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Veröffentlicht am 11.03.2019

6 Minuten und dein Leben ist nicht mehr das, was es einmal war

Crimson Lake
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6 Minuten und dein Leben ist nicht mehr das, was es einmal war

„Hier war eine Stadt, in der jede Schuld, die ein Mensch auf sich geladen haben mochte, mit der Zeit unter einer grünen Decke verschwinden ...

6 Minuten und dein Leben ist nicht mehr das, was es einmal war

„Hier war eine Stadt, in der jede Schuld, die ein Mensch auf sich geladen haben mochte, mit der Zeit unter einer grünen Decke verschwinden würde.“ [23f.]

Detective Ted Conkaffey – aus Mangel an Beweisen frei – verschlägt es, auf der Suche nach Ruhe, Frieden und Abgeschiedenheit, in den Norden Australiens. Genauer gesagt nach Crimson Lake, einer Kleinstadt. Dort trifft er auch Amanda Pharrell, die wegen angeblichen Mordes ins Gefängnis musste. Zusammen arbeiten beide fortan als Privatdetektive. Quasi, zwei Außenseiter unter sich.

Die Autorin Candice Fox zeichnet in dem Roman „Crimson Lake“ (Band 1 einer Reihe) einen perfekten Schauplatz in dem die beiden Protagonisten mit ihrer Vergangenheit konfrontiert werden und trotzdem weiter in die Zukunft blicken.

„Je abgelegener der Ort, desto geringer war das Interesse der Leute an fremden Angelegenheiten.“ [23]

Wie man sich doch irren kann. Was am Anfang nach einem ruhigen Ort aussieht, wird Zusehens zu einem Höllentritt. Conkaffey erfährt dabei, was es heißt, gesellschaftlich geächtet zu sein, und dass man sich selbst vor der Polizei in Acht nehmen muss.
Ted ist ein Charakter, der mit Rückblicken auf jene 6 verhängnisvolle Minuten und die Zeit im Gefängnis glänzt, Gedankengänge reflektierend darstellt.

„Besser, die gebrochene Seele oder die Stimme des Teufels für seine Taten verantwortlich zu machen als eine Fehlfunktion des Frontallappens.“ [118]
„Ein neuer Typ des raffinierten Perversen, der die Gesellschaft das Fürchten lehrte.“ [312]

Amanda ist ein sehr interessanter Charakter, zeigt immer wieder neue Facetten, ist vorwitzig und frech und hat einen guten Riecher. Beide Charaktere ergänzen sich hervorragend und bilden ein perfektes Team.

Fox hat einen angenehmen Schreibstil, schreibt bildgewaltig, so dass man die australische Atmosphäre richtig gut spüren kann. Die Handlungsstränge führt sie zu einem Großen und Ganzen zusammen und lässt die Spannungskurve stetig steigen. Man taucht sehr schnell in die Welt von Crimson Lake ab, spürt förmlich den Hass der Bevölkerung, die Angst, die Ted begleitet, die „verschlungene Vegetation der Feuchtgebiete“ [24], die Fox, passend zum tollen Cover auch als „rotes Auge im blutverschmierten Wasser“ [24] darstellt.

Fazit:
Spannung, gut durchdachte Handlungsstränge und mal etwas andere Protagonisten machen das Buch zu einem Leseerlebnis.

Veröffentlicht am 07.03.2019

Der etwas andere Krimi

Januarrot
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„Leichen bringen Farbe ins Leben.“ [40] Und das Buch bringt diese Farben zum Leser, lässt ihn an dieser spritzigen, amüsanten Geschichte teilhaben.

Deborah, die Protagonistin im Roman „Januarrot“ von ...

„Leichen bringen Farbe ins Leben.“ [40] Und das Buch bringt diese Farben zum Leser, lässt ihn an dieser spritzigen, amüsanten Geschichte teilhaben.

Deborah, die Protagonistin im Roman „Januarrot“ von Martina-Marie Liertz,
hat zwei Leidenschaften: Schuhe und Frauen. Aufgrund ihrer Beobachtungsgabe bleibt es dann auch nicht aus, dass sie sich wegen gerade dieser zwei Leidenschaften in einem Mordfall wieder findet.
Das Buch ist ein sprachlicher, angenehm zu lesender Ausflug in die Nachwendezeit, als noch rusende, röchelnde Trabants durch Berlin fuhren und Kohleöfen zum Alltag gehörten, die ganze Welt sich noch etwas langsamer gedreht hat.
In zwei Handlungssträngen lässt die Autorin die vorwitzige, neugierige Protagonistin herumschnüffeln und ihre Gefühlswelt erkunden und verwebt beides zu einem Großen Ganzen.
Dass das Buch das Krimigenre ironisiert, macht es so lesenswert. Es ist durchdacht und ansprechend geschrieben, und erzeugt eine Leichtigkeit beim Lesen.
Eigentlich würde ich das Buch nicht als Thriller bezeichnen, sondern mehr als Krimi in dem sich die Charaktere entfalten dürfen, denen man gerne und aufmerksam folgt und sich dabei erwischt, dass man oft mitschmunzelt, wenn Deborah sich zwischen zwei Frauen entscheiden muss, und dabei feststellt, dass jede von ihnen Leichen im Keller hat.
Auch wenn das Buch nur knapp 118 Seiten hat, so gelingt es der Autorin, eine gelungene Atmosphäre zu schaffen, den Schauplatz - oder sollte man besser Tatort sagen – zum Leben zu erwecken und bildhaft zu beschreiben.

