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Veröffentlicht am 01.11.2017

Farbige Lebensbilder

Himmelschlüssel
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Acht Kindheitsgeschichten aus Südtirol stellen die Autorinnen Sigrid Mahlknecht Ebner und Katharina Weiss in diesem schönen handlichen Büchlein vor. Ohne selbst einen Kommentar hinzuzufügen, lassen sie ...

Acht Kindheitsgeschichten aus Südtirol stellen die Autorinnen Sigrid Mahlknecht Ebner und Katharina Weiss in diesem schönen handlichen Büchlein vor. Ohne selbst einen Kommentar hinzuzufügen, lassen sie sieben Frauen und (stellvertretend für eine bereits verstorbene Frau) einen Mann zu Wort kommen. Lebendig und farbig spiegeln ihre Erinnerungen die politischen und wirtschaftlichen Bedingungen, die ihr Leben prägten, und immer wieder die Erwartungen, welche an die heranwachsenden Mädchen gestellt wurden.
So schlicht wie die Himmelschlüssel, die Symbole für Unschuld und Jugend, ist auch der Schreibstil der Schilderungen; das macht sie authentisch und anrührend. Ebenso trägt die frische, spontane Art, in der die Frauen der Geburtsjahrgänge zwischen 1910 und 1973 aus ihrem Leben berichten, dazu bei. Ihre Rückschau zeigt eindrucksvoll, wie sehr sich ihre Kindheit von dem Dasein heute lebender Kinder unterscheidet: schon sehr früh waren sie fest als Arbeitskräfte in Haushalt und Hof eingebunden, während Schul- und Ausbildung (zumindest für Mädchen) als zweitrangig erachtet wurden. Doch die Lebensbilder machen auch deutlich: als „schwaches Geschlecht“ sind diese Frauen jedenfalls nicht einzuordnen.
Wie auch immer die Südtiroler Frauen aufwuchsen, welcher Bevölkerungsschicht sie auch entstammen, eines ist (fast) allen gemeinsam: sie alle erinnern sich mit Freude an ihre Kindheit.

Veröffentlicht am 01.11.2017

Niemals aufgeben

Niemals
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Ein alter Feind lässt sie nicht los: noch über seinen Tod hinaus gelingt es Holm, Einfluss auf Jenny Aarons Leben zu nehmen. Während die erblindete Heldin der geheim operierenden Sondereinheit „Abteilung“ ...


Ein alter Feind lässt sie nicht los: noch über seinen Tod hinaus gelingt es Holm, Einfluss auf Jenny Aarons Leben zu nehmen. Während die erblindete Heldin der geheim operierenden Sondereinheit „Abteilung“ eine Therapie erwägt, die ihr möglicherweise das Augenlicht wiedergeben kann, erfährt sie, dass Holm ihr ein besonderes Erbe hinterlassen hat. Als Aaron sich auf den Weg nach Marrakesch macht, um dem Geheimnis um die Herkunft des Geldes auf die Spur zu kommen, beginnt eine mörderische Verfolgungsjagd…
Auch in seinem neuen Thriller bleibt Autor Andreas Pflüger seiner Schreibweise treu. Wie in seinen Vorgängerromanen „Rubikon“ und „Endgültig“ schreibt er klar, präzise und bis ins Detail durchdacht. Wie lange hat er recherchiert, um uns so eindringlich nahe zu bringen, wie sich ein Blinder orientieren kann? Der Leser, der sich gewissermaßen gemeinsam mit Aaron im Dunkel befindet, staunt immer wieder über die Disziplin und die Fähigkeiten dieser ungewöhnlichen Frau, die bereits in „Endgültig“ eine herausragende Rolle spielt. Harte Kampf- und Verfolgungsszenen wechseln mit ruhigeren, nachdenklichen Kapiteln. Sehr temporeich gestaltet sich der Ablauf. Die Leser fühlen sich mitgerissen in die lebensgefährlichen Aktionen der Protagonisten; sie fiebern und fühlen mit den - authentisch geschilderten - Charakteren. Doch Pflügers Geschichte ist mehr als nur ein actiongeladener Thriller: er berührt Themen wie Korruption und Terror, Mut und Freundschaft in einer Weise, die Anforderungen an die Intelligenz des Lesers stellt. Ebenso anspruchsvoll wie sein Inhalt präsentiert sich auch der Schreibstil des Romans.
Ein wirklich lesenswertes Buch, dessen Cover bereits auf das Thema „Blindsein“ hinweist: der Titel ist zusätzlich in Blindenschrift abgefasst. Hier wird nicht nur packende Unterhaltung geliefert, sondern auch Stoff zum Weiterdenken!

