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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.11.2023

Zwanzig Mustersocken und viel Grundwissen

Socken stricken andersrum - Von der Spitze zum Bündchen. Die geniale Methode für passgenaues Stricken
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Auf den ersten Seiten dieses Buchs erzählt die Autorin, wie sie dazu kam, beim Sockenstricken mit der Spitze zu beginnen, und welche Vorteile dies bietet. Danach geht es um Material und Zubehör, um das ...

Auf den ersten Seiten dieses Buchs erzählt die Autorin, wie sie dazu kam, beim Sockenstricken mit der Spitze zu beginnen, und welche Vorteile dies bietet. Danach geht es um Material und Zubehör, um das Messen des Fußes, und um die Maschenprobe. Anschließend werden mehrere Maschenanschläge erklärt. Die Autorin empfiehlt bei dieser Methode mit einer oder mit zwei Rundstricknadeln anstelle eines Nadelspiels zu arbeiten.

Nach den Erklärungen zu insgesamt fünf Möglichkeiten, einen Socken an der Spitze zu beginnen, und einigen Informationen zum Stricken mit verschiedenen Nadelvariationen, beschreibt die Autorin mehrere Fersenarten: die Bumerangferse, die Zwickelferse und die Hebemaschen-Ferse. Da bei dieser Methode die Socken von der Spitze beginnend bis zum Bündchen gestrickt werden, werden diese bewährten Fersentechniken umgekehrt. Deutsche Leser könnten in diesem Abschnitt die beliebte Herzchenferse vermissen. Der Informationsabschnitt endet mit vier Methoden zum Abketten oder Abschließen.

Alle Erklärungen sind leicht verständlich, und die beigefügten Skizzen sind hilfreich. Zahlreiche Tipps, beispielsweise zur Vermeidung von Löchern oder zur Herstellung von zwei identischen Socken, sind eine tolle Ergänzung.

Nach dieser Einführung werden drei verschiedene Strümpfe ohne Muster, aber mit unterschiedlichen Fersen, beschrieben. Leser haben so die Möglichkeit, die beschriebenen Techniken an einem einfachen Modell auszuprobieren. Danach folgen zwanzig verschiedene Mustersocken. Dabei gibt es Lochmuster, Zopfmuster, Muster mit rechte und linke Maschen, und auch einige Modelle aus dickerer Wolle. Zwölf von den Mustersocken haben ein Lochmuster, ein eindeutiger Schwerpunkt bei den Modellen.

Die Designerin ist Amerikanerin, daher werden die Größenangaben nicht in deutschen Schuhgrößen angegeben. Die Wahl der Größe (S, M oder L) hängt von der Größe des Fußballens ab. Die meisten Anleitungen sind jedoch nur für die Größen M (20,5 - 21,5 cm Umfang) und L (23 - 24 cm Umfang).

Besonders schön an diesem Strickbuch sind die zahlreichen Bilder zu jedem Modell, die die Socken aus verschiedenen Blickwinkeln zeigen.

Fazit: Dieses Buch ist besonders interessant für Strickerinnen, die Socken anders als auf herkömmliche Weise stricken wollen. Die verschiedene Techniken werden ausführlich und verständlich erklärt. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 11.11.2023

Mehr als ihr Versagen

Wo Zukunft wachsen kann
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Es müsste eine Menge solcher Häuser geben! Das Seehaus Leonberg ist viel mehr als ein Ort, an dem Jugendliche ihre Gefängnisstrafe absitzen. Sie lernen dort, was sie oft in der Kindheit nicht erleben durften. ...

Es müsste eine Menge solcher Häuser geben! Das Seehaus Leonberg ist viel mehr als ein Ort, an dem Jugendliche ihre Gefängnisstrafe absitzen. Sie lernen dort, was sie oft in der Kindheit nicht erleben durften. In kleinen familienähnlichen Gruppen leben sie mit Hauseltern und deren kleinen Kindern zusammen. Sie erfahren Annahme, Liebe und Geborgenheit und dürfen sich als große Brüder fühlen. Besonders wertvoll ist, dass sie auch nach ihrer Entlassung betreut werden.

