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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.04.2020

Ein Thriller, der mit den Erwartungen der Leser*innen spielt

Ich sehe was, was du nicht siehst
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Inhalt: Juli 2019: Schon lange hatten die vier Freundinnen Bo, Mable, Anouk und Lilly ihren Urlaub geplant. Damals noch mit ihrer Freundin Emma, die seit Dezember 2018 spurlos verschwunden ist. Der Entführer ...

Inhalt: Juli 2019: Schon lange hatten die vier Freundinnen Bo, Mable, Anouk und Lilly ihren Urlaub geplant. Damals noch mit ihrer Freundin Emma, die seit Dezember 2018 spurlos verschwunden ist. Der Entführer konnte nicht geschnappt werden. Trotz allem wollen die vier Mädchen den Urlaub durchziehen - auch wenn nicht so wirklich Freude aufkommen will. Auf dem Campingplatz in Frankreich angekommen, passieren dort seltsame Dinge. Eine Gestalt schleicht um ihr Zelt und im angrenzenden Wald umher; ein Geist nimmt Kontakt zu ihnen auf. Hat Emmas Entführer es jetzt auf die vier Freundinnen abgesehen?

Persönliche Meinung: „Ich sehe was, was du nicht siehst“ lässt sich sehr flüssig lesen und ist durch die Frage nach dem ungeklärten Verschwinden Emmas und der unbekannten Bedrohung auf dem Campingplatz durchweg spannend. Diese Spannung wird noch dadurch erhöht, dass in die Handlung ab und zu kleine Rückblicke in Form von Zeitungsartikeln vom Verschwinden Emmas, die mit Kommentaren des Entführers versehen sind, und Sequenzen aus der Perspektive Emmas eingebaut werden. Die Haupthandlung wird aus der Sicht der vier Freundinnen erzählt, sodass sehr häufig ein Perspektivwechsel stattfindet, was ich eigentlich sehr interessant finde. Leider bleiben die vier Mädchen aber recht blass, stereotyp und dadurch z.T. auch austauschbar. Diese Blässe der Figuren wird aber durch die klug durchdachte und konstruierte Handlung ausgeglichen. Hier wird ausgefeilt mit den Erwartungen der Leser*innen gespielt, sodass das Ende vollkommen überraschend ist. Puzzleartig fügen sich am Ende die Zeitungsausschnitte, die Kommentare des Entführers, Emmas Seuqnzen und die Campingplatz-Handlung zusammen, wodurch ein schöner „Aha“-Effekt entsteht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Spannung
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 28.04.2020

Ein Dämon mit Gefühl

Akuma
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Inhalt: Die Schriftstellerin Kjara verbirgt seit ihrer Kindheit ein Geheimnis: Sie ist die Wirtin des Dämons "Akuma", der öfter die Kontrolle über sie übernimmt, um diejenigen zu jagen, die Kjaras Familie ...

Inhalt: Die Schriftstellerin Kjara verbirgt seit ihrer Kindheit ein Geheimnis: Sie ist die Wirtin des Dämons "Akuma", der öfter die Kontrolle über sie übernimmt, um diejenigen zu jagen, die Kjaras Familie Leid zugefügt haben. Doch als sich abzeichnet, dass die Beziehung mit ihrem Freund Erik ernster wird, entscheidet Kjara sich für einen drastischen Schritt: Ein Pfarrer soll ihr Akuma austreiben.

Persönliche Meinung: Zwar liest sich der Inhaltsteaser von "Akuma" wie ein Horrorfilm in der Tradition von "Der Exorzist", doch er geht weit darüber hinaus. Nicole Siemer geht hier einen interessanten neuen Weg: Akuma ist nicht nur der mordlüsterne und abgrundtief böse Dämon, der seinen Wirt unterjocht. Er hat zugleich Gefühle, ein Gewissen und eine eigene Hintergrundgeschichte. Auch die Charakterzeichnung Kjaras ist sehr gut gelungen: Sie ist unperfekt, irgendwie verpeilt und dadurch sympathisch. Die Handlung entfaltet sich auf drei Zeitebenen: Die Gegenwartshandlung um Erik und Kjara, eine kürzerer vergangener Handlungsstrang, der die Vereinigung von Kjara mt Akuma thematisiert, und ein Handlungsteil, der vor Äonen spielt und Akumas Jugendjahre in der Hölle abdeckt. Der Erzählstil ist sehr flüssig und lässt sich problemlos lesen. Besonders der Mittelteil sorgte für Spannung, wie Thriller-Leser es gewohnt sind. Gerade zu Beginn des Romans finden sich allerdings teilweise sehr realistisch und explizit beschriebene Darstellungen von Gewalt mit recht viel Blut, sodass der Thriller eventuell nicht für jeden geeignet ist. (Damit geht die Autorin allerdings bemerkenswert ehrlich um: Am Beginn des Buches finden sich Trigger-Hinweise.) Akuma ist ein Dämon der besonderen Art und bin gespannt, ob wir ihn nochmal lesen dürfen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.04.2020

