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Veröffentlicht am 24.01.2023

Ein packender Thriller mit Sorgwirkung

Fake – Wer soll dir jetzt noch glauben?
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Inhalt: Eigentlich wollte Patrick Dostert mit seiner Frau Julia den freien Tag genießen. Doch gerade als er das Frühstück vorbereitet, klopft die Kriminalpolizei bei ihm an die Tür. Er wird beschuldigt, ...

Inhalt: Eigentlich wollte Patrick Dostert mit seiner Frau Julia den freien Tag genießen. Doch gerade als er das Frühstück vorbereitet, klopft die Kriminalpolizei bei ihm an die Tür. Er wird beschuldigt, für das Verschwinden einer Frau – deren Namen er noch nie gehört hat – verantwortlich zu sein. Ein schlechter Scherz, wie Patrick denkt. Doch nach und nach kommen immer neue belastende Beweise ans Licht, die eindeutig für die Schuld Patricks sprechen…

Persönliche Meinung: „Fake“ ist ein Psychothriller von Arno Strobel. Der Thriller teilt sich – grob gesagt – in zwei Teile ein. Im Folgenden gehe ich nur auf ersten Teil ein, da ein näheres Besprechen des zweiten Teils zu sehr das Ende des Thrillers spoilern würde. Interessant an dem Thriller sind seine Erzählperspektiven: Der Erzähler des Romans ist Patrick Dostert selbst, der seine Geschichte mit einem Laptop in der Untersuchungshaft niederschreibt (keine Sorge, das ist kein Spoiler. Dass Patrick wegen der Verdächtigungen in Untersuchungshaft sitzt, erklärt er unmittelbar zu Beginn der Handlung). Da ihm seine Geschichte wie ein Thriller vorkommt, spricht er während der Handlung hauptsächlich in dritter Person von sich, nutzt also die personale Perspektive. Hier wird in eindrücklicher Weise und fesselnd beschrieben, wie Patrick immer weiter in einen Mahlstrom gerät, aus dem es (fast) kein Entkommen gibt: Zwar kann er seine Unschuld glaubhaft erklären, doch findet die Polizei beständig weitere belastende Indizien, sodass man als Lesender nicht sicher sein kann, wem man glauben darf. Diese Handlung, in der Patrick von seinem Weg in die U-Haft erzählt, wird zwischendurch unterbrochen. In diesen Unterbrechungen tritt Patrick als Ich-Erzähler in Erscheinung, reflektiert die Zeit der Verdächtigung und berichtet von den gegenwärtigen Erlebnissen in der U-Haft. Dies alles wird in einer packenden wie anschaulichen Art und Weise erzählt, was „Fake“ insgesamt zu einem echten Pageturner macht (Als ich mit „Fake“ begann, wollte ich eigentlich nur mal eben reinlesen, bin dann aber hängengeblieben und habe es innerhalb eines Tages beendet). Mein einziger Kritikpunkt an „Fake“ ist sein Ende: Es ist zwar überraschend, aber für meinen Geschmack etwas zu konventionell (aber das ist wirklich nur ein kleiner Kritikpunkt. Ansonsten hat mich „Fake“ restlos in seinen Bann gezogen). Insgesamt ist „Fake“ ein fesselnder und spannender Psychothriller, der während des Lesens eine Sogwirkung erzeugt.

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Veröffentlicht am 24.01.2023

Ein schöner Roman über das Erwachsenwerden, die Musik und die Freundschaft

Alive!
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Inhalt: Anfang der 90er Jahre, irgendwo in der südbadischen Provinz. Ritchie hat gerade sein Abi gemacht, ist jetzt im Zivildienst, weiß aber noch nicht genau, wie es danach weitergehen soll. In seiner ...

