Profilbild von stefan182

stefan182

Lesejury Star
offline

stefan182 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit stefan182 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.01.2023

Vier pointiert erzählte Short Stories, deren Lektüre sich nicht nur zu Weihnachten lohnt

Das Geschenk der Weisen und andere Weihnachtserzählungen
0

„Das Geschenk der Weisen und andere Weihnachtserzählungen“ versammelt vier weihnachtliche Kurzgeschichten des amerikanischen Autors William Sydney Porter (Künstlername O. Henry). Den Beginn macht die titelgebende ...

„Das Geschenk der Weisen und andere Weihnachtserzählungen“ versammelt vier weihnachtliche Kurzgeschichten des amerikanischen Autors William Sydney Porter (Künstlername O. Henry). Den Beginn macht die titelgebende Geschichte „Das Geschenk der Weisen“, in der Della ein Geschenk für ihren Mann Jim sucht – und dabei ihren wertvollsten Besitz opfert. Ohne zu viel spoilern zu wollen: Diese Geschichte besitzt eine schöne und sehr tiefgehende Botschaft. Es folgt „Der Cop und der Choral“, in der wir den Obdachlosen Soapy begleiten, der – um im Winter ein Dach über den Kopf zu haben – versucht, mit kleinkriminellen Aktionen ins Gefängnis zu kommen – was anders verläuft, als er es sich vorstellt. In „Weihnachten in Yellowhammer“ möchte der Stadtvater des Ortes den Weihnachtsmann spielen und die Kinder beschenken. Das Problem dabei: In Yellowhammer gibt es keine Kinder, sodass sich die Bewohner des Ortes anderweitig behelfen müssen. Die letzte Kurzgeschichte, „Ein Weihnachtsgeschenk von Frio Kid“, handelt von einem Outlaw, der – als Weihnachtsmann verkleidet – ein besonderes Geschenk zu seinem Erzfeind bringt. Der Band schließt mit einer kurzen Ausführung zum Leben von William Sydney Porter. Die im Short Story-Band versammelten Geschichten sind allesamt on point erzählt: Ihre Handlung wird in einem schönen Tempo aufgebaut und ihre genaue Richtung wird vergleichsweise lange offengehalten – bis sie pointiert, mit einem überraschenden Twist, enden. Inhaltlich sind die Geschichten mal humorvoll und ironisch, mal gefühlvoll und tragisch. Insgesamt ist „Das Geschenk der Weisen und andere Weihnachtserzählungen“ eine Sammlung pointiert erzählter Short Stories, deren Lektüre sich nicht nur zu Weihnachten lohnt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.01.2023

Ein spannender und wendungsreicher Krimi

Die letzte Party
0

Inhalt: Das traditionelle Neujahrsschwimmen im walisischen Cwm Coed wird durch einen Todesfall überschattet: Im See Llyn Drych treibt die Leiche des bekannten Sängers Rhys Lloyd. Da die Leiche vom anderen ...

Inhalt: Das traditionelle Neujahrsschwimmen im walisischen Cwm Coed wird durch einen Todesfall überschattet: Im See Llyn Drych treibt die Leiche des bekannten Sängers Rhys Lloyd. Da die Leiche vom anderen – englischen – Ufer des Sees stammt, bekommt die walisische Polizistin Ffion Morgan mit Leo Brady einen englischen Kollegen zur Seite gestellt. Schnell stellt sich heraus: Lloyd hat es sich in der Vergangenheit mit vielen Leuten mehr als verscherzt; fast jede*r im Dorf hat ein Motiv für die Tat und die Zahl der potentiellen Verdächtigen ist hoch. Erschwerend kommt hinzu, dass Ffion fast ihr Leben lang in Cwm Coed gelebt hat, wodurch ihr manchmal die nötige Distanz zum Fall fehlt…

Persönliche Meinung: „Die letzte Party“ ist ein Kriminalroman von Clare Mackintosh. Die Handlung des Krimis spielt am fiktiven walisischen See Llyn Drych, durch den sich die walisisch-englische Grenze zieht. Während sich auf walisischer Seite bereits seit unzähligen Jahren das Dorf Cwm Coed befindet, war auf englischer Seite nur Wald – bis dort vor Kurzem auf Betreiben von Rhys Lloyd „The Shore“ gebaut wurde, ein luxuriöses Feriendomizil, das den Bewohnern von Cwm Coed ein Dorn im Auge ist. Die Spannungen zwischen Cwm Coed und The Shore sind schön ausgestaltet und sorgen – zusätzlich zum Mordfall – für Konfliktpotential innerhalb der Handlung. Erzählt wird der Krimi aus einer Vielzahl von (personalen) Sichtweisen: Neben den Hauptperspektiven der beiden Ermittelnden Ffion und Leo werden immer wieder die Perspektiven verschiedener Dorfbewohner/Bewohner von The Shore eingenommen. So schlüpft man u.a. in die Perspektiven von Rhys, seiner Frau Yasmin, seinem Geschäftspartner Jonty, der Postbotin Ceri, dem lokalen Bootsverleiher Steffan, Seren (der Schwester von Ffion) und Mia (einer Freundin von Ffion). Aber keine Sorge. Trotz der Vielzahl der Perspektiven verliert man nicht den Überblick: Jeder Perspektivwechsel wird deutlich markiert. Außerdem werden die Perspektivwechsel in „Die letzte Party“ sehr stimmig eingesetzt. Oftmals erlebt man während der Lektüre eine Szene doppelt – aus zwei unterschiedlichen Perspektiven –, sodass Dinge, die (scheinbar) eindeutig waren, plötzlich wieder hinterfragt werden müssen. Die Handlung wird auf drei Zeitebenen erzählt. Den Haupthandlungsstrang bilden die Ermittlungen von Leo und Ffion. Ein zweiter Handlungsstrang spielt an Silvester – auf der titelgebenden letzten Party, die Rhys nicht überleben wird. Der dritte Handlungsstrang erzählt die Anfänge von The Shore und liefert hintergründige Konfliktpunkte. Sukzessiv lernt man auf den unterschiedlichen Zeitebenen die verschiedenen Figuren (besser) kennen, sodass sich, je weiter die Lektüre voranschreitet, mehr und mehr ein Gesamtbild von Cwm Coed und The Shore ergibt. Die Spannungskurve des Krimis ist hoch, was besonders daran liegt, dass jede der handelnden Figuren ein Geheimnis mit sich trägt; jede Figur ist auf eine eigene Art undurchsichtig, wodurch es zu einigen unerwarteten Wendungen kommt. Dementsprechend knifflig und offen ist auch die Frage nach der Täterfigur. Diese Frage wird in „Die letzte Party“ mit einem überraschenden, kaum zu erahnenden Twist beantwortet. Der Schreibstil von Clare Mackintosh ist anschaulich und lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „Die letzte Party“ ein spannender und wendungsreicher Kriminalroman mit vielen undurchsichtigen Figuren und einem überraschenden Ende.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.12.2022

Eindrücklich, emotionsgeladen und nachhallend

Liebe in Zeiten der Follower
0

„Liebe in Zeiten der Follower“ ist ein Gedichtband von Max Richard Leßmann, der rund 150 Gedichte versammelt. Leßmann hat in den vergangenen vier Jahren täglich ein Gedicht auf Instagram gepostet; in „Liebe ...

„Liebe in Zeiten der Follower“ ist ein Gedichtband von Max Richard Leßmann, der rund 150 Gedichte versammelt. Leßmann hat in den vergangenen vier Jahren täglich ein Gedicht auf Instagram gepostet; in „Liebe in Zeiten der Follower“ finden sich seine liebsten Gedichte – quasi ein best of. In diesen Gedichten, die mal kürzer, mal länger sind, gelingt Leßmann etwas Besonderes: Er verpackt große Emotionen in konziser Weise eindrücklich. Inhaltlich drehen sich die Gedichte um das Erwachsenwerden, das Verschwinden von Personen aus dem eigenen Leben, Versagensängste, Gedankenkarusselle, Introspektionen des Selbst und nicht zuletzt: die Liebe. In die Gedichte eingeflochten finden sich außerdem immer auch kluge Gedanken, Überlegungen und Beobachtungen über das Leben. Besonders das Thema „Liebe“ nimmt einen großen Raum im Gedichtband ein. Der Liebe wird dabei in all ihren Facetten nachgespürt – als Seelenverwandtschaft, Geborgenheit und Begehren, zugleich aber auch als unerfüllt und schmerzhaft. Je nach Thema differiert der Ton des jeweiligen Gedichts: So sprühen einige Gedichte vor Zuversicht und Hoffnung; andere sind eher sehnsüchtig und melancholisch. Die Aufmachung des Gedichtbandes ist hochwertig: ein kompaktes Hardcover, in dem jede Seite andersfarbig gestaltet ist (so wie die Posts auf Leßmanns Instagram-Kanal). Insgesamt ist „Liebe in Zeiten der Follower“ ein Gedichtband mit vielen eindrücklichen, nachhallenden und emotionsgeladenen Texten, die zum Nachdenken anregen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.12.2022

Ein Kriminalroman der besonderen Art

Fucktown
0

Inhalt: Ein Serienmörder hält Berlin in Atem. Sein Handeln erscheint diffus, ist aber immer außerordentlich brutal. Obwohl er während seiner Taten viele Spuren hinterlässt, gelingt es der Kommissarin Mechthild ...