Ein Krimi mit interessanten Nebenfiguren

Der gute Cop
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Vorab: „Der gute Cop“ ist chronologisch der zweite Band um den Superintendent MacNeice. Der erste Band „Erasing Memory“ ist (noch?) nicht auf Deutsch erschienen.

Inhalt: Superintendent MacNeice, der titelgebende ...

Vorab: „Der gute Cop“ ist chronologisch der zweite Band um den Superintendent MacNeice. Der erste Band „Erasing Memory“ ist (noch?) nicht auf Deutsch erschienen.

Inhalt: Superintendent MacNeice, der titelgebende „gute Cop“, hat in diesem Fall alle Hände voll zu tun. Zuerst liefern sich zwei Bikergangs eine Schießerei, wobei sieben Leichen zurückbleiben; dann werden beim Bau eines maritimen Museums im Hafen von Dundurn noch sechs Leichen gefunden – vier davon einbetoniert. Als wäre das nicht alles schon genug, beginnt ein Killer seine Serie. Seine Opfer: junge Frauen. Wie hängen diese Fälle miteinander zusammen? Und: Welche Rolle spielen die lokalen Betonbauunternehmer?

Persönliche Meinung: Wie der kurze Inhaltsteaser schon andeutet, ist die Handlung von „Der gute Cop“ sehr dicht und vielschichtig. Zu einem großen Teil wird Scott Thornley dem selbstgesetzten Anspruch auch gerecht. So ist der eine, größere Handlungsstrang wendungsreich, spannend und überraschend. Der zweite Handlungsstrang hingegen plätschert eher dahin und endet recht konfliktlos und unspektakulär. Eine große Stärke des Krimis ist die Zeichnung der Nebencharaktere: Noch der kleinste, unwichtigste Charakter hat eine spezielle Eigenheit, irgendeinen Tick, der ihn oder sie besonders macht. Zusätzlich dazu haben viele der Nebenfiguren eine gewisse Komik, die mich zum Schmunzeln gebracht hat. Etwas blass hingegen blieb für mich der Protagonist MacNeice (diese Blässe kann aber auch damit zusammenhängen, dass ich den ersten Band noch nicht gelesen habe). Er hat zwar einige unorthodoxe Ermittlungsmethoden, allerdings nahmen sie kaum Raum ein. Gut gefiel mir aber der Erzählstil. Er changierte zwischen Komik, Ironie und Melancholie. Insgesamt war es eine spannende und interessante Lektüre, die vor allem durch die vielschichtige Handlung und die „komischen“ Nebencharakter besticht. Vom Superintendent hätte ich mir allerdings – auch vom Klappentext her – mehr erhofft.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.04.2020

Ein Dorf voller Geheimnisse

Das Dorf der toten Seelen
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Inhalt:
1959: Zwei Polizisten werden nach Silvertjärn gerufen, einem kleinen abgelegenen Bergarbeiterdorf in Schweden. Hier trifft sie eine gespenstische Stille. Im ganzen Dorf findet sich keiner der 900 ...

Inhalt:
1959: Zwei Polizisten werden nach Silvertjärn gerufen, einem kleinen abgelegenen Bergarbeiterdorf in Schweden. Hier trifft sie eine gespenstische Stille. Im ganzen Dorf findet sich keiner der 900 Bewohner - bis sie zum Marktplatz kommen. Dort erwartet sie ein grausiger Fund: Eine an einem Schandpfahl befestigte Leiche. Von den anderen Einwohnern fehlt jede Spur, bis plötzlich ein Baby schreit.
60 Jahre später: Alice Lindstedt, Enkelin einer ehemaligen Einwohnerin Silvertjärn, möchte eine Dokumentationserie über das Verschwinden der Einwohner des Bergarbeiterdorfes drehen - denn dieses ist nie aufgeklärt worden. Gemeinsam mit ihrem Filmteam, das aus Freunden und Bekannten besteht, begibt sie sich auf eine Spurensuche in das verlassene Dorf am Silbersee. Warum sind die Einwohner verschwunden?

Persönliche Meinung: "Das Dorf der toten Seelen" ist ein unheimlich spannender Thriller, der voller Mysteryelementen ist. Camilla Stens Erzählstil ist einerseits sehr flüssig zu lesen, andererseits aber auch detailreich. Spannungstechnisch sorgt er für Nervenkitzel und eine dichte, leicht gruselige Atmosphäre. Diese Atmosphäre färbt auch auf die Silvertjärn mit seinen verlassen Häusern, dem verfallenen Schulgebäude und der einsamen Kirche ab. Die Handlung selbst spaltet sich in zwei Handlungsstränge auf: Während wir in der Gegenwart Alice und ihr Team im verlassenen Dorf begleiten, durchlaufen wir in der Vergangenheit die letzten Monate der Dorfbewohner vor ihrem Verschwinden. Klasse gezeichnet sind auch die Charaktere und die Interaktion zwischen ihnen. Einige der Figuren haben eine gemeinsame Vergangenheit, die sich nach und nach entfalltet. Um Spoiler zu vermeiden, kann ich auf die Verbindungen der Charaktere nicht näher eingehen. Nur so viel: Sie sind überraschend, tiefgründig und haben mich währen des Lesens zum Nachdenken gebracht.

"Das Dorf der toten Seelen" ist ein Thriller, den man nicht aus der Hand legen möchte und ein fulminantes Debüt!

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Veröffentlicht am 17.04.2020

Die Leiden der jungen Fourniers

Die Brüder Fournier
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Inhalt: Iason und Vincent, die beiden titelgebenden „Brüder Fournier“, wachsen in den 1970ern in einem kleinen belgischen Vorort auf. Während Iason ein Stürmer und Dränger ist, zieht sich Vincent eher ...

Inhalt: Iason und Vincent, die beiden titelgebenden „Brüder Fournier“, wachsen in den 1970ern in einem kleinen belgischen Vorort auf. Während Iason ein Stürmer und Dränger ist, zieht sich Vincent eher in sich selbst zurück. Doch gerade Iasons Werdegang ist nicht konfliktfrei: Er hat Probleme, seine Umwelt richtig wahrzunehmen und zu verstehen, wodurch er bei Gleichaltrigen aneckt und schrittweise auf eine schiefe Bahn gerät.

Persönliche Meinung: Der Kriminalroman „Die Brüder Fournier“ geht andere Wege als der klassische Krimi. Er beginnt mit der Festnahme Iasons. Dabei werden die Leserinnen im Unklaren gelassen, weshalb Iason festgenommen wird bzw. ob er schuldig ist. Wir kennen also den Verdächtigen, den potenziellen Täter, nicht aber die Tat. Dieser Aspekt wird konsequent in der Handlung durchgesetzt: Sie behandelt das Heranwachsen des Jungen, lange bevor er festgenommen wird. Interessant ist dabei, dass die Leserinnen einen detaillierten Blick in die Psyche eines Menschen bekommen, der irgendwie nicht in die dörfliche Gemeinschaft zu passen scheint. Nicht die Tat steht im Fokus des Romans, sondern der spätere Verdächtige – mit all seinen Stärken, Schwächen, Irrungen und Wirrungen. Wie das Iasons Verhalten allerdings insgesamt zu bewerten ist, bleibt den Leser*innen überlassen, was auch daran liegt, dass die Erzählfigur bisweilen unzuverlässig (nicht negativ wertend gemeint) ist. Bei „Die Brüder Fournier“ handelt es sich um einen Roman, der Gattungsgrenzen überschreitet: Er ist Krimi, Coming-of-Age-Roman, Psychogramm, Drama und Sittengemälde zugleich.

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