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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.12.2021

Pflichtlektüre

Schwarzes Herz
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Durch ihre Ich-Erzählerin schildert Jasmina Kuhnke eindringlich, wie eine Schwarze Frau von Kindesbeinen an Rassismus, Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt ist und wie sich diese Strukturen in der Jugend ...

Durch ihre Ich-Erzählerin schildert Jasmina Kuhnke eindringlich, wie eine Schwarze Frau von Kindesbeinen an Rassismus, Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt ist und wie sich diese Strukturen in der Jugend und im Erwachsenenleben fortsetzen. Die geschilderten Erfahrungen gehen unter die Haut, schockieren, wühlen auf und machen betroffen. Thematisiert werden Alltagsrassismen, strukturelle Rassismen, toxische Beziehungen inklusive physischer und psychischer Gewalt.
Gesplittet sind die Kapitel in verschiedene Zeitebenen, es wird hin- und hergesprungen, ohne dass Flashbacks ausgelöst werden. Literarisch ist, gerade was den Aufbau betrifft, noch Verbesserungspotenzial vorhanden. Aber die Unmittelbarkeit, die raue Sprache und die detaillierten Beschreibungen, wann, wie und von wem Schwarze Frauen rassistisch behandelt werden und was dies mit dem Innenleben, Bildungschancen, Lebenseinstellungen und dem Selbstwertgefühl anrichtet, gleicht das allemal aus.

Absolute Pflichtlektüre!

Veröffentlicht am 27.12.2021

Brillant erzählt

Auf Basidis Dach
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Mona Ameziane erzählt in "Auf Basidis Dach" von ihrer Kindheit, ihrer Jugend und ihren frühen Erwachsenenjahren in Deutschland, von ihren Besuchen bei den Großeltern und ihrem Auslandsjahr in Marokko. ...

Mona Ameziane erzählt in "Auf Basidis Dach" von ihrer Kindheit, ihrer Jugend und ihren frühen Erwachsenenjahren in Deutschland, von ihren Besuchen bei den Großeltern und ihrem Auslandsjahr in Marokko. Dabei stellt sie sich selbst und ihrem Vater vor allem Fragen zur Herkunft, zu Unterschieden, Privilegien, Sehnsüchten und Rassismus. Sie nimmt uns mit auf diese gemeinsame Reise zu den Großeltern nach Fes, dem Schuljahr in Agadir und den Erfahrungen, sowohl in Deutschland als auch in Marokko als doch irgendwie "anders", "fremd", "nicht ganz zugehörig" zu gelten.
Neben den klugen Fragen, die Ameziane stellt, überzeugte mich vor allem ihr reflektierender Umgang rund um das Thema Herkunft. Außerdem wirkt es fast so, als wären wir bei den Gesprächen dabei, säßen mit im Auto und würden auch in der Medina von der Dachterasse herunterschauen. Ameziane stellt eine unglaubliche Nähe her, macht ihre Gedanken greifbar und nachvollziehbar. Dabei beantwortet sie die aufkommenden Fragen für sich, für ihren Vater und lässt trotzdem Platz für alle anderen Gedanken und Gefühle.

Ein brillant erzähltes Buch über Marokko, Deutschland und alles, was die Autorin selbst, die Länder und Kulturen miteinander verbindet oder voneinander trennt.

Veröffentlicht am 27.12.2021

Warum Frauen wütend sein sollten

Wut und Böse
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Ciani-Sophia Hoeder geht in "Wut und Böse" unter anderem den Fragen nach, wie die Wut von Frauen die Popkultur und die Geschichte beeinflusst hat, welchen Einfluss die Erziehung auf Frauen und deren Empfindungen, ...

Ciani-Sophia Hoeder geht in "Wut und Böse" unter anderem den Fragen nach, wie die Wut von Frauen die Popkultur und die Geschichte beeinflusst hat, welchen Einfluss die Erziehung auf Frauen und deren Empfindungen, ihren Umgang mit Wut, den Umgang mit Care Arbeit und die psychische Gesundheit hat. Vor allem jedoch beleuchtet sie, wie aus Wut der Mut zur Veränderung wird.

