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Veröffentlicht am 21.06.2021

Zusammenhalt heißt durch das schlimmste Unwetter zu gehen, ohne den anderen im Regen stehen zu lassen

Scarlett & Browne - Die Outlaws
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Scarlett McCain ist eine Gesetzlose und unter vielen Namen in den Sieben Königreichen von England bekannt. Sie trägt nicht mehr als ihren Rucksack, ihren Gebetsteppich und ihre Fluch-Kasse mit sich und ...

Scarlett McCain ist eine Gesetzlose und unter vielen Namen in den Sieben Königreichen von England bekannt. Sie trägt nicht mehr als ihren Rucksack, ihren Gebetsteppich und ihre Fluch-Kasse mit sich und gibt sich als harmlose Verkäuferin von Reliquien aus, um sich Zutritt zu den Städten zu erschleichen. Meist enden ihre Ausflüge in die Städte dann damit, dass sie als Souvenir die Geldreserven der Banken mitnimmt. Sie lebt von der Hand in den Mund und lässt niemanden an sich heran. Dies ändert sich allerdings an dem Tag, als sie den verwirrten Albert Browne aus einem verunglückten Bus rettet, ohne zu wissen, um wen es sich bei diesem Jungen handelt. Wie konnte er als Einziger das Busunglück überleben? Schon bald befinden sich sowohl Scarlett als auch Albert auf der Flucht vor Männern, die keine halben Sachen machen, denn Albert hat ein Geheimnis..

Dieses Buch gehört schon jetzt zu einem meiner Jahreshighlights, denn ich fand die Geschichte von Scarlett McCain und Albert Browne einfach in sich stimmig. Es ist eine wunderschöne und spannende Geschichte über zwei Außenseiter, die auf einem verqueren Weg zueinander finden und merken, dass sie zusammen das Potenzial haben, noch viel Größeres zu vollbringen. Zwar sträubt sich Scarlett am Anfang ein wenig gegen diesen Gedanken und will Albert lieber schnell wieder loswerden, aber spätestens als sie Kenntnis von seinen verborgenen Talenten erhält, sieht die Sache schon anders aus. Sie müssen zusammen einige Herausforderungen meistern wie z.B. Schutz vor ihren Verfolgern zu finden oder mehr Geld aufzutreiben, um die Schulden bei einer Geheimorganisation zu begleichen, aber gerade diese Abenteuer lassen sie immer mehr zusammenwachsen.

Sie müssen auch einige Schwierigkeiten nicht allein meistern, sondern bekommen Hilfe von einem alten Seebär namens Joe und seiner kleinen Enkelin Ettie, die sie auf ihrem Boot über die Themse mitnehmen. Zwar wirkt Joe zunächst alles andere, als sei er ein netter Zeitgenosse und sein Boot hat auch schon bessere Zeiten erlebt, aber er hat sein Herz am rechten Fleck und wirkt fast liebevoll, wenn er mit seiner kleinen Enkelin spricht. Neben Scarlett und Albert ist mir auch dieser Charakter im Laufe der Geschichte ans Herz gewachsen. Ich fand es einfach schön, wie alle zusammen auf der Themse umhergeschippert sind und versucht haben, das Beste aus ihrer Situation zu machen.

Allerdings ist es nicht immer so idyllisch, sondern die meiste Zeit müssen Scarlett und Albert vor Männern fliehen, die zu einer gewissen Doktor Calloway gehören. Ihr Anliegen ist es, Albert egal ob tot oder lebendig, so schnell wie möglich wieder „einzufangen“, da er nach ihrer Meinung nach eine Gefahr für die Bevölkerung darstellt. Albert sieht das Ganze jedoch etwas anders und versucht alles Mögliche, um nicht mehr in sein altes Leben zurückkehren zu müssen. Dies führt zu einer spannenden Verfolgungsjagd und man möchte unbedingt wissen, was es mit Albert auf sich hat und warum er sich manchmal so komisch verhält.

Darüber hinaus fand ich auch die generelle Idee der Welt von „Scarlett & Browne“ interessant, denn die Geschichte spielt zwar in England, aber in einer alternativen Realität, in der sich England in eine Art Western verwandelt. Städte gibt es so gut wie nicht mehr. Die großen Städte wie z.B. London bestehen nur noch aus Ruinen und drumherum erstreckt sich die Ödnis mit einzelnen größeren Siedlungen, die die Funktion der Städte übernommen haben. Es gibt die Gesetzlosen wie Scarlett, die von Siedlung zu Siedlung ziehen, aber auch eher gruselige Zeitgenossen wie die Gezeichneten, die sich von Menschenfleisch ernähren. Zudem hat sich auch die Tierwelt etwas verändert und Vögel haben Zähne und Otter haben sich zu riesengroßen Monstern entwickelt. Ich fand es total spannend, in diese Welt einzutauchen und habe mich jedes Mal gefragt, welche neuartigen Dinge mich noch erwarten werden.

Demnach bleibt mir nur noch zu sagen, dass ich jedem dieses Buch empfehlen kann, der eine spannende Geschichte über zwei Außenseiter lesen möchte, die doch mehr gemeinsam haben, als sie zu Beginn gedacht hätten. Auf jeden Fall eines meiner Jahreshighlights!

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Veröffentlicht am 11.06.2021

Gewissenszwang ist die schlimmste Form der Unterdrückung

Die Töchter des Nordens
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Schwester hält es keinen Tag länger in ihrem bisherigen Leben aus. Die Welt, die sie früher gekannt hat, gibt es nicht mehr. England steht am Abgrund, die Zentralregierung ist zerfallen und die Menschen ...

