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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.03.2018

Sehr unterhaltsame Suche nach der Wahrheit

Das Flüstern der Insel
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Den Moment, an dem Alice einen Anruf bekommt und erfährt, dass ihr Mann einen Autounfall hatte, wird sie nie wieder vergessen. Auch nicht den nächsten. Im Krankenhaus erfährt sie kurze Zeit später, dass ...

Den Moment, an dem Alice einen Anruf bekommt und erfährt, dass ihr Mann einen Autounfall hatte, wird sie nie wieder vergessen. Auch nicht den nächsten. Im Krankenhaus erfährt sie kurze Zeit später, dass ihr geliebter Chris verstorben ist. Doch etwas passt nicht zusammen: Chris hat sich gemäß seiner letzten Nachricht ganz woanders aufgehalten als dort, wo er schlussendlich verunglückt ist. Was ist passiert? Was hat Chris ihr verheimlicht? Und wie kann Alice es herausfinden?

Alice, nun Witwe mit einer sechsjährigen Tochter und hochschwanger mit der zweiten, findet sich plötzlich alleine. Was bleibt sind die Fragen. Wer war Chris? War ihre Liebe wirklich so vollendet, wie sie immer dachte? Was hatte er für Geheimnisse? Wo war er in der Nacht, als er verunglückt ist? Und so macht sie sich daran, es herauszufinden. Immer tiefer wird sie in eine Spirale gezogen. Sie beginnt, zahlreiche Menschen zu überwachen, immer mehr und immer ausführlicher. Sie findet zahlreiche Geheimnisse, jedoch scheinen diese alle nichts mit Chris zu tun haben. Warum hat Chris auf einer Insel vor Cape Cod, Robin Island, Zeit verbracht, wo er doch Cape Cod so überhaupt nicht ausstehen konnte? Was hat Chris auf der Insel gemacht?

Daniel Sánchez Arévalo führt uns immer tiefer in die menschlichen Abgründe. Alice wird immer verzweifelter, Chris Geheimnis zu entdecken und nimmt immer mehr Abstriche dafür in Kauf. Die ersten ca. hundert Seiten sind etwas langatmig. Der Schreibstil ist jedoch wirklich fesselnd, und den Rest der Zeit konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen. Teils erinnert das Buch an einen Film bzw. ein Drehbuch. Insgesamt zwar nicht unbedingt tiefgründig aber gut durchdacht mit einer interessanten Geschichte, so dass man gerne weiterliest.

Veröffentlicht am 06.03.2018

Ruhig und tiefgründig

Nachsommer
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„Alles bloß Beschwörungsversuche, Sündenböcke, vorgeschobene Ausflüche anstelle dessen, was ich mich ihm niemals zu sagen traute: Sei mir nicht böse, dass ich es nicht ertrug, dich sterben zu sehen. Verzeih ...

„Alles bloß Beschwörungsversuche, Sündenböcke, vorgeschobene Ausflüche anstelle dessen, was ich mich ihm niemals zu sagen traute: Sei mir nicht böse, dass ich es nicht ertrug, dich sterben zu sehen. Verzeih mir, dass ich dich im Stich gelassen habe.“

Olof findet sich nach Jahren plötzlich zurück in seinem Elternhaus. Seine Mutter liegt im Sterben. In den Tagen und Stunden bis zum Tod trifft er nach über zehn Jahren seinen jüngeren, ihm ganz und gar unähnlichen Bruder Carl und dessen Ehefrau Klara das erste mal wieder. Deren zwei Kinder, Sam und Sebastian, sind ebenfalls mit von der Partie. Und dann ist da noch Tom, „Onkel“ Tom, der Freund seiner Mutter. Und so nimmt die Geschichte seinen Lauf…

Bargum behandelt vor allem zwischenmenschliche Beziehungen. Den Tod des Vaters als sie noch Kinder waren, den Olof nie verkraftet hat. Die Beziehung zwischen Olof und Tom, den Olof sein Leben lang nicht als Freund der Mutter anerkennen konnte. Und um die schwierige Beziehung der beiden Brüder. Carl, der jüngere, wurde von seiner Mutter bevorzugt, jedoch dadurch auch massiv eingeengt. Er tat, was er musste um sich zu befreien und hat so seine Mutter sehr gekränkt. Für Olof war es umso schwerer, weil er immer der weniger geliebte war. Das alles kommt nun nach Jahren plötzlich auf den Tisch. Nach Jahren, während denen alle Beteiligten sich mit ihrem eigenen Leben auseinander gesetzt hatten und keine Gedanken mehr daran verschwendet hatten. Und dann kommt noch ans Licht, dass Olof und Klara sich besser kannten als zuvor bekannt…

Dies war mein erstes Buch von Johan Bargum. Ich war überrascht, wie dünn das Büchlein ist. Mit seinem unglaublich poetischen und ruhigen Schreibstil hat Bargum mich völlig überzeugt. Er lässt manche Details offen, sodass der Leser sich seinen Teil denken kann. Nicht alles wird explizit erwähnt. Wie sagt Bargum so schön, „Weiß man eigentlich jemals, was vor sich geht?“

Veröffentlicht am 24.02.2018

Beeindruckender Roman von einem Zeitzeugen der Reichskristallnacht

Der Reisende
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„Aber wenn man geköpft werden soll und weiß nicht warum, dann verliert man wohl die Ruhe und die Nüchternheit der Betrachtung.“ (S.140)

Wir schreiben November 1938, die Zeit der Novemberpogrome. Der wohlhabende ...