Inhalt: Ein Serienmörder hält Berlin in Atem. Sein Handeln erscheint diffus, ist aber immer außerordentlich brutal. Obwohl er während seiner Taten viele Spuren hinterlässt, gelingt es der Kommissarin Mechthild nicht, ihn dingfest zu machen. Zur Unterstützung kontaktiert sie ihren alten Kollegen Bo, der, nun in einem Kloster lebend, Berlin den Rücken gekehrt hatte, da die Stadt ihn zu verschlingen drohte…

Persönliche Meinung: „Fucktown“ ist ein Kriminalroman von Sobo Swobodnik. Erzählt wird die Handlung von einer allwissenden Erzählerin, die eine Vielzahl unterschiedlicher Perspektiven einnimmt (neben Mechthild, Bo und der Täterfigur auch weitere Polizisten, einen Politiker, einen Journalisten und verschiedene Figuren aus der Unterwelt Berlins). Interessant ist die Identität der allwissenden Erzählerin: Es ist die Stadt Berlin selbst, die in die Köpfe und Wohnungen der handelnden Protagonisten schaut. Die Kapitel von „Fucktown“ sind kurz; erzähltechnisch werden häufig schnelle Schnitte genutzt, sodass das Tempo der Handlung vergleichsweise hoch ist. Die Identität des Täters steht für die Lesenden – anders als für die Ermittelnden – bereits früh fest, allerdings schmälert dies nicht die Spannung des Romans. Denn: Viele Figuren – unabhängig ob „gut“ oder „schlecht“ – haben etwas zu verbergen, besitzen irgendeine Lasterhaftigkeit, die sukzessiv offenbart wird. Der Titel „Fucktown“ bezieht sich dabei auf zweierlei: Einerseits auf das Handeln der Figuren (diese sind ziemlich triebgesteuert). Andererseits auf die Stadt Berlin selbst, die als Moloch gezeichnet wird, der die dort längere Zeit verweilenden Menschen verschlingt, sie dabei transformiert und das Schlechteste in ihnen hervorkehrt (dieser Aspekt wird im Roman eindrücklich und nachhallend dargestellt). Neben dem Serienmörder tritt Berlin gewissermaßen als heimliche Antagonistin auf – allerdings wider Willen. Denn: Mehrmals beklagt sich die Stadt über ihre Rolle; häufig äußert sie Gesellschaftskritik und weist eine Schuld von sich. Die Wortwahl wie die Szenenbeschreibungen von „Fucktown“ sind explizit, meist umgangssprachlich mit einer Tendenz ins Obszöne (z.T. sind die Szenen wirklich harter Tobak). Insgesamt ist „Fucktown“ ein Kriminalroman der besonderen Art – dreckig (was hier nicht abwertend gemeint ist), freiheraus und ausgestattet mit einer interessanten Erzählstimme.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.12.2022

Eine humorvolle Weihnachtskomödie - sogar noch eine Spur besser als Band 1

Alle anderen können einpacken
0

Inhalt: Wie jedes Jahr fährt Bastian über Weihnachten nach Hause zu seinen Eltern in die bayrische Provinz. Nur diesmal ist etwas anders: Zum ersten Mal wird Bastian Heiligabend nicht zu Hause feiern. ...

Inhalt: Wie jedes Jahr fährt Bastian über Weihnachten nach Hause zu seinen Eltern in die bayrische Provinz. Nur diesmal ist etwas anders: Zum ersten Mal wird Bastian Heiligabend nicht zu Hause feiern. Denn: Die Eltern seiner neuen Freundin haben ihn zum Weihnachtsessen eingeladen. Das stellt Bastian vor ein zweifaches Problem. Einerseits muss er seinen Eltern irgendwie verklickern, dass er Heiligabend nicht bei ihnen verbringt (was für sie ein mittlerer Weltuntergang ist). Andererseits sind auch die Eltern seiner Freundin nicht die einfachsten Zeitgenossen, sodass Bastian unbedingt einen guten ersten Eindruck machen will (was er durch einen Einkaufswagen, der die Fahrerseite eines Jaguars zerkratzt, verkompliziert).

Persönliche Meinung: „Alle anderen können einpacken“ ist eine humorvolle Weihnachtserzählung von Christian Huber. Man muss den ersten Band „7 Kilo in 3 Tagen“ nicht unbedingt gelesen haben, um dem zweiten Band folgen zu können, allerdings steigert es das Lesevergnügen ungemein, wenn man den ersten Band kennt. Erzählt wird die Handlung, wie schon der erste Band, aus der Ich-Perspektive von Bastian. Das Erfolgsrezept, das Huber bereits in „7 Kilo in 3 Tagen“ umgesetzt hat, findet sich auch in „Alle anderen können einpacken“: Ein verpeilter Protagonist, urkomische Verwicklungen, die trotz aller Übersteigerung einen wahren Kern besitzen, witzige Dialoge und eine luftig-lockere Erzählweise. Allerdings legt Huber in „Alle anderen können einpacken“ noch ein paar Schippen drauf. So sind einerseits die Szenen noch eine Spur lustiger als im ersten Teil (besonders die neu eingeführten Figuren besitzen ihre Momente, die die Handlung ungemein aufpeppen). Bei aller Komik finden sich andererseits in „Alle anderen können einpacken“ – stärker noch als im ersten Band – auch traurig-tragische Momente, die emotional beschrieben werden. So gelingt Huber das Kunststück, dass der zweite Band zugleich lustiger und ernster als der erste ist. Daher hat mir „Alle anderen können einpacken“ sogar noch eine Spur besser gefallen als „7 Kilo in 3 Tagen“ (was wirklich etwas heißt. Den ersten Band fand ich schon echt toll).

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere