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Veröffentlicht am 28.11.2020

Eine gelungene Fortsetzung

INSEL
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Inhalt: 1987: Zwei Liebende verbringen ein einsames Wochenende in Islands Westfjorde. Doch nur eine Person kehrt zurück. Der Fall wird zügig von Huldas Kollegen aufgeklärt. Doch 10 Jahre später ereignet ...

Inhalt: 1987: Zwei Liebende verbringen ein einsames Wochenende in Islands Westfjorde. Doch nur eine Person kehrt zurück. Der Fall wird zügig von Huldas Kollegen aufgeklärt. Doch 10 Jahre später ereignet sich ein weiterer Mord auf der nur für Jagdausflüge genutzten Insel Elliðaey. Dieser Fall weist Bezüge zum ersten Fall von 1987 auf, sodass Hulda den alten Fall nochmal aufrollt und zu einem ganz anderen Ergebnis kommt.

Persönliche Meinung: „Insel“ ist der zweite Band der rückwärts erzählten Trilogie um die isländische Kommissarin Hulda. Hulda tritt allerdings (von einzelnen Einsprengseln abgesehen) vergleichsweise spät auf die Handlungsbühne. Der Fokus liegt im ersten Drittel verstärkt auf der Beziehung der beiden Liebenden, ihrem Ausflug in die Westfjorde und die schroffe Landschaft Islands. Die letzten beiden Drittel thematisieren ausführlicher das Privatleben Huldas und ihre Ermittlungen im neuen Fall. Hulda tritt – wie schon in „Dunkel“ – als überaus tragische Figur auf. Die Tragik ihrer Geschichte wird insofern weitergesponnen, als dass die Leser*innen noch weitere unglückliche Facetten ihrer Vergangenheit kennenlernen. Das Tragische ist dabei allerdings nicht unglaubwürdig übersteigert, sondern fußt gewissermaßen im Alltag und ist dadurch authentisch. Dies gilt für den ganzen Fall: Die potentiellen TäterInnen sind realistisch gezeichnete Alltagsmenschen, die Tat ist nicht sonderlich blutig oder brutal, der Fall vergleichsweise wendungsarm (und dadurch realistischer), die Beweggründe, die zur Tat führen, (bis zu einem gewissen Grad) verständlich. Der Täter ist hier kein kriminelles Mastermind, sondern der Mensch von nebenan, der temporär vom Pfad der Tugend abweicht. Auch die Erzählweise ist nicht reißerisch: Huldas Schicksal und die beiden Fälle werden anschaulich, aber sachlich erzählt. Der „Thrill“ wird dadurch auch weniger durch die Grausamkeit des Falls oder die Exorbitanz der Täterfigur erzeugt, sondern durch die Alltäglichkeit des Falls, der gewissermaßen aufzeigt, dass auch die „normalen“ Menschen (unter bestimmten, ungünstigen Konstellationen) das Potential besitzen, zu Mördern zu werden. Dieser subtile „Thrill“ speist sich außerdem aus den Beschreibungen der Natur Islands, die mit ihrer Schroffheit, Einsamkeit und Verlassenheit eine latente Bedrohlichkeit ausstrahlt. Insgesamt ist „Insel“ eine gelungene Fortsetzung, der die Grundstimmung, die in „Dunkel“ angestoßen wurde, schön weiterspinnt.

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Veröffentlicht am 28.11.2020

Die Lebenden und die Toten im Treppenviertel

RIVER. Die Toten und die Lebenden
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Inhalt: Der fast 100-jährige Reeder Karl Mohr, wohnhaft im Treppenviertel von Hamburg-Blankenese, wird vermisst. Hinter den Fassaden der altehrwürdigen Häuser rumort es. Menschen ziehen aus, andere ziehen ...

Inhalt: Der fast 100-jährige Reeder Karl Mohr, wohnhaft im Treppenviertel von Hamburg-Blankenese, wird vermisst. Hinter den Fassaden der altehrwürdigen Häuser rumort es. Menschen ziehen aus, andere ziehen ein. Geheimnisse, die bis in die RAF-Zeit zurückreichen, kommen ans Licht.

