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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.09.2019

wundervolle Aufmachung, nüchterne Geschichte

Der lange Weg zu dir
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Adam kommt über den Verlust seines Hundes nicht hinweg, während Sonia sich mit ihrer Katze auf eine Reise ins Ungewisse begibt. Können diese beiden Kinder sich gegenseitig helfen?

Die Abbildungen sind ...

Adam kommt über den Verlust seines Hundes nicht hinweg, während Sonia sich mit ihrer Katze auf eine Reise ins Ungewisse begibt. Können diese beiden Kinder sich gegenseitig helfen?

Die Abbildungen sind unglaublich schön und detailreich, wenn auch sehr düster. Die Illustrationen sind eher dunkel gehalten, doch gibt es auch mal Seiten die mehr als magisch und traumhaft wirken. Man blättert gerne zwischen den Seiten hin und her, um sich kleine Details nochmal genauer anzusehen und einfach die Bilder auf sich wirken zu lassen.

Die Geschichte selber empfand ich als nicht ganz schlüssig. Es entsteht schnell eine traurige und bedrückende Stimmung was die Thematik von Trauer und Verlust aufgreift, doch war der Abschluss etwas plump. Es fehlte der rote Faden. Während Adam ein behütetes Zuhause hat wandert Sonia auf die andere Seite des Meeres, das die beiden Kinder trennt. Da kommen mir als Erwachsener doch einige Fragen auf. Auch ihre Entscheidung bei einem Fremden mitzufahren fand ich fragwürdig, zumal nicht auf mögliche Konsequenzen hingewiesen wurde.

Als Kinderbuch wirkt es recht märchenhaft und abenteuerreich, es erweckt Hoffnung auf einen Neuanfang und einer blühenden Freundschaft. Das Buch würde ich aber Kindern nur empfehlen, wenn das Thema der Trauerbewältigung verständlich gemacht werden möchte. Andernfalls sind es zwar wirklich wundervolle Bilder zum angucken, die Geschichte selber fand ich aber nüchtern.

Veröffentlicht am 30.08.2019

unterhaltsam und lustig

Du bleibst mein Sieger, Tiger
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Der Begriff "Alterspubertierender" war mir zuvor unbekannt, doch die Umsetzung des Buches hat mir sehr gut gefallen und einen schönen Nachmittag beschert. Wirklich witzig und mit Selbstironie begleiten ...

Der Begriff "Alterspubertierender" war mir zuvor unbekannt, doch die Umsetzung des Buches hat mir sehr gut gefallen und einen schönen Nachmittag beschert. Wirklich witzig und mit Selbstironie begleiten wir hier einen Alterspubertierenden, der sich in Situationen wiederfindet die nicht nur realistisch sind, sondern mit Komik und Humor geschildert werden. Ob das Aufquatschen von nichtssagenden Produkten durch eine Verkäuferin in der Parfümerie, der aufgebrummte Tanzkurs oder die Begegnung mit Gott selbst, die Geschichten aus dem Leben eines Alterspubertierenden sind herrlich und zum Schmunzeln. Auch zum Lachen empfand ich die Szene beim Grillen, als sogar der Veganer sich auf die Bratwürstchen warf! Herrlich!

Veröffentlicht am 30.08.2019

humorvoll, ergreifend und so weise

Der größte Spaß, den wir je hatten
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Bücher mit einer Seitenanzahl von über 500 Seiten schrecken mich schon ab. Dieses Buch hier mit über 700 Seiten habe ich jedoch schneller gelesen als gedacht und es fühlte sich überhaupt nicht so lang ...

Bücher mit einer Seitenanzahl von über 500 Seiten schrecken mich schon ab. Dieses Buch hier mit über 700 Seiten habe ich jedoch schneller gelesen als gedacht und es fühlte sich überhaupt nicht so lang und schwer an, wie es in der Hand lag.

Claire Lombardo bietet mit ihrem Roman ein starkes Debüt. Es handelt von der Familie Sorenson, bestehend aus dem Ehepaar Marilyn und David und deren vier Töchtern Wendy, Violet, Liza und Grace. Jeder der Charaktere hätte nicht unterschiedlicher sein können, doch gleichzeitig haben diese Figuren so viel miteinander gemeinsam und zeigen eine Verbundenheit die sich leicht nachempfinden lässt.

Die Geschichte entfaltet sich in Flashbacks und Geschehnissen in der Gegenwart. In abwechselnden Kapiteln werden Ereignisse und Erinnerungen geschildert, die vom Alltag, Schicksalsschlägen, Verlust, Verbitterung, mentaler Ermüdung und Hilflosigkeit erzählen. Die wechselnde Perspektive einer sechsköpfigen Familie scheint vielleicht umständlich und überfordernd zu sein, doch sie ist in diesem Fall eine Unterstützung und Offenbarung was das Verständnis für die Handlungsmotive anbelangt. Wie kann es sein, dass man so viel Zeit mit der Familie verbringt, und ihnen doch nicht nahe ist? In wie weit spielt die Reihenfolge in der Geschwister geboren werden eine Rolle für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit? Wie kann man jemanden hassen, mit dem man aufgewachsen ist, und dort zugleich eine innige Verbindung besteht?