Veröffentlicht am 28.10.2017

Unterhaltsamer Einblick in Katzenleben

Der Tiger in der guten Stube
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Ein niedliches Schmusekätzchen, das unser heimisches Sofa dominiert: so kennen und lieben wir Katzen.
Abigail Tucker, selbst Katzenhalterin, erschließt dem Leser einen anderen, weitaus umfassenderen Blick ...

Ein niedliches Schmusekätzchen, das unser heimisches Sofa dominiert: so kennen und lieben wir Katzen.
Abigail Tucker, selbst Katzenhalterin, erschließt dem Leser einen anderen, weitaus umfassenderen Blick auf diese Lebewesen, die stets etwas Rätselhaftes für uns haben. Die Autorin geht der Frage nach, wie es eigentlich dazu kam, dass solch ein eigenständiges Tier zu einem der beliebtesten Haustiere unserer Zeit werden konnte, und beginnt ihre Nachforschungen in der Urzeit, in den „Katakomben“. In einem lockeren Stil präsentiert sie Fakten und (ur-)geschichtliche Hintergründe, die dem interessierten Leser zu einem besseren Verständnis von Historie und Natur der Katzen verhelfen. Sie stellt die Urmutter der heutigen Hauskatzen felis silvestris lybica (Falbkatze) vor, berichtet über Domestizierung und erzählt von modernen Zuchtversuchen. Natürlich ist auch die Ausbreitung von Hauskatzen in aller Welt und die Auswirkungen auf die Umwelt ein wichtiges Thema. Für den Laien gut verständlich erklärt Tucker Fachwissen über die Funktionsweise eines speziellen Katzenvirus´, der das Gehirn anderer Spezies´ nachhaltig beeinflussen kann.
Den leisen Humor, den die Autorin in ihren Ausführungen durchscheinen lässt, nimmt die Illustratorin Monika Steidl auf und setzt ihn mit dem Zeichenstift um; gezeichnete Stubentiger und ihre Pfotenabdrücke begleiten uns durch das ganze Buch.
Spannend und keineswegs trocken gelingt es Tucker, ein Bild unseres Katzen“wahns“ zu übermitteln: von ihrer Verehrung im alten Ägypten bis zur modernen Katzenschau, von ihrer Funktion als Mäusevertilger bis zum Internet- und Werbestar. Es gibt kein Thema, das Abigail Tucker ausspart, um zu beleuchten, „wie die Katzen erst uns und dann die Welt eroberten“. Warum so viele Menschen von Katzen fasziniert sind? Nach der Lektüre dieses Buches ist dem Leser sicherlich einiges klarer; trotzdem bleibt es um die Katze ein wenig rätselhaft…

Veröffentlicht am 20.10.2017

Am Glückspol

Die kleine Dame melodiert ganz wunderbar (4)
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Umziehen ist eine ganz schlechte Idee, finden Lilly und Karlchen. Sie lieben ihr „Nest“ im Brezelhaus, einem Haus, dessen Eingang von einer golden schimmernden Brezel gekrönt wird, und strengen sich an, ...

