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Veröffentlicht am 26.02.2020

Geprägt von den Eltern

Der Mangel
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„Allein durch die hässlichen Dinge aus den Möbelmärkten lebten sie in einer absoluten Gegenwart.“ [76]
In seinem Roman „Der Mangel“ lässt Oskar Roehler die sechziger Jahre noch einmal, auf einer Fiktion ...

„Allein durch die hässlichen Dinge aus den Möbelmärkten lebten sie in einer absoluten Gegenwart.“ [76]
In seinem Roman „Der Mangel“ lässt Oskar Roehler die sechziger Jahre noch einmal, auf einer Fiktion beruhend, Revue passieren und arbeitet diese auf literarische Weise nochmals auf.
Wenn ich jetzt überlegen müsste, welche Schlagworte mir für die Deutsche Zeitgeschichte der 60er Jahre einfallen würde, wären dies Proteste, Vertreibung, Konsum und Konjunktur. Also quasi eine Zeit, die durch Veränderungen geprägt ist. Wahrscheinlich würde der Autor Roehler nun hinzufügen: Und durch den Mangel!
In seinem Werk geht er dabei mit poetischer Sprache, manchmal für meinen Geschmack etwas zu hochgestochen und auch wiederholend (eine Lehre in der Kreissparkasse machen), auf die Themen der damaligen Zeit ein.
„Die Sudetendeutschen, die Zuwandere aus Ostpreußen, aus Pommern und Schlesien“ [37] sind in dem Roman eine eingeschworene Gemeinschaft, gierig nach geistiger Nahrung, die eine Klassengesellschaft bilden und sich der Obrigkeit erkenntlich zeigen sollen, wohnen in einer abgelegenen Siedlung, sind hart zu sich selbst und zeigen einen Freiheitsdrang, auch wenn dieser bei den dort lebenden Kindern zu einer Totalverweigerung führt.
„Freiheit in einem einzigen Akt der Totalverweigerung verteidigten, während die anderen sich abführen ließen und sich in das Schicksal, das für sie vorgesehen war, fügten.“ [61f.]
Der Schreibstil ist flüssig. Die Charaktere bleiben eher oberflächlich, was aber nicht schlimm ist, da der Roman mehr die Gesamtsituation der 60er Jahre beschreibt als das Schicksal einer einzelnen Person. Spannend ist es trotzdem der Erzählung zu folgen, der teils dichterischen Ausdruckskraft zu lauschen und über das Gelesene nachzudenken.
„Das schwarze Brackwasser, in das sie starrten, hätte als metaphorischer Spiegel für Verdrängtes, in Vergessenheit Geratenes herhalten müssen, das sich nun wieder einen Weg an die Oberfläche bahnte.“ [26]
Der Roman zeigt auf eindrucksvolle Weise, welche Faktoren dazu beitragen, zu der Person heranzuwachsen, die man ist. Die Kinder sind von ihren Eltern geprägt. „Fronarbeit waren sie von Kindesbeinen an gewohnt, Härte gegen sich selbst.“ [28] Auch betrifft der Mangel nicht nur Dinge des Konsums, sondern vielmehr auch die emotionale Sparsamkeit, welche die Eltern aufgrund der Lebenssituation an den Tag legen. „Sie (die Mutter) war es, die den Mangel verwalten musste, der unser Leben bestimmte, die sorgfältig dosierten Notrationen an Zuversicht, Liebe, Strenge.“ [52]

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Veröffentlicht am 21.02.2020

Arbeit im Zoo

Was machen wir im Zoo?
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So ein Tag im Zoo kann, zumindest für Tierpflegerinnen, ganz schön anstrengend sein. Wie gut, dass nun Kinder ab 2 Jahren mithelfen können, dass alles bei den Fütterungen einwandfrei funktioniert.
Das ...

