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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.05.2022

Klingt noch eine Weile nach

Boy meets Girl
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Als Nora in der Reisetasche ihres Mannes einen fremden Damenslip entdeckt, läuft das Fass bei ihr über. Da ihr Mann beruflich sowieso einige Monate weg sein wird, hat sie Zeit, ihr Leben und ihre Ehe zu ...

Als Nora in der Reisetasche ihres Mannes einen fremden Damenslip entdeckt, läuft das Fass bei ihr über. Da ihr Mann beruflich sowieso einige Monate weg sein wird, hat sie Zeit, ihr Leben und ihre Ehe zu hinterfragen. Denn eines wird ihr plötzlich klar: Sie hat in ihrem Leben gar nicht sämtliche Chancen und Möglichkeiten genutzt und das, was sie nun hat, ist womöglich gar nicht das, was sie glücklich macht? Mitdem sie den jugen Lehrer Gregory trifft, beginnt sie eine gewisse Leichtfüßigkeit, sich treiben zu lassen und nur zu tun, worauf sie Lust hat. Und plötzlich ist auch Yann, ein alter Bekannter aus Unizeiten, wieder in ihrem Leben und bei Nora kommen alte Gefühle hoch.

Julia Holbe hat es geschafft, mich vollkommen mit Nora verbunden zu fühlen, all ihre Gedanken und Handlungen mitzufühlen und die verschiedenen Stimmungen zu spüren, durch die sie geht. Trotz Noras Leichtfüßigkeit, der immer wieder neue getroffenen Entscheidungen und ihrer Offenheit schweben eine gewisse Schwermut und Ratlosigkeit mit. Gleichzeitig habe auch ich parallel zur Lektüre einzelne Handlungen, Einstellungen, Gedanken und Konsequenzen in verschiedenen Beziehungen hinterfragt und habe während der Lektüre immer wieder gezweifelt, welche Entscheidungen und welche Beziehung für Nora nun die besten sind.

Ein berührendes Buch, das in mir noch lange nachklingt!

Veröffentlicht am 14.05.2022

(Nicht)Anpassung durch Butter

Butter
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Manako Kajii entspricht so gar nicht dem japanischen Idealbild der Frau: Sie ist übergewichtig und nicht sonderlich attraktiv, was vor allem an ihrem Butterkonsum und ihrer Leidenschaft des Kochens liegt. ...

Manako Kajii entspricht so gar nicht dem japanischen Idealbild der Frau: Sie ist übergewichtig und nicht sonderlich attraktiv, was vor allem an ihrem Butterkonsum und ihrer Leidenschaft des Kochens liegt. Mit ihren Kochkünsten soll sie diverse Männer verführt und anschließend umgebracht haben, weshalb sie inhaftiert ist. Sämtliche Interviewanfragen hat sie bisher zurückgewiesen, doch Rika - eine junge Journalistin in Tokie, möchte dem Leben der Serienmörderin auf den Grund gehen. Unter der Bedingung, dass sie sich lediglich über das Kochen und Essen unterhalten, stimmt Manako den Gesprächen mit Rika zu.

Schnell wird klar, dass Asako Yuzuki hier zwei sehr unterschiedliche Frauen skizziert: die eine sehr angepasst an das japanische Frauenbild, konservativ und traditionell, die andere eher voller Widerstand, Eigensinn und vor allem Genuss. Der Schreibstil war für mich recht ungewöhnlich, mit sehr ausführlichen und ausgeschmückten Beschreibungen, die mich an manchen Stellen nahezu langweilten und dennoch atmosphärisch. Ich hatte den Geruch und das Gefühl der beschriebenen Speisen in der Nase und im Mund. Dennoch fehlte es mir etwas an Spannung, wobei ich bisher auch kaum japanische Literatur gelesen habe und daher nicht mit Narrativen und gängigen Stilmitteln vertraut bin.

Deutlich thematisiert werden jedoch die Anforderungen, die in Japan an Frauen gestellt werden und somit auch Kritik an patriarchalen Strukturen, weshalb ich "Butter" trotz einiger Längen als lesenswert empfinde.

Veröffentlicht am 14.05.2022

Authentisches Setting

Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe
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Die Biologie-Doktorandin Olive hat ihrer Freundin Anh von einer bestehenden Beziehung erzählt, wodurch sie in die Zwickmühle gerät, den erstbesten Mann zu küssen. Schnell stellt sich heraus, dass es sich ...

Die Biologie-Doktorandin Olive hat ihrer Freundin Anh von einer bestehenden Beziehung erzählt, wodurch sie in die Zwickmühle gerät, den erstbesten Mann zu küssen. Schnell stellt sich heraus, dass es sich dabei um Dr. Adam Carlsen, einen recht unbeliebten Professor der Fakultät handelt. Die beiden spinnen sich ein Lügenkonstrukt um eine scheinbare Beziehung zusammen, wodurch sowohl Olives Privatleben als auch ihre Karriere einen plötzlichen Turn nimmt.
Der weitere Verlauf besteht also aus Fake-Dating, Peinlichkeiten im Labor und Äußerungen über Wahrscheinlichkeiten.

