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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2020

Ein Buchhighlight 2020

Die Optimisten
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Auch wenn das Jahr noch nicht einmal halb vorbei ist, kann ich jetzt schon sagen, dass „Die Optimisten“ von Rebecca Makkai zu meinen Lesehighlights 2020 gehören wird. Einerseits konnte ich es nicht aus ...

Auch wenn das Jahr noch nicht einmal halb vorbei ist, kann ich jetzt schon sagen, dass „Die Optimisten“ von Rebecca Makkai zu meinen Lesehighlights 2020 gehören wird. Einerseits konnte ich es nicht aus der Hand legen, andererseits habe ich das Ende gefürchtet. Der Roman ist zutiefst bewegend, ausdrucksstark und menschlich, wie nur wenige Bücher. Ich kann ihn uneingeschränkt weiterempfehlen.

Die Handlung wird aus der Sicht zweier Hauptcharaktere erzählt, wobei diese etwa 30 Jahre zeitversetzt von ihren Erlebnissen berichten.

Chicago 1985: Yale kommt durch einen Tipp seiner Freundin Fiona auf die Spur einer unbekannten, vermutlich mehrere Millionen Dollar teuren Bildersammlung, die seiner Karriere den entscheidenden Anstoß verleihen könnte. Gleichzeitig wird sein privates Umfeld immer mehr aus den Angeln gehoben. Das unbarmherzige HI-Virus breitet sich aus. Sein Freund Nico ist einer der ersten, der an AIDS stirbt, weitere folgen.

Paris 2015: Nicos Schwester Fiona ist auf der Suche nach ihrer verschwundenen Tochter Claire, die sich offenbar nicht finden lassen will. Dabei werden alte Wunden wieder aufgerissen und es wird klar, dass Fiona ihre Erlebnisse der 80er-Jahre und damit einhergehende Gefühle nie ganz aufgearbeitet hat.

„Das ist der Unterschied zwischen Optimismus und Naivität. Keiner hier im Raum ist naiv. Naive Menschen haben noch keine echte Prüfung hinter sich, deshalb meinen sie, ihnen könnte nichts passieren. Optimisten wie wir haben schon etwas durchgemacht und stehen trotzdem jeden Tag auf, weil wir glauben, wir könnten verhindern, dass es noch einmal passiert. Oder wir tricksen uns einfach aus, um das zu glauben.“

Das Virus sucht seine Opfer willkürlich aus, daran werden die Protagonisten, die einem im Laufe des mehr als 600 Seiten starken Buchs ans Herz wachsen, immer wieder erinnert. Ein wahlloser Rundumschlag, der „Boystown“, das Viertel der schwulen Szene Chicagos, bis ins Mark erschüttert. Die Angst, sich anzustecken, immer mehr infizierte oder kranke Freunde und Bekannte, die Auseinandersetzung mit dem Tod, auch mit dem eigenen nach Erhalt eines positiven Testresultats… Wie geht man damit um? Selbstzerstörung, Kampfbereitschaft, Fassungslosigkeit oder Selbstisolation – nur ein minimaler Bruchteil aller denkbaren menschlichen Wesenszüge. Aber vor allem ist es der Optimismus, der heraussticht, trotz der fatalen Lage. Er zeigt sich, wenn es darum geht, die letzten Wochen so angenehm wie möglich zu machen, in der Hoffnung, dass bald ein Medikament gegen das Virus gefunden wird, selbst dann noch, wenn klar ist, dass das Leben dem Ende zugeht. Denn Aufgeben kommt nicht infrage, stattdessen wird bis zuletzt für ein Umbruch in der Gesellschaft, im Gesundheitssystem, in der Forschung gekämpft – und für ein menschenwürdiges Leben und Sterben. Das klingt jetzt alles wahnsinnig ernst und traurig. Und ja, das ist es auch, aber vor allem ist die Geschichte von Mut, Freundschaft, Zusammenhalt, Liebe und Lebenslust geprägt. Aber auch von Schuld und Verlust, die neben dem Erlebten und den Erinnerungen (positive und negative) das restliche Leben beeinflussen.

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Veröffentlicht am 30.08.2020

Das Buch hinterlässt zu viele Fragen

Hier sind Drachen
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Kennt ihr das? Ihr habt ein Buch beendet und fragt euch nach den letzten Zeilen: Was will mir dieses Buch sagen? So erging es mir mit „Hier sind Drachen“ von Husch Josten. Ich muss zugeben, erschlossen ...

