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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.04.2019

Eine unglaubliche, poetisch erzählte Geschichte - ein Meisterwerk

Niemals ohne sie
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“In dieser Familie ging es nie darum, glücklich zu sein. Also kann man sich auch nicht beschweren, dass wir es nicht geschafft haben.”

Die Cardinals sind wie niemand sonst: eine Großfamilie mit 21 Kindern, ...

“In dieser Familie ging es nie darum, glücklich zu sein. Also kann man sich auch nicht beschweren, dass wir es nicht geschafft haben.”

Die Cardinals sind wie niemand sonst: eine Großfamilie mit 21 Kindern, welche in Norco im französischsprachigen Teil Kanadas aufwachsen. Norco ist eine Minenstadt. Hier wird Erz abgebaut, und die ganze Stadt existiert nur wegen der Mine. Der Vater hat die Mine ursprünglich entdeckt, trotzdem blieb das erwartete Geld aus. Und so leben die Cardinals arm aber glücklich in den Tag hinein, immer auf der Suche nach einer weiteren Erz- oder sonstigen Ader. Der Vater scheint nur für den Bergbau zu leben, die Mutter ist mit ihren vielen Aufgaben sehr beschäftigt und meist in der Küche, und so scheinen die älteren Kinder die jüngeren zu erziehen.

30 Jahre später findet zum ersten Mal seit Jahrzehnten ein Familientreffen statt. Der inzwischen über 80-jährige Vater soll eine Auszeichnung bekommen. Hierzu finden sich alle Kinder sowie die Eltern in einem Hotel ein. Doch wieso hat es die Familie ursprünglich in alle Himmelsrichtungen zerstreut? Welches Geheimnis verschweigen sie?

Es hat mich ein bisschen Zeit gekostet, um in das Buch hineinzufinden. Dann jedoch hat es mich nicht mehr losgelassen. Saucier beschreibt wunderbar poetisch, unaufgeregt wie auch realistisch die Geschichte einer Großfamilie mit 21 Kindern in einem Bergbaudorf in Kanada. Jedes Kapitel wird aus der Perspektive eines anderen Kindes erzählt. Die Autorin ist eine wunderbare Erzählerin. Ihre Charaktere sind vielschichtig und stark, jeder der Protagonisten auf seine eigene Art. Im Leben dieser Familie gibt es unglaublich viel Liebe, aber auch unglaublich viel Leid. Die Geschichte zog mich völlig in seinen Bann, ein wahres Meisterwerk!

Veröffentlicht am 06.04.2019

Ein großartiges Debüt, das mich fast sprachlos zurück lässt.

Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche
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"Nach einem Leben als Verkörperung des Unterschieds habe ich nicht das Bedürfnis, gleich zu sein. Ich will die strukturelle Macht eines Systems brechen, das mich als anders gekennzeichnet hat. Ich möchte ...

"Nach einem Leben als Verkörperung des Unterschieds habe ich nicht das Bedürfnis, gleich zu sein. Ich will die strukturelle Macht eines Systems brechen, das mich als anders gekennzeichnet hat. Ich möchte mich nicht an den Status quo assimilieren. Ich möchte von allen negativen Unterstellungen befreit werden, die meine Charakteristika mit sich bringen. Nicht mir fällt die Bürde zu, mich zu verändern. Die Welt um mich herum soll sich ändern."

Dieses Buch wurde in den letzten Monaten und Jahren sehr gehypet, sodass ich beschlossen habe, die deutsche Übersetzung zu lesen. Als erstes muss ich festhalten dass der Titel sehr irreführend ist, denn dieses Buch ist nicht nur für Schwarze oder Farbige, sondern sehr wohl auch für weisse bzw schlicht für alle Menschen dieser Erde geschrieben.

Dieses Buch hat mich sehr beeindruckt und lässt mich fast sprachlos zurück. Jeder dem soziale Gerechtigkeit, seine Mitmenschen und unsere Gesellschaft wichtig ist, sollte dieses Buch lesen. Eddo-Lodge fasst die Geschichte von Sklaverei und Rassismus in Großbritannien auf spannende und faszinierende Weise zusammen. Sie erklärt white privilege, die Angst vor der Übernahme der Schwarzen, weißen Feminismus, soziale Klassen im heutigen Großbritannien und den Zusammenhang zur Hautfarbe, und schlussendlich was wir alle tun können. Schön fand ich auch noch den Anhang, in dem sie beschreibt wie Leute seit dem Erscheinen des Buches auf sie zugekommen sind.

