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Veröffentlicht am 13.07.2023

zwischen Melancholie und Nostalgie, Erinnern und Wertschätzen

Sylter Welle
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Kurzweilig und dennoch berührend. Nostalgisch und fast schon melancholisch. Zum schmunzeln und auch zum weinen.

"Sylter Welle" lässt erinnern und sehnen, wirft einen sanft zurück in die Tage zwischen ...

Kurzweilig und dennoch berührend. Nostalgisch und fast schon melancholisch. Zum schmunzeln und auch zum weinen.

"Sylter Welle" lässt erinnern und sehnen, wirft einen sanft zurück in die Tage zwischen Familie und Ferien, geteilte Momente mit den Großeltern, rückblickend gewonnene Erkenntnisse und ist geprägt von wiederbelebende Gefühlen.

In einer Sprache die beobachtet und gleichzeitig verschmitzt in der Vergangenheit schwelgt fühlt man sich als Leser schnell auf Sylt. Trotz der Ausschweifungen durch sämtliche Rückblenden und Einblicke in eine Familiendynamik, findet Leßmann immer wieder zurück zu seinem Anfang und rundet jede Anekdote gekonnt mit der aktuellen Erfahrung aus. Mal tiefgründig, mal poetisch, mal voller Witz und Humor.

Max hat mit seinem Roman für sich die Frage beantwortet, ob man die eigene Familie auch lieben würde, wäre man nicht mit ihnen verwandt. Obgleich man nicht immer einer Meinung ist, sich Ansichten stark differenzieren, man den Mut und das Recht haben sollte, sich gegen die Familie zu stellen, ist für ihn klar, dass die Liebe die er für seine Leute empfindet immer da.

Das Älterwerden und das Altern werden wahrgenommen. Wie wenig sich Menschen denen wir nahestehen ändern und uns mit der Zeit doch noch überraschen können. Die Vergänglichkeit des Lebens, welche unausweichlich ist und trotz des Bewusstseins, bin neben Max auch ich traurig über manche Dinge, Beziehungen, wie sie verlaufen und ich denke "Daran, dass ich das gar nicht zu schätzen weiß" (Seite 183).

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Veröffentlicht am 28.04.2023

Eine gute Erzählung

Keine gute Geschichte
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Ein wenig bin ich, naja, enttäuscht ist zu hart ausgedrückt, doch irgendwie trifft es das doch, denn wie Arielle bereits beschrieb, ist das alles nicht sehr "deep".

Was "Keine gute Geschichte" so besonders ...

Ein wenig bin ich, naja, enttäuscht ist zu hart ausgedrückt, doch irgendwie trifft es das doch, denn wie Arielle bereits beschrieb, ist das alles nicht sehr "deep".

Was "Keine gute Geschichte" so besonders macht ist für mich die gelungene Sprache. Eine Balance aus authentischem Pott und Zynismus.
Die Sprache die die Protagonistin verwendet ist authentisch. Vulgär mit Anglizismen und Wörtern, die eine Social Media Managerin wie sie wohl häufiger verwendet. Ihre Sprache und die Art wie sie sich ausdrückt ist gemäß der Zeit, doch fand ich es machmal schon zu sehr überspitzt. Ja, sie kennt und lebt ihre Branche, aber es ist auch ziemlich unerträglich wie inkohärent manche Gedanken sind, obwohl mir die Begriffe und Satzstrukturen so nicht unbekannt sind. Die Reise von der Großstadt zurück in die Heimat hat Arielles Mundwerk wohl gelockert.
Die Ausdrucksweise der Bewohner des Prekariat passen auch hier zu ihren Charakteren. Trockener Humor und Ironie, grob und direkt und dennoch eine leichte Herzlichkeit, die die ein oder andere Person rüberbringt.