So ein Tag im Zoo kann, zumindest für Tierpflegerinnen, ganz schön anstrengend sein. Wie gut, dass nun Kinder ab 2 Jahren mithelfen können, dass alles bei den Fütterungen einwandfrei funktioniert.
Das Mitmachbuch „Was machen wir im Zoo?“ von Nico Sternbaum lädt die kleinen Zuhörer ein, sich aktiv im Zoogeschehen zu beteiligen. Tippen, klopfen, schieben, streicheln. Abwechslungsreich geht es zur Sache. Das Buch ist schön illustriert und zeigt auf einer Doppelseite, welche Tiere man in einem Zoo antreffen kann. Die Seite eignet sich auch perfekt, um die einzelnen Tiere abzufragen und sich diese zeigen zu lassen. Ich persönlich finde auch den Ablauf gut. Also nicht nur einfaches agieren, sondern umziehen, Schubkarre schnappen und dann die einzelnen Gehege aufsuchen, um die Tiere zu füttern, zu rufen und zu streicheln.
Fazit: Ein schönes Mitmachbuch, das die kleinen Leser
innen mit einbezieht und ganz nebenbei ein bisschen Wissen auf spielerische Art vermittelt. Das Buch eignet sich für Kinder ab 1,5 bis 3 Jahren.

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Veröffentlicht am 20.02.2020

Interessant, aber bitte tiefgründiger

Palast der Miserablen
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„Nur ihre Raketen und Bomben kamen aus dem Himmel zu uns.“ [47]
Was hatte ich mich auf diesen Roman von Abbas Khider gefreut, sollte er mich doch in das Land der Schatten und in den „Palast der Miserablen“ ...

„Nur ihre Raketen und Bomben kamen aus dem Himmel zu uns.“ [47]
Was hatte ich mich auf diesen Roman von Abbas Khider gefreut, sollte er mich doch in das Land der Schatten und in den „Palast der Miserablen“ entführen. Shams hat die gleichen Hoffnungen, ist neugierig auf fremde Welten. Aber wie auch bei Shams kam hier alles ein bisschen anders.
„Es bereitete mir eine unendliche Freude, mich von den Schicksalen literarischer Gestalten fesseln zu lassen, ihre intimsten Momente, Sorgen, Ängste und Nöte mitzuerleben oder in fremde Welten entführt zu werden.“ [162]
„Shams, die kleine Leseratte aus Schrottstadt“ [174] ist der Protagonist, in einem Land, welches durch das Regime von Saddam Hussein unterdrückt wird. Dabei sehen wir Shams heranwachsen und in einem zweiten Erzählstrang bekommen wir mit, was es bedeutet, in einem Gefängnis, das eher einer Folterkammer gleicht, zu sitzen. Diese Einschübe finde ich wirklich gut, auch, dass sie mit zunehmender Seitenzahl immer kürzer werden.
Waren die Eindrücke am Anfang, als Shams noch im Süden des Landes lebte, im Hinblick auf sein Alter, gut herausgearbeitet, so ließ die Lesebegeisterung zusehends etwas nach, da mir die Entwicklung des Protagonisten zu kurz kam. Ich hatte gehofft, dass es viel tiefgründiger zu Sache geht, die politischen Geschehnisse besser beleuchtet werden und ja, dass man eine tiefere Einsicht in dieses Land bekommt, wo die Hoffnung auf ein friedliches Leben in den Köpfen der Einwohner sitzt.
„Saddam weiß ganz genau, wie wichtig Literatur für Propaganda ist, und diese rückgradlosen Hosenscheißer von Autoren lassen sich wie Ochsen vor seinen Karren spannen.“ [190]
Leider schrammt die Geschichte nur an der Oberfläche, so dass es nahezu jedes Land aus dem Nahen Osten hätte sein können.
Khider schafft es mit seinem Roman nicht, die Emotionen aus dem Buch hinaus zu transportieren. Die Charaktere bleiben ziemlich blass. Dadurch ist Shams Schicksal lediglich eins von vielen und somit bleibt auch viel Potenzial ungenutzt.
„Wir Iraker waren Ausnahmezustände gewohnt und schüttelten sie schnell ab.“ [283]

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Veröffentlicht am 20.02.2020

Spielerisch lernen

Wieso? Weshalb? Warum? Mein junior zum Hören, Band 2: Einsatzfahrzeuge
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Was gibt es spannenderes als Einsatzfahrzeuge? Hm, eigentlich nur welche mit richtigem Sound. Und genau das erwartet die kleinen Zuhörer*innen in diesem Buch der Reihe „Mein junior zum Hören“. Der Aufbau ...

