Ein Kriminalroman der besonderen Art
Inhalt: Ein Serienmörder hält Berlin in Atem. Sein Handeln erscheint diffus, ist aber immer außerordentlich brutal. Obwohl er während seiner Taten viele Spuren hinterlässt, gelingt es der Kommissarin Mechthild ...
Inhalt: Ein Serienmörder hält Berlin in Atem. Sein Handeln erscheint diffus, ist aber immer außerordentlich brutal. Obwohl er während seiner Taten viele Spuren hinterlässt, gelingt es der Kommissarin Mechthild nicht, ihn dingfest zu machen. Zur Unterstützung kontaktiert sie ihren alten Kollegen Bo, der, nun in einem Kloster lebend, Berlin den Rücken gekehrt hatte, da die Stadt ihn zu verschlingen drohte…
Persönliche Meinung: „Fucktown“ ist ein Kriminalroman von Sobo Swobodnik. Erzählt wird die Handlung von einer allwissenden Erzählerin, die eine Vielzahl unterschiedlicher Perspektiven einnimmt (neben Mechthild, Bo und der Täterfigur auch weitere Polizisten, einen Politiker, einen Journalisten und verschiedene Figuren aus der Unterwelt Berlins). Interessant ist die Identität der allwissenden Erzählerin: Es ist die Stadt Berlin selbst, die in die Köpfe und Wohnungen der handelnden Protagonisten schaut. Die Kapitel von „Fucktown“ sind kurz; erzähltechnisch werden häufig schnelle Schnitte genutzt, sodass das Tempo der Handlung vergleichsweise hoch ist. Die Identität des Täters steht für die Lesenden – anders als für die Ermittelnden – bereits früh fest, allerdings schmälert dies nicht die Spannung des Romans. Denn: Viele Figuren – unabhängig ob „gut“ oder „schlecht“ – haben etwas zu verbergen, besitzen irgendeine Lasterhaftigkeit, die sukzessiv offenbart wird. Der Titel „Fucktown“ bezieht sich dabei auf zweierlei: Einerseits auf das Handeln der Figuren (diese sind ziemlich triebgesteuert). Andererseits auf die Stadt Berlin selbst, die als Moloch gezeichnet wird, der die dort längere Zeit verweilenden Menschen verschlingt, sie dabei transformiert und das Schlechteste in ihnen hervorkehrt (dieser Aspekt wird im Roman eindrücklich und nachhallend dargestellt). Neben dem Serienmörder tritt Berlin gewissermaßen als heimliche Antagonistin auf – allerdings wider Willen. Denn: Mehrmals beklagt sich die Stadt über ihre Rolle; häufig äußert sie Gesellschaftskritik und weist eine Schuld von sich. Die Wortwahl wie die Szenenbeschreibungen von „Fucktown“ sind explizit, meist umgangssprachlich mit einer Tendenz ins Obszöne (z.T. sind die Szenen wirklich harter Tobak). Insgesamt ist „Fucktown“ ein Kriminalroman der besonderen Art – dreckig (was hier nicht abwertend gemeint ist), freiheraus und ausgestattet mit einer interessanten Erzählstimme.