Eher historischer Roman als Fantasy
She Who Became the SunIch wollte dieses Buch lieben. Asiatisches Fantasy, Mulan-Neuerzählung, wunderschönes Cover, richtig gute Bewertungen? Das klang für mich nach einem garantierten 5-Sterne-Buch.
Leider wurde ich enttäuscht.
Das ...
Ich wollte dieses Buch lieben. Asiatisches Fantasy, Mulan-Neuerzählung, wunderschönes Cover, richtig gute Bewertungen? Das klang für mich nach einem garantierten 5-Sterne-Buch.
Leider wurde ich enttäuscht.
Das erste Drittel war super. Sehr atmosphärisch, richtig toller Schreibstil. Die Spannung wurde langsam aber stetig aufgebaut, die Charaktere waren echt interessant. Aber kaum, dass die eigentliche Handlung angefangen hat, hat es stark nachgelassen.
Dieses Buch ist eine Neuerzählung von Mulan und dabei nicht die erste, die ich gelesen habe. Mulan ist eine tolle Geschichte, daraus kann man wirklich etwas machen. Im Gegensatz zu den meisten Neuerzählungen dieser Art ist She Who Became the Sun aber erstaunlich realistisch. Es gibt keine Drachen, keine Magie. Die Sprache schien mir sehr passend an die Ausdrucksweise in der chinesischen Kultur angelehnt, was zwar teilweise etwas ungewohnt, aber dafür authentisch klang. Das Buch ist stark an die Realität angelehnt, es kommen tatsächliche historische Persönlichkeiten und Begebenheiten vor. Eigentlich ist diese Art von Buch somit sehr viel passender, als die Disney-Neuerzählung.
Aber ich muss wirklich nicht 300 Seiten über Kampftaktiken, Intrigen und Gespräche von irgendwelchen Generälen lesen. Ein Buch über diesen Abschnitt der chinesischen Geschichte ist spannend - aber wenn ich so etwas lesen möchte, dann lese ich einen historischen Roman und nicht Fantasy.
Überhaupt war der Fantasy-Anteil dieses Buches minimal. Eigentlich hätte er auch komplett weggelassen werden können. An sich stört mich so etwas nicht - aber dann sollte das Buch entsprechend vermarktet werden. Ich kann das hier wirklich nicht als Fantasy bezeichnen. Es ist ein historischer Roman. Hätte ich das erwartet, wäre meine Meinung vielleicht besser ausgefallen, aber wenn ich Fantasy erwarte, möchte ich auch Fantasy kriegen.
Das ganze Kriegsgerede war allerdings auch nicht sonderlich spannend umgesetzt. Es gab durchaus immer wieder ansprechende Szenen, aber die Hälfte ist mir nicht nachhaltig in Erinnerung geblieben und hatte gefühlt keine Relevanz für die Handlung. Dafür hat sich das ganze einfach zu sehr gezogen.
Was ich mochte, war die LGBTQ Repräsentation, die wirklich hervorragend in die Geschichte gepasst hat. Einen Vergleich mit dem Lied des Achill halte ich trotzdem nicht für angebracht, da die beiden Werke an sich bereits überhaupt nicht zu vergleichen sind.
Trotz der ganzen Kritik muss ich aber auch ein Lob aussprechen. Man merkt wirklich, wie viel Arbeit Shelley Parker-Chan in das Buch gesteckt hat. Ich kenne mich nicht genügend mit der chinesischen Geschichte aus, um zu beurteilen, wie wahrheitsgetreu dieses Buch tatsächlich ist, aber man merkt, dass jede Menge Recherche betrieben wurde und sehr viel Herzblut in dieses Buch geflossen ist.
Es ist kein schlechtes Buch, wirklich nicht. Aber es ist eher ein historischer Roman als Fantasy.
Vielen Dank an NetGalley und Cross Cult für ein Rezensionsexemplar im Gegenzug zu einer ehrlichen Rezension.