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Veröffentlicht am 23.03.2024

Richtig süßer Spin off für Emily Seymour!

School of Myth & Magic, Band 1: Der Kuss der Nixe
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Nachdem ich schon so begeistert von Emily Seymour war, musste ich natürlich auch das neuste Buch von Jennifer Alice Jager lesen. Dem Klappentext habe ich es nicht angemerkt, aber tatsächlich spielt School ...

Nachdem ich schon so begeistert von Emily Seymour war, musste ich natürlich auch das neuste Buch von Jennifer Alice Jager lesen. Dem Klappentext habe ich es nicht angemerkt, aber tatsächlich spielt School of Myth and Magic in der gleichen Welt wie Emily Seymour und könnte somit als Spin-off bezeichnet werden. Muss man Emily zwingend vorher lesen? Nicht unbedingt, würde ich sagen. Die Geschichte steht unabhängig von den Geschehnissen in Emily Seymour und die Hintergründe muss man nicht unbedingt kennen.
Ich würde es aber trotzdem empfehlen. Erstens, um einen besseren Einblick in das World Building zu bekommen. Zwar sind auch diese Fakten nicht zwingend notwendig für den Kuss der Nixe, aber Neuleser könnten sich evtl daran stören, dass manche Informationen einfach nicht weiter ausgebaut werden. Außerdem kommen durchaus ein paar Charaktere aus Emily Seymour vor. Zwar nur in kleinen Rollen, und wie gesagt, ihre Hintergründe muss man nicht unbedingt kennen, aber wer mag es nicht, die Easter Eggs zu erkennen? Zuletzt könnte Emily Seymour sehr gut dabei helfen, das Ende dieses Buches zu verstehen. Da gibt es nämlich durchaus ein paar Gemeinsamkeiten. Generell wird alles erklärt, was man wissen muss, aber die Zusatzinformationen können einem einiges an Rumgrübeln ersparen.

Das Buch fängt langsam an, sehr viel langsamer als Emily, bei der von Beginn an der Einsatz hoch ist. Unsere Nixe führt ein deutlich gewöhnlicheres Leben - Devin findet bei einem unglücklichen Zwischenfall an ihrem Geburtstag heraus, dass sie eine magische Kreatur ist, und wird auf eine Schule in Norwegen geschickt, wo sie ihre Fähigkeiten besser kennenlernen soll. Keine Lebensgefahr, kein drohender Krieg, nur die gewöhnlichen Probleme eines übernatürlichen Jugendlichen. In dem Internat lernt sie einen Haufen interessanter, wenn auch etwas klischeebehafteter Leute kennen. Es gibt den starken, attraktiven Kerl mit seinem lustigen besten Freund, die großherzige Außenseiterin, die aufgestylte Oberzicke. Das Internatsleben ist simpel gehalten, mit Unterrichtseinheiten, in denen Devin über ihre eigene und andere Spezies lernt, Frühstück im Speisesaal und Zickenkrieg.
Zwar ist die Handlung nur ein bisschen vor sich hin geplätschert, aber gelangweilt habe ich mich nicht. Schön fand ich dabei wie immer den Schreibstil. Humorvoll und locker, sehr angenehm zu lesen. Der hat es einem leicht gemacht, durch die alltäglichen Geschehnisse zu fliegen. Ich mochte es auch, mehr über die verschiedenen magischen Kreaturen zu erfahren – Nekromanten kamen hier kaum vor, der Fokus liegt natürlich in erster Linie auf Nixen. Aber auch Faune, Drachen, Vampire, Hexen und Sirenen haben kleinere oder größere Rollen gespielt. Insgesamt wurde das World Building also etwas weiter ausgereift. Zeit- und Kulturreisen durch die Raumfalten gibt es dafür weniger. Wobei ich auch hier positiv anmerken muss, dass das Buch nicht einfach in den USA oder in Großbritannien spielt, sondern nach Norwegen verfrachtet wird. Es gibt zwar keine ganz so große Dosis Kultur wie in anderen Büchern, aber immer wieder wird auf die norwegische Natur angespielt - das Setting macht sich also durchaus bemerkbar.
Vielleicht hätte ich den Mangel an Raumfalten-Handlungen schade gefunden, aber das Potential wurde in Emily Seymour bereits so schön ausgeschöpft. Wer das immer noch nicht gelesen hat und mehr über Raumfalten erfahren möchte – unbedingt lesen! So gesehen fand ich es eigentlich sogar erfrischend, den Fokus auf etwas anderes zu lesen. Wenn es das gleiche Szenen-Hopping gegeben hätte, wäre es evtl. langweilig geworden, so sehr mir das in Emily auch gefallen hatte.
Devins Charakter war mir auch sehr sympathisch. Teilweise hätte ich wahrscheinlich andere Entscheidungen getroffen, aber ich konnte ihre Sichtweise stets nachvollziehen. Natürlich verhält sie sich ihrem Alter entsprechend – aber ich fand es angenehm, dass sie so gar keine Lust hatte, auf den Zickenkrieg einzugehen. Man hat ja auch größere Probleme im Leben.

