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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.12.2017

Lebendig und voller Menschlichkeit

Lied der Weite
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Victoria ist siebzehn und schwanger und wird von ihrer Mutter vor die Tür gesetzt. Da überredet ihre Lehrerin Maggie die Brüder McPheron, zwei alte Viehzüchter, das Mädchen bei sich aufzunehmen. Ein erst ...

Victoria ist siebzehn und schwanger und wird von ihrer Mutter vor die Tür gesetzt. Da überredet ihre Lehrerin Maggie die Brüder McPheron, zwei alte Viehzüchter, das Mädchen bei sich aufzunehmen. Ein erst widerwilliger Akt der Güte, der das Leben von sieben Menschen in der Kleinstadt Holt in Colorado umkrempelt und verwandelt.


In diesem Roman wirft Kent Haruf wie ein stiller Beobachter den Blick auf seine Charaktere und beschreibt Gefühle und Lebensereignisse in einem einfachen Sprachstil und in seiner ruhigen Art, aber dafür mit treffender Tiefe. Mich hat die Geschichte mitgenommen in die Kleinstadt mit ihrer rauen Wirklichkeit der Bewohner und die menschlichen Schicksalen haben mich sehr ergriffen.


Haruf zeigt wie die junge, schwangere Victoria von ihrer Mutter vor die Tür gesetzt wird und bei den alten McPheron Brüdern aufgenommen wird. Anfangs gibt es noch gegenseitigen Argwohn, aber schon bald wandelt sich das in gegenseitige Fürsorge. Victoria ist den alten Viehzüchtern für ihre Liebenswürdigkeit dankbar ist und erkennt sie als ihre neue Familie an. Gleichzeitig bringt sie den alten McPheron Brüdern Leben und Hoffnung ins Haus. Es ist eine Win-win-Situation, denn sie helfen sich gegenseitig und überwinden gemeinsam ihre einzelnen Sorgen und Ängste und auch die anklagenden Vorurteile der Kleinstadtbewohner.

Ebenso schwierig ist die Kindheit der Brüder Ike und Bobby Guthrie, die allein mit Ihrem Vater auf einer Farm leben und von ihrer Mutter verlassen wurden. Auch hier gefallen mir die wunderbar anrührend ausgearbeiteten Charaktere und man kann sie einfach nur gern haben.



Diese anrührende, menschliche Betrachtung passt wunderbar zu dem ruhigen Erzählton. Haruf gelingen damit tiefe Einblicke in menschliche Schicksale ohne anklagend zu werden.



Ich mag die Bücher von Kent Haruf und bin immer wieder fasziniert von seiner Erzählweise. Er vermag es, den Charakteren sehr nahe zu kommen und ihnen in seinen Büchern Leben einzuhauchen. Leider ist der Autor inzwischen verstorben, aber vielleicht gibt es noch unveröffentlichte Bücher, die neu verlegt werden. Ich hoffe es zumindest!

Veröffentlicht am 10.12.2017

Gut unterhaltende Familienkomödie

Ziemlich unverbesserlich
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Diese Geschichte ist wunderbar zu lesen, sehr lebensnah geschrieben und hält inhaltlich einige Überraschungen bereit. Es ist ein Roman, der den Leser sofort in die Handlung versetzt und bei dem man die ...

Diese Geschichte ist wunderbar zu lesen, sehr lebensnah geschrieben und hält inhaltlich einige Überraschungen bereit. Es ist ein Roman, der den Leser sofort in die Handlung versetzt und bei dem man die Charaktere sofort ins Herz schliesst.

Ich habe gelacht, gebangt und mich gefreut, auch emotional ist man mit diesem Roman schnell verwachsen.

Was mir besonders gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass hier ein reales Lebensgefühl erzeugt wird, nichts wirkt gekünstelt oder konstruiert. Die Probleme mit den Kindern, der Spagat zwischen Arbeit und Familie und die Schwiegermutter, die an das Gute im Menschen glaubt. Halt genau wie im echten Leben.