Eddo-Lodge hat einen wundervoll fließenden Schreibstil, der nie langweilig wird und mich oft daran gehindert hat, das Buch wegzulegen. Besonders der Teil über Feminismus war sehr erleuchten. Ein sehr wichtiges Buch, das ich jedem empfehlen möchte.

Veröffentlicht am 02.04.2019

Ein sehr wichtiges Buch zu einem Thema, das uns alle etwas angeht.

Der Welt nicht mehr verbunden
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„Du bist keine Maschine mit kaputten Komponenten. Du bist ein Tier, dessen Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Du brauchst eine Gemeinschaft. Du brauchst sinnvolle Werte, nicht die Schrottwerte, mit denen ...

„Du bist keine Maschine mit kaputten Komponenten. Du bist ein Tier, dessen Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Du brauchst eine Gemeinschaft. Du brauchst sinnvolle Werte, nicht die Schrottwerte, mit denen du dein Leben lang vollgestopft wurdest und die dir versichert haben, Glück entstehe durch Geld und den Kauf von Sachen. Du brauchst sinnvolle Arbeit. Du brauchst die Natur. Du brauchst das Gefühl, dass du in der Welt respektiert wirst. Du brauchst eine sichere Zukunft. Du brauchst Bezug zu all diesen Dingen. Du musst die Schamgefühle loslassen, die entstehen können, wenn man missbraucht worden ist.“

Jeder von uns hat jemanden im Bekanntenkreis, der an Depressionen leidet. Vielleicht sind es sogar wir selbst, aktuell oder in der Vergangenheit. Egal was die Verbindung zur Depression ist, jeder hat im Leben auf irgendeine Weise ein- oder mehrmals Kontakt mit dieser Krankheit.

Johann Hari war noch ein Teenager, als bei ihm eine Depression diagnostiziert wurde. Er bekam Antidepressiva und ihm wurde gesagt, es handle sich um ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern im Gehirn. Jahrelang nahm er langsam immer höhere Dosen von Antidepressiva – jedoch ohne relevanten Effekt. In diesem Buch präsentiert Hari seine Recherchen zu dem Thema Depression und Angststörungen. Er ist um die Welt gereist, hat sich mit hunderten von Betroffenen und Ärzten und Psychologen unterhalten, und hat sich in die aktuelle Studienlage eingelesen. Dadurch hat er schließlich acht „Auslöser“ von Depressionen identifiziert. Die Auslöser sind schlüssig und man fragt sich, wieso dies neue Erkenntnisse sein sollen. Jedoch werden diese bisher von behandelnden Fachpersonen nicht unbedingt als solche beachtet. Häufig werden Patienten mit Depressionen einfach Antidepressiva verschrieben, ohne zu beachten, was eigentlich der Grund für die Episode war. Und, solange der Auslöser weiter besteht, ist die Tablette häufig nicht genug. Hari schlägt im Verlauf des Buches Lösungen für die jeweiligen Auslöser vor, die, wie er zugibt, jedoch nicht immer einfach umzusetzen sind. Dieses Buch ist ein Ansatz, damit wir als Gesellschaft endlich umdenken, und depressive Menschen besser unterstützen können. Ich kann Hari nicht bei all seinen Aussagen zustimmen. Teilweise ist das Buch schwer zu lesen, manche Punkte sind für meinen Geschmack ein bisschen zu ausführlich beschrieben. Dennoch ein außerordentlich wichtiges Buch, das JEDER lesen sollte, egal, ob er selbst betroffen ist oder nicht.

Veröffentlicht am 23.03.2019

Tierschutz als Lebensinhalt?

Schiff oder Schornstein
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Ila und Franzi sind Schwestern. Dennoch wachsen sie sehr unterschiedlich auf: durch eine Verkettung mehrerer Ereignisse lebt Ila mehrere Jahre am Bauernhof ihrer Großmutter, getrennt vom Rest der Familie. ...