Als die Handlung dann langsam Fahrt aufnimmt, war ich bereits komplett in der Geschichte drinnen. Gerne hätte es etwas früher losgehen können, auch wenn die Handlung von Beginn an angeteasert wurde. Aber wirklich problematisch fand ich das Tempo nicht. Dafür wurde es dann auch gut spannend, vielleicht auch gerade dadurch, dass immer nur kleine Häppchen gefüttert wurden und man nie ganz wusste, was noch auf einen zukommt. Ein paar mysteriöse Rätsel, Charaktere, die nicht so sind, wie sie zu sein scheinen, überraschende Erkenntnisse… ich fand es großartig.

Der romantische Aspekt des Buches war in Ordnung. Ab und zu wollte ich den Charakteren einen kleinen Schubs geben, aber im Endeffekt war ich doch ganz zufrieden. Aber nur, wenn im nächsten Band dann auch genau das passiert, was ich mir erhoffe.

Es fällt mir wirklich schwer, nicht zu viel in dieser Rezension zu spoilern, aber ich kann ankündigen, dass das Ende fies ist. Nicht so fies wie in Emily, würde ich sagen, aber ich hätte jetzt gerne den zweiten Band, bitte danke. Insbesondere über eine ganz bestimmte Person möchte ich dringend mehr lesen. Da erwarte ich noch einiges zu erfahren.

Honorary Mentioning of Seth Cardeles. Ich will nicht zu viel verraten, weder für Neuankömmlinge in diesem Universum, noch für Emily-Leser, aber ich liebe ihn inzwischen ziemlich. Können wir bitte ein Buch über ihn kriegen? Das fände ich toll.

Herzlichen Dank an NetGalley und den Ravensburger Verlag für ein Rezensionsexemplar im Gegenzug für eine ehrliche Rezension!

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Veröffentlicht am 10.03.2024

Typischer zweiter Band

The Romeo & Juliet Society, Band 2: Schlangenkuss
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Der Anfang des Buches war gut. Hat direkt an das Ende des vorherigen Bandes angeknüpft und man war direkt wieder in der Geschichte mit drin. Dann hat es aber etwas nachgelassen. Für den größten Teil der ...

Der Anfang des Buches war gut. Hat direkt an das Ende des vorherigen Bandes angeknüpft und man war direkt wieder in der Geschichte mit drin. Dann hat es aber etwas nachgelassen. Für den größten Teil der Handlung ist es nur vor sich hingeplätschert, typisch zweiter Band. Nett, aber wirklich nicht herausragend und ganz ehrlich etwas langweilig.

Das Liebesdreieck wird weiterausgearbeitet. Leider dreht es sich ziemlich im Kreis und ist sehr frustrierend. Generell haben mich die Beziehungen genervt, wobei Cut noch der Vernünftigste der Truppe war. Joy hat so unglaublich viele dumme Fehler gemacht, dass ich gar nicht mal wirklich Mitleid mit ihr haben kann. Alles, was auf sie zu kommt, hat sie sich komplett selbst zuzuschreiben. Wirkliche Überraschungen waren im Liebesdrama nicht dabei – auch wenn es mir anders besser gefallen hätte.
Die Charaktere wurden etwas stärker vertieft. Dabei gab es ein paar sehr schöne Szenen – insbesondere Cut bekommt viel mehr Screentime und füllt diese auch gut aus. Aber trotzdem bleiben gerade die Nebencharaktere etwas eindimensional und stereotypisch. Alle haben ihre Rolle, die sie auch gut spielen, aber es gibt nur wenig Tiefe. Schade eigentlich, es gibt mehrere Charaktere, die ein größeres Auftreten verdient hätten. Aber es scheinen alles nur Statisten für die Hauptdarsteller zu sein.