Es ist alles so oberflächlich und wiederum doch so passend zu Arielle, die in ihren letzten Jahren nur so an der Oberfläche ihrer Vergangenheit und Probleme gekratzt hat.
Die Art und Weise wie sie Probleme und Traumata verdrängt fand ich als Leser unglaublich traurig und gleichzeitig waren ihre Motive und ihr Verhalten doch so nachvollziehbar.
Es ist ein Auf und Ab zwischen Entsetzen und Mitgefühl, Bestürzung und Hoffnung, für Arielle, für die verschwundenen Mädchen, für eine Auflösung der Geschehnisse, die Arielle seit über 20 Jahren beschäftigt und schmerzt.

Es werden viele Themen angeschnitten, doch wie auch bei Arielle bleibt alles ein wenig in der Luft hängen. Das Patriarchat bekommt sein Fett weg, doch auch sexuelle Gewalt, Drogenkonsum sowie die prekären Verhältnisse in den verwahrlosen und runtergekommenen Wohnvierteln am Rande der Stadt werden aufgeführt. Es wurde auch sehr in der Klischeekiste gewühlt. Nicht nur was die Beschreibungen der desolaten Wohnviertel angeht sondern auch deren Bewohner. Ganz falsch sind sie nicht, denn ich als Pottkind habe hier und da eine Szene wieder erkannt, doch alles in diesem überspitzten Ton zu streichen ist doch ein wenig zu streng. Ich denke, ein Stich gegen Staat und Gesellschaft wäre für mich schön zu lesen gewesen. Diese Verhältnisse entstehen nicht nur durch die Bewohner, sondern auch durch die Ohnmacht die diese Menschen empfinden.
Depressionen sind hier ebenfalls Thema, doch es ist mir nicht "deep" genug, obwohl es doch so gut Arielle als Protagonistin beschreibt, denn schließlich sehen wir alles aus ihren Augen.

Um die 200 Seiten sind nicht sehr viel und obwohl alles auf den Punkt gebracht ist, wurde für mich nur das Minimum für eine gute Geschichte erbracht. Es hat alles Hand und Fuß, doch Krankheiten und Zustände sind Erklärungen für Verhaltensweisen, aber sie entschuldigen nicht Handeln. Ich wünschte, es wäre etwas "deeper" in Hinblick auf Charakterentwicklung, doch ich sehe auch, wieso es so geworden ist, wie es nun ist, obwohl ich nicht immer mit Arielle sympathisieren konnte.

Ich mochte es, kann mir aber vorstellen, dass es nicht bei jedem Anklang gewinnen könnte. Es fühlt sich für mich noch unvollendet an, auch wenn nun für mich Klarheit vorliegt.

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Veröffentlicht am 28.04.2023

spannende Thematik mit satirischer, dunkler Note

Institut für gute Mütter
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Man wird sehr schnell in diese dystopische Welt eingeführt. Alles was die Autorin erzählt wirkt so plausibel, als wäre das auch unser Alltag. Obwohl ich hier und da Fragen zur Entstehung des Institutes ...

Man wird sehr schnell in diese dystopische Welt eingeführt. Alles was die Autorin erzählt wirkt so plausibel, als wäre das auch unser Alltag. Obwohl ich hier und da Fragen zur Entstehung des Institutes hatte, waren diese während des Lesens schnell vergessen. Die Autorin erzählt in einem Ton voller direkter, unverblümter Rohheit von dem Geschehen, dass die ersten Rückfragen zum System erst mal nebensächlich sind. Alles scheint sehr authentisch zu wirken.

Es wird sich sozialkritisch geäußert und zwischendrin ist auch ein dunkler, satirischer Humor zu erkennen. Frauen werden schnell als "schlechte Mütter" verurteilt, der Mangel an Mitgefühl von Sozialmitarbeitern ist erschreckend, vor allem auch, wenn es um die mentale Gesundheit von Frauen geht. Die Erwartungen und der Druck den Mütter haben und dass sie immer und alles geben müssen ist enorm. Wie einfach sie verächtlich beurteilt werden, während Väter nur das Minimum zu tun scheinen und dafür schon gefeiert werden. Diese Ungerechtigkeit wird vor allem durch das Institut für Männer ersichtlich und den Frauen ist dies sehr bewusst.
Das Buch geht auch auf die Intersektionalität in Rassen und Kulturen ein und wie diese die Idee von richtiger Erziehung, die die Gesellschaft hat, beeinflusst. Ängste und Sorgen verschiedener Familiendynamiken werden dargestellt. Auch die Schwierigkeiten, die Familien mit Migrationshintergrund haben, wenn sie ihre Methoden oder Sichtweisen den Autoritäten verständlich machen wollen, werden sehr detailreich durch die vielen, facettenreichen Charaktere veranschaulicht.

