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Veröffentlicht am 07.03.2020

Bunkerwelt

Sein Reich
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„Keine Behörde kann uns etwas vorschreiben, die haben alle keine Berechtigung. Die BRD ist eine Firma. Mehr nicht.“ [93]

Bereits das eingangs erwähnte Zitat verdeutlicht auf ganz besondere Weise, welche ...

„Keine Behörde kann uns etwas vorschreiben, die haben alle keine Berechtigung. Die BRD ist eine Firma. Mehr nicht.“ [93]

Bereits das eingangs erwähnte Zitat verdeutlicht auf ganz besondere Weise, welche Erfahrungen Juri mit den Reichsbürgern, deren verschiedenen Schattierungen, machen wird. Dass es nicht nur Sonderlinge sind, stellt er ziemlich bald selbst fest. Aber da ist der anfängliche Spaß bereits komplett verschwunden.

„Papa lebt im Reich und ich in Deutschland. Er glaubt an die große Weltverschwörung, ich nicht. Er denkt, alle Forscher lügen, ich sehe das andersrum – ich denke, Leute wie er haben einen an der Waffel.“ [153]

Mit dem Roman „Sein Reich“ thematisiert Martin Schäuble die Reichsbürger in all seinen Facetten. Der Schreibstil ist frech, spritzig und modern. Es macht Spaß Juri auf seiner Reise zu begleiten. Schäuble schafft es vortrefflich ein wichtiges und schwieriges Thema ansprechend und gut aufbereitet, einer nicht nur jugendlichen Zielgruppe, zu präsentieren. Gekonnt zeigt er, dass die Reichsbürger nicht nur ein harmloses Phänomen sind und eine Situation schnell eskalieren und lebensbedrohende Züge annehmen kann. Besonders gefällt mir daran, dass Schäuble dies alles ohne erhobenen Fingerzeig schafft.

Insgesamt ist der Roman ein wunderbar politischer Ausflug in eine andere Welt, sprachlich ebenfalls.

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Veröffentlicht am 26.02.2020

Schicksal eines Auswanderes

Der Empfänger
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Mit „Der Empfänger“ liefert die Autorin Ulla Lenze ein Stück spannender Geschichte, die man so wahrscheinlich nicht kannte oder allzu oft gehört hatte.
Josef „Joe“ Klein, Protagonist und Auswanderer, ...

Mit „Der Empfänger“ liefert die Autorin Ulla Lenze ein Stück spannender Geschichte, die man so wahrscheinlich nicht kannte oder allzu oft gehört hatte.
Josef „Joe“ Klein, Protagonist und Auswanderer, kommt fernab der Heimat in das Spionagenetzwerk der deutschen Abwehr in den Vereinigten Staaten. Der neugierig machende Klappentext, die Vorstellung wie spannend das Ganze sein muss, bleiben leider beim Lesen des Romans auf der Strecke, obwohl das Buch sehr viel Potenzial bietet.
Die ganze Geschichte um Josef liest sich etwas anstrengend, dabei versprechen die zwei Zeitebenen Spannung. Der Schreibstil von Lenze ist anders, nicht schlecht, aber anders. Man braucht Zeit, um in das Geschehen einzutauchen. Lenze will viel, packt viele Themen in dieses Buch. Auch neue Aspekte, zum Beispiel über die Amerikanischen Rechten, welche ich so noch nicht kannte. Vieles wirkt eher wie ein Sachbuch, jedoch nicht in der dazugehörigen Tiefe, die das wieder interessant gemacht hätten. Dazu tragen auch die Zeichnungen der Charaktere bei. Sie bleiben alle blass. Man liest fast emotionslos den Roman, was den Charakteren geschuldet ist. So wirkt die Beziehung von Josef zu seinem Bruder Carl oder zur Amerikanerin Lauren kühl. Man wird davon nicht berührt. Alles bleibt für die Leser* innen sehr distanziert.
Meinem persönlichen Empfinden nach, wirkt Josef viel zu naiv, zu gleichgültig und so schafft es das Buch auch nicht, mich für dieses Einzelschicksal zu begeistern.

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Veröffentlicht am 26.02.2020

Geprägt von den Eltern

Der Mangel
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„Allein durch die hässlichen Dinge aus den Möbelmärkten lebten sie in einer absoluten Gegenwart.“ [76]
In seinem Roman „Der Mangel“ lässt Oskar Roehler die sechziger Jahre noch einmal, auf einer Fiktion ...

„Allein durch die hässlichen Dinge aus den Möbelmärkten lebten sie in einer absoluten Gegenwart.“ [76]
In seinem Roman „Der Mangel“ lässt Oskar Roehler die sechziger Jahre noch einmal, auf einer Fiktion beruhend, Revue passieren und arbeitet diese auf literarische Weise nochmals auf.
Wenn ich jetzt überlegen müsste, welche Schlagworte mir für die Deutsche Zeitgeschichte der 60er Jahre einfallen würde, wären dies Proteste, Vertreibung, Konsum und Konjunktur. Also quasi eine Zeit, die durch Veränderungen geprägt ist. Wahrscheinlich würde der Autor Roehler nun hinzufügen: Und durch den Mangel!
In seinem Werk geht er dabei mit poetischer Sprache, manchmal für meinen Geschmack etwas zu hochgestochen und auch wiederholend (eine Lehre in der Kreissparkasse machen), auf die Themen der damaligen Zeit ein.
„Die Sudetendeutschen, die Zuwandere aus Ostpreußen, aus Pommern und Schlesien“ [37] sind in dem Roman eine eingeschworene Gemeinschaft, gierig nach geistiger Nahrung, die eine Klassengesellschaft bilden und sich der Obrigkeit erkenntlich zeigen sollen, wohnen in einer abgelegenen Siedlung, sind hart zu sich selbst und zeigen einen Freiheitsdrang, auch wenn dieser bei den dort lebenden Kindern zu einer Totalverweigerung führt.
„Freiheit in einem einzigen Akt der Totalverweigerung verteidigten, während die anderen sich abführen ließen und sich in das Schicksal, das für sie vorgesehen war, fügten.“ [61f.]
Der Schreibstil ist flüssig. Die Charaktere bleiben eher oberflächlich, was aber nicht schlimm ist, da der Roman mehr die Gesamtsituation der 60er Jahre beschreibt als das Schicksal einer einzelnen Person. Spannend ist es trotzdem der Erzählung zu folgen, der teils dichterischen Ausdruckskraft zu lauschen und über das Gelesene nachzudenken.
„Das schwarze Brackwasser, in das sie starrten, hätte als metaphorischer Spiegel für Verdrängtes, in Vergessenheit Geratenes herhalten müssen, das sich nun wieder einen Weg an die Oberfläche bahnte.“ [26]
Der Roman zeigt auf eindrucksvolle Weise, welche Faktoren dazu beitragen, zu der Person heranzuwachsen, die man ist. Die Kinder sind von ihren Eltern geprägt. „Fronarbeit waren sie von Kindesbeinen an gewohnt, Härte gegen sich selbst.“ [28] Auch betrifft der Mangel nicht nur Dinge des Konsums, sondern vielmehr auch die emotionale Sparsamkeit, welche die Eltern aufgrund der Lebenssituation an den Tag legen. „Sie (die Mutter) war es, die den Mangel verwalten musste, der unser Leben bestimmte, die sorgfältig dosierten Notrationen an Zuversicht, Liebe, Strenge.“ [52]

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Veröffentlicht am 21.02.2020

Arbeit im Zoo

Was machen wir im Zoo?
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So ein Tag im Zoo kann, zumindest für Tierpflegerinnen, ganz schön anstrengend sein. Wie gut, dass nun Kinder ab 2 Jahren mithelfen können, dass alles bei den Fütterungen einwandfrei funktioniert.
Das ...

