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Veröffentlicht am 14.12.2024

Ein wirklich spannendes Gedankenexperiment

Für immer
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Maja Lunde hat wieder eine sehr besondere Idee gehabt. Stellt euch vor, die Zeit bleibt stehen, nicht die Zeit eigentlich, die Natur nimmt ihren Lauf, aber die Entwicklung der Menschen bleibt stehen. Niemand ...

Maja Lunde hat wieder eine sehr besondere Idee gehabt. Stellt euch vor, die Zeit bleibt stehen, nicht die Zeit eigentlich, die Natur nimmt ihren Lauf, aber die Entwicklung der Menschen bleibt stehen. Niemand wird mehr älter, Krankheiten kommen zum Stillstand, niemand stirbt mehr aber auch niemand wird geboren. Wer zufällig gerade schwanger ist, kann sich auf eine ewige Schwangerschaft einstellen. Kinder wachsen nicht und lernen nichts dazu.

Das ist eine absonderliche Situation und wir können hier unterschiedlichste Menschen dabei beobachten, wie sie damit umgehen. Es sind sehr verschiedene Menschen, die alle gründlich vorgestellt werden. Man kann sich wunderbar in jeden von ihnen einfühlen, bekommt alle Seiten der Medaille in schöner Sprache präsentiert. Zwei Drittel des Buches habe ich sehr genossen.

Im letzten Teil des Buches eskaliert so einiges, was für meinen Geschmack dann doch etwas zu plötzlich kam. Auch die Auflösung der Situation steht auf etwas schwachen Beinen.

Trotzdem habe ich das Buch sehr gerne gelesen. Es ist ein wirklich spannendes Gedankenexperiment, das unterhaltsam ist, sich gut liest und uns über vieles nachdenken lässt.

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Veröffentlicht am 07.12.2024

Ein Drache allein macht noch kein Abenteuer

Retter der Drachen – Sei schnell wie der Wind! (Retter der Drachen 1)
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Gut, ich bin nicht die Zielgruppe, allerdings frage ich mich nach dem Lesen dieses Buches, wer die denn wohl sein soll.

Da ist Lea, die geht zur Schule, aber wie alt sie ist, erfahren wir nicht. Lea zieht ...

Gut, ich bin nicht die Zielgruppe, allerdings frage ich mich nach dem Lesen dieses Buches, wer die denn wohl sein soll.

Da ist Lea, die geht zur Schule, aber wie alt sie ist, erfahren wir nicht. Lea zieht mit ihren Eltern in den Ort Drachenfels. Die Umzugskisten sind noch nicht ganz ausgepackt, da trifft sie die geheimisvolle Francesca Nebula, die ihr ein Drachenei überreicht. Das Drachenei ist nur in der Menschenwelt sicher, weil der böse dreizehnte Drache es haben will. Lea möchte doch bitte darauf aufpassen.

Das ist eine gute Portion an unwahrscheinlichem Unterbau, den man hier in zwei Minuten um die Ohren bekommt. Und, ja, Kinder hinterfragen nicht so viel und können sich leichter auf fantasievolle Geschichten einlassen, aber trotzdem haben sie ein Recht auf Geschichten mit Substanz. Eine gute Fantasygeschichte braucht ein logisches Gerüst, damit man sich einleben kann. Hier wird ein kleiner Drache mal eben in die Menschenwelt gepustet, damit wir putzige Drachensachen erleben können. Frisch geschlüpft darf der Kleine mit Lea in die Schule gehen und verursacht prompt einen Wasserrohrbruch, wie lustig.

Dieses Buch kommt mir vor wie ein zaghafter Versuch, harmlose Kleinkinderfantasy zu entwerfen, nur ist es für die Erstleser, für die es wohl gedacht ist, viel zu putzig. Die Kindergartenkinder, die vielleicht Spaß dran haben könnten, brauchen mehr Bilder und haben keinen Bezug zum Schulalltag.

Dies ist wieder mal ein Kinderbuch, das ich eher ärgerlich finde. Auch Kinder haben ein Recht auf Anspruch und gerade für Erstleser sollte sich eine Geschichte lohnen, wenn man sich schon mühsam durch den Text gearbeitet hat. Ein Drache allein macht noch kein Abenteuer.

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Veröffentlicht am 06.12.2024

Eine Geduldsprobe

Die Lungenschwimmprobe
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Dieses Buch macht es einem nicht leicht. Es erzählt höchst anschaulich und in großartiger Sprache von einem spannenden historischen Ereignis, nur leider auch unendlich ausführlich.

Das 17.Jahrhundert ...

Dieses Buch macht es einem nicht leicht. Es erzählt höchst anschaulich und in großartiger Sprache von einem spannenden historischen Ereignis, nur leider auch unendlich ausführlich.

Das 17.Jahrhundert ist als Zeitalter der Aufklärung in die Geschichte eingegangen. Hier kann man sehen, dass das bitter nötig war. Anna Voight war naiv und 15 Jahre alt, als sie ein totes Kind zur Welt brachte. In kürzester Zeit wird sie als Kindsmörderin diffamiert, wo doch jedem klar sein müsste, dass eine Totgeburt sehr viel wahrscheinlicher ist. Selbst als ihr Anwalt ein neues Testverfahren, die Lungenschwimmprobe, ins Feld führt, möchten sich weder die Richter noch die Öffentlichkeit darauf einlassen. Man glaubt tatsächlich eher an die Aussagekraft von Geständnissen, die unter der Folter erwirkt werden.

Tore Renberg arbeitet diesen Fall auf bis ins kleinste Detail. Man erfährt viel über die Zeit, aber noch mehr sogar über die zahlreichen Menschen, die damit zu tun haben. Es sind nicht nur Anna Voight und ihre Familie von Interesse. Man erfährt auch alles über ihren Anwalt, seinen Werdegang und seine Familie, die Lebensgeschichten ihres Vergewaltigers, ihres Richters, ihrer Betreuerin, ihrer Nachbarn und ihres Henkers oder wer sonst noch alles ihren Weg streift.

Dieses Buch hat 704 Seiten, die unendlich viele Details ausbreiten, obwohl man im Grunde von Anfang an weiß, was passiert. Man kann eigentlich gar nichts verpassen, verliert aber doch immer mal leicht den Faden in all der Weitschweifigkeit. Es ist ein bisschen eine Geduldsprobe.

Der großartige Erzählstil hält einen dann doch bei der Stange und auch der Sprecher des Hörbuchs, Shenja Lacher, macht einen tollen Job. Es dauert 20 Stunden und 21 Minuten. Ich habe oft überlegt, ob ich es abbreche, habe es dann aber doch durchgezogen. Es ist schon ein tolles Buch, nur auch wirklich sehr ausführlich.

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Veröffentlicht am 03.12.2024

Ein bisschen viel auf einmal

In den Wald
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Dieses Buch ist eigen. Man vermutet anhand der Buchbeschreibung eine Art Aussteigergeschichte vom Überleben im Wald, bekommt aber im Grunde ein Drama, viel Atmosphäre, viel Italien und ziemlich viele Menschen.

Ein ...

Dieses Buch ist eigen. Man vermutet anhand der Buchbeschreibung eine Art Aussteigergeschichte vom Überleben im Wald, bekommt aber im Grunde ein Drama, viel Atmosphäre, viel Italien und ziemlich viele Menschen.

Ein Mädchen ist gestorben, seine Lehrerin geschockt und verstört. Silvia geht in den Wald statt zu ihren Schülern und damit muss ein kleiner italienischer Ort in den Bergen den unerwarteten Tod eines Mädchens verdauen und noch eine Lehrerin suchen. Wie konnte das passieren?

In zahlreichen Rückblenden erfährt man hier Geschichten von unterschiedlichen Außenseitern, die gleichzeitig ein anschauliches Bild von dieser Gesellschaft malen. Wir sind in den 70er Jahren, aber die Atmosphäre im Ort wirkt, als wäre es Jahrzehnte früher. Es ist eine enge, kleine Welt voller Vorurteile und Engstirnigkeit, wo man einfach lebt und das Anderssein allein schon problematisch ist.

Das Buch ist wirklich schön geschrieben, aber das Lesen sehr anstrengend. Man hat nicht nur zahlreiche Zeitsprünge und Protagonisten zu verarbeiten. Silvia, allein im Wald, fällt auch noch in eine Art Delirium, hat Visionen, meint sogar längst Verstorbene zu treffen, die auch wieder von Vergangenem erzählen. Mir war das auf Dauer ein wenig zu viel, zu viele Geschichten in der Geschichte, zu viel Durcheinander. Schade.

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Veröffentlicht am 29.11.2024

Amüsant und anstrengend

Sobald wir angekommen sind
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Bei diesem Buch bin ich etwas hin- und hergerissen. Der Schreibstil ist fein, das Thema skurril, der Humor erlesen und der Protagonist nervtötend, ein echter Unsympath.

Benjamin Oppenheim ist der berühmte ...

Bei diesem Buch bin ich etwas hin- und hergerissen. Der Schreibstil ist fein, das Thema skurril, der Humor erlesen und der Protagonist nervtötend, ein echter Unsympath.

Benjamin Oppenheim ist der berühmte Schriftsteller, der nach einem Onehitwonder dem Erfolg hinterher läuft. Er hat einen Volltreffer gelandet, kann aber nicht nachziehen. (Das Motiv lese in letzter Zeit öfter.) Ben ist allerdings richtig gut darin, sich selbst leidzutun und die Schuld dafür bei anderen zu suchen. Aktuelle Kriegsgerüchte treiben ihn zur Flucht nach Brasilien. Als Jude liegt es ihm im Blut, das Land zu wechseln, wenn es brenzlig wird, meint er. Und da kann er sich dann in Ruhe mit seiner Midlife- und seiner Ehekrise auseinandersetzen.

Bens Analyse seiner Situation hat einige Komik, steigert sich aber immer mehr und nimmt fast absurde Züge an. Er könnte einem leidtun, wenn er nicht so ein egozentrischer Wicht wäre. Immerhin lernt er dazu.

Ich war tatsächlich öfter in Versuchung, das Buch abzubrechen. Dann war es doch wieder sehr komisch und hübsch erzählt. Ich glaube, ich mag den Erzählstil sehr, das Buch weniger.

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