Es wird aber auch viel von ihnen erwartet. Der Frühsport ist Pflichtprogramm, ebenso wie ein durchstrukturierter Tag. Sie haben die Möglichkeit einen Beruf zu erlernen. Vor allem bekommen sie die Chance auf einen Neuanfang. Eine Mitarbeiterin sagt, „Die Jungs haben keinen schlechten Charakter. Sie trafen falsche Entscheidungen und begingen Straftaten, für die sie Verantwortung tragen müssen. … Eine Straftat definiert nicht den ganzen Menschen. Die Jungs sind mehr als ihr Versagen und es ist noch nicht zu spät, um einen anderen Weg einzuschlagen.“

Doch dieses Buch erzählt nicht nur von straffällig gewordenen Jugendlichen, sondern auch von den Mitarbeitern im Seehaus, und von Opfern, die therapeutische Hilfe durch die Einrichtung erfahren. Da gibt es Frauen, die betrogen oder misshandelt wurden und alles verloren haben. Eltern, die ein Kind betrauern müssen. Hauseltern, die ihre Kleinkinder mit den Jugendlichen aufwachsen lassen. Und junge Männer, die manchmal mit einigen Fehlstarts, die Chance wahrgenommen haben einen Neuanfang zu machen.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Versöhnung. Die straffälligen Jugendlichen lernen Opfer kennen und hören ihre Geschichten. Erstmals können sie sich in Menschen hineinversetzen, die wegen einer Straftat leiden. Dadurch entsteht oft in ihnen der Wunsch Wiedergutmachung zu leisten. Aber auch den Opfern ist geholfen, wenn sie mit diesen Jugendlichen reden. Sie lernen ihre Lebensumstände kennen, verstehen wie viel sie beim Aufwachsen entbehren mussten. Durch diese Annäherung von Täter und Opfer wächst Versöhnungsbereitschaft.

Die wahren Geschichten in diesem Buch sind gut erzählt und bewegend. Manchmal fällt es anfangs beim Lesen schwer den Zusammenhang zum Seehaus herzustellen. Dieses wertvolle Buch wäre noch schöner, wenn es mehr Informationen zum Seehaus gäbe und vielleicht ein paar Fotos.

Fazit: Berührende Geschichten über Opfer, Täter und Helfer, die zeigen wie wichtig Versöhnung ist. Das Seehaus hat ein beeindruckendes Konzept, das auf vielerlei Weise positive Veränderung in dieser Welt bewirkt. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 09.11.2023

An Gott festhalten

Der Ozean in mir
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Gott kann heilen, davon ist Janice Braun fest überzeugt. Doch sie wird nicht von ihrer Depression geheilt. Das ist für sie schwer. Dennoch hält sie an Gott fest.

Als Kind ist sie fröhlich und unternehmungslustig. ...

Gott kann heilen, davon ist Janice Braun fest überzeugt. Doch sie wird nicht von ihrer Depression geheilt. Das ist für sie schwer. Dennoch hält sie an Gott fest.

Als Kind ist sie fröhlich und unternehmungslustig. Es gibt keinen erkennbaren Grund dafür, dass sich das im Laufe der Pubertät ändert. Spätestens während ihrer Lehre wird die Last so groß, dass Janice sie kaum noch ertragen kann. Und doch will sie sich niemandem anvertrauen, da sie nicht andere mit ihrem Leiden belasten will.

Es macht ihr Mühe morgens aus dem Bett zu kommen und zur Arbeit zu gehen. Sie denkt an Suizid, da sie das Leben als zu schwer empfindet. Als endlich jemand nachfragt, ob alles in Ordnung ist, ist das für sie ein Anlass Hilfe zu suchen.

Nach Jahren der Behandlung erlebt sie eine Phase, in der die Depression vollkommen verschwindet. Doch dann kehrt sie zurück. Dieses Mal wartet die Autorin nicht so lange, bis sie Hilfe annimmt. Inzwischen weiß sie besser, wie sie gut mit sich selbst umgehen kann, um die Auswirkungen der Depression zu mildern. Trotz der Schwere, die diese Krankheit in ihr Leben bringt, ist sie dankbar für all das Gute, mit dem Gott sie beschenkt hat.