In dem Buch wird auch etwas mehr über die Vergangenheit aufgedeckt – aber es bleibt trotzdem anstrengend. Wirklich handfeste Informationen gibt es nur wenige, aber dafür einen Haufen neuer Mysterien, die nicht geklärt werden. Ich bin mir sicher, dass es dazu viel im dritten Band geben wird. Aber warum konnte nicht wenigstens ein bisschen was davon schon im zweiten Band passieren? In diesem Buch wird wieder sehr schön alles ausgeschmückt, aber die Geschichte geht einfach nicht wirklich voran. Und dafür ist mir alles aber zu wenig ausgereift. Das world building leidet darunter, dass die ganzen Geheimnisse nicht aufgedeckt werden, die Charaktere sind nicht interessant genug, um die Geschichte zu tragen und obwohl der Schreibstil angenehm ist, hat er das Buch auch nicht retten können. Insbesondere hat mir der Humor des ersten Teils gefehlt. In dem musste ich mehrfach wirklich lachen. In diesem gab es zwar auch ein paar Witze, aber wirklich lustig fand ich nichts davon. Und die emotionaleren Szenen haben mich auch einfach nicht gepackt. Insgesamt hätte man das Buch wahrscheinlich um die Hälfte kürzen können, ohne etwas relevantes zu verlieren. Wenn es so weiter geht, wäre die Trilogie als Dilogie sehr viel besser aufgehoben gewesen.

Erst gegen Ende ging es wieder richtig voran. Das fand ich dafür endlich mal befriedigend. Wenn etwas anderes draus geworden wäre, hätte es mich enttäuscht. Natürlich hat auch dieser Band wieder einen Cliffhanger und der ist schon auch fies – ich würde jetzt schon gerne Teil 3 lesen!

Vielen Dank an NetGalley und den Ravensburger Verlag für ein Rezensionsexemplar im Gegenzug zu einer ehrlichen Rezension.

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Veröffentlicht am 26.02.2024

Richtig tolles Buch!

Cast in Firelight - Magie der Farben
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Adraa und Jatin sind einander schon seit ihrer Kindheit versprochen, als Thronfolger ihrer jeweiligen Königreiche. Gegenseitig kennen sie sich aber nur über Briefe – die alles andere als freundlich sind. ...

Adraa und Jatin sind einander schon seit ihrer Kindheit versprochen, als Thronfolger ihrer jeweiligen Königreiche. Gegenseitig kennen sie sich aber nur über Briefe – die alles andere als freundlich sind. Die beiden sehen sich als Konkurrenten und haben wenig Interesse daran, zu heiraten. Bis sie plötzlich zusammenarbeiten müssen, um ein Verbrechen aufzudecken – ohne die Identität des jeweils anderen zu kennen.

Die indisch inspirierte Welt hat mir sehr gut gefallen. Ich habe inzwischen schon über diverse chinesisch-, japanisch-, oder koreanisch inspirierte Welten gelesen, aber Indien ist ja noch einmal eine komplett andere Kultur, über die ich bisher kaum Bücher gelesen habe. Und die Beschreibungen sind wirklich toll. Man hat wirklich das Gefühl, in eine farbenfrohe Welt geworfen zu werden. Durch Verwendung indischer Begriffe wird das Feeling noch mal deutlicher hervorgehoben. Auch hier kann ich nur erwähnen, dass es von mir immer große Pluspunkte geben wird, wenn jemand über etwas schreibt, das man sonst nie in den gewöhnlichen Romanen zu sehen bekommt.

Was das sonstige World Building und insbesondere das Magiesystem angeht – ich habe keine Ahnung, inwieweit bestimmte Begriffe aus tatsächlicher Mythologie entnommen wurden, oder ob Dana Swift sich alles selbst ausgedacht hat, aber das System mit den verschiedenen Arten der Magie hat mir gut gefallen. Es ist relativ simpel gehalten, aber trotzdem nicht langweilig und es hat Sinn ergeben. Was das angeht, fand ich schön, was für unterschiedliche Stärken und Schwächen Adraa und Jatin haben.

Die Geschichte selbst war richtig schön. An sich nicht außergewöhnlich brillant, aber hervorragend umgesetzt und mitreißend. Eine gehörige Portion Spannung, ein paar wirklich überraschende Plottwists, aber nicht zu verwirrend oder abgefahren.

Adraa und Jatin waren fantastisch. Das Buch wechselt zwischen den Perspektiven, wodurch man hervorragende Einblicke in die Psyche der beiden bekommt und jede Unsicherheit und Angst sieht, während sie sich nach außen hin höchst selbstbewusst geben. Es ist fantastisch, wie diese Kontraste dargestellt werden. Auch die Entwicklung, wie die beiden langsam anfangen, sich zu vertrauen und eine Beziehung zueinander aufbauen, ist sehr schön gestaltet. Ein bisschen spielen hier natürlich auch Klischees rein, aber das ganze Verhältnis zwischen ihnen wurde mit sehr viel Liebe gestaltet. Schön fand ich auch, dass es nicht zu viel unnötiges Drama gab, so etwas kommt bei Büchern dieser Art gerne vor. Davon war ich wirklich positiv überrascht. Das Buch hat schon genug Handlung, da wäre das einfach nur zu viel gewesen.
Aber auch die separaten Charakterentwicklungen der beiden, unabhängig von ihrer Beziehung zueinander, waren toll. Wie beide anfangen, die Systeme ihrer Reiche zu hinterfragen und sich für eine bessere Welt einsetzen.

Der Schreibstil ist sehr schön. Man kann das Buch wunderbar flüssig runterlesen. Die Beschreibungen sind toll, aber nicht zu blumig oder langatmig und zeichnen ein schön abgerundetes Bild. Die Dialoge sind realistisch, manchmal witzig und charakterisieren toll die einzelnen Figuren.

Ich habe in anderen Rezensionen vereinzelt Kritikpunkte dazu gesehen, dass dieses Buch nicht Own Voice ist. Da ich selbst nicht aus Indien stamme und nicht über meine Kultur geschrieben wird, kann ich das vermutlich nicht beurteilen, aber ich kann die Kritik zumindest nicht nachvollziehen. Dana Swift hat ein wundervolles Buch geschrieben und ihre Perspektive einer Kultur geteilt, mit der sie viele persönliche Erfahrungen gemacht hat. Natürlich sollte man Own Voice Bücher unterstützen, aber es darf ja wohl nicht sein, dass man sich nicht mehr von anderen Kulturen inspirieren lassen kann.

Vielen Dank an den Verlag und die Lesejury für ein Rezensionsexemplar im Gegenzug für eine ehrliche Rezension.

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Veröffentlicht am 18.02.2024

Nicht so meins

Ever & After, Band 1: Der schlafende Prinz (Knisternde Märchen-Fantasy der SPIEGEL-Bestsellerautorin Stella Tack)
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Leider hat mich dieses Buch enttäuscht, obwohl die Idee eigentlich sehr vielversprechend klang. Warnung: Diese Rezension ist ein bisschen länger geraten.

Die Geschichte selbst kam mir irgendwie chaotisch ...

Leider hat mich dieses Buch enttäuscht, obwohl die Idee eigentlich sehr vielversprechend klang. Warnung: Diese Rezension ist ein bisschen länger geraten.

Die Geschichte selbst kam mir irgendwie chaotisch vor. Zwar folgt sie schon einem eindeutigen Handlungsstrang, ist aber in verschiedene Episoden aufgeteilt, die alle etwas wild waren. Immer wieder wird auf unterschiedliche Märchen angespielt, alle werden aber nur halbherzig durchgezogen. Es hat sich andauernd so angefühlt, als hätte man noch viel mehr daraus machen können. Durch das hin und her springen ist es mir schwer gefallen, in der Geschichte zu bleiben. Ich hatte auch das Gefühl, dass das Buch an einer sehr ungünstigen Stelle aufgehört hat – es hat sich ziemlich unfertig und unbefriedigend angefühlt.

