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Veröffentlicht am 16.07.2018

Wir tranken ein Bier und unterhielten uns über alles und nichts

Im Morgengrauen
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„Wir tranken ein Bier und unterhielten uns über alles und nichts.“ [149]
So erging es mir leider auch mit dem Buch. Alles und nichts. Vielleicht halte ich es auch mit der Aussage von Richter Heyne „Kann ...

„Wir tranken ein Bier und unterhielten uns über alles und nichts.“ [149]
So erging es mir leider auch mit dem Buch. Alles und nichts. Vielleicht halte ich es auch mit der Aussage von Richter Heyne „Kann ich nicht mal einen Nachmittag verbringen, ohne darüber nachzudenken, welcher Dorftrottel den anderen umgebracht hat.“ [124]

Aber alles der Reihe nach. Auf der Suche nach einer Vermissten durchkreuzt Officer Henry Farrell, „die Ein-Mann- Polizeibehörde von Wild Thyme“ [209], die ländliche, von industriellem Niedergang schwer gezeichnete Region, welche sich als „ein richtiges Problemviertel“ [131] darstellt.

Erwartet hätte ich eine packende, bildgewaltige Story, zumal die Themen Fracking und die Beschreibung der mit ihrem Drogenproblem behafteten Region sehr viel Potenzial versprachen. Teilweise liest sich die Beschreibung der Landschaft, hier am Beispiel von Airy [127] richtig gut, aber insgesamt verliert der Autor sich selbst.
Das Thema Fracking wird nur kurz angerissen und bei den Drogenproblemen zeichnet Bouman besser. Der Officer selbst macht keine Ausnahme und findet sich in diesem Sumpf wieder. „Ich hatte einiges getrunken und an einem Joint gezogen, aber ich will Ihnen natürlich nicht Ihren Fall vermasseln.“ [92] „Außerdem suchte ich eine kleine Graspfeife.“ [107]

Die Suche nach der vermissten Penny zieht sich verworren durch das Buch. Ob das daran liegt, dass Farrell von den anderen viel zu vielen Charakteren –jede Person wird umschweifend mit Namen vorgestellt- nicht ernst genommen wird „Sie sind vielleicht kein Detective, aber einen Plan hatten Sie sicher trotzdem.“ [93], oder aber „in diesem Zustand von Trunken- und Bekifftheit“ [145] liegt?

Veröffentlicht am 16.07.2018

Gute Nacht

Gute Nacht, Gorilla!
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Der Wärter Joe ist auf seinem Rundgang und sagt den Tieren gute Nacht. Er merkt dabei nicht, dass der Gorilla ihm seine Schlüssel klaut und allen Tieren, denen er eine schöne Nacht wünscht, frei lässt; ...

Der Wärter Joe ist auf seinem Rundgang und sagt den Tieren gute Nacht. Er merkt dabei nicht, dass der Gorilla ihm seine Schlüssel klaut und allen Tieren, denen er eine schöne Nacht wünscht, frei lässt; nur damit alle in des Zoowärters Haus schlafen können.
Was man mit minimalstem Text alles vorlesen, variieren, neu entdecken kann, hat man diesem sehr schönen, detailreichen Kinderbuch zu verdanken. Auch nach dem x-ten Mal Lesen bleibt der Spaß für Groß und Klein erhalten. Mal erzählt man die Geschichte aus der Sicht der Tiere, des Gorillas oder aber verfolgt einfach nur den Ballon, der sich auf den Seiten versteckt.

Veröffentlicht am 25.06.2018

spannende Lektüre über die Endphase des Algerienkriegs

La Grande Bleue
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Helga Hutterer entführt den Leser in ihrem Biographischen Roman „La Grande Bleue“ mitten in den Algerienkrieg, genauer gesagt zu den Stationen Paris, Oran und Alger, welche Hannah – Protagonistin des Buches ...

Helga Hutterer entführt den Leser in ihrem Biographischen Roman „La Grande Bleue“ mitten in den Algerienkrieg, genauer gesagt zu den Stationen Paris, Oran und Alger, welche Hannah – Protagonistin des Buches – in den Jahren 1962 bis
1966 erlebt.
Dass selbstbiographische Belletristik informativ und zugleich spannend, packend sein kann, wird anhand dieses Werkes eindrucksvoll dargelegt.