Janice berichtet sehr offen über ihre Gefühle, Kämpfe, Zweifel, Ängste und Enttäuschungen im Zusammenhang mit ihrer Depression. Dabei wendet sie sich immer wieder ermutigend an ihre Leser. Sie rät Betroffenen, nicht mit den schweren Gefühlen allein zu bleiben. Zugleich ermutigt die Autorin ihre Leser mit der Botschaft, dass es selbst in der Verzweiflung wunderschöne helle Momente gibt, für die es sich lohnt zu leben.

Im Zentrum dieses Buchs stehen die Erfahrungen der Autorin. Es lässt sich leicht und schnell lesen. An einigen wenigen Stellen wundere ich mich über ihre Einstellung, da ich eine andere Überzeugung habe, aber ich glaube, dass dies bei einem ehrlichen Lebensbericht immer der Fall sein würde. Manche Leser könnten sich vielleicht an der Beschreibung ihres Berufs als Pastorin stören, doch sie ist nicht die leitende Pastorin einer Gemeinde, sondern gemeinsam mit ihrem Mann für die Jugendarbeit in ihrer Gemeinde, ICF Zürich, zuständig.

Obwohl dieses Buch für alle lesenswert ist, scheint die Autorin sich vor allem an junge Menschen zu wenden, die vielleicht erste Anzeichen einer beginnenden Depression bemerken und unsicher sind, wie sie damit umgehen sollen.

Besonders wertvoll an diesem Buch sind die letzten Kapitel, in denen Janice von ihrer lebendigen Gottesbeziehung erzählt; wie sie Gott im Alltag erlebt, wie wichtig er ihr ist, und welche Stütze diese Beziehung für sie ist.

Fazit: Gut geschrieben und wertvoll, zeigt dieses Buch wie es einem Menschen geht, der mit Depressionen kämpft. Sehr empfehlenswert, vor allem für junge Menschen. Dieses Buch kann auch gut an Menschen weitergegeben werden, die wenig mit dem christlichen Glauben zu tun haben.

Veröffentlicht am 08.11.2023

Von Pantoffelhelden mit Waschbärbauch

Männerüberraschung
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Fabian Vogt ist Autor, Theologe und Künstler. Im Buch „Männerüberraschung“ kombiniert er diese drei Berufungen. Das Ergebnis ist eine bunte Mischung aus Alltagserfahrungen, die zumeist auf einen tieferen ...

Fabian Vogt ist Autor, Theologe und Künstler. Im Buch „Männerüberraschung“ kombiniert er diese drei Berufungen. Das Ergebnis ist eine bunte Mischung aus Alltagserfahrungen, die zumeist auf einen tieferen Sinn hinweisen. Insgesamt fünfzig kurze Begebenheiten werden hier wiedergegeben, auf jeweils zwei Buchseiten. Die Beiträge lesen sich wie eine Zeitschriftenkolumne. Sie sind manchmal tiefsinnig, ein anderes Mal humorvoll oder auch albern.

Thematisch geht es vor allem um Ehe, Familie, Beruf und Freundschaft. Die wenigen Hinweise auf den Glauben sind dezent eingeflochten, oft in Verbindung mit den Berufserfahrungen des Autors als Pfarrer. Erlebnisse werden ehrlich geschildert, klingen manchmal ein kleines bisschen selbstherrlich und doch immer auch wieder demütig betroffen.

Zwischen diesen Geschichten finden sich abwechslungsreiche Doppelseiten zu bestimmten Themen wie Muskeln, Bärte oder Sex. Dort findet sich ein Sammelsurium an kuriosen Fakten, wie zum Beispiel die Stoffmenge, die für einen schottischen Faltenrock benötigt wird, oder der wissenschaftliche Grund, warum Frauen besser hören können als Männer.

Die Gedankenanstöße sind manchmal sehr hilfreich, zum Beispiel, wenn der Autor vom lästigen Ausmisten erzählt und dabei feststellt, dass diese Tätigkeit belebend sein kann, wenn sie mit einer bestimmten Einstellung erledigt wird. Interessant ist es zu lesen, wie sich ein Fallschirmsprung anfühlt. Und sehr viele Erlebnisse geben Lesern das wohltuende Gefühl: Bin ich also nicht der Einzige, der so denkt oder das erlebt!