Die Farbe rot zieht sich durch das Buch und findet sich auch auf dem Cover wieder, welches schlicht aber ansprechend gestaltet ist. Auch schafft die Farbe die Verbindung zum demnächst erscheinenden Buch "Julipläne". Man darf sich auf eine weitere Geschichte mit Deborah freuen.

Fazit: Ein besonderes Lesevergnügen für jederfrau und jedermann.

Veröffentlicht am 25.02.2019

Der Mensch im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit

Schöne Neue Welt
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„Genormte Männer und Frauen in konstanten Mengen. (…) Das Prinzip der Massenproduktion übertragen auf die Biologie. [15]“

Dass dieses Werk von Aldous Huxley kein einfaches ist, merkt man an den knapp ...

„Genormte Männer und Frauen in konstanten Mengen. (…) Das Prinzip der Massenproduktion übertragen auf die Biologie. [15]“

Dass dieses Werk von Aldous Huxley kein einfaches ist, merkt man an den knapp dreißig Seiten Anmerkungen und einem schön zu lesendem Nachwort von Tobias Döring. Das Nachwort ist sehr fundiert geschrieben, es greift Themen und Fakten auf, interpretiert sie und ist eigentlich noch viel spannender als das Hauptwerk. – Auch wenn es das Nachwort nie ohne „Brave New World“ gegeben hätte.

Vieles aus diesem dystopischen Roman oder sollte man besser utopischem Buch sagen, hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Und das, obwohl der Klassiker der Literatur nun mehr als 80 Jahre auf dem Buckel hat.

Die Grundidee des Buches und deren Umsetzung ist Huxley gelungen. Auch wenn sich das Werk, zumindest für mein Empfinden, nur sehr anstrengend lesen lässt. Auch kann man nicht wirklich eine Beziehung zu den Charakteren aufbauen.

Ich beziehe mich hier auf die Ausgabe Oktober 2016 der Fischer Taschenbibliothek.

Veröffentlicht am 25.02.2019

Wohin geht die Reise?

Das Paket
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„Sie brach auf zu der gefährlichsten Etappe ihrer selbstzerstörerischen Reise, tief hinein in die Elendsviertel ihrer sinnlosen Existenz.“ [178]

„Das Paket“ von Sebastian Fitzek lässt die Protagonistin ...

„Sie brach auf zu der gefährlichsten Etappe ihrer selbstzerstörerischen Reise, tief hinein in die Elendsviertel ihrer sinnlosen Existenz.“ [178]

„Das Paket“ von Sebastian Fitzek lässt die Protagonistin Emma Stein, Psychiaterin, verzweifeln. Was spielt sich in der Realität ab und was ist der eigene Wahn?

Kurze Kapitel, flüssig geschrieben und am Ende jeweils mit einem Cliffhanger ausgestattet. Dazu gibt es spannende Wendungen. Eigentlich sehr viele und irgendwann glaubt man, dass jeder ein dunkles Geheimnis hat und der gesuchte Täter sein könnte. Aber wer war es wirklich? Dadurch, dass die Geschichte zeitlich immer springt, wird weitere Spannung aufgebaut – und der Leser muss bewerten, welche Information ihn des Rätsels Lösung ein Stück weit näher bringt. Am besten liest man das Buch an einem Abend/ Wochenende einfach komplett durch.

Noch etwas muss man hervorheben. Das Cover. Es passt perfekt zum Titel des Buches. Und auch wie Emma, weiß man nicht wohin die Reise gehen wird.

Fazit: Nervenkitzel, Spannung und mit raten.

Veröffentlicht am 20.02.2019

Großartige Literatur

Der Trafikant
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„Ein guter Trafikant verkauft Genuss und Lust – und manchmal Laster.“ [33]

Österreich 1937: Robert Seethaler zeichnet einen Schauplatz vergangener, dunkler Tage in seinem Roman „Der Trafikant“.

Die Geschichte ...

„Ein guter Trafikant verkauft Genuss und Lust – und manchmal Laster.“ [33]

Österreich 1937: Robert Seethaler zeichnet einen Schauplatz vergangener, dunkler Tage in seinem Roman „Der Trafikant“.

Die Geschichte handelt vom Erwachsenwerden, vom Durchleben der Gefühlswelt - nicht nur in Bezug auf die Liebe des Protagonisten Franz zur Böhmin Anezka – von den politisch-gesellschaftlichen Verhältnissen der damaligen Zeit, von der Eingliederung des Bundesstaates Österreich in das nationalsozialistische Deutsche Reich.

Mit einem unaufgeregten aber dennoch fesselnden, interessanten Schreibstil erzählt Seethaler vom heranwachsenden Burschi Franz, seinen Unterhaltungen mit Freud und der Liebe. Gekonnt vollzieht der Autor mit der Geschichte eine Wandlung zu etwas ganz Großem, gibt Einblicke, lässt den Leser eintauchen, konfrontiert und hinterfragt.

Die Szenen mit dem bekannten Sigmund Freud sind ein wahrer Genuss. So glaubhaft beschrieben, als wären sie Wirklichkeit. Die Charaktere wurden sehr gut ausgearbeitet. Besonders Franz weist eine enorme Wandlung auf, wächst zu wahrer Größe heran.

„An den Klippen zum Weiblichen zerschellen selbst die Besten von uns.“ [77]

Fazit: Großartige Literatur. Still. Präzise.