Umziehen ist eine ganz schlechte Idee, finden Lilly und Karlchen. Sie lieben ihr „Nest“ im Brezelhaus, einem Haus, dessen Eingang von einer golden schimmernden Brezel gekrönt wird, und strengen sich an, die Eltern davon zu überzeugen, dass ihre kleine Wohnung auch mit dem angekündigten neuen Geschwisterchen für alle groß genug sei. Gemeinsam mit ihrer besonderen Freundin, die hinter der Ligusterhecke im Hof ihren Wohnsitz hat, suchen sie nach einer Lösung. Mit ihren ungewöhnlichen Eigenschaften und ihrer Körpergröße, die der eines Pinguins entspricht, ist die kleine Dame die ideale Freundin und Ratgeberin für die Mädchen. Und tatsächlich hat sie eine melodiöse Idee, bei der Frau Schnacksel und der Hausmeister Herr Leberwurst eine Schlüsselrolle spielen…
Mit viel Fantasie und Humor erzählt Stefanie Taschinski eine wunderbar warmherzige Geschichte über die Bemühungen zweier Kinder, die mit Hilfe der findigen kleinen Dame ihr Zuhause retten wollen. Erfahren und alt an Jahren, dabei aber im Wesen jung geblieben, voller spannender, toller Einfälle und immer gut aufgelegt, ist die kleine Dame eine liebenswerte Freundin, die alle kleinen Leser bestimmt schnell ins Herz schließen. Die Autorin schreibt in sehr ansprechendem, kindgemäßem Stil und spielt kreativ-fantasievoll mit Wörtern. Besonders Fremdwörter, mit denen Grundschulkinder normalerweise Mühe haben, werden „verfremdet“ ; so unternimmt die kleine Dame mit dem Tropenhut eine Salafari mit Karlchen und Lilly und hat die Gabe zu chamäleonisieren; denn sie hat ein recht seltwürdiges Haustier. Dem fröhlichen, stets optimistischen Grundton der Geschichte entsprechen auf zauberhafte Weise Nina Dullecks farbenfrohe Illustrationen. Teils ganzseitig, teils großzügig in den Text integriert sorgen sie für zusätzliches Vergnügen bei den kleinen Betrachtern.
Mein Fazit: In der lebensfrohen, glücklichen Welt des Brezelhauses und der kleinen Dame können sich junge Leser ab 6 Jahren richtig wohlfühlen.

Veröffentlicht am 20.10.2017

Ora et labora

Harte Jahre - starke Frauen
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„Bete und arbeite“ - so lautet das Credo der fünf Frauen, aus deren Leben in diesem Buch berichtet wird. Die beiden Autorinnen geben den Bäuerinnen Josefine, Toia, Kathi, Augusta und Margareth eine ...

„Bete und arbeite“ - so lautet das Credo der fünf Frauen, aus deren Leben in diesem Buch berichtet wird. Die beiden Autorinnen geben den Bäuerinnen Josefine, Toia, Kathi, Augusta und Margareth eine Stimme; sie haben die Erzählungen gesammelt und so behutsam ins Hochdeutsche geschrieben, dass sie authentisch bleiben.
Geboren zwischen 1894 und 1943, haben die fünf Tirolerinnen politisch und wirtschaftlich schwierige Zeiten erlebt. Sie wuchsen in ärmlichen Verhältnissen auf und mussten schon als Kinder einen großen Teil der Arbeit in Haus und Hof übernehmen. Häufig wurden sie in entfernte Orte auf Bauernhöfe oder in Haushalte geschickt, um dort zu arbeiten. Der Schulbesuch war für diese schwer arbeitenden Kinder Nebensache und währte nur kurze Zeit. Auch in der Ehe erwartete die Frauen oft ein hartes Schicksal. Ihr Lebensinhalt bestand aus Pflichterfüllung - Kindergebären, arbeiten und beten. Welche Erwartungen hatten sie eigentlich an ihr Leben?
Widerspruch wagte keine der Frauen. Gesellschaft und Kirche erwarteten von ihnen strikte Unterordnung: „Wir waren zu Gehorsam erzogen worden, in jeder Lebenslage, und wir waren dafür vorgesehen, zu helfen und zu dienen“ erklärt Augusta (Jahrgang 1933). Dennoch bezeichnen sich die Frauen trotz aller Widrigkeiten und Härten in ihrem Leben als zufrieden. Was macht sie so ausgeglichen?
Auch das Foto, welches das Buchcover ziert, lässt sehr eindrucksvoll die Lebensbedingungen der weiblichen Landbevölkerung erahnen. Trotz Not und schwerer Arbeit lächelt das junge Mädchen bereitwillig in die Kamera, sie wirkt nicht bedrückt oder unglücklich.
Schlicht und dabei sehr eindrücklich lesen sich die Lebensberichte der fünf Tiroler Bäuerinnen, die stellvertretend für viele Frauen ihrer Generation und ihres gesellschaftlichen Standes von ihren Schicksalen erzählen.