Lombardo schreibt unaufgeregt einfühlsam. Sie ist in ihrer Sprache klar und einfach, es liest sich schnell, die Geschichte bewegt sich nahtlos fort und jedes noch so kleine Detail scheint genau benötigt zu sein. Mit dieser beeindruckenden Einsicht, der geschaffenen Intimität und Mitgefühl hat sie sich dieser Familie gewidmet. Was mich zu Beginn irritiert hat war, dass manche Charaktere stakkatohaft geredet haben. Es wirkte zunächst authentisch, doch beim Lesen hielt auch ich oft abrupt an und machte lange Pausen. Ich brauchte ein wenig um mich an den Stil zu gewöhnen.

Die größte Stärke dieses Buch ist die Entwicklung der Charaktere. Es lebt von ihren reichhaltigen Facetten und dreidimensionaler Darstellung, ihren einzigartigen Eigenschaften und Reaktionen in diversen Situationen. Man verfolgt das Leben dieser Figuren und merkt, dass man solche Menschen auch in seinem eigenen Leben wiederfindet. Es gibt einige Tragödien, schlechte Entscheidungen und doch auch so viel Freude, Liebe und Zusammenhalt. In gutem Maße bringt die Autorin auch Wut und Angst zum Vorschein, Selbstaufopferung und eine Stärke, die diese durchschnittliche Familie so real und dynamisch erscheinen lässt. Figuren, dessen Entscheidungen man anzweifelt, wünscht man trotzdem nur das Beste. Und auch Nebenfiguren werden hier mühelos eingeführt und einen Platz gegeben.

Trotz der mächtigen Dicke des Buches wüsste ich nicht, was man hätte weglassen können. Keines der Geschichten wirkte zu viel oder irrelevant. Ich kann mir vorstellen, dass eine Menge Leser sich mit der ein oder anderen Figur in diesem Roman identifizieren kann, oder mit den thematischen Elementen die Lombardo so gewissenhaft und achtsam in ihr Buch fließen lässt. Es ist nicht melodramatisch wie es klingt, wenn man an Familiendrama denkt. Es ist ein Buch von außerordentlicher Tiefe und Einsicht, voller Lachen und Trauer, auf eine intelligente Weise emotional, mit Witz und vielen Weisheiten.

Veröffentlicht am 23.08.2019

enttäuschend und nicht wie erwartet

Mittwoch also
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"Kann etwas vorbei sein, was nie begonnen hat?"

Erwartet habe ich eine ängstliche, verzweifelte, frustrierte aber starke und offene Frau, die sich mit ihrer ungewollten Schwangerschaft auseinandersetzt ...

"Kann etwas vorbei sein, was nie begonnen hat?"

Erwartet habe ich eine ängstliche, verzweifelte, frustrierte aber starke und offene Frau, die sich mit ihrer ungewollten Schwangerschaft auseinandersetzt und bewusst darüber redet, was für Möglichkeiten ihr gegeben sind und wie sie mit eventuellen Folgen leben wird. So wie es eben vermarktet wurde. Kennengelernt habe ich eine Mitte 30-jährige Frau, die mit zunehmendem Zynismus und Schroffheit feministische Ansätze aufgreift und versucht ihre politischen Sichten in wenigen Zeilen rüberzubringen, die selbstironisch und intellektuell rüberkommen sollen, aber eher zwischen den popkulturellen Referenzen nach Pseudogelaber klingen.

Das Thema der ungewollten Schwangerschaft und eine eventuelle Abtreibung wurden nur in den ersten wenigen Seiten erwähnt. Alles was danach kam war ein auf und ab von Gedanken dessen Bedeutung nicht relevant für die geworbene Thematik ist, ohne Kontext und Bezug zu der Protagonistin und ihre Situation. Es gibt viele Einwürfe von Themen die aber nicht weiter ausgeführt werden. So stehen ihre Aussagen oft ohne Kontext in der Luft. Viel mehr klingen die Aussagen generisch wodurch eine weitere Distanz zu der Hauptfigur entsteht.

Als 33-jährige Journalistin habe ich sie nicht empfunden. Ihr fehlte es an Selbstreflexion und Verantwortungsvermögen. Ihr "Nicht-Nachdenken" in der vorgeschrieben Bedenkzeit zieht sie wie vorgenommen durch, so dass man gar nicht erfährt, wie sie nun wirklich zu ihrer Situation steht. Erst viel später kommt ihr die Idee eine Abtreibung selber einzuleiten, indem sie sich im Internet über die verstörendsten Methoden schlau macht.