Inhalt: Anfang der 90er Jahre, irgendwo in der südbadischen Provinz. Ritchie hat gerade sein Abi gemacht, ist jetzt im Zivildienst, weiß aber noch nicht genau, wie es danach weitergehen soll. In seiner Freizeit investiert er jede Minute in seine größte Leidenschaft: die Musik. So tingelt er mit einer Hard-Rock-Coverband, in der er gemeinsam mit ein paar Freunden spielt, von Dorffest zu Dorffest. Als Ritchie sich nach einiger Zeit doch zu einem Studium in Freiburg aufraffen kann, hört er zum ersten Mal den Grunge, eine neue Musikrichtung, mit der ein ungeahntes Lebensgefühl einhergeht – eine Entdeckung, die nicht folgenlos für die Coverband sein wird.

Persönliche Meinung: „Alive!“ ist ein Coming of Age-Roman von Marc Hofmann. Erzählt wird der Roman aus der Ich-Perspektive von Ritchie, der mit allerlei Problemen des Erwachsenwerdens konfrontiert ist: Seine Eltern nehmen ihn nicht wirklich ernst, er weiß nicht, wohin mit seinen Gefühlen, seit Beginn des Studiums kriseln seine alten Freundschaften und auf die Frage, was er wirklich in der Zukunft machen möchte, hat er noch keine Antwort. Verstärkt werden diese Problemlagen durch seinen Umzug nach Freiburg: Vor dem Hintergrund des neuen Lebensgefühls, das er in der Stadt kennenlernt, erscheint ihm seine Heimat immer mehr als verkrustet und vorgestrig. Alle diese Konflikte werden innerhalb der Handlung glaubhaft, realitätsnah und lebendig geschildert. Neben dem Coming of Age nimmt die Musik eine große Rolle in „Alive!“ ein: Gemeinsam mit Ritchie spielen wir auf (mal mehr, mal weniger) erfolgreichen Konzerten, entdecken Pearl Jam und Nirvana, erleben die Querelen innerhalb einer Band, komponieren Riffs und schreiben Songs und lernen nicht zuletzt die Fallstricke der Musikindustrie kennen. Erzählt wird dies authentisch und mit einer rauschhaften Intensität. Generell ist „Alive!“ sehr eingängig und lässt sich flüssig lesen – besonders, weil es immer mit einer Prise Humor gewürzt ist. Insgesamt ist „Alive!“ ein Roman, an dem sowohl Coming of Age-Fans als auch Musikliebhaber ihre Freude haben werden.

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Veröffentlicht am 23.01.2023

Ein informativer Klimathriller

Total Reset
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Inhalt: 2036. Der Welt droht der vollkommene Klimakollaps. Einzig Geo-Engineering, also das geplante technische Eingreifen in die klimatischen Prozesse der Erde, scheint noch erfolgversprechend zu sein. ...

Inhalt: 2036. Der Welt droht der vollkommene Klimakollaps. Einzig Geo-Engineering, also das geplante technische Eingreifen in die klimatischen Prozesse der Erde, scheint noch erfolgversprechend zu sein. Doch das Geo-Engineering ist umstritten – nicht nur in Bezug auf dessen Reichweite, Vorteile und Nachteile: Es entwickelt sich zu einem Politikum, das über die Vormacht im Staatensystem der Welt entscheidet. Eher zufällig erfahren die amerikanische Wissenschaftlerin Grace Anderson und der BND-Agent Luca Barbieri, dass sowohl die USA als auch Russland klimatische Eingriffe durchführen wollen – und zwar nahezu zeitgleich, was verheerende Folgen für das Weltklima hätte. Wird es den beiden gelingen, die Eingriffe zu stoppen, ehe es zu spät ist?