Das World Building zu Beginn hat mir eigentlich echt gut gefallen. Es gibt verschiedene Familien, die von Märchenfiguren abstammen. Unsere Hauptperson, Rain, ist eine Nachfahrin von Schneewittchen, ihre beste Freundin stammt von Goldmarie ab und ihr Nachbar ist ein Nachfahr von Aschenputtel. Denn all diese Märchen sind in echt geschehen. Eine coole Basis und mal was anderes!
Als die eigentliche Handlung dann eingesetzt hat, tauchen die Märchen in mehr als nur den Namen wieder auf. Und es war wild. Absolutes Chaos. Ein Märchen nach dem anderen, so dass man kaum die Gelegenheit hatte, wirklich darüber nachzudenken. Es hätte mir viel besser gefallen, wenn es weniger gewesen wären und die einzelnen Märchen mehr Screentime bekommen hätten.
Zwischenzeitlich musste ich kurz überlegen, um welches Märchen es gerade geht, aber das lag eher daran, dass mich die englischen Namen irritiert haben. Dazu gleich noch. Eigentlich hat man alles gut erkannt. Tatsächlich hätte es mir aber besser gefallen, wenn es nicht ganz so offensichtlich gewesen wäre. Vor allem, weil die Charaktere mit ihrem Wissen absolut nichts angefangen haben. Das sind alles Märchennachfahren, die die gesammelten Werke der Gebrüder Grimm auswendig kennen sollten! Aber stattdessen war es eher „da ist ein Typ, der Musik macht und irgendwo kommen ganz viele Ratten her. Hmmmm. Was könnte das wohl bedeuten? Ganz bestimmt nicht, dass hier gerade eine weitere Märchenfigur zum Leben erwacht ist!“
Ich glaube, ich hätte es besser gefunden, wenn die Charaktere wirklich überlegen müssten, mit wem sie es gerade zu tun haben und wie sie dementsprechend handeln sollten. Dann wären die Märchen selbst auch mehr in den Vordergrund getreten – so haben sie mehr wie ein billiger Aufhänger gewirkt, den man genauso gut mit etwas anderem ersetzen könnte.
Teilweise waren die Märchen sehr passend, teilweise kamen mir bestimmte Szenen extrem weit hergeholt vor. Ein Punkt, der mich sehr irritiert hat, war das Auftreten diverser Märchen-Bösewichte. In jedem Märchen gibt es irgendjemanden, der böse ist. Und gewöhnlich wird nicht erklärt, wieso dies der Fall ist. Es ist einfach nur offensichtlich – die böse Stiefmutter ist halt böse. Der böse Wolf ebenfalls. Dafür muss es keinen Grund geben.
In diesem Buch haben aber manche der allseits bekannten Märchen-Bösewichte eine Vorgeschichte bekommen. Und was soll ich sagen – im Rahmen dieser Vorgeschichten konnte ich alle ihre Handlungen 100 % nachvollziehen und fand sie überhaupt nicht mehr böse. Und trotzdem wurden sie im Laufe der Geschichte als die Bösen dargestellt. Das hat für mich einfach gar keinen Sinn ergeben. Warum so tragische Vorgeschichten erfinden, wenn die Charaktere dann doch einfach nur blutrünstige Mörder sind? Das wäre die Gelegenheit gewesen, einigen bekannten Märchen einen neuen Anstrich zu verpassen, aber nein. Vielleicht kommt da ja noch was im nächsten Band, aber das ist mir zu spät. Da hätte es jetzt schon Hinweise für geben müssen.

Was die Charaktere sonst angeht – ganz ehrlich, Rain hab ich nicht ganz verstanden. Ein bisschen rebellisch sein, ist ja in Ordnung. Gerade als Teenager. Aber von Anfang an hat sie Entscheidungen getroffen, bei denen ich mich gefragt habe, ob das wirklich so notwendig war und ob es manchmal nicht besser ist, sich einfach zu fügen. Und auch später – ich hatte das Gefühl, dass sie jede Entscheidung ohne nachzudenken getroffen hat und sich dann partout nicht davon abbringen lassen wollte. Egal, wie dumm die Entscheidung letztendlich war.
Und auch die anderen kamen mir teilweise etwas dumm vor. Jaja, Teenager und so. Aber bisschen Intelligenz schadet wirklich nicht.