Ila und Franzi sind Schwestern. Dennoch wachsen sie sehr unterschiedlich auf: durch eine Verkettung mehrerer Ereignisse lebt Ila mehrere Jahre am Bauernhof ihrer Großmutter, getrennt vom Rest der Familie. Dort beginnt sie auch, Tiere über alles zu lieben und hört auf, sie zu essen. Später finden die Schwestern wieder zueinander – und jede beginnt auf ihre Art und Weise, die Umwelt und die Tiere zu schützen. Während Ila eher einen ruhigen Weg als Vegetarierin und Verkäuferin in einem Bioladen wählt und nebenbei im Tierheim aushilft, engagiert Franzi sich sehr aktiv als Umweltaktivistin und befreit unter anderem Tiere aus Fabriken. Eines Tages ist Franzi verschwunden – und Ila macht sich auf die Suche nach ihr. So lernt sie Konstantin kennen, einen Kollegen von ihr, der sich Hals über Kopf in Franzi verliebt hat.

Mit dem skurrilen Schreibstil führt Stift-Laube uns ganz natürlich an die Thematik Umwelt und Klimawandel heran. Jeder ihrer Figuren verkörpert eine etwas andere Art von Aktivismus. Die Themen sind hochaktuell, werden aber mehr nebenbei tangiert. Vieles bleibt ungesagt oder dem Leser überlassen, und vieles regt zum Nachdenken an. Mir gefallen die vielen österreichischen Ausdrücke, die mich an Heimat denken lassen. Insgesamt fand ich das Buch wunderbar spannend zu lesen, und ich wurde sehr zum nachdenken angeregt. Noch Tage nach dem Beenden der Lektüre grüble ich über manche Szenen nach. Ich glaube, dass jeder Leser seine eigenen, unterschiedlichen Schlüsse zu dem Buch zieht, weshalb ich sehr gespannt bin, andere Rezensionen zu lesen.

Veröffentlicht am 01.03.2019

Beeindruckende Autobiographie

Meine Stimme für das Leben
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2018 erhielt Dr. Denis Mukwege den Friedensnobelpreis. Bis zu diesem Buch hatte ich nicht von ihm gehört – und nun lässt mich das Buch sprachlos zurück. Denis Mukwege ist Gynäkologe und stammt aus dem ...

2018 erhielt Dr. Denis Mukwege den Friedensnobelpreis. Bis zu diesem Buch hatte ich nicht von ihm gehört – und nun lässt mich das Buch sprachlos zurück. Denis Mukwege ist Gynäkologe und stammt aus dem Kongo. Dort tritt er seit Jahren gegen die Gewalt gegen Frauen ein. Der Kongo ist ein Land reich an Bodenschätzen – einer der Wege, wie viele Herrscher zu persönlichem Reichtum gekommen sind. Die Bürger des Landes und deren Wohlergehen scheint zweitrangig. Das Land ist hart umkämpft, verschiedene Stämme und Milizen bekämpfen sich und versuchen, Überhand zu nehmen. Ein beliebter Weg der Kriegsführung ist die systematische Vergewaltigung von Frauen auf brutalste Art und Weise. Mukwege führt komplexe Operationen durch, um den Sexual-, Harn- und Verdauungstrakt von Frauen wiederherzustellen, die Opfer von Gewalt- und sexuellen Verbrechen geworden sind. Außerdem hilft er, die Geburtensterblichkeit mittels organisierter Geburten im Spital deutlich zu senken.

Das Buch ist leicht geschrieben, trotzdem aber alles andere als leichte Kost. Ich finde es sehr interessant, über Mukweges Kindheit und auch seine Eltern zu lesen. Alles was er erlebt hat, hat ihn zu dem Mann gemacht der er heute ist. Das Buch ist nicht chronologisch, was den Lesefluss etwas stört. Am Schluss fügen sich die Informationen trotzdem zu einem Bild zusammen, das sehr viel Sinn ergibt.

Mukweges Buch ist ein Weckruf für uns alle. Ein Weg für ihn, damit umzugehen, dass er vom Präsidenten seines Landes nicht gewürdigt wird, sondern Steine in den Weg gelegt bekommt, was bis zu Mordanschlägen reicht. Mukwege hatte als Kind den Traum, Menschen zu helfen. Diesen Traum hat er seit dem Ende seiner Ausbildung als Gynäkologe leidenschaftlich umgesetzt. Er hat ein Leben mit Geld, Stabilität und Sicherheit aufgegeben, um den Frauen seines Landes zu dienen. Selbst regelmäßige Morddrohungen und Anschläge auf sein Leben konnten ihn nicht aufhalten. Ein bemerkenswerter Mann, der zurecht mit dem Friedensnobelpreis 2018 geehrt wurde.