Mich persönlich stören manche Zweideutigkeiten, aber vermutlich ist das bei einem Kabarettisten zu erwarten. Theologisch scheint dieses Buch am ehesten in der evangelischen Landeskirche beheimatet zu sein.

Fazit: Kurze Gedankenanstöße aus dem männlichen Alltag, die Fragen nach Sinn, Lebenskunst und Glauben aufwerfen. Bunt gemischt und mit nur wenigen Hinweisen auf den Glauben, könnte dieses Buch als Gesprächseinstieg bei kirchenfernen Freunden dienen.

Veröffentlicht am 07.11.2023

Christus macht frei, Gemeinden manchmal nicht

Sie predigten Wasser und tranken Wein
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Jana Schmidt ist nicht ihr echter Name. Was hat diese Frau wohl alles erlebt, dass sie sich entscheidet, ihre Erfahrungen unter einem Pseudonym zu veröffentlichen?

Ihre Kindheit ist nicht glücklich. Sie ...

Jana Schmidt ist nicht ihr echter Name. Was hat diese Frau wohl alles erlebt, dass sie sich entscheidet, ihre Erfahrungen unter einem Pseudonym zu veröffentlichen?

Ihre Kindheit ist nicht glücklich. Sie leidet darunter, keinen Vater zu haben, und fühlt sich von ihrer alleinstehenden Adoptivmutter nicht geliebt. Sie sehnt sich nach Geborgenheit und einem Zuhause.

Als Jana eines Nachts einen Pastor trifft, erzählt er ihr, dass seine Gemeinschaft ihr bei der Bewältigung ihrer Vergangenheit und Sucht helfen könne. Sie lernt die Gruppe kennen und darf dort einziehen. Schon bald merkt sie, hier geht es nicht nur um ihr Suchtproblem. Die Werte der Gruppe sickern immer mehr in ihr Denken ein.

Die Leiter der Gruppe scheinen einen direkten Draht zu Gott zu haben. Sie treffen alle wichtigen Entscheidungen für die Bewohner der Wohngemeinschaft. Da Jana auch viele positive Erlebnisse macht, bleibt sie jahrelang in dieser Gruppe und akzeptiert diese Entmündigung.

Schauplatz dieser Geschichte ist eine charismatische Freikirche, die nicht benannt wird. Die Ereignisse finden vor und nach dem Toronto-Segen im Jahr 1994 statt, sind aber in vielerlei Hinsicht kennzeichnend für religiösen Missbrauch, der auch in anderen Kontexten auftritt.

In diesem Buch erzählt die Autorin ihre Geschichte, vom ersten Kennenlernen der Gruppe bis zur schmerzhaften Aufarbeitung ihrer Erlebnisse nach dem Ausstieg. Ihre Geschichte wird immer wieder von der zweiten Autorin unterbrochen, einer Theologin und Beraterin. Martine Kessler kommentiert Janas Erlebnisse und weist auf die Elemente hin, die religiösen Machtmissbrauch darstellen.

Die Einschübe nehmen im Laufe der Erzählung ab, was beim Lesen eine Erleichterung ist. Es fällt durch diese Unterbrechungen schwer, sich auf Janas Geschichte einzulassen. Vermutlich wäre es besser gewesen, die Fachkommentare entweder nach jedem Kapitel oder in einem zweiten Teil des Buchs unterzubringen. Insgesamt sind diese Anmerkungen aber auf jeden Fall hilfreich und bereichernd.

Es ist wertvoll, von den Erfahrungen einer Betroffenen zu lesen. Die Autorin beschreibt sachlich ihre Erlebnisse und berichtet offen von ihren Gefühlen und Gedanken während ihrer Zeit in dieser religiösen Gruppe. In den letzten Kapiteln erzählt sie von dem langen Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben nach ihrem Ausstieg. Auch das ist eine große Hilfe, um Menschen zu verstehen, die Ähnliches erleben.

Fazit: Ein bewegender Bericht über das Erleben von religiösem Machtmissbrauch, der zeigt, wie erste Anfänge bald zu einer Abhängigkeit von Führungspersonen führen. Sehr empfehlenswert!