Persönliche Meinung: „River. Die Toten und die Lebenden“ lässt sich nicht umstandslos einem Genre zuordnen. Zwar kommt es zu mehreren (klein)kriminellen Taten, sodass sich Krimielemente im Roman wiederfinden. Im Kern geht es aber, wie der Untertitel schon sagt, um „die Toten und die Lebenden“; die Menschen, die im Blankeneser Treppenviertel wohnen und den River, die Elbe, die zu ihren Füßen liegt. Insofern ist „River“ weniger ein Kriminalroman als vielmehr ein Gesellschaftsroman/Sittenbild über die Menschen, die im Treppenviertel wohnen. Die alteingesessenen, teilweise während des Romans sterbenden Bewohner*innen werden so langsam von einer freiheitlichen, der Polyamorie offenen Kindergeneration abgelöst. Bisweilen spitzt sich „River“ auch zu einer Familiengeschichte zu, deren Vergangenheit aufgedeckt und Gegenwart beleuchtet wird. Spannend dabei waren kleinere Aufdeckungen, die das scheinbare Familienidyll durchbrechen. Der Handlungsort ist das schon genannte Treppenviertel, das bildlich dargestellt wird. Die Erzählweise ist eher experimentell: Die Kapitel sind kurz (im Schnitt 3 oder 4 Seiten) und es kommt häufig zu einem abrupten Perspektivwechsel, an den man sich zunächst gewöhnen muss, da man bei der Vielzahl der auftretenden Personen zu Beginn ins kalte Wasser geschubst wird und sich erst orientieren muss. Auch der Erzählton ist anders als gewohnt: Die Figuren und die Handlung werden aus einer nüchternen Erzählposition beschrieben, die zwischen Distanz und Kälte changiert (was ich aber nicht negativ meine, sondern erzähltheoretisch interessant). Die Figuren bleiben dadurch zwangsläufig blass, allerdings gehört das zum Konzept des Romans: Es dreht sich weniger um Figuren als fühlende Individuen, sondern um deren Geschichten bzw. Vergangenheiten, die immer wieder mit Flüssen interagieren. Am Ende wird nicht jede Frage geklärt, allerdings ist „River“ erst der Auftakt zu einer Trilogie. „River“ besticht insgesamt durch seine Andersartigkeit, die immer mal wieder auf eine experimentelle Ebene ausschlägt. Die Handlung ist dabei durch die Aufdeckungen der kleineren und größeren Geheimnisse durchweg interessant.

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Veröffentlicht am 28.11.2020

Eine schöne Romantasy-Geschichte

Wiederkehr der Götter – Der Schatten des Todes
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Inhalt: Halvar, ein Kopfgeldjäger, erhält einen neuen Auftrag: Er soll Iouna finden, eine Prinzessin, die vor einigen Jahren von dem Hof ihres Vaters geflohen ist, um sich einer unliebsamen Hochzeit zu ...

Inhalt: Halvar, ein Kopfgeldjäger, erhält einen neuen Auftrag: Er soll Iouna finden, eine Prinzessin, die vor einigen Jahren von dem Hof ihres Vaters geflohen ist, um sich einer unliebsamen Hochzeit zu entziehen. Halvar kann sie aufspüren, doch die Begegnung erfolgt ganz anders als gedacht, sodass Halvar mit seinem Gewissen zu kämpfen hat: Möchte er den Auftrag überhaupt ausführen? Auch die Götter schalten sich ein, sodass Halvars und Iounas Schicksal noch unergründlicher wird.

Persönliche Meinung: „Wiederkehr der Götter. Der Schatten des Todes“ ist der erste Band einer Romantasy-Reihe. Die Handlungsorte und -zeit sind dem Mittelalter nachempfunden (Burgen, Könige, Ritter, eine von Männern dominierte Welt, Zeremoniell). Die Welt setzt sich dabei aus unterschiedlichen Völkern zusammen, die jeweils Besonderheiten (Vorlieben, Bräuche etc.) besitzen. Erzählt wird er wechselweise aus der Perspektive Halvars und Iounas. Beide Figuren sind plastisch gezeichnet: So besitzt Halvar eine besondere Vergangenheit, die ihn erst zu dem – auf den ersten Blick – schroffen Kerl gemacht hat. Iouna ist eine starke weibliche Figur, die gegen die Konformitäten der von Männern dominierten Welt aufbegehrt, indem sie sich gegen bestimmte Konventionen stellt und selbstbewusst auftritt. Die Gefühlswelt der beiden Hauptfiguren wird ebenfalls sehr anschaulich beschrieben, sodass man beim Lesen tiefe Einsichten in diese erhält. Erzählton und Wortwahl sind kaum umgangssprachlich und passen somit gut zum mittelalterlichen Setting. Das Erzähltempo ist besonders im Mittelteil vergleichsweise langsam, wodurch man einen authentischen Einblick in die aufkeimende, nicht rasch-überstürzende Beziehung von Halver und Iouna erhält. Während im Mittelteil eher der Fokus auf den Romance-Aspekt gelegt wird, treten besonders zum Ende hin Fantasy-Elemente hinzu (die ich allerdings ohne zu spoilern nicht nennen kann). Das Ende hat mir besonders gut gefallen: Es ist nicht vorhersehbar, emotional und spannend. Dabei besitzt es einen fiesen (:D) Cliffhanger, der Lust auf den zweiten Band macht. Insgesamt ist „Wiederkehr der Götter. Der Schatten des Todes“ ein gefühlvoller und anschaulich geschriebener Romantasy-Roman, in dessen Welt man schön abtauchen kann.