Kennt ihr das? Ihr habt ein Buch beendet und fragt euch nach den letzten Zeilen: Was will mir dieses Buch sagen? So erging es mir mit „Hier sind Drachen“ von Husch Josten. Ich muss zugeben, erschlossen haben sich mir letztendlich nicht alle Handlungsstränge. Und so blieben große Fragezeichen und etwas Enttäuschung. Dabei sind die Thematik und der Aufbau des nur 160 Seiten dünnen Buches durchaus spannend und bieten Potenzial.
Husch Josten erzählt von der Journalisten Caren, die einen Tag nach den Pariser Terroranschlägen (Herbst 2015) auf das Bataclan, das Stade de France und mehrere Bars und Cafés auf dem Weg in die Metropole ist, um von den Geschehnissen zu berichten. Bereits ihr bisheriges Leben ist von früheren Anschlägen gezeichnet, so hat sie sowohl den 11. September als auch den Anschlag auf den Bosten Marathon durch glückliche Fügungen überlebt. Am Flughafen Heathrow wird sie von einem Mann, den sie Wittgenstein nennt, in ein philosophisches Gespräch über Zufälle und unerzählte Geschichten verwickelt. Währenddessen wird der Start ihrer Maschine verschoben, Sicherheitskräfte riegeln das Terminal ab und Passagiere werden kontrolliert. Ist das alles nur Zufall?

Allerdings ist damit nur ein Bruchteil der Geschichte erzählt. Es geht um eine Dreiecksbeziehung, die die Beteiligten bei genauer Betrachtung alles andere als glücklich macht, Carens traumatischen Erlebnissen und deren Folgen, ihre unterdrückte Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe, die Rolle der Medien, die Bedingungen und Grenzen des Geschichtenerzählens, Zufall, Schicksal, Bestimmung, Schuld, die Frage nach dem Warum… Und letztendlich auch um das Unmögliche. Und vielleicht ist es genau das, was die Geschichte unglaubwürdig erscheinen lässt und sie überfrachtet. Hinzu kommt, dass ich die Anfänge des philosophischen Gesprächs mit Wittgenstein einfach viel zu lang und ermüdend fand – vor allem, da in der ersten Hälfte des Buches eh kaum eine Handlung vorhanden ist.

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Veröffentlicht am 30.08.2020

Bezaubernder Wohlfühlroman

Der schönste Grund, Briefe zu schreiben
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Wann habe ich eigentlich das letzte Mal einen handschriftlichen Brief geschrieben (abgesehen von Karten)? Oder einen „echten“ Brief bekommen? Eigentlich machen wir das heutzutage viel zu selten, was schade ...

Wann habe ich eigentlich das letzte Mal einen handschriftlichen Brief geschrieben (abgesehen von Karten)? Oder einen „echten“ Brief bekommen? Eigentlich machen wir das heutzutage viel zu selten, was schade ist, denn ein Brief ist doch viel persönlicher und kostbarer als eine E-Mail. Nicht umsonst nehmen Briefe einen besonderen Platz in der Literaturgeschichte ein. Das wird auch in dem Roman „Der schönste Grund, Briefe zu schreiben“ von Ángeles Doñate deutlich.

Zum Inhalt: Im kleinen spanischen Dorf Porvenir soll die Postfiliale geschlossen werden. Sara, die Postbotin, soll versetzt werden – fern von ihrer Heimat und den Menschen, die sie liebt. Das aber kann Saras Nachbarin, die 80-jährige Rosa, keinesfalls zulassen: Briefe müssen her, also beginnt sie zu schreiben und bittet den Empfänger, dasselbe zu tun. Schon bald zieht sich eine Briefkette durch Porvenir, enthüllt Schicksale und Leidenschaften. Menschen springen über ihre Schatten, knüpfen neue Beziehungen und stellen Weichen für ihr zukünftiges Leben. Und ganz nebenbei wird noch ein Buchclub gegründet, der das Thema Briefliteratur aufgreift.

Auch wenn die Geschichte an manchen Stellen nicht logisch ist, handelt es sich um einen bezaubernden Wohlfühlroman, der einen dazu aufruft, selbst einmal wieder zu Papier und Stift zu greifen.

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Veröffentlicht am 30.08.2020

Bleibt nachhaltig im Gedächtnis

Das zweitbeste Leben
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„Deine andere Frau und dein anderes Mädchen sind ein Geheimnis?“, fragte ich. (…)

„Nein. Das verstehst du falsch. Dana, du bist ein Geheimnis.“

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„Liebst du mich denn nicht?“, fragte ich.

„Das hat ...

„Deine andere Frau und dein anderes Mädchen sind ein Geheimnis?“, fragte ich. (…)

„Nein. Das verstehst du falsch. Dana, du bist ein Geheimnis.“

-

„Liebst du mich denn nicht?“, fragte ich.