Ich bin ansonsten überrascht, wie düster das Buch teilweise wurde und wie sehr der Fokus auf bestimmte Stellen gelegt wurde. Das möchte ich aber weder positiv noch wirklich negativ anrechnen – es war zwar mal etwas unerwartetes, aber es war teilweise auch schlichtweg widerlich. Muss nicht sein.
Die Plottwists waren nicht überraschend. Die große Auflösung am Ende konnte man schon nach den ersten 50 Seiten förmlich riechen und es hat mich furchtbar aufgeregt, dass die Charaktere nicht früher drauf gekommen sind. Liebe Autor*innen. Entweder macht ihr eure Plottwists bitte weniger offensichtlich, oder ihr sorgt dafür, dass eure Charaktere nicht so dumm sind und zu dem Zeitpunkt drauf kommen, wo auch der Leser drauf kommen könnte. Ich kann dumme Charaktere wirklich wirklich nicht leiden.
Schreibstil war an sich gut – angenehm und flüssig zu lesen. Aber einen sehr großen Minuspunkt gibt es für die englischen Namen. Ja, ich versteh schon. Deutsch ist halt einfach nicht cool. Deswegen verschiebt auch eine deutsche Autorin mal die Handlung nach London. Aber es hat mich furchtbar aufgeregt. In einem deutschen Buch so unglaublich englische Namen zu verwenden, fühlt sich für mich einfach echt gestellt an. Vor allem, weil es nicht den geringsten Grund dafür gab, warum die Handlung unbedingt in London spielen musste. Die Gebrüder Grimm waren Deutsch, das wäre die Gelegenheit gewesen, die Handlung nach Deutschland zu verschieben! Oder meinetwegen einfach neutrale Namen verwenden? Ich weiß nicht, mir kam es extrem gezwungen vor. Vor allem, weil ich die Namen nicht einmal besonders toll fand. White als Nachname – gut. Meinetwegen. Gibt schlimmeres. Aber was bitte ist Cinderbe? Soll das Cinder-be sein, also Cinderella und was auch immer be bedeuten soll? Oder Cind-erbe, also Cinderellas Erben? Ersteres ergibt keinen Sinn und letzteres ist einfach dumm, weil Erbe nun mal ein deutsches Wort ist und es so eine grauenhafte Kombination aus deutsch und englisch wäre. Aber unabhängig von der Zusammensetzung und Wortherkunft fand ich den Namen einfach seltsam. Wie soll man das überhaupt aussprechen? Kein Fan.
Und wie schon gesagt, es wurden die englischen Namen der Märchen verwendet. Wieso?! Gut, ich kenne die Namen eigentlich schon, aber ich muss sie trotzdem in Gedanken erst übersetzen. Und vor allem, wenn im einen Moment der englische Name verwendet und dann über das deutsche Märchen geredet wird, ist das einfach chaotisch. Es ist ein deutsches Buch. Über deutsche Märchen. Warum wird so gezwungen auf englische Namen bestanden?
Man könnte jetzt sagen, dass ich da nun doch ein bisschen zu sehr auf die Kleinigkeiten einhacke, aber die Namen haben mich tatsächlich von der ersten Seite an aufgeregt. Dazu werden die ja nicht nur einmal erwähnt und gut ist, sondern immer und immer wieder, weshalb ich andauernd daran erinnert wurde. Namen sind wichtig! Und die hier haben mir einfach überhaupt nicht gefallen.
Evtl. merkt man, dass ich mich sehr über diesen Punkt aufrege.

Abgesehen von dem Setting hat mich aber auch die Familie von Rain ein wenig an die Edelstein-Trilogie erinnert. Eine große Familie, die in einem Haus wohnt, inklusive strenger Großmutter, Tante und Cousins. Ganz genauso wie bei Kerstin Gier ist die Familie nicht aufgebaut, aber irgendwie ist mir die Parallele stark aufgefallen. Allerdings ist dies nur kurzzeitig von Relevanz, der Fokus liegt längst nicht so sehr auf Familie wie bei Gier, weshalb ich das akzeptieren kann. Andererseits wäre dieser ganze Aufbau der Familie wirklich nicht nötig gewesen, da sie nur relativ kurz überhaupt vorkommt. Warum macht man sich die Mühe und erläutert sämtliche Familienbeziehungen und Verwandtschaftsverhältnisse, nur um diese nach ein paar Kapiteln irrelevant werden zu lassen?

So. Jetzt hab ich mich aber ziemlich über das Buch ausgelassen. Insgesamt hat es aber trotzdem auch ein paar positive Punkte, die ich erwähnen möchte. Es war wirklich mal eine ganz andere Idee, die eigentlich richtig cool war. Es war flüssig zu lesen und teilweise musste ich sehr über den Humor lachen. Schön fand ich auch, dass die Romanze gar nicht so sehr im Vordergrund stand. Das Liebesdreieck hätte nicht sein müssen, aber es war akzeptabel. Erstens war es kaum mehr als angedeutet und zweitens war die ganze Romanze so zurückhaltend, dass man sowieso mehr auf die Handlung geachtet hat.

