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Veröffentlicht am 05.01.2024

Eigen

Draußen feiern die Leute
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Wirklich schade, eigentlich mag ich dieses Buch. Leider habe ich es nicht verstanden.
Wir sind in einem Dorf bei Hannover, in dem auffallend viele Freaks leben. Sie sind nicht nur Außenseiter, sie haben ...

Wirklich schade, eigentlich mag ich dieses Buch. Leider habe ich es nicht verstanden.
Wir sind in einem Dorf bei Hannover, in dem auffallend viele Freaks leben. Sie sind nicht nur Außenseiter, sie haben auch Eigenarten, die ihnen das Leben schwer machen. Richard zum Beispiel löst Langeweile aus, wenn er Menschen näherkommt. Wo er geht und steht fängt alles an zu gähnen. Ich habe versucht, deren Gebrechen metaphorisch zu lesen, aber Valerie schläft glatt 45 Tage am Stück. Wo ist da die Metapher? Man muss diese Absonderlichkeiten als Tatsachen hinnehmen, aber das fällt schwer. Ich war beim Lesen abwechselnd genervt und fasziniert.

Die Situation ist oft wirklich absurd. Dabei ist der Erzählstil großartig, hat eine ganz eigene schnodderige Poesie und schafft es, dass man diese seltsamen Figuren mag und mitfiebert.

Alle sind Deutsche und haben Wurzeln in Kasachstan, was den Eindruck vermittelt, wir blickten in eine Art russische Enklave in Deutschland, die eigene Regeln und mafiöse Strukturen hat. Das ist aber mehr Kulisse als Thema (glaube ich). Es geht eher um Heimat, Wünsche, Lebensziele (glaube ich), ein Stück weit auch um Familie und Erwachsenwerden (wahrscheinlich). Es zeigt, dass Drogen keine Lösung sind, aber helfen können und dass Polizisten manchmal nur Väter namens Manfred sind.

Mit diesem Buch habe ich gerungen, gehadert, es verflucht, beinahe abgebrochen, mich dann aber doch auch amüsiert und wollte wissen, wie es ausgeht. Es ist auf jeden Fall besonders.

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Veröffentlicht am 04.01.2024

Bitter sarkastische Geschichte, die bewegt und unterhält

Die Bäume
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Eigentlich hatte ich Percival Everett von meiner Leseliste gestrichen, weil mir „Erschütterung“ nicht besonders gefallen hat. Dieses Buch ist anders, als hätte es ein ganz anderer Autor geschrieben. Es ...

Eigentlich hatte ich Percival Everett von meiner Leseliste gestrichen, weil mir „Erschütterung“ nicht besonders gefallen hat. Dieses Buch ist anders, als hätte es ein ganz anderer Autor geschrieben. Es ist bissig, bitter ironisch, purer Sarkasmus, dabei aber auch berührend und noch hoch komisch.

In Money, Mississippi passieren plötzlich grausame Morde, die nach Ritualmorden aussehen. Es werden Weiße getötet und zusammen mit einem schwarzen Jungen in Szene gesetzt. Und nicht nur das. Verbrechen nach dem selben Schema werden plötzlich auch in anderen Bundesstaaten gemeldet. Die Situation ist bedrohlich und ekelhaft und ruft unterschiedliche Ermittler auf den Plan.

Das Geschehen orientiert sich an einer wahren Geschichte. Emmett Till, ein 14jähriger schwarzer Junge, wurde 1955 aus lächerlichen Gründen grausam gelyncht. Stellen diese Morde eine Anklage dar? Warum jetzt?

Ich habe dieses Buch vermutlich direkt zweimal gehört. Es ist verwickelt, die Kapitel sind kurz, die Perspektiven wechseln ständig und alle 10 Minuten stirbt jemand anderes. Wenn man auch nur kurz mal mit den Gedanken abschweift, hat man den Faden verloren, dabei macht der Sprecher seine Sache fantastisch. Jona Mues hat unzählige verschiedene Stimmen im Repertoire, jede davon authentisch, kann sogar singen und interpretiert die poetischeren Passagen wirklich berührend. Chapeau!

Es ist eine wirklich skurrile Geschichte, die betroffen macht, aber auch gleichzeitig ein großer Spaß und dauert 8 Stunden und 9 Minuten.

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Veröffentlicht am 01.01.2024

Solider Krimi

Monster (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 11)
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Dies ist der 11. Fall für das Bodenstein-Kirchhoff Team, wobei Kirchhoff jetzt Sander heißt.

Der Tod eines Mädchens scheint verhängnisvoll mit anderen Todesfällen zusammenzuhängen. Je mehr Pia und Bodenstein ...

Dies ist der 11. Fall für das Bodenstein-Kirchhoff Team, wobei Kirchhoff jetzt Sander heißt.

Der Tod eines Mädchens scheint verhängnisvoll mit anderen Todesfällen zusammenzuhängen. Je mehr Pia und Bodenstein herausfinden, desto finsterer gestaltet sich der Fall. Ein Morddelikt scheint sich zum Skandal auszuweiten, der ungeahnte Ausmaße annimmt.

Das ist die Idee hinter diesem Teil der Reihe und die ist originell. So etwas hat noch niemand gelesen. Je weiter man vordringt, desto verzwickter wird die Situation. Spannende Momente gibt es auch einige. Trotzdem hat mich das Buch nur mäßig gefesselt und das liegt in erster Linie an den Figuren.

Zugegeben, ich bin nicht ganz die Zielgruppe und nur Gelegenheitskrimileserin. Ich habe die Reihe nur auszugsweise verfolgt, aber immerhin gut genug um sagen zu können, Pia und Bodenstein sind noch immer im Dienst und noch immer recht langweilig. Ihr Privatleben wird zwar ins Geschehen mit eingebaut (ich scheine je zwei Scheidungen verpasst zu haben!), nur ein Gesicht bekommen sie nicht. Das ganze Ermittlerteam hat im Grunde keine Eigenschaften, alle sind klug, engagiert, emotions- und humorlos.

Das, gepaart mit einem sehr nüchternen Erzählstil, wirkt dann recht brav. Die Fans scheinen es trotzdem zu lieben.

Ich habe die gekürzte Hörbuchversion erwischt und dabei nichts vermisst. Sie wird von Julia Nachtmann sehr schön gelesen. Sie schafft es, diesem eher spröden Text doch noch ein bisschen Leben einzuhauchen. Es dauert 14 Stunden und 3 Minuten.

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Veröffentlicht am 01.01.2024

Witzig, fantasievoll, nur ein bisschen viel davon

Der Spurenfinder
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An diesem Buch hat Marc-Uwe Kling wohl großen Spaß gehabt. Es ist ein Ideenfeuerwerk, das er zusammen mit seinen Töchtern geschrieben hat. Die beiden sind zwölf Jahre alt und Zwillinge, genau wie Ada und ...

An diesem Buch hat Marc-Uwe Kling wohl großen Spaß gehabt. Es ist ein Ideenfeuerwerk, das er zusammen mit seinen Töchtern geschrieben hat. Die beiden sind zwölf Jahre alt und Zwillinge, genau wie Ada und Naru in dieser Geschichte.

Elos von Bergen, der beste Spurenfinder des Reiches, hat sich aus Sicherheitsgründen nach Friedhofen zurückgezogen. Der Name ist Programm. Seine Kinder Ada und Naru langweilen sich schrecklich, bis ausgerechnet in der Nacht der Träume ein Mord geschieht. Schon müssen Spuren gefunden werden und Ada und Naru dürfen ihrem Vater assistieren.

Die Geschichte strotzt vor fantastisch-lustiger Ideen und macht großen Spaß. Allerdings hatte ich anfangs Probleme, mich einzuleben. Hier sind Kinder die Hauptfiguren, die schlau und mutig das Geschehen bestimmen. Es ist klar ein Jugendbuch, wird aber als neuer Roman des Autors beworben. Natürlich hat man auch als Erwachsener seinen Spaß daran, nur hätte ich gerne vorher gewusst, auf was ich mich einlasse.