„Aber wenn man geköpft werden soll und weiß nicht warum, dann verliert man wohl die Ruhe und die Nüchternheit der Betrachtung.“ (S.140)

Wir schreiben November 1938, die Zeit der Novemberpogrome. Der wohlhabende jüdische Kaufmann Otto Silbermann wird in seiner Wohnung überfallen. Mit viel Glück schafft er es, zu entkommen. Er hat jedoch keine Informationen über den Verbleib seiner Ehefrau oder seiner Bekannten. Fortan ist er auf der Flucht, mit lediglich einem Koffer voller Geld. Doch er hat kein Ziel, er kann nirgends hin. Er versucht, nach Belgien zu fliehen, wird aber an der Grenze aufgegriffen und zurück nach Deutschland gebracht. An einem Ort zu bleiben scheint ihm zu gefährlich. Und so fährt er mit dem Zug von einer deutschen Stadt in die nächste. „Ich bin jetzt Reisender, ein immer weiter Reisender. Ich bin überhaupt schon ausgewandert. Ich bin in die Deutsche Reichsbahn emigriert.“, so Silbermann.

Ulrich Alexander Boschwitz hat diesen Roman bereits 1938 verfasst. Er wurde 1939 in England und 1940 in den USA publiziert, jedoch sollte es noch bis 2018 dauern, bis das Buch auf Deutsch verlegt wird. Das Buch ist sehr philosophisch. Der Schreibstil ist sehr interessant und sicher der damaligen Zeit entsprechend. Die Sprache ist sehr ausdrucksvoll. Der Roman umspannt eine Zeit von nur wenigen Tagen und die meisten Szenen handeln von Silbermann allein, was etwas ungewohnt ist. Boschwitz lässt den Intellektuellen Silbermann auf seiner Reise über seine Situation philosophieren, wobei diesem immer mehr klar wird, wie aussichtslos seine Situation ist. Er ist gefangen in Deutschland, und bis auf einen Koffer mit Geld hat er sein gesamtes Hab und Gut verloren. Es ist zu gefährlich, sich anderen Menschen anzuvertrauen. Dennoch lernt er auf seiner Reise eine Reihe verschiedener Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten kennen, mit denen er sich austauscht. Dieses Buch ist wohl das früheste literarische Dokument über die Zeit zwischen dem 7. und 13. November 1938. Fazit: Ein wirklich interessanter und sehr spannender Roman, der von einem Zeitzeugen verfasst wurde.

Veröffentlicht am 18.02.2018

Spannender Krimi mit zahlreichen Protagonisten

Die Eishexe
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Die vierjährige Linnea wird in Fjällbacka vermisst. Sie ist vom elterlichen Hof spurlos verschwunden. Nach einer groß angelegten Suchaktion, bei der ganz Fjällbacka mitsucht, wird sie schließlich tot aufgefunden. ...

Die vierjährige Linnea wird in Fjällbacka vermisst. Sie ist vom elterlichen Hof spurlos verschwunden. Nach einer groß angelegten Suchaktion, bei der ganz Fjällbacka mitsucht, wird sie schließlich tot aufgefunden. Der Fall erinnert an einen ähnlichen Mord, der sich dreißig Jahre vorher zugetragen hat. Auch damals war ein vierjähriges Mädchen vom selben Hof ermordet worden. Die beiden wurden an derselben Stelle im Wald gefunden. Der Fall von damals wurde nie gänzlich geklärt. Doch wie hängen die beiden Morde zusammen? Gibt es überhaupt einen Zusammenhang?

Für mich war dies der erste Läckberg Krimi. Drei verschiedene Handlungsstränge und zahlreiche Protagonisten machen den Einstieg schwer. Nach ca. 150 Seiten bin ich in der Erzählung „angekommen“ und verstand, wie alles zusammenhing. Die Autorin springt zwischen drei Zeitebenen recht hin und her: Schweden im 17. Jahrhundert, vor dreißig Jahren und in der Gegenwart. Erst am Schluss wurde mir klar, wie der Erzählstrang aus dem 17. Jahrhundert dazu passt. Diesen hätte es nicht unbedingt gebraucht, ich fand ihn aber spannend.