Schwester hält es keinen Tag länger in ihrem bisherigen Leben aus. Die Welt, die sie früher gekannt hat, gibt es nicht mehr. England steht am Abgrund, die Zentralregierung ist zerfallen und die Menschen organisieren sich in einzelnen Siedlungen, um ums Überleben zu kämpfen. Nahrung gibt es nur noch in Dosen und wird stark rationiert. Jeder muss einer Arbeit nachgehen, auch wenn sie noch so sinnlos erscheint und niemand darf mehr frei entscheiden, ob er Kinder bekommen möchte, da man das Recht auf ein Kind nur durch eine Lotterie gewinnen kann. Schwester sieht ihren einzigen Ausweg darin zu fliehen und sich auf die Suche nach Carhullan zu begeben, die letzte selbstbewirtschaftete Farm in der Hand von Frauen, die sich gegen das System auflehnen.

Innerhalb eines Tages habe ich dieses Buch regelrecht verschlungen. Packend und intensiv wird in sieben Akten die Reise von Schwester nach Carhullan erzählt und wie sie dort ein neues Leben beginnt. Zwar ist sie am Anfang noch davon überzeugt, dass Carhullan ihre einzige Option ist, um wieder ein selbstbestimmtes Leben zu führen, aber schon bald merkt sie, dass selbst Carhullan nicht vor Unterdrückung zurückschreckt, um übergeordnete Ziele zu erreichen. Gerade dieser Aspekt hat mir besonders gut gefallen.

Denn als ich den Klappentext im Vorfeld gesehen und die Frage gelesen habe „Können Frauen eine bessere Welt erschaffen?“, hatte ich schon meine Befürchtungen, dass das Buch eine sehr einseitige Sicht auf die Dinge einschlägt nach dem Motto: „Wenn Frauen an der Macht sind, dann kann es nur besser laufen“, allerdings haben sich diese Befürchtungen nicht bewahrheitet. Dieses Buch zeigt unverfälscht und ohne Wertung eine Gruppe von Menschen, die nicht davor geschützt ist, sich im Laufe der Zeit zu verändern. Am Anfang erschaffen sie ein Paradies für Frauen, in dem Frauen so leben können, wie sie wollen, aber bald schon verändert sich das Klima in dieser Gruppe. Die Entbehrungen nehmen zu, der Ton wird rauer und es herrschen Zustände wie in einem Gefängnis oder in einem Militärlager. Verantwortlich dafür ist die Anführerin dieser Gruppe, Jackie Nixon.

Jackie Nixon ist ein Charakter in diesem Buch, der sehr stark polarisiert. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, ist derb und laut und wirkt in manchen Szenen regelrecht entrückt, wenn sie auf einem Tisch tanzt, als endlich der König von England gestorben ist. Sie führt mit strenger Hand Carhullan und schreckt auch nicht davor zurück, ihre Farm in ein regelrechtes Militärlager zu verwandeln, um endlich ihre Rache am System zu bekommen. Allerdings war sie nicht immer so gewesen. Sie wollte früher alte Denkmuster aufbrechen und etwas Neues mit der Farm erschaffen, um Frauen eine Zuflucht zu bieten. Jedoch ist selbst eine Jackie Nixon nicht davor geschützt, vom Leben gezeichnet zu werden. Als ihr das Wichtigste auf der Welt genommen wird, ändert sich ihre komplette Haltung und sie geht zum Angriff über.

Darüber hinaus hat es mir auch sehr gut gefallen, wie verschiedene Fragen während der Handlung aufgeworfen werden. Ein Gespräch ist mir dabei sehr in Erinnerung geblieben, als Jackie Nixon Schwester fragt, ob sie denkt, dass eine Frau, wenn sie Gewalt anwendet, dies eher als Aggressor tut oder weil sie sich verteidigen will und ob eine Frau nicht auch mal von sich aus Gewalt anwenden kann. Zwar diente dieses Gespräch schon damals dazu herauszufinden, wie Schwester generell zu diesem Thema eingestellt ist, aber trotzdem haben mich diese Gespräche nachdenklich gestimmt.

Aus diesem Grund kann ich jedem dieses Buch empfehlen, der ein Buch über eine dystopische Zukunft von England lesen und erleben möchte, wie die Einstellung einer Anführerin eine gesamte Gruppe beeinflussen kann.

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Veröffentlicht am 28.05.2021

Gute Freunde sind wie Drachen. Wertvoll, selten und einzigartig.

Highfire - König der Lüfte
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Der 15-jährige Everett Moreau, der von allen nur Squib genannt wird, wegen einer tragischen Spielerei mit einer Stange Dynamit, lebt mit seiner Mutter Elodie im Bayou von Louisiana. Sie leben ein einfaches ...

Der 15-jährige Everett Moreau, der von allen nur Squib genannt wird, wegen einer tragischen Spielerei mit einer Stange Dynamit, lebt mit seiner Mutter Elodie im Bayou von Louisiana. Sie leben ein einfaches Leben, aber trotz allem reicht es nicht, sich über Wasser zu halten, obwohl Squib drei Jobs hat und seine Mutter in der Petit-Bateau-Klinik und dem Slidell-Memorial-Krankenhaus Extraschichten fährt. Ihm gefällt die Sache zwar nicht, aber er sieht sich gezwungen, eine Ausbildung als Sumpfschmuggler zu beginnen, um seine Mutter aus den Fängen des korrupten Polizisten Regence Hooke zu befreien. Denn Hooke hat es sich Hals über Kopf in seine Mutter verliebt und schreckt auch nicht davor zurück Squib mundtot zu machen, um bei Elodie zu landen. Als Hooke gerade mit einer Granate das Problem Squib aus der Welt schaffen will, hätte er wahrscheinