der Roman handelt von einer ungewöhnlichen Mutter-Tochter-Beziehung, von Freundschaft und der Sehnsucht von Halt und Geborgenheit in einer in einer intakten Familie. Dabei zeigt sich, dass selbst die ach so perfekte Familie nebenan - dort, wo das Gras immer viel grüner ist - nicht perfekt ist und dass es keine mustergültige Familie bracht, um glücklich zu sein.

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