Generell finde ich die Idee des Settings im akademischen Umfeld, hier im Labor, sehr authentisch und konnte über einige Dialoge auch schmunzeln. Andere hingegen fand ich recht unangenehm und nicht flüssig zu lesen. Während mir Adam sehr sympathisch wurde, erschien Olive vor allem als naiv und sehr romantisch veranlagt, was den Eindruck ihrer Naivität noch untermalte. Aufgeladen durch viele Klischees hat sich "Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe" zu einer der geliebten RomComs von Olive entwickelt, deren Handlung sehr vorhersehbar war.
Dennoch hatte ich Spaß bei der Lektüre und kann sie Liebesromanfreund*innen empfehlen!

Veröffentlicht am 12.05.2022

Die Zeit nach der Reise

Wieder da und doch nicht hier
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Uta-Caecilia Nabert war selbst zwei Jahre auf Weltreise und widmet sich in "Wieder da und doch nicht hier" der Zeit, mit der die meisten Reiseberichte enden: der Rückkehr. In Form von Berichten lässt sie ...

Uta-Caecilia Nabert war selbst zwei Jahre auf Weltreise und widmet sich in "Wieder da und doch nicht hier" der Zeit, mit der die meisten Reiseberichte enden: der Rückkehr. In Form von Berichten lässt sie 23 Weltreisende sowohl von ihrer Reise, ihren Erfahrungen, aber vor allem von ihrer Heimkehr, den Gefühlen, der Verarbeitung und dem Umgang mit dem Fernweh erzählen. Während sich einige Aussagen decken, unterscheiden sich andere stark voneinander und bilden ein breites Spektrum von Weltenbummlern und Heimkehrern ab.

Was mir vor allem gefällt, ist die Offenheit und die Emotionalität, mit der hier berichtet wird. So konnte ich vieles direkt nachvollziehen, mich in die Menschen hineinversetzen und selbst überlegen, wie ich mit Reisen und meiner Heimkehr umgegangen bin oder welche Möglichkeiten es eventuell für die Zukunft gibt.

Uta-Caecilia Nabert hat neben kurzen Schlagworten zu den einzelnen Persönlichkeiten, Berufswegen und Publikationen am Ende sowohl eine Literaturliste als auch eine Liste mit hilfreichen Quellen zur Rückkehr und Wiedereingliederung zusammengestellt, die einigen sicherlich sehr nützlich sein werden.

Veröffentlicht am 09.05.2022

Sehr gelungener Coming-of-Age-Roman mit 90er Feeling

Man vergisst nicht, wie man schwimmt
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In "Man vergisst nicht, wie man schwimmt" erzählt Pascal aus der Ich-Perspektive vom 31. August 1999 - von dem Tag, der nicht nur diesen Sommer beendete, sondern Einfluss auf sein komplettes Leben hatte.
Beginnend ...

In "Man vergisst nicht, wie man schwimmt" erzählt Pascal aus der Ich-Perspektive vom 31. August 1999 - von dem Tag, der nicht nur diesen Sommer beendete, sondern Einfluss auf sein komplettes Leben hatte.
Beginnend als ganz normaler Ferientag im bayerischen Kaff Bodenstein, wo nichts los ist, werden der 15-jährige Pascal und sein bester Freund Viktor Zeugen eines Diebstahls und lernen so Jacky kennen. Jacky, die nur noch diesen einen Tag in Bodenstein ist und mit dem Zirkus am nächsten Tag weiterziehen wird. Jacky mit den blauen Augen, der grazilen Art sich zu bewegen und der unkomplizierten Leichtigkeit, von der Pascal angezogen wird. Doch er darf sich nicht verlieben. Schon zu Beginn erfahren die Lesenden über ihn, dass er sich Geschichten ausdenkt, die niemand lesen darf, und dass niemand weiß, weshalb er Krüger genannt wird, sich niemals verlieben darf und vor allem nicht mehr schwimmen kann. Erst zum Ende hin deckt er dieses Geheimnis auf.

Bis dahin lässt Christian Huber die Lesenden an der Seite der drei Jugendlichen den letzten Tag des Sommers erleben, lässt sie die Langeweile des bayerischen Kafflebens spüren, die Komplexe und Unsicherheiten des Teenagerdaseins sowie die wichtigen Ebenen der Freundschaft und der Liebe. Mit seinem fesselnden Schreibstil, der authentischen Atmosphäre der späten 90er und der anschaulichen und berührenden Figurendarstellung hat er mich die knapp 400 Seiten im Nu lesen und in meine eigenen Jugendjahre zurückdenken lassen.

Ein Coming-of-Age-Roman, der mich so berührt hat wie lange kein Buch mehr. Absolute Empfehlung!