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Veröffentlicht am 14.11.2020

Ein bunter Vorlesegeschichten-Schatz

Flo, der Flummi und das Schnack
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„Flo, der Flummi und das Schnack“ ist eine Zusammenstellung von 31 Vorlesegeschichten, die zuerst in Nido, einer Zeitschrift für junge Familien, erschienen sind. Die Geschichten stammen aus den Federn ...

„Flo, der Flummi und das Schnack“ ist eine Zusammenstellung von 31 Vorlesegeschichten, die zuerst in Nido, einer Zeitschrift für junge Familien, erschienen sind. Die Geschichten stammen aus den Federn von literarischen bzw. künstlerischen Größen Deutschlands, wie Paul Maar, Alexa Henning von Lange, Juli Zeh oder Feridun Zaimoglu. Jede Geschichte ist mit einer ungefähren Lesezeit und einer Angabe, ab welchem Alter sie sich eignet, versehen. Zusätzlich dazu ist jede Erzählung mit einer Illustration von Martina Liebig geschmückt, die farblich ansprechend und liebevoll-detailliert gestaltet worden sind. Eine Geschichte ist im Schnitt 5-7 Seiten lang. Inhaltlich sind die Geschichten vielfältig: So handeln sie von einem Apfelkönig, einem Elefanten, der lesen lernen möchte, dem Spitar aus dem Kaugummiautomaten, der immer die Wahrheit sagt, dem kleinen Flo, der sich immer wieder verspricht, Wollmäusen und einem Zombiekind. Thematisch ist die Bandbreite ebenfalls groß. Die Vorlesegeschichten drehen sich um Freundschaft, Wünsche, den (gar nicht so einfachen) Alltag als Kind, Trauer, Migration, Mobbing und den Tod. Einige der Texte sind eher phantastisch-märchenhaft, andere eher realistisch. Jede Geschichte ist allerdings auf ihre Art literarisch anspruchsvoll, was sich bspw. in der Handlung, dem Thema, der Botschaft oder auch der Offenheit einzelner Geschichten zeigt. Insofern wird das Buch dem eigenen Anspruch gerecht, „für Kinder und Eltern, die sich nicht langweilen möchten“, geschrieben zu sein. Die Geschichten sind nicht nur zum Vorlesen da, sondern laden zum anschließenden (literarischen) Gespräch über die Geschichte ein. Da sich so viele unterschiedliche Geschichten in „Flo, der Flummi und das Schnack“ versammeln, wird vermutlich für jeden eine passende dabei sein. Welche Geschichten man zu seinen Lieblingen kürt, ist natürlich sehr subjektiv. Ich möchte hier nur kurz meine drei Highlights vorstellen: „Karl Sparka kann nicht malen“ von Jochen Schmidt handelt, wie der Titel schon sagt, von Karl Sparka. Karl soll etwas malen, mag das aber gar nicht. Aus kindlicher Sicht wird erläutert, was Karl an seinen Bildern bemängelt. Der blaue Stift ist ausgetrocknet! Da muss der Himmel – leider – grün werden. Finger sind schwierig. Manchmal haben die Menschen daher acht Stück. Karls Vater fängt diese Unzufriedenheit auf und erklärt Karl, warum seine Bilder trotzdem besonders sind. Auch die titelgebende Geschichte „Flo, der Flummi und das Schnack“ von Harriet Köhler hat mir sehr gut gefallen. Der kleine Flo hat Schwierigkeiten in der Aussprache, was einerseits zu einigen lustigen Versprechern führt. Andererseits beginnen die anderen Kinder aber, ihn zu meiden, da sie ihn nicht mehr verstehen. Eines Tages kommt aber ein neues Mädchen in die Kita, die die gleichen Schwierigkeiten wie Flo hat. Beide freunden sich sofort an und merken, dass sie nicht allein sind. „Paraplü, das Stachelschwein“ von Eva Menasse dreht sich um ein Stachelschwein, das sich für einen guten Dichter hält. Leider ist es das nicht, sodass es von den anderen Waldbewohnern gemobbt wird. Nach kurzer Zeit erkennen die Waldbewohner aber, dass sie zu weit gegangen sind, und ermutigen Paraplü, das Dichten nicht aufzugeben. „Flo, der Flummi und das Schnack und andere Vorlesegeschichten für Kinder und Eltern, die sich nicht langweilen möchten“ ist insgesamt ein buntes Sammelsurium an besonderen, literarisch anspruchsvollen Geschichten.

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Veröffentlicht am 14.11.2020

Ein humorvolles Kinderbuch

Die Mumins (2). Komet im Mumintal
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Inhalt: Ein Komet wird in das Mumintal einschlagen! Zumindest behauptet das der Philosoph Bisam. Mumin und Schnüferl sind über diese Nachricht so bestürzt, dass sie sich gar nicht mehr beruhigen können. ...

Inhalt: Ein Komet wird in das Mumintal einschlagen! Zumindest behauptet das der Philosoph Bisam. Mumin und Schnüferl sind über diese Nachricht so bestürzt, dass sie sich gar nicht mehr beruhigen können. Muminvater schickt sie daraufhin zum Observatorium, damit sie herausfinden, ob tatsächlich ein Komet in das Mumintal einschlagen wird. Die beiden begeben sich auf eine abenteuerliche Reise, auf der sie einige neue Freunde finden.

Persönliche Meinung: „Die Mumins. Komet im Mumintal“ ist ein Kinder-/Jugendbuch der schwedischen Schriftstellerin Tove Jansson, in dem phantastische Elemente vorkommen. Im Vergleich zum ersten Band, bei dem nicht ganz feststeht, ob er zum Muminkanon gehört, sind die Figuren plastischer dargestellt. So ist bspw. Schnüferl als ausgeprägt ängstlich und schnell eingeschnappt charakterisiert; Mumin naiv und fast schon einfältig. Außerdem treffen wir (fast) alle prominenten Mumin-Figuren: So begegnen Mumin und Schnüferl auf ihrer Reise dem Schnupferich, dem Snork, Snorkfäulein und dem Hemul. Besonders ab dem Moment, als Snorkfräulein auftritt, zu der Mumins sich hingezogen fühlt, nimmt die Handlung humorvolle Züge an. Die Dialoge besitzen dabei eine tolle Situationskomik, die zum Schmunzeln bringen. Bei den Handlungsorten haben mir besonders die Wälder gefallen, die plastisch und märchenhaft beschrieben sind. Die Figuren sind generell ironisch-karikaturesk, was zusätzlich für Komik sorgt: Der Philosoph Bisam ist fatalistisch. Man werde ja eh irgendwann sterben und der Komet beschleunige die Sache dann eben nur. Die Wissenschaftler im Observatorium sind hellauf begeistert von dem Naturschauspiel und ganz auf den Kometen fokussiert. Auf die Frage, ob der Komet den Bewohnerinnen des Mumintals das Leben kosten werde, antworten sie nur, dass dies jetzt nicht wichtig sei und sie sich erst damit beschäftigen werden, wenn der Komet eingeschlagen ist. Snork ist eher ein Bürokrat, der den Kometeneinschlag schriftlich möglichst genau fixieren möchte. Das ist insgesamt für ein Kinderbuch schon ein recht „erwachsener“ Humor. Gleichzeitig besitzen die Figuren allerdings alle ulkige Züge, den jüngere Leserinnen vermutlich primär wahrnehmen. Die Handlung ist episodisch aufgebaut: Mumin und seine Freunde ziehen aus und bestehen dabei verschiedenste und abwechslungsreiche Abenteuer. Insgesamt ist „Komet im Mumintal“ eine sehr kurzweilige und humorvolle Lektüre, die sich nicht nur an jüngere Leser*innen richtet.

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