Wenn wir die Entscheidung von Frida verfolgen, fällt es einem doch schwer Mitgefühl für sie zu entwickeln und gleichzeitig sympathisiert man doch mit ihr und den anderen Müttern. Dieser grausame Ort an den die Frauen gebracht werden gleicht Big Brother. Ein Überwachungsstaat, die Kontrolle über so eine private und intime Sache wie die Erziehung der eigenen Kinder durch den Staat, von künstlicher Intelligenz bewertet zu werden, Dinge, die unvorstellbar klingen und doch so echt und nah durch die Autorin herangebracht werden.

Obwohl ich mir gewünscht hätte, man würde mehr über die Entwicklung der Gesellschaft und des Staates bis zu der Einführung des Institutes erfahren, fand ich die Geschichte doch sehr spannend. Der Mittelteil war doch etwas zäh, da viele Praktiken in der Schule repetitiv waren, doch das Buch gibt einem viel zu denken.
Es ist moralisch mehrdeutig und es gibt kein gut oder böse, sondern alles schwimmt in der Grauzone. Es wirft viele Fragen auf. Wie weit der Staat eingreifen sollte, welche Maßnahmen sinnvoll wären, an welchen Faktoren man gute Eltern festmachen sollte. Es zeigt verschiedene Aspekte von Klassizismus, Rassismus, Sexismus und Kindesmissbrauch. Die Ungerechtigkeit wird hier sehr deutlich und leider sind einige der Beispiele nicht nur fiktional, sondern finden sich auch in der Realität wieder. Ein spannendes Buch mit ergreifender Erzählweise, treffender Satire, dunklem Humor und Beobachtungen eines schwierigen Themas, das zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 19.02.2023

bittersüß berührend - von Liebe, Verlust und Einsamkeit

Lichte Tage
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Es sind die 1960er in Oxford und eine Begegnung zweier Jungen erweckt eine plötzliche Freundschaft. Ellis, künstlerisch interessiert und von seiner Mutter ermutigt, seiner Affinität nachzugehen und weiterhin ...

Es sind die 1960er in Oxford und eine Begegnung zweier Jungen erweckt eine plötzliche Freundschaft. Ellis, künstlerisch interessiert und von seiner Mutter ermutigt, seiner Affinität nachzugehen und weiterhin in der Schule zu bleiben. Oft in Gedanken versunken und observierend. Im Kontrast zu ihm Michael, der von nun an bei seiner Oma aufwächst. Wortgewandt und nahezu poetisch betrachtet er die Welt. Voller Gefühle und Impulse formen die beiden Jungen eine Freundschaft, an die sie festhalten und an ihr wachsen, als Trauer und Einsamkeit ihnen gegenüberstehen und sie Zuflucht in Kunst und Träumen finden.

Und dann ist da Annie. Kann man so viel Liebe für zwei Personen gleichzeitig empfinden? Und wie fühlt sich der nahezu Verlust der allerersten Liebe an? Wenn ein klagendes Loch sich nach Zusammengehörigkeit sehnt? Sowohl von Michael als auch von dem Paar, welches Ellis und Annie fortan gebildet haben.