Auch die juristischen Einschübe, die Frau Scheunemann als promovierte Juristin gern einpflegt, sorgen für Authenzität und interessante Hintergründe, die dem Roman die nötige Tiefe verleihen und nicht ins Klischeehafte abgleiten lassen. So spielt das wahre Leben und so etwas möchte man auch lesen.

Diese Familienkomödie ist die bunte Mischung aus normalem Alltagswahnsinn, Aufdeckung eines Drogenhandels und einer sympathischen Familie mit der Hoffnung auf eine neue große Liebe machen diesen Roman zu einer wunderbar fesselnden Lektüre.


Herrlich lockere Unterhaltung ist hier garantiert und wenn man die Charaktere erst einmal lieb gewonnen hat, ist das Interesse am Nachfolgeband geweckt. Volle Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 10.12.2017

Dieser regionale Kultkrimi aus der Provinz ist wieder TOP!

Grießnockerlaffäre
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"Und schon haben sich die zwei am Krawattl. Ich persönlich lehn mich erst mal zurück und schau mir das ein Weilchen an. Vier Fäuste für ein Halleluja - Schwangerschaftsgymnastik dagegen. Wie aber mein ...

"Und schon haben sich die zwei am Krawattl. Ich persönlich lehn mich erst mal zurück und schau mir das ein Weilchen an. Vier Fäuste für ein Halleluja - Schwangerschaftsgymnastik dagegen. Wie aber mein Bierglas ins Wanken gerät, muss ich mich einmischen." Zitat Seite 152


Genau so ist er, der Eberhofer! Der ist so was von unangenehm, dass er schon wieder sympathisch ist.
Und Franz wäre nicht Franz, wenn nicht sein Jargon vor bayrischen Kraftausdrücken nur so strotzen würde. So gibt es seiner Meinung nach auch wieder jede Menge Volldeppen, Kampfweiber, Verwaltungsschnepfen und lebende Fleischpfanzerl in seiner nächsten Umgebung. Wer hier noch auf Wortsuche ist, findet sicher noch einige Beleidigungen mehr.
So kennen wir den Franz, er ist halt, wie er ist! Auch wenn er inzwischen vom Dorfpolizisten zum Kommissar aufgestiegen ist, ändert das ja nichts an seinem Naturell und man muss ihn trotz all seiner Unarten dennoch mögen.


Dieses Mal gerät Franz selbst in Verdacht, seinen verhassten Kollegen Barschl gelyncht zu haben. Bei der Befragung der Witwe, die früher Prostituierte war, erliegt Franz seinen niederen Trieben.
Überhaupt gibt es jede Menge Affären in diesem Buch.

Rita Falk hat mich mal wieder zum Lachen gebracht. Ich bin ausgesprochener Fan der Familie Eberhofer und habe daher gern verfolgt, was sich hier so alles abspielt. Speziell die Oma und die kleine "Sushi" haben es mir besonders angetan.

Die Kriminalfälle sind nun wirklich nicht die schwierigsten und auch eher vorhersehbar. Aber die Art und Weise der Aufklärung, bei der Franz Freund Rudi Birkenberger mal wieder einen großen Anteil hat, überrascht mich immer wieder aufs Neue.
Bei dieser Reihe tragen die speziellen Charaktere zur guten Unterhaltung bei. Einfache Gemüter mit bayrischem Sturschädel machen diese Krimireihe so kurzweilig und amüsant.


Ein Glossar und einige Rezepte aus Oma Lenis Kochbuch ergänzen das Buch. Denn das Essen kommt auch dieses Mal in Niederkaltenkirchen nicht zu kurz. Frei nach der Devise vom Franz: Erst essen, dann ermitteln! Na denn: Mahlzeit!

Veröffentlicht am 10.12.2017

00-Klufti agiert mit viel Spannung, aber in seiner gewohnten Art! Lachsalven sind vorprogrammiert!

Laienspiel
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In Kluftingers Einsatzgebiet hat sich ein unbekannter Mann auf der Flucht vor der österreichischen Polizei erschossen. Er wurde verdächtigt, einen terroristischen Anschlag an noch unbekannter Stelle zu ...

In Kluftingers Einsatzgebiet hat sich ein unbekannter Mann auf der Flucht vor der österreichischen Polizei erschossen. Er wurde verdächtigt, einen terroristischen Anschlag an noch unbekannter Stelle zu planen. Kluftinger muss sein gewohntes Arbeitsumfeld verlassen und mit Kollegen aus Österreich und dem BKA zusammenarbeiten. Privat soll er mit dem Ehepaar Langhammer und seiner Frau Erika an einem Tanzkurs teilnehmen, obwohl er wegen der Generalproben für die Freilichtinszenierung von "Wilhelm Tell" gar keine Zeit hat.
Gelingt es der Ermittlungstruppe, die zwei geplanten Bombenanschläge zu verhindern?

Dieser Krimi hat mich wieder restlos begeistert. Sowohl der Plot mit spannenden Situationen um das aktuelle Thema der Terrorbekämpfung, als auch die humoristisch wirkenden Aktivitäten des schrulligen Kommissars bringen frischen Wind in die Krimilandschaft und sorgen für Lachanfälle.

Kluftinger wird von seinem Chef Lodenbacher vom eigentlichen Tagesgeschäft freigestellt, denn die internationale Terrorszene erreicht das eher beschauliche Allgäu. Klufti wird einer Task Force zugeteilt und arbeitet mit dem BKA zusammen. Das ist gar nicht Kluftis Fachgebiet, er ist absoluter Laie in der Terrorbekämpfung. Doch als Einheimischer verfügt er über die nötige Ortskenntnis und da der Countdown der Bombendrohung läuft, fügt er sich in das Vermeintliche.
Es ist dem Autorenteam gelungen, die Hintergründe für islamistisch geprägte Anschläge sowie die Beweggründe der Ausführenden näher zu erläutern. Dieses brisante Thema wird auch durch einige gewagte Actionszenen spannend ausgearbeitet.

Doch die Krone wird diesem Krimi durch die unvergleichliche Art von Kluftinger aufgesetzt. Sein Handeln und seine einzigartige Schrulligkeit sind wieder unvergleichlich lustig.
Natürlich spielt Kluftis Privatleben auch gerade verrückt. Einerseits wirkt er als Laienschauspieler bei einer Wilhelm Tell Inszenierung im Altusrieder Freilichttheater mit, gleichzeitig soll er mit Erika und den Langhammers aber auch noch einen Tanzkurs absolvieren. Das passt ihm natürlich gar nicht und er benötigt dazu erst einmal die passenden Schuhe. Schon die Kaufszene rechtfertigt den Kauf des Buches! Ich habe Tränen gelacht, wie dieser Mann zwar beruflich mit einer schwierigen Terrorgeschichte befasst ist, aber nicht mal allein Schuhe kaufen kann. Doch das ist typisch für Klufti und genau so mag ich ihn.
Wenn ich schon mal den Humor anspreche, kann ich auch gleich einige andere Szenen aufzählen, die bei mir Lachsalven hervorgerufen haben. Da gibt es natürlich die Tanzszenen, bei denen mal wieder Dr. Langhammer brilliert, dann die Aktion mit dem neuen Gasgrill und nicht zu vergessen, Kluftis Besuch im Internetcafe, zwecks Observierung eines Verdächtigen. Seine dilletantischen Versuche am PC bringen ihn nicht nur auf Pornoseiten, sondern sogar in Verdacht.