Der Schreibstil ist sehr flüssig. Die Geschichte fand ich außerordentlich gut durchdacht. Die Protagonisten waren mir durchaus sympathisch. Die wichtigsten sind wohl die verschiedenen Polizisten und Polizistinnen aus Fjällbacka, und auch Erica, die Frau eines Polizisten und ihres Zeichens Schriftstellerin. Das Buch ist spannend aufgebaut und wird nie langweilig. Die Auflösung war für mich nicht vorhersehbar. Neben den Ermittlungen um den Mord werden noch zahlreiche zwischenmenschliche Themen behandelt. Die Autorin schafft es, auch aktuelle Themen mit einzubeziehen. So gibt es auch in Fjällbacka syrische Flüchtlinge, denen die Integration nicht unbedingt leicht gemacht wird und die viel Hass erfahren müssen. Am Schluss gibt es für diese nach einer sehr schweren Zeit jedoch eine Art Happy End.

Ein Stern Abzug gibt es von mir, weil ich durch die zahlreichen Ebenen und vielen Protagonisten recht lange gebraucht habe, um mich zurecht zu finden.

Veröffentlicht am 14.02.2018

Schöne Idee, tolle Kulisse, mangelhafte Umsetzung

Nelkenliebe
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Das Cover des Romans ist wunderschön gehalten und hat in mir den Wunsch geweckt, dieses Buch zu lesen. Auch die Beschreibung klingt wirklich toll.

Doch nun zum Buch:
Katharina ist Fünfunddreißig und ...

Das Cover des Romans ist wunderschön gehalten und hat in mir den Wunsch geweckt, dieses Buch zu lesen. Auch die Beschreibung klingt wirklich toll.

Doch nun zum Buch:
Katharina ist Fünfunddreißig und lebt in Berlin. Ihr Jura Studium hat sie nach dem ersten Staatsexamen geschmissen und arbeitet daher als Rechtsanwaltsassistentin in einer Kanzlei. Sie ist mit ihrem Job nicht unbedingt glücklich und lebt in einer mittelmäßigen Beziehung mit Arne, einem Anwalt. Gleich auf der ersten Seite erfährt Katharina dass ihr geliebter Paps einen Hirntumor hat, inoperabel. Katharina, das „Papa Kind“, ist geschockt. Ihr Vater hat drei Träume, die er sich vor seinem Tod noch erfüllen will: eine Harley Tour an die Ostsee, dass Katharina und Arne heiraten, und dass Katharina nach Portugal reist und seine erste Liebe, Marisa, findet. Ihr Vater hat in jungen Jahren in Portugal gelebt und hatte dort seine grosse Liebe kennengelernt. Die war eines Tages jedoch einfach verschwunden und ihr Vater möchte nun endlich herausfinden, was damals passiert ist. Katharina fliegt also bereits wenige Tage später mit Arne nach Lissabon und macht sich auf die Suche.

Das Buch beginnt stark. Die Geschichte und Landschaft Portugals werden stets mit eingebunden und machen das Buch interessant. Erzählt wird auf zwei Zeitebenen, 2018 und 1972- 1975. Besonders die Vergangenheit fand ich sehr interessant. Die Liebesgeschichte zwischen Katharinas Vater Gerd und Marisa wird sehr schön erzählt. Die Gegenwart ist dagegen etwas bland: Katharina ist für ihr Alter eher unerfahren und naiv, was die Geschichte etwas langatmig macht. Bereits kurz nach der Ankunft in Portugal lernt sie Nuno kennen, und beginnt, ihr bisheriges Leben und ihre Entscheidungen zu hinterfragen. Katharinas Familie hat sie seltsame Angewohnheit, sich pausenlos mit Torten vollzustopfen. Egal ob sie glücklich sind und es deshalb machen, oder gestresst oder traurig und Torten essen, um sich besser zu fühlen. So spielen zahlreiche Szenen in Cafes, wo Katharina sich durch verschiedene Kuchen aus Portugal durchprobiert. Etwa nach zwei Dritteln des Buches beginnt es, immer unrealistischer zu werden. Alle Probleme werden plötzlich wie von alleine gelöst, es gibt ein Happy End nach dem anderen (teilweise sehr unwahrscheinliche Ereignisse) und es werden einige kuriose Zusammenhänge klar.

Die Ideen zu diesem Buch sind sehr interessant und hätten durchaus Potential. Leider strotzt das Buch vor Vorurteilen (ganz a la „eine Frau braucht einen Mann der auf sie aufpasst und für sie sorgt“). Katharina ist ziemlich naiv, was mich oft gestört hat. Arne ist sowieso nicht sympathisch, denn er behandelt Katharina alles andere als liebevoll und möchte ihr nur Vorschriften machen. Leider bleibt Katharinas Mutter auf der ganzen Suche nach Marisa komplett links liegen und wird nicht einmal eingeweiht. Irgendwie unlogisch, denn ich bin mir sicher sie hätte den Wunsch ihres Mannes angesichts des drohenden Versterbens nachvollziehen können. Gut ausgearbeitet fand ich die Sprünge zwischen den Zeitebenen und die Beschreibung der Landschaft Portugals. Fazit: gute Ideen, die Ausarbeitung entsprach leider nicht meinen Erwartungen.