Persönliche Meinung: „Total Reset“ ist ein Klima-/Wissenschaftsthriller von Kerstin Doerenbruch. Im Mittelpunkt des Romans steht das Geo-Engineering, das aus verschiedenen Blickwinkeln auf informative Weise beleuchtet wird. So werden einerseits aus einer wissenschaftlichen Perspektive Chancen und Risiken der technischen Eingriffe in das Klimasystem diskutiert (auf einer globalen wie lokalen Ebene). Andererseits spielt auch das Ausnutzen des Geo-Engineerings von politischer Seite eine Rolle: So wird es in „Total Reset“ als Vehikel für politische Machtkämpfe genutzt – was nachteilige Konsequenzen mit sich führen kann. Erzählt wird „Total Reset“ aus verschiedenen (personalen) Perspektiven, sodass man unterschiedliche Sichtweisen zu dem Thema „Geo-Engineering“ kennenlernt. Die Hauptperspektiven bilden dabei Grace und Luca, die versuchen, die nahezu zeitgleichen klimatischen Eingriffe der USA und Russlands zu verhindern. Vor diesem Hintergrund erhält die Handlung von „Total Reset“ Elemente eines Polit-/Agententhrillers, die sich besonders in dem Erzählstrang von Luca finden. In einem Subplot spielt zudem eine Liebesgeschichte eine Rolle. Die Handlung von „Total Reset“ entwickelt sich behutsam; man erhält genug Zeit, das Thema „Geo-Engineering“ kennenzulernen. Spannung kommt im Laufe der Handlung besonders durch die Agententhriller-Elemente auf. Das Ende des Romans ist überraschend, wurde für mich allerdings etwas zu rasch erzählt. Der Schreibstil von Kerstin Doerenbruch lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „Total Reset“ ein informativer Klimathriller mit einer spannenden Agententhriller-Handlung.

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Veröffentlicht am 21.01.2023

Historischer Roman und literarischer Adventskalender zugleich

Vierundzwanzig Türen
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Inhalt: Weihnachten hat im Haus des Erzählers Einzug gehalten. Und zwar in Form eines Adventskalenders, der so ganz anders ist als gewohnt. Nicht Schokolade verbirgt sich hinter jedem Türchen, sondern ...

Inhalt: Weihnachten hat im Haus des Erzählers Einzug gehalten. Und zwar in Form eines Adventskalenders, der so ganz anders ist als gewohnt. Nicht Schokolade verbirgt sich hinter jedem Türchen, sondern ein – auf den ersten Blick nichtssagendes – Bild. Doch je näher der 24. Dezember kommt, desto deutlicher wird: Der Adventskalender erzählt eine ganz eigene Geschichte.

Persönliche Meinung: „Vierundzwanzig Türen“ ist ein literarischer Adventskalender von Klaus Modick.
Erzählt wird der Roman in zwei Handlungssträngen. In der Gegenwart, die gegen Ende der 1990er-Jahre spielt, steht die Vorweihnachtszeit im Hause des Ich-Erzählers im Fokus. So werden hier familiäre Weihnachtstraditionen, Vorbereitungen auf das Fest, aber auch Dispute innerhalb der Familie thematisiert. Denn: Der Erzähler verliert immer mehr den Draht zu seinen beiden jugendlichen Töchtern und kann sich nicht recht damit abfinden, dass sie bald erwachsen sind. Auch ihre „neumodischen“ Wünsche stoßen bei ihm auf Ablehnung (Da der Roman ursprünglich im Jahr 2000 erschien, ist er mit all seinen Dingen aus den 1990er-Jahren eine schöne Zeitkapsel für dieses Jahrzehnt). Der zweite Handlungsstrang wird durch die Bilder des Adventskalenders erzählt: Von einer personalen Instanz wird hier von einem Kriminalfall berichtet, der sich in der Nachkriegszeit zugetragen hat – und der ganz anders endet, als man vermutet. Die Entbehrungen und Schwierigkeiten der Nachkriegszeit werden in diesem Handlungsstrang detailliert beschrieben, sodass „Vierundzwanzig Türen“ auch Züge eines (zeit)historischen Romans erhält. Die beiden sich abwechselnden Erzählstränge verschränken sich in der Perspektive des Ich-Erzählers: Immer wieder wird der Ich-Erzähler durch die Bilder des Adventskalenders an seine eigene Jugend in der Nachkriegszeit erinnert, weshalb er über diese nachdenklich monologisiert und sie in Bezug zu der Kindheit seiner Töchter setzt. Oftmals schweift der Erzähler dabei auch in philosophische und entwicklungstheoretische Überlegungen ab. Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen, besitzt aber einen literarischen Anspruch, der sich in Wortwahl und Satzbau zeigt. Insgesamt ist „Vierundzwanzig Türen“ ein unaufgeregt erzählter Roman, der einerseits weihnachtliche Stimmung aufkommen lässt, andererseits eine Reise in die Nachkriegszeit sowie in die 90er-Jahre ist.