Was gibt es spannenderes als Einsatzfahrzeuge? Hm, eigentlich nur welche mit richtigem Sound. Und genau das erwartet die kleinen Zuhörer*innen in diesem Buch der Reihe „Mein junior zum Hören“. Der Aufbau des Buches ähnelt der „Wieso? Weshalb? Warum?“-Reihe. Die Illustrationen kommen einem bekannt vor, z.B. aus „Sachen suchen“, sind aber durchgängig schön gestaltet.
Die Texte sind kindgerecht und wirklich informativ gestaltet. Spielerisch wird mit diesem Buch Wissen vermittelt und mit den vielen kleinen und großen Klappen das Kind mit eingebunden und zum eigenständigen Entdecken gebracht.
Auf insgesamt 10 Seiten gibt es fünf verschiedene Sounds – also pro Doppelseite ein Sound. Sehr schön finde ich, dass nicht nur Martinshörner zu hören sind, sondern auch Geräusche, wie das Klappern der Trage, die in den Krankenwagen geschoben wird. Leider ist der Sensor, zuständig für das Auslösen des Sounds, sehr lichtabhängig. Sitzt man falsch zur Lichtquelle, bzw. so, dass die Klappe einen Schatten auf den Sensor wirft, so ertönt auch kein Sound. Das ist nicht optimal gelöst. Zumal Kinder auch gerne in ihren Höhlen spielen und lesen. Da bleibt dann alles stumm.
Insgesamt ist das Buch eine Gute Umsetzung zum Thema Einsatzfahrzeuge und für Kinder ab 2 Jahren geeignet.

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Veröffentlicht am 13.02.2020

Der Ritt auf La Bestia

American Dirt
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„Ein Schatten der Trauer, der zu Boden fällt.“ [203]
Was habe ich mich gefreut, endlich ist die deutsche Übersetzung des Nummer-1-Bestseller der New York Times-Bestsellerliste da. Und dann auch noch mit ...

„Ein Schatten der Trauer, der zu Boden fällt.“ [203]
Was habe ich mich gefreut, endlich ist die deutsche Übersetzung des Nummer-1-Bestseller der New York Times-Bestsellerliste da. Und dann auch noch mit einem Cover, welches die Leser innen schon einmal auf die leidvolle Reise vorbereitet. Aber nun zum Buch.
„American Dirt“ von Jeanine Cummins beginnt so packend und spannend, dass man, wie Luca und seine Mutter Lydia, sich kaum traut zu atmen und sich selbst fragt, ob „das Geburtstagsmassaker in Acapulco“ [324] gerade eben wirklich geschehen ist. Man sortiert die Gedanken, überlegt was nun als nächstes kommt und findet sich, schneller als man denkt, mit Lydia und ihr kleiner Sohn Luca auf einer Flucht, bei der es nur um das nackte Überleben geht.
„Der Traum, in die Estados Unidos zu kommen, ist das Einzigste, was sie im Augenblick aufrecht hält.“ [305]
Am Anfang gewährt die Autorin immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit. Dies ist interessant, zeigt auf wie sich die ganze Geschichte entwickelt hat. Außerdem erzeugt es richtig Spannung, man liest, fliegt nur so durch die Seiten, als wären die Kartelle hinter einem selbst her.
Cummins beschreibt die Flucht durch ein von Korruption und Gewalt geprägtem Land ziemlich authentisch. Sie lässt nicht nur die Protagonisten die allgegenwärtige Gefahr der kriminellen Verbrecherorganisationen spüren, sondern zeigt den Leser
innen auch, dass die Gefahr von allen Seiten kommen kann, den korrupten Beamten und dass die Gefahr selbst vom Güterzug ausgeht. Nicht umsonst wird dieser berühmt-berüchtigten Güterzug "La Bestia" genannt. Es ist quasi ein Todeszug der durch Mexiko zur US-Grenze fährt und die Ärmsten der Armen Richtung Norden, Richtung Hoffnung auf seinen Dächern mitnimmt.
„Ihr habt schon genug Ärger mit den los carteles, oder?“ [362]
Auf eindrucksvolle Weise beschreibt Cummins den schmalen Grat zwischen Hoffnung und Tod. Auch wenn dieser Thriller nur Fiktion ist, so zeigt er doch auf einprägsame Weise, was sich in Mexiko abspielt. Illegale Migration ist teuer, denn die „Coyoten“, die Menschenschmuggler, verlangen Unsummen von den Flüchtlingen, dazu kommt ebenfalls die Gewaltkriminalität in Mexiko und schon finden wir uns in der blutigen Wirklichkeit wieder.

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