Und dann hatten die Autoren deutlich zu viele Ideen für ein Buch. Hier wird man in eine zauberhafte neue Welt geworfen, hat aber keine Gelegenheit, sich einzuleben. Allein die Gründe, aus denen Elos und seine Kinder nach Friedhofen zogen, sind ein Buch wert. Nahezu jede Figur hat einen spannenden Hintergrund, der knapp angerissen wird und dann liegenbleibt. Man hat das Gefühl, Band fünf einer Reihe erwischt zu haben und fühlt sich um die Vorgeschichten betrogen. Viele wunderbare Kleinigkeiten gehen unter im Wust der Randgeschichten. Ich hätte zum Beispiel gerne die Tatsache bestaunt, dass der Kaiserpalast von Wächterinnen bewacht wird. Weiblichen Wächtern bin ich noch in keinem Buch begegnet, sie bekommen aber nur ein-zwei Nebensätze, weil die Geschichte des Bruders der Kaiserin erzählt werden muss.

Das Hörbuch liest der Autor selbst und macht das toll. Er beherrscht hundert verschiedene Stimmen (natürlich ist eine davon das Känguruh, klar.). Ihm zu lauschen, wenn Elos mit seinen Kindern Stimmonade mixt, um den Trank für eine Alte-Oma-Stimme zu bekommen, ist ganz großes Kino.

Es dauert 7 Stunden, 44 Minuten und ist ein großer Spaß, nicht perfekt, aber ein Spaß allemal.

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Veröffentlicht am 01.01.2024

Ein gutes Buch mit Längen

Wellness
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Dass man für ein Buch von Nathan Hill Geduld braucht, ist bekannt. Dieses hier lotet dafür nochmal die Grenzen aus. Es ist wirklich, wirklich, wirklich ausführlich.

Im Grunde geht es um Jack und Elisabeth, ...

Dass man für ein Buch von Nathan Hill Geduld braucht, ist bekannt. Dieses hier lotet dafür nochmal die Grenzen aus. Es ist wirklich, wirklich, wirklich ausführlich.

Im Grunde geht es um Jack und Elisabeth, die dachten, sie wären originelle Menschen und ein Traumpaar, bis schließlich auch sie Alltagsroutinen erliegen. „Wellness“, die Firma, bei der Elisabeth arbeitet, bietet ungewöhnliche Kuren für tausenderlei Probleme an, nur helfen die nur Uneingeweihten. Man kann nur an Zauberei glauben, wenn man die Zaubertricks nicht kennt, aber was ist, wenn der Zauberer einen Zauber braucht?

Das ist grob das Thema, wobei allerdings alle Befindlichkeiten akribisch beleuchtet werden. Der familiäre Hintergrund spielt ja immer eine Rolle, und wenn es um eine angesehene Familie wie die von Elisabeth geht, kann man auch ruhig mal bis ins 19.Jahrhundert ausholen. Mit nervtötender Konsequenz erscheint immer eine Rückblende, wenn man gerade dachte, jetzt kommen Dinge in Bewegung. Die Figuren und deren Umfeld werden seziert und in jeder Lebenslage neu analysiert.

Das passiert alles in einer wunderbaren Sprache, mit Humor, Einfühlungsvermögen und einem scharfen Blick auf unsere Gesellschaft. Man findet sich sehr oft wieder oder kennt jemanden, der genauso hilflos das Internet entdeckt wie Jacks Vater Lawrence – herrlich komisch!

Alles in allem ist es ein sehr gutes, sehr kluges Buch mit viel Humor und einigen Längen, bei dem ich mir ein klareres Ziel gewünscht hätte. Es spricht zahlreiche Themen an, nur fehlt die Pointe, mit der ich eigentlich gerechnet habe. Lesenswert ist es trotzdem.

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