Die Setzung und Formatierung mit den kurzen Kapiteln und Passagen hätten mir gut gefallen, und ich hätte diese Entscheidung für gelungen empfunden, wenn die Protagonistin sich wirklich mit ihrer Situation auseinandergesetzt hätte. Das Hin und Her von den Gedanken über die Abtreibung und die zu möglichen Zweifeln geführt hätte, und die eventuell gefühlte Hilflosigkeit, hätte ich in diesem Zusammenhang mit der Aufmachung passender gefunden. Auch habe ich gehofft, dass eine so "toughe" Frau wie Hedda sich für die Wahl und Möglichkeit einer Abtreibung ausspricht und sich für ihre Befürwortung stark macht. So wirkt es eher wie ein Band mit kritischen nicht zusammenhängenden Essays, die ich zu Beginn noch unterhaltsam fand, auf Dauer aber nur noch zu lang und nervig.

Ich weiß nicht ob eine andere Vermarktung des Buches mir noch zugesagt hätte, denn die Oberflächlichkeit mit der die Thematik Abtreibung beschrieben wurde, empfand ich als ungeniert und nicht ausreichend, um eine Geschichte um eine ungewollte Schwangere herum zu erzählen. Sehr schade, sehr enttäuschend, nicht wirklich aufschlussreich.

Veröffentlicht am 11.08.2019

Idee besser als Umsetzung

Die Welt in allen Farben
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Nova ist seit ihrer Geburt blind und wurde gerade operiert, um die Sehkraft zu erlangen. Obwohl sie sehen kann, versteht sie nicht, was sie sieht und muss lernen, ihre Visionen zu interpretieren. Kate ...

Nova ist seit ihrer Geburt blind und wurde gerade operiert, um die Sehkraft zu erlangen. Obwohl sie sehen kann, versteht sie nicht, was sie sieht und muss lernen, ihre Visionen zu interpretieren. Kate versucht ihre eigenen Hindernisse zu überwinden. Nach einer Kopfverletzung bringt ein erlittenes Traum eine erstickende Blindheit in ihr Leben, und auch sie muss lernen wieder zu „sehen“.

Es ist sehr gut und einfach geschrieben, so dass ich mich schnell in die Geschichte einlesen konnte. Fließend und leicht ließen sich die Seiten eine nach der anderen umblättern. An manchen Stellen war die Geschichte verwirrend, denn es wirkte, als ob der Autor selber nicht wisse, in welche Richtung sein Buch gehen soll. Es gibt Phasen die gut beginnen und eindringlich sind, dann kommen Pausen und neue Richtungen werden eröffnet, um an Ende dann wieder zur Anfangsgeschichte zu gelangen, so dass manche Handlungsstränge sich wie separate Geschichten anfühlen. Hin und wieder kommt ein Gefühl von anbahnenden Intrigen und Spannungen, das Tempo nimmt schnell zu, doch lässt es genauso schnell wieder nach.

Novas Geschichte ist faszinierend und der Autor leistet hervorragende Arbeit, indem er sicherstellt, dass es dem Leser möglich ist, sich in die Protagonistin einzufühlen. Nova ist eine Figur, die sehr einfach zu mögen ist. Sie sprudelt voller Energie, ist lustig und ihre gute Laune ist ansteckend. Im gesamten Buch verstreut sind Novas „Sehregeln“ die sich mit der Zeit ansammeln. Ihre Regeln geben dem Leser eine alternative Perspektive und bringen eine gewisse Tiefe in den Roman. Ihre kindliche Unschuld mit der sie auf ihre einzigartigen Erfahrungen reagiert sind bezaubernd. Die Schwierigkeiten die Nova nach ihrer OP durchlebt sind gut beschrieben, ihre Probleme mit ihrer neuen Fähigkeit nachvollziehbar.
Es war schwieriger mich auf Kates Charakter einzulassen. Sie schleppt viele Dämonen mit sich, die sie anfänglich nicht gegenüber treten will. Die Freundschaft und Romantik zu Beginn haben mir gut gefallen, denn die Anziehungskraft war nicht zu übersehen. Der Funke zwischen den beiden Frauen verblasste aber im Verlauf der Handlung, als das Buch eine Krimi-Wende annahm. Die Geschichte fühlte sich langwierig an und ich habe nur darauf gewartet, wann das Offensichtliche geschehen wird. Als es dann passierte, wirkte es fast schon übertrieben und zu dramatisch.

Mir hätte es besser gefallen, wenn der Fokus auf Nova und das Wunder, dass sie wieder sehen konnte, gerichtet wäre. Insgesamt ist dies eine ziemlich originelle und bewegende Geschichte mit zwei Protagonistinnen, die auf eine radikale Reise der Selbstfindung gehen und nicht nur zu sich, sondern auch zueinander finden. Der Autor macht einem bewusst, wie es als selbstverständlich angesehen wird, sehen zu können und eröffnet einem somit eine neue Sichtweise.