Zwischen Intensität und Euphorie habe ich gefühlt und geliebt, gesehen und gefürchtet. Die Autorin schafft eine warme Atmosphäre und zugleich wird man von einer kühlen Brise überrascht. Wie es Michael erging, womit Ellis zu kämpfen hat, wie die Balance aus dem Schwanken gerät, von einer Freundschaft, die doch so felsenfest und eine solche Standhaftigkeit zeigte, doch durch das notwendige Loslassen aus Selbstschutz, nun brüchig erscheint.

Bittersüß, voller Liebe und Zwischenmenschlichkeit, erfahren wir von Liebe in ihren vielen Facetten. So innig und tiefsinnig, dass jeder Moment einen prägenden Eindruck hinterlässt und trotz des gleichzeitigen Schmerzes alles ist, was man will.

"Lichte Tage" ist berauschend schön. Poetische Beschreibungen von warmen Landschaften und Bildern bringen einem Kunst näher, Introspektionen und nuancierte Charaktere, die Handeln und Emotionen versuchen zu verstehen. Trotz der schweren Melancholie und der Trauer gibt es Freude. Freude am Leben und der Liebe. So wie wir uns an die alltäglichen Freuden festhalten. Denn was bleibt uns, wenn nicht die Hoffnung? Auf Freundschaft und Liebe.

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Veröffentlicht am 20.01.2023

zwischen Inszenierung und Realität

Die Perfektionen
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„Sie fürchteten zufrieden zu sein, weil sie sich zufriedengegeben hatten.“

Mit bildhaften Beschreibungen einer Wohnung, von Cafes und vielerlei Geschehen auf den Straßen, porträtiert der Autor ein Leben ...

„Sie fürchteten zufrieden zu sein, weil sie sich zufriedengegeben hatten.“

Mit bildhaften Beschreibungen einer Wohnung, von Cafes und vielerlei Geschehen auf den Straßen, porträtiert der Autor ein Leben eines Paares in seiner Wahlheimat Berlin. Hip, modern, energetisch scheint alles was sie tun, fühlen, leben zu sein. Detailreiche Bilder werden gezeichnet, von dem perfekten Lifestyle als „Kreative“, so wie es Anna und Tom als Grafikdesigner sind. Holzdielen, Monsterapflanzen, das Emaillegeschirr, das unkonventionell und mühelos erscheinen soll, doch mit Sorgfalt gewählt wurde. Diese illustrierteLässigkeit versucht das Paar auch in ihrem Alltag zu integrieren.

Anna und Tom sind austauschbare Charaktere. Auch ohne Dialoge beschreibt der Autor ein klares Bild eines Paares, die einem in den sozialen Medien bestimmt schon mal vors Auge gekommen sind. Hier und da hört man eine leichte Skepsis gegenüber dem Verhalten des Paares heraus, doch wertend ist es nicht. Der Autor teilt Beobachtungen von Menschen, die stellvertretend für eine Generation sprechen könnten.

Was mich an dem Buch gereizt hat ist die Tatsache, dass wir endlich mal mehr Zugang zu übersetzten Werken haben, die in der Originalsprache nicht Englisch sind. In diesem Fall von einem italienischem Autor, der in Berlin lebt. Schon interessant, wie er die Gesellschaft so genau trifft, die wir durch Instagram und Co als alltäglich empfinden. Natürlich spricht dies nicht alle an, doch durch die ausgiebigen Beschreibungen hat man als Leser sofort ein Bild im Kopf, wen er in diesem kurzen Roman seziert. Dieser kurze Roman, oder auch etwas längerer Essay, über die hergerichtete Onlinepräsenz und welche Wirkungen sie auf Menschen haben, regt zum Nachdenken an.

Zwischen Kaffees aus Emailletassen und performativem Aktivismus, in den langen Nächten zwischen Kunstgalerien und Vernissagen, suchen Menschen nach Sinn und Bedeutung. Während das Onlineleben an mehr Likes gewinnt, bröckelt innerlich die Fassade. „Die Perfektionen“ beschreibt eine Sehnsucht nach Zugehörigkeit, dem Verlangen von Aufbruch aber auch Ankommen und dem Wunsch sorgloser, ehrlicher Zufriedenheit.

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