„Das hat mit Lieben nichts zu tun“, sagte er. „Du musst jetzt nach Hause. Ich h-h-habe mich entschieden, genau wie du, als du angefangen hast, Ch-Chaurisse zu belästigen. Du hättest fast mein Leben ruiniert.“

Szenen wie diese veranlassen mich, „Das zweitbeste Leben“ von Tayari Jones zu den eindringlichsten Büchern zu zählen, die ich in der letzten Zeit gelesen habe. Das Buch erzählt von der Konkurrenz zwischen zwei Mädchen, die sich nicht einmal persönlich kennen, die Suche nach sich selbst, das Streben nach Anerkennung und Liebe vom Vater, das Leben als dunkelhäutiges Mädchen in Amerika in den 1980er-Jahren, die Diskrepanz zwischen Verstand und Gefühl und darum, immer zurückstecken zu müssen. Und bei all dem ist ein wichtiger Punkt noch gar nicht genannt: Die Autorin schildert vor allem ein sehr kompliziertes Familienverhältnis, das von Grund auf zum Scheitern verurteilt ist. Denn James Witherspoon ist ein Bigamist. Er hat zwei Frauen und mit ihnen zwei Töchter (Dana und Chaurisse) im gleichen Alter. Während Dana von der ersten Familie weiß, ist die Zweitfamilie für Chaurisse und ihre Mutter, wie auch für die Öffentlichkeit, ein großes Geheimnis.

Das Buch besteht aus zwei Teilen. Nacheinander erzählen die Mädchen von ihrer Kindheit, der Geschichte ihrer Eltern und ihrem Platz in der Welt. Während Chaurisse in einer scheinbar intakten Familie aufwächst, kämpft Danas geheime Familie, die nur an einem Tag der Woche existiert, um Anerkennung und wird sich ihrer Zweitrangigkeit immer bewusster. Doch Dana gibt sich mit ihrem Status nicht zufrieden und dringt mit Hartnäckigkeit, aber auch viel Unsicherheit, in das Leben ihrer Halbschwester ein. Die ahnt von allem nichts – bis es zum unausweichlichen Knall kommt.

So unterschiedlich die Werdegänge der Mädchen auch sind, macht die Autorin immer wieder deutlich, dass beide unter dem Verhalten ihrer Eltern zu leiden haben. Nicht nur, weil ab einem gewissen Punkt nichts mehr so ist, wie es zuvor war, sondern vor allem, weil die Eltern nicht zu verstehen scheinen, dass gerade die Kinder die Leidtragenden sind. Der Egoismus der Eltern ist von der Autorin hervorragend dargestellt, sodass sich bei mir die Nackenhaare aufstellten.

Mir sind besonders die Gespräche zwischen dem Vater und seiner jeweiligen Tochter im Gedächtnis geblieben, die verdeutlichen, wie gut oder schlecht es um das Verhältnis bestellt ist. Während Chaurisse offen und ohne Angst mit ihrem Vater reden kann und er seine Tochter liebevoll und stolz Butterblume nennt, tritt Dana ihrem Vater lange Zeit ängstlich und zögernd entgegen. In ihr tobt geradezu ein Gefühlschaos. Die macht sich klein, um bei ihrem Vater nichts falsch zu machen, um nicht zu stören oder ihn nicht respektlos zu behandeln. Andererseits möchte sie von ihm wahrgenommen und gelobt werden, sucht seine Unterstützung und fordert ihn immer wieder heraus, um überhaupt irgendeine Reaktion von ihm zu bekommen. All das beschreibt Tayari Jones eindrucksvoll, glaubhaft und mitreißend, wird dabei aber nie rührselig und mitleidig. Und das macht „Tayari Jones“ zu einem ganz besonderen Buch, das ich klar empfehlen kann. Ich bin gespannt, ob mir ihr erster Roman, „In guten wie in schlechten Tagen“, auch so gut gefallen wird.

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Veröffentlicht am 30.08.2020

Humorvoller Liebesroman mit Tiefgang

Dein Platz in meinem Herzen
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Alle Paige-Toon-Fans werden auch diesmal nicht enttäuscht. Die Charaktere hat man schon nach ein paar Seiten ins Herz geschlossen, Cornwall ist der heimliche Hauptdarsteller des Buches und es macht Lust, ...

Alle Paige-Toon-Fans werden auch diesmal nicht enttäuscht. Die Charaktere hat man schon nach ein paar Seiten ins Herz geschlossen, Cornwall ist der heimliche Hauptdarsteller des Buches und es macht Lust, die Gegend einmal selbst zu erkunden, und der Humor kommt neben der Romantik natürlich auch nicht zu kurz. Wer ein Feel-good-Buch sucht, das auch Tiefgang besitzt, liegt hiermit richtig.

Zum Inhalt: „Das Problem dabei, jemandem sein Herz zu schenken: man bekommt es nie wieder ganz zurück.“
Dennoch wächst das Herz jedes Mal, wenn man es für jemanden öffnet. Davon ist die Journalistin Bridget überzeugt. Sie reist durch die Welt und schreibt dabei einen Blog über die Männer, die ihr einmal das Herz gebrochen haben.
Da bekommt sie ein unerwartetes Angebot: Sie soll das Buch einer kürzlich verstorbenen Erfolgsautorin weiterschreiben. Kurzerhand ergreift Bridget die Chance und versucht, dem Leben von Nicole nachzuspüren. Sie reist nach Cornwall und trifft dort auf Nicoles kleine Tochter und den trauernden Ehemann. Bridget taucht in das Leben der Familie ein. Jetzt muss sie sich fragen, ob sie ihr Herz erneut verschenken will.

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