Wie viele andere Faktoren, Aspekte, Zusammenhänge und Komponenten ist auch Wut geprägt von patriarchalischen Strukturen und Sozialisierung. Wut und Frauen scheinen in unserer Gesellschaft ein Paradoxon zu sein, denn Frauen haben nicht wütend zu sein. Und falls doch, dann werden ihnen Hysterie, Zickigkeit, Unzufriedenheit oder fehlende sexuelle Befriedigung (durch einen Mann) zugeschrieben. Unter einem intersektionalen Blick beleuchtet Hoeder die vielschichtigen Ebenen der Wut von Frauen und stellt diese in direkten Bezug zu Wut von Männern.
Durch zahlreiche Statistiken und Studien, verschränkt mit und verdeutlicht durch persönliche Geschichten und Erfahrugen, präsentiert sie aktuelle Fakten und Zusammenhänge. Diese kontextualisiert sie und verortet sie gekonnt in den Strukturen unserer Gesellschaft. Sie zeigt auf, weshalb Frauen unbedingt wütend sein müssen, wie ihre Wut spürbar wird und wie diese für Veränderung mobilisiert werden kann.

Hoeder überzeugt durch einen präzisen Schreibstil und macht strukturelle Ungleichheiten unter Berücksichtigung von Intersektionalität ganz deutlich sichtbar.

Ein Buch, das meines Erachtens jede*r lesen sollte!

Veröffentlicht am 19.12.2021

Demenz aus Sicht eines Kindes

Das Gedächtnis des Baumes
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Als die Großeltern zu Jan und dessen Eltern in die Wohnung ziehen, Gespräche der Erwachsenen zwischen verschlossenen Türen stattfinden und sich der Alltag ändert, beispielsweise weil der Opa ihn nun immer ...

Als die Großeltern zu Jan und dessen Eltern in die Wohnung ziehen, Gespräche der Erwachsenen zwischen verschlossenen Türen stattfinden und sich der Alltag ändert, beispielsweise weil der Opa ihn nun immer von der Schule abholt, weiß Jan, dass etwas passiert ist.

In kurzen Kapiteln schildert Tina Vallès aus Sicht des zehnjährigen Kindes, wie es die Demenzerkrankung des Großvaters mitbekommt - und das, ohne dass explizite Worte darüber verloren werden. Der Großvater erzählt ihm Geschichten aus seiner Kindheit, erzählt von der Trauerweide und vermittelt Jan das Gefühl, dass er sich all diese Dinge gut merken sollte. Nicht nur die vertraute Beziehung der beiden ist spürbar, sondern auch die Schwere der Krankheit, die sich wie ein Schleier über alles legt.

Ein berührendes Buch, das eine andere Perspektive auf Demenz legt.

Veröffentlicht am 17.12.2021

Wichtiges Thema differenziert umgesetzt

Wer wird denn da gleich schwarzsehen
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Marius Jung schreibt über seine persönlichen Rassismuserfahrungen, über Vorurteile und darüber, dass er als PoC selbst nicht von rassistischen Gedanken oder Vorurteilen befreit ist. Er schreibt darüber, ...

Marius Jung schreibt über seine persönlichen Rassismuserfahrungen, über Vorurteile und darüber, dass er als PoC selbst nicht von rassistischen Gedanken oder Vorurteilen befreit ist. Er schreibt darüber, wie wichtig Sensibilisierung, die gesellschaftlichen Prozesse und ein geschärftes Bewusstsein für Rassismus und White Privilege sind. Dabei geht er auf die Unbedarftheit, die nicht gemeinte Bösartigkeit, Unsicherheit und vor allem fehlende Selbstreflexion ein. Mit einer Spur Humor, ohne erhobenen Zeigefinger und auf Augenhöhe zeigt er auf, wie wir Rassismus identifizieren können, wie wir uns selbst und andere dafür sensibilisieren können und vor allem, wie präsent Rassismus und Diskriminierung in unserer Gesellschaft sind. Dabei agiert er differenziert, reflektiert und setzt auf konstruktive Äußerungen. Gerade die arguementative Vorgehensweise in Kombination mit persönlichen Erfahrungen und aufgezeigten Folgen/Emotionen überzeugten mich.

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