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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.05.2022

Kein leichter Liebesroman

Jeder Tag für dich
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Mary O'Connor hat seit sieben Jahren eine feste Routine: Nach der Arbeit bei Nightline, eine Hilfe-Hotline, geht sie zum Londoner Bahnhof Ealing Broadway und hält dort ein Schild in die Höhe, auf dem: ...

Mary O'Connor hat seit sieben Jahren eine feste Routine: Nach der Arbeit bei Nightline, eine Hilfe-Hotline, geht sie zum Londoner Bahnhof Ealing Broadway und hält dort ein Schild in die Höhe, auf dem: "Komm nach Hause, Jim" steht. Denn Jim ist spurlos verschwunden und Mary, voller Sehnsucht, hofft jeden Tag aufs Neue, dass er wieder zu ihr zurückkommt. Die Journalistin Alice sieht Mary dort stehen, bekommt Mitleid und wittert andererseits eine gute Story. Sie freundet sich mit Mary an, versucht, durch sie erste Anhaltspunkte zu Jim zu bekommen und ihn dann zu finden. Ein Anruf, der Mary bei der Arbeit erreicht, stellt ihre Welt fürs Erste völlig auf den Kopf.

Wer hier einen romantischen, leichtfühligen Liebesroman erwartet, ist an der falschen Adresse. Abbie Greaves stellt hier eher Lebensgeschichten dar, die Tragik, Traurigkeit und schwere Schicksalsschläge beinhalten. Die Figuren haben eine Schärfe und Tiefe verliehen bekommen, ich konnte mit Mary und Jim mitfühlen und im Verlauf auch Alices Motive der Suche nachvollziehen. Gefühle spielen eine große Rolle und durch die Rückblenden in die Kennenlern- und Beziehungsphase von Mary und Jim nimmt auch die Liebe einen großen Platz ein. Dennoch zieht sich durch das gesamte Buch eine gewisse Schwere und Wehmütigkeit - für mich eine Empfehlung für alle, die Tiefe und Krisen in Romanen mögen.

Veröffentlicht am 23.05.2022

Interessante Neuauflage der Tell-Sage

Tell
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Während die Tell-Sage nur noch als Erinnerung aus dem früheren Deutsch-Unterricht, fast ausschließlich durch den Apfelschuss, vorhanden ist, hat Joachim B. Schmidt hier eine moderne Neuauflage und ein ...

Während die Tell-Sage nur noch als Erinnerung aus dem früheren Deutsch-Unterricht, fast ausschließlich durch den Apfelschuss, vorhanden ist, hat Joachim B. Schmidt hier eine moderne Neuauflage und ein interessantes Setting um Wilhelm Tell geschaffen. Aus 20 Perspektiven und knapp 100 Sequenzen werden die Geschehnisse eingefangen und stakkatoartig vermittelt. Dabei werden sie gleichzeitig aus verschiedenen Sichten beschrieben und gehen so geradezu ineinander über. Manchmal fiel es mir schwer, nach kurzen Lesepausen wieder einzusteigen und zu wissen, was gerade passiert.

Im Thriller-Stil wird Tell hier als Wilderer, Eigenbrötler und Querulant dargestellt, der kein Held sein, sondern nur in Ruhe leben möchte, und dabei fast schon unwissend auf die große Katastrophe zusteuert. Dabei ziehen sich die Gewalttaten und die Übergriffe konstant durch das Buch und nehmen immer neue Größen an.

Die Geschichte Wilhelm Tells ganz anders und recht authentisch dargestellt.

Veröffentlicht am 23.05.2022

Gute Fortsetzung

Liber Bellorum. Band II
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Es ist schon einige Zeit her, dass ich den ersten Band gelesen habe. Da Warda Moram jedoch nahtlos daran anknüpft und durch Rückblenden wichtige Erinnerungen aus dem ersten Band weckt, konnte ich wieder ...

Es ist schon einige Zeit her, dass ich den ersten Band gelesen habe. Da Warda Moram jedoch nahtlos daran anknüpft und durch Rückblenden wichtige Erinnerungen aus dem ersten Band weckt, konnte ich wieder schnell in Ravens und Kyles Welt eintauchen und mit ihnen mitfiebern. Während im Vorgänger vor allem auf die Beschreibung der Akademie, die Charaktere der Brüder und ihre Magie eingegangen wird, startet Moram hier sehr schnell mit dem Spannungsbogen, schnell aufeinanderfolgenden Entwicklungen und überraschenden Wendungen ein.