So ein Tag im Zoo kann, zumindest für Tierpflegerinnen, ganz schön anstrengend sein. Wie gut, dass nun Kinder ab 2 Jahren mithelfen können, dass alles bei den Fütterungen einwandfrei funktioniert.
Das Mitmachbuch „Was machen wir im Zoo?“ von Nico Sternbaum lädt die kleinen Zuhörer ein, sich aktiv im Zoogeschehen zu beteiligen. Tippen, klopfen, schieben, streicheln. Abwechslungsreich geht es zur Sache. Das Buch ist schön illustriert und zeigt auf einer Doppelseite, welche Tiere man in einem Zoo antreffen kann. Die Seite eignet sich auch perfekt, um die einzelnen Tiere abzufragen und sich diese zeigen zu lassen. Ich persönlich finde auch den Ablauf gut. Also nicht nur einfaches agieren, sondern umziehen, Schubkarre schnappen und dann die einzelnen Gehege aufsuchen, um die Tiere zu füttern, zu rufen und zu streicheln.
Fazit: Ein schönes Mitmachbuch, das die kleinen Leser
innen mit einbezieht und ganz nebenbei ein bisschen Wissen auf spielerische Art vermittelt. Das Buch eignet sich für Kinder ab 1,5 bis 3 Jahren.

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Veröffentlicht am 20.02.2020

Interessant, aber bitte tiefgründiger

Palast der Miserablen
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„Nur ihre Raketen und Bomben kamen aus dem Himmel zu uns.“ [47]
Was hatte ich mich auf diesen Roman von Abbas Khider gefreut, sollte er mich doch in das Land der Schatten und in den „Palast der Miserablen“ ...

„Nur ihre Raketen und Bomben kamen aus dem Himmel zu uns.“ [47]
Was hatte ich mich auf diesen Roman von Abbas Khider gefreut, sollte er mich doch in das Land der Schatten und in den „Palast der Miserablen“ entführen. Shams hat die gleichen Hoffnungen, ist neugierig auf fremde Welten. Aber wie auch bei Shams kam hier alles ein bisschen anders.
„Es bereitete mir eine unendliche Freude, mich von den Schicksalen literarischer Gestalten fesseln zu lassen, ihre intimsten Momente, Sorgen, Ängste und Nöte mitzuerleben oder in fremde Welten entführt zu werden.“ [162]
„Shams, die kleine Leseratte aus Schrottstadt“ [174] ist der Protagonist, in einem Land, welches durch das Regime von Saddam Hussein unterdrückt wird. Dabei sehen wir Shams heranwachsen und in einem zweiten Erzählstrang bekommen wir mit, was es bedeutet, in einem Gefängnis, das eher einer Folterkammer gleicht, zu sitzen. Diese Einschübe finde ich wirklich gut, auch, dass sie mit zunehmender Seitenzahl immer kürzer werden.
Waren die Eindrücke am Anfang, als Shams noch im Süden des Landes lebte, im Hinblick auf sein Alter, gut herausgearbeitet, so ließ die Lesebegeisterung zusehends etwas nach, da mir die Entwicklung des Protagonisten zu kurz kam. Ich hatte gehofft, dass es viel tiefgründiger zu Sache geht, die politischen Geschehnisse besser beleuchtet werden und ja, dass man eine tiefere Einsicht in dieses Land bekommt, wo die Hoffnung auf ein friedliches Leben in den Köpfen der Einwohner sitzt.
„Saddam weiß ganz genau, wie wichtig Literatur für Propaganda ist, und diese rückgradlosen Hosenscheißer von Autoren lassen sich wie Ochsen vor seinen Karren spannen.“ [190]
Leider schrammt die Geschichte nur an der Oberfläche, so dass es nahezu jedes Land aus dem Nahen Osten hätte sein können.
Khider schafft es mit seinem Roman nicht, die Emotionen aus dem Buch hinaus zu transportieren. Die Charaktere bleiben ziemlich blass. Dadurch ist Shams Schicksal lediglich eins von vielen und somit bleibt auch viel Potenzial ungenutzt.
„Wir Iraker waren Ausnahmezustände gewohnt und schüttelten sie schnell ab.“ [283]

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