Insgesamt kam mir das Buch einfach ziemlich wirr vor. Ein paar gute Ideen, etwas ungeschickt zusammengeschustert und raus kam ein Buch, das nicht unbedingt schlecht ist, aber aus dem etwas sehr viel besseres hätte werden können.
Werde ich die Reihe weiterlesen? Weiß ich noch nicht. Es gibt einige Punkte, die ich sehr unbefriedigend fand und bei denen es mich schon interessieren würde, was es damit auf sich hat. Irgendwie bin ich ja doch neugierig, wie es ausgehen wird. Aber ich warte wirklich nicht voller Ungeduld auf Band 2. Aktuell bin ich eher auf die Art und Weise frustriert, die dafür sorgt, dass ich das zweite Buch nicht lesen möchte. Mal schauen. Ich überlege es mir, wenn der nächste Band erscheint.

Vielen Dank an NetGalley und den Ravensburger Verlag für ein Rezensionsexemplar im Gegenzug für eine ehrliche Rezension.

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Veröffentlicht am 16.02.2024

Absolut fantastisch!

Die Stadt ohne Wind
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Review enthält leichte Spoiler. Ich vermeide Details über relevante Handlungsteile, aber vereinzelt können Andeutungen über die Welt, die Charaktere oder die Handlung auftreten.

Bin zufällig im Laden ...

Review enthält leichte Spoiler. Ich vermeide Details über relevante Handlungsteile, aber vereinzelt können Andeutungen über die Welt, die Charaktere oder die Handlung auftreten.

Bin zufällig im Laden über das Buch gestolpert und fand das Cover toll, also hab ich mal den Klappentext gelesen und spontan zugeschlagen. Große Hoffnungen hatte ich eigentlich nicht - aber was wurde ich überrascht ^^

Das Buch hat es ganz schnell in das Regal meiner Lieblinge geschafft. Es besitzt die gleiche Art von Zauber, wie viele Kinderbücher - ein Zauber, der einen in eine Welt hineinsaugt, die so unglaublich magisch ist, dass man alles um sich herum vergisst. Aber in diesem Fall für Erwachsene.

Die Handlung folgt zwei verschiedenen Hauptcharakteren.
Arka ist ein 13-jähriges Mädchen, die, nur begleitet von ihrem Pferd, in die sagenumwobene Stadt Hyperborea reist. Dort leben die Magier dieser Welt und Arka hofft darauf, darunter ihren Vater zu finden. Als junges Mädchen ohne jegliche Kontakte oder Besitztümer ist es aber schwierig, sich in der großen Stadt zurecht zu finden.
Lastyanax ist einer dieser Magier und trotz seines jungen Alters hat er es zum Minister geschafft. Anstatt sich aber mit voller Kraft darauf konzentrieren zu können, die Zustände der Stadt zu verbessern, muss er sich auf die Suche nach einem Mörder machen, der sein Unwesen treibt und seinen ehemaligen Mentor ermordet hat.
Als Arka und Last aufeinander treffen, müssen sie zusammen arbeiten, um ihre jeweiligen Ziele erreichen zu können.

Die Handlung erscheint relativ simpel. Arka will ihren Vater finden, Last sucht einen Mörder und währenddessen erleben die beiden einige spannende Abenteuer. Gerade diese Abenteuer machen das Buch aber so interessant und - auch wenn es ein Fantasy-Buch ist - erstaunlich realistisch. Die beiden stoßen auf Sackgassen, werden auf falsche Fährten gelockt und müssen sich nebenher um einen Haufen nebensächlicher Sachen kümmern. Es geht eben nicht immer nur darum die Welt zu retten. Erst nach und nach finden die Fäden zusammen und man merkt, was eigentlich auf dem Spiel steht. Genau diese Art von Buch liebe ich.

Das Worldbuilding hat mir sehr gut gefallen, vor allem, weil es nur wenig Erklärungen dafür gibt, warum etwas so ist, wie es ist. In vielen Fantasy-Büchern wird versucht, die Welt auf einer naturwissenschaftlichen und gesellschaftlichen Ebene zu erklären. Alles, was anders als in unserer Welt ist, benötigt irgendeine sinnvolle Erklärung. Manchmal sind diese Erklärungen wirklich gut durchdacht, interessant und haben einen Einfluss auf die Handlung. Manchmal ist es einfach nur unnötig und man hat den Eindruck, dass der Autor unbedingt seine tollen Ideen teilen wollte, egal, ob sie zur Geschichte passen, oder nicht.
Dieses Buch bietet keine unnötigen Erklärungen. Wenn etwas relevant ist, natürlich schon, aber ich würde doch auch keiner anderen Person erklären, warum man eine Katze als Haustier haben kann, oder? Manche Sachen sind einfach so wie sie sind und man wird nicht mit Erklärungen überladen. Gerade das sorgt aber für diese magische Atmosphäre eines Kinderbuches.
Hyperborea eine Stadt unter einer Kuppel und dort in verschiedene Ebenen aufgeteilt. Auf der untersten wohnen die Ärmsten der Stadt, ganz oben thronen die Magier. Die unterschiedlichen Ebenen werden sehr realistisch beschrieben und es gibt ein paar sehr nette Extras. Wie reist man am besten auf den Kanälen durch die Stadt? Riesige Schildkröten? Warum nicht? Auch die Magie dieser Welt fand ich sehr schön strukturiert.
Von der Welt außerhalb der Kuppel erfährt man zunächst leider nur wenig - es gibt aber Hinweise darauf, dass sich dies in weiteren Büchern ändern wird und was man bisher davon erfahren hat, deutet auf eine farbenfrohe, vielseitige Welt hin.