Dennoch wird die problematische, konfliktreiche Beziehung der beiden Brüder sowie ihre Abhängigkeit und Bezogenheit aufeinander durch die tiefe Verbindung deutlich und beide entwickeln sich auch in diesem Teil maßgeblich weiter. Während sie sich intensiver mit Sangius auseinandersetzen und ihre Magie einsetzen, lässt uns die Autorin immer tiefer in die Welt eintauchen und mit einem Cliffhanger neugierig und gespannt zurück.

Der Schreibstil ist, wie schon im Vorgänger, sehr flüssig und bildhaft, sodass ich mir das Setting und die Atmosphäre sehr gut vorstellen konnte. An einigen Stellen fand ich es zu ausschweifend, aber das ist eindeutig Geschmacksache.

Eine gute Fortsetzung, die auf den tritten Band und somit das Finale warten lässt!

Veröffentlicht am 15.05.2022

Seit der Geburt auf der Flucht

Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten
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Elyas Jamalzadeh ist seit seiner Geburt auf der Flucht und hat sich nie wirklich sicher oder in der Heimat gefühlt. Wegen der Taliban mussten seine Eltern früh aus Afghanistan fliegen und brachten Elyas ...

Elyas Jamalzadeh ist seit seiner Geburt auf der Flucht und hat sich nie wirklich sicher oder in der Heimat gefühlt. Wegen der Taliban mussten seine Eltern früh aus Afghanistan fliegen und brachten Elyas in Iran auf die Welt, wo er ohne Papiere nur in bestimmten Gegenden, lange Zeit ohne Schulzugang bzw. nur illegalen Schulzugagn aufwuchs und oftmals mit betrügerischem Handel ein bisschen Geld für die Familie verdiente. Im Jahr 2014 macht er sich gemeinsam mit seinen Eltern auf die lebensgefährliche Fluchtroute über das Mittelmeer nach Europa: zunächst nach Griechenland und dann über Land weiter bis nach Österreich.

Geprägt durch einen sarkastischen und schwarzhumorigen Stil schildert Elyas seine Lebensgeschichte. Er erzählt von den verschiedenen Schritten der Flucht, von Ängsten, Krankheit und Hoffnung. Er erzählt von dem Gefühl, nicht willkommen zu sein, jeden Tag kämpfen zu müssen und sich durch das Deutschlernen eine Chance auf einen Ausbildungsplatz und ein sicheres Leben in Österreich zu sichern. Er erzählt von der Liebe, von Träumen und Wünschen für die Zukunft. Dabei sind seine Schilderungen unmittelbar, nahbar und beängstigend realistisch. Er beleuchtet blinde Flecken, die die meisten von uns vermutlich in Bezug auf Geflüchtete haben.

Ein unfassbar erschreckendes, tragisches und doch auch komisches Buch, das absolut zu empfehlen ist!

Veröffentlicht am 15.05.2022

Anekdoten über das Aufwachsen in Ostfriesland

Die junge Frau und das Meer
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Sylvie Glühmanns Herz schlägt für Ostfriesland, das wird schon zu Beginn der Lektüre sehr deutlich. Sobald das Meer in der Nähe ist und sie den ostfriesischen, weiten Himmel sieht, fühlt sie sich zuhause. ...

Sylvie Glühmanns Herz schlägt für Ostfriesland, das wird schon zu Beginn der Lektüre sehr deutlich. Sobald das Meer in der Nähe ist und sie den ostfriesischen, weiten Himmel sieht, fühlt sie sich zuhause. In "Die junge Frau und das Meer" erzählt Glühmann in flüssigem und teilweise flapsigen Stil humorvoll von ihrer Kindheit und ihrer Jugend in Ostfriesland, was Ostfries*innen vermutlich noch viel mehr und besser nachempfinden können. Ich habe die anschaulichen Schilderungen sowohl in Ostfriesland als auch (teilweise im starken Kontrast) bei den Großeltern auf der Schwäbischen Alb sowie den Witz der unterschiedlichen Anekdoten sehr genossen. Zwischenzeitlich schlägt die Autorin auch ernsthafte Töne an und spricht über Wahrheiten, Erkenntnisse und Gefühle, die zwangsläufig mit dem Erwachsenwerden kommen und nicht nur in Ostfriesland vorherrschen.

Eine autobiographische Erzählung, die sehr ehrlich und offen daherkommt und mir einige unterhaltsame Lesestunden beschert hat!