Den Autoren dieses Krimis ist ein richtig guter Spagat zwischen fesselnder Krimihandlung und jeder Menge Humor dank Kluftis eigenwilligen Ermittlungsmethoden bzw. seinem schrulligen Privatleben gelungen.

Einen James Bond mit Haferlschuhen und Kniebundhosen gibt es nur einmal. A.I. Kluftinger als 00-Klufti!

Der Krimi lässt mich begeistert zurück. Auch dieses Mal ist den Autoren ein sensationelles Buch gelungen und sie haben das deutsche Pendant zu James Bond geschaffen: 00-Kluftinger.

Veröffentlicht am 09.12.2017

Faszinierend erzähltes Buch vom isländischen Leben vor 100 Jahren

Die Eismalerin
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Von Baldursdóttir habe ich bereits "Kühl graut der Morgen" und "Sterneneis" gelesen und war gefangen genommen von ihrer wunderbaren Sprache und der einzigartigen isländischen Landschaft.

Dieser Roman ...

Von Baldursdóttir habe ich bereits "Kühl graut der Morgen" und "Sterneneis" gelesen und war gefangen genommen von ihrer wunderbaren Sprache und der einzigartigen isländischen Landschaft.

Dieser Roman ist durch den historischen Hintergrund besondersauthentisch und schön zu lesen. Man taucht durch die realitätsnahen Beschreibungen direkt in die Handlung ein und erlebt das harte isländische Leben dieser Zeit direkt mit.

Steinnun und ihre sechs Kinder leben nahe am stürmischen Meer in
einfachsten Verhältnissen und ihr Lebensalltag ist geprägt von harter Arbeit in der Heringsfabrik und so alltäglichen Arbeiten wie Wäsche waschen, Gemüse anbauen und für den Wintervorrathaltbar machen. Im
Mittelpunkt der Geschichte steht die künstlerisch talentierte Karitas.
Ihr Leben wird sehr eindruchsvoll gezeichnet und auch wenn in diese ärmliche Welt augenscheinlich kein Künstlerleben passt, so verliert Karitas ihren Lebenstraum nie aus den Augen, auch wenn sie sich den äußeren Umständen beugt und zunächst darauf verzichtet, ihr Leben als Malerin zu führen. Nach ihrem Studium in Kopenhagen lernt sie Sigmar kennen und lieben. Sie bekommen ein Kind und ziehen in ein einfaches Torfhaus in der Einöde Islands am Fusse eines Gletschers. Die Männer verschwinden immer lange Zeit zum Fischfang, die Frauensolidarität ist hier besonders wichtig. Karitas erleidet einen Zusammenbruch, ist völlig entkräftet und kommt bei Audur, einer kinderreichen Frau ohne Mann unter und lebt mit ihr unter einem Dach. Sie ist die neue Familie und auch Karitas Kinder kommen hier zur Welt.

Audur sticht besonders mit ihren klugen Lebensweisheiten heraus und ersetzt Karitas die Mutter und den Lebensgefährten. Sie gibt ihr
letztendlich den Mut, zu ihrer Selbstverwirklichung zu stehen.

Die Autorin erzählt so wunderbar, man findet sich inmitten der Szenerie wieder und erlebt die Sonnenaufgänge, die dunklen Wintertage und langen Sommertage authentisch mit. Aber man sieht auch die harten Lebensumstände der Menschen zu dieser Zeit, die teilweise ohne Strom und Wasserleitung leben. Vorherrschend ist hier derFischfang, aber auch die brutal wirkende Robben- und Raubmöwenjagd bringt den Menschen ihre Nahrungsgrundlage. Aber auch interessante Einblicke in die isländische Sagen- und Glaubenswelt machen den Roman zu einer atmosphärischen Lektüre.

Mit diesem Roman taucht man tief ein in die isländische Welt vor 100 Jahren. Man erlebt starke Frauenschicksale und eine große Liebe vor der landschaftlich wunderschön geschilderten Kulisse Islands. Ein einzigartiger Roman!