Bereits im Prolog wird der Leser mit der Lage in Algerien konfrontiert, eigentlich darauf vorbereitet, was ihn dort erwarten wird. René Soyer hat einen Posten durch François Mitterand im Oran erhalten und soll für die Regierung Frankreichs unter Charles de Gaulle mit der „algerischen Exilregierung GPRA und der Nationalen Befreiungsfront FLN, der Organisation der arabischen Muslime in Algerien, eine friedliche Übergabe der Stadt an die Araber aushandeln.“ [7] Dies ist der Auftakt für Hannah, die ihrem Freund René von Paris aus in den Oran folgt. Dass sie sich dabei auf eine anstrengende, spannende, aufregende und gefährliche Reise begibt, merkt sie direkt bei ihrer Ankunft. „Plötzlich fallen Schüsse. Eine Kugel pfeift nahe an ihrem Kopf vorbei. Neben ihr bricht der Mann zusammen…“ [17]
Hannah kommt im Verlauf der Geschichte zur Unabhängigkeit Algeriens auch zwischen die Fronten der Konfliktparteien. Die Lebensbedrohlichen Situationen hindern sie aber nicht, weiter ihrem Freund René zu folgen. Das Buch legt die politische Situation Algeriens auf eine fesselnde Weise dar und schildert unter anderem die Geschehnisse rund um Boumedienne, Ben Bella für die FLN, Challe, Massu für Frankreich und Raoul Salan für die OAS (Organisation de l’armée secrète) einer französichen Untergrundorganisation. Und immer mitten im Geschehen: Soyer.
Die Unabhängigkeit spielt nicht nur eine wichtige Rolle im blutigen Algerienkrieg, sondern betrifft auch sie, denn sie sieht sich auch mit existenziellen Fragen konfrontiert. Hannah kam als Kriegskind aus Jugoslawien nach Deutschland, erhielt unter anderem in Paris ihre Ausbildung zur klassischen Balletttänzerin. Es sind die kleinen Dinge, die ihr –außer René - halt geben. Im Verlaufe der Geschichte kommt Hannah zur Erkenntnis, dass die Unabhängigkeit auch für sie erstrebenswert ist, dass sich auch bei ihr etwas ändern muss, damit sie lebt, glücklich ist und beginnt einige Dinge zu hinterfragen.

Der Schreibstil ist kurz, prägnant, teilweise kühl, nüchtern. Er hält den Leser auf Distanz. Lässt einen das Erlebte aus der Ferne betrachten. Für den Teil in Oran ist dies perfekt. Allerdings bleibt der Leser auch mit seinen Emotionen, der Gefühlswelt etwas außen vor. Man kann sich nicht mit Hannah identifizieren oder sich ganz in ihre Lage hineinversetzen. Dies ist schade und hätte den Teil ab „la grande bleue“ wesentlich spannender, attraktiver gemacht.

Insgesamt ist das Buch eine spannende Lektüre über die Endphase des Algerienkriegs und zeigt tiefe Einblicke in die damalige Situation.

Veröffentlicht am 14.06.2018

Blick auf die Dunkelheit

Splitterfasernackt
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Lilly Lindner schildert in ihrem autobiografischen Debütroman den an ihr begangenen sexuellen Missbrauch als 6 Jährige, die daraus resultierende Magersucht und schließlich das Leben als Prosituierte in ...

Lilly Lindner schildert in ihrem autobiografischen Debütroman den an ihr begangenen sexuellen Missbrauch als 6 Jährige, die daraus resultierende Magersucht und schließlich das Leben als Prosituierte in einem Bordell.

Sollte man eine Autobiografie bewerten, rezensieren? Wie kann man sich in diesen Tatsachenbericht, in diese Welt sich einbringen?
Mir persönlich fällt es schwer, das Beschriebene zu bewerten. Dies überlasse ich diesmal dem Feuilleton-Team der FAZ (siehe Link).

Was mich an diesem Buch jedoch wirklich begeistert hat. Der grandiose Schreibstiel und die Prosa, welche die Autorin an die Welt legt.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/lilly-lindner-splitterfasernackt-ohne-maenner-ist-es-im-bordell-ganz-gemuetlich-11496490.html

Veröffentlicht am 08.06.2018

Alte Liebe oder neue Erotik?

Mach mich zu deiner Hure | Erotischer Roman
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Das ist die entscheidende Frage in diesem Roman von Jenna Norman. Und genau mit dieser Frage sieht sich die Protagonistin Melinda konfrontiert.
Während ihr Ex-Mann Jason seine geliebte heiraten möchte, ...

Das ist die entscheidende Frage in diesem Roman von Jenna Norman. Und genau mit dieser Frage sieht sich die Protagonistin Melinda konfrontiert.
Während ihr Ex-Mann Jason seine geliebte heiraten möchte, bleibt Melinda gefühlstechnisch und was die Emotionen anbelangt, stehen und geht für ihren Job auf. Durch Zufall trifft sie auf Riley und muss sich von nun an für einen der beiden Männer entscheiden.
Der Schreibstil ist flüssig und das Buch lässt sich prima lesen. Die Leser begleiten Melinda auf dem Weg ihrer Findung wer nun der richtige für sie sei. Dabei durchläuft sie eine nicht gekannte Wandlung, welche sich in einer gefestigten, emotionaleren und willensstarken Frau formiert. Natürlich taucht die Protagonistin in diverse erotische Abenteuer ab – diese wurden jedoch nicht sehr ausgiebig beschrieben-, probiert neues und entdeckt ihre heimlichen Wünsche und Gefühle.
Vom Setting hätte ich mir persönlich etwas mehr erwartet. Jedoch wurde Melindas Charakter gut herausgearbeitet und ist für die eine oder andere Überraschung gut und bringt den Leser auch zum Schmunzeln. Dies merkt man gerade gegen Ende des Buches bei der Kommunikation mit ihrem Sohn. Selbstsicher und taff.