Auch die Charakterisierungen haben mir wirklich sehr gut gefallen, nicht zu letzt dadurch, dass sie sehr realistisch gehalten sind.
Arka ist 13 Jahre alt. In einem Buch für junge Erwachsene finde ich Kinder selten realistisch. Entweder sind sie zu erwachsen gehalten, oder zu kindisch. Ein 13-jähriges Kind ist nicht dumm, ihm fehlt lediglich die Lebenserfahrung einer erwachsenen Person und es fällt ihm vielleicht schwerer, rational zu handeln, aber auch ein Kind kann schon kritisch denken. In diesem Buch ist genau dieses Mittelding hervorragend getroffen.
Arka ist noch ein Kind und genau das merkt man genau. Sie ist sturköpfig, leichtsinnig, geht unnötige Risiken ein und hat schlechte Ideen. Sie denkt nicht immer für voraus und ist zugleich sehr stolz, weshalb Kritik dafür sorgt, dass sie auch mal schmollt, wie, naja, eben ein Kind. Gleichzeitig ist sie aber wirklich nicht dumm, oder besonders naiv, wie man denken könnte. Sie kann gut kombinieren, lässt sich nicht von ihrem Ziel abbringen und ist ganz einfach intelligent. Trotz ihres Hitzkopfes war sie mir sehr sympathisch und auch wenn ich vielleicht anders gehandelt hätte, waren ihre Handlungen und Reaktionen sehr nachvollziehbar.
Auch Last hat mir sehr gut gefallen. Auch er ist sehr intelligent und bemüht sich wirklich, sowohl seinem Ministeramt als auch der Suche nach dem Mörder gerecht zu werden. Aber er ist noch jung und lernt erst langsam, wie die Politik in ihren Feinheiten funktioniert. Gleichzeitig ist er etwas arrogant und von sich selbst überzeugt. Arka regt ihn regelmäßig auf und es ist offensichtlich, dass er einfach nicht wirklich weiß, wie er mit ihr umgehen soll.
Beide Hauptcharaktere sind nicht perfekt. Beide haben mich hin und wieder sehr frustriert, aber auf eine sehr realistische Art und Weise und nie so sehr, dass ich mich wirklich geärgert habe.
Auch sämtliche Nebencharaktere finde ich schön gestaltet. Über manche erfährt man mehr, über manche weniger, aber alle erscheinen wie wirkliche Personen und nicht nur ein Mittel zum Zweck. Das Buch ist auch nicht komplett schwarz-weiß gehalten - alle Charaktere haben irgendwo ihre Stärken und Schwächen.

Wenn das Buch jetzt aber wie ein wirkliches Kinderbuch erscheint, dann ist das falsch.
Die Sprache ist nicht übermäßig kompliziert, aber doch so anspruchsvoll, dass ein Kind wahrscheinlich Schwierigkeiten damit hätte.
Und abgesehen von dem Mörder-Handlungsstrang ist auch die Geschichte selbst nicht ganz kindergeeignet. Eléonore Devillepoix arbeitet beim Europäischen Parlament Brüssel und das merkt man. Teilweise wird das Buch sehr politisch und juristisch, aber nicht auf die übliche Fantasy-Art mit Messerstechereien und Hochverrat, sondern auf eine beängstigend realistische Art und Weise.

Die Stadt ohne Wind ist wunderschön geschrieben, gut durchdacht und spannend. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen und ich kann es kaum abwarten, dass Teil 2 erscheint.

Wer den Zauber von Cornelia Funke vermisst, sich aber nicht mehr mit ihren Kinderbüchern identifizieren kann, wird in diesem Buch vielleicht eine wundervolle Alternative finden.

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