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Veröffentlicht am 21.01.2023

Eine schaurige und humorvolle Fantasylektüre

Wilde Reise durch die Nacht
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Inhalt: Unversehens findet sich der 12-jährige Gustave in einer gefährlichen Situation wieder: Er ist der Kapitän eines Schiffes, der „Aventure“, die von einem Siamesischen Zwillingstornado angezogen wird. ...

Inhalt: Unversehens findet sich der 12-jährige Gustave in einer gefährlichen Situation wieder: Er ist der Kapitän eines Schiffes, der „Aventure“, die von einem Siamesischen Zwillingstornado angezogen wird. Dies kann nur mit dem Tod enden – was es auch tut. Denn plötzlich steht der Tod vor Gustave, der mit seiner Schwester Dementia um Gustaves Seele würfelt. Der Tod gewinnt, doch durch einen Einwurf der Dementia erfährt Gustave, dass es noch eine Möglichkeit gibt, dem Tod zu entrinnen: Er muss die sechs Aufgaben des Todes bewältigen – und zwar in einer Nacht. Ein wilder Ritt beginnt.

Persönliche Meinung: „Wilde Reise durch die Nacht“ ist ein Fantasyroman von Walter Moers. Anders als man vielleicht beim Namen „Walter Moers“ vermutet, handelt es sich nicht um einen Zamonien-Roman. Das Konzept von „Wilde Reise durch die Nacht“ ist aber nicht minder interessant. Der Protagonist des Romans, der 12-jährige Gustave, ist jener Gustave Doré, der später zahllose Werke der Weltliteratur illustrieren wird. Einige dieser Illustrationen, die unheimlich detailliert und schaurig gestaltet sind, finden sich auch in „Wilde Reise durch die Nacht“ abgedruckt Denn: Walter Moers wählte 21 Illustrationen aus dem umfangreichen Œuvre Dorés aus und bildete mit ihnen das Grundgerüst der Handlung. Anders formuliert: Die Illustrationen werden aus ihrem ursprünglichen Kontext entnommen und in einen neuen Zusammenhang gefügt. Auf diese Weise erschafft Moers eine abwechslungsreiche Handlung, die zudem an Gothic Novels des 19. Jahrhunderts erinnert. In „Wilde Reise durch die Nacht“ spielt der Humor allerdings eine größere Rolle als in den klassischen Gothic Novels: Neben dem Moers-eigenen Wortwitz handeln die z. T. skurrilen Figuren auch mal unkonventionell, wodurch die Handlung insgesamt an Unvorhersehbarkeit gewinnt. Der Erzählstil von Walter Moers ist gewohnt detailliert, sodass zügig ein schönes Kopfkino entsteht. Ergänzt wird die Romanhandlung durch einen Essay von Walter Moers, der die Entstehungsgeschichte von „Wilde Reise durch die Nacht“ skizziert und in Leben und Werk von Gustave Doré einführt. Insgesamt ist „Wilde Reise durch die Nacht“ eine fesselnde und schaurige Fantasylektüre, die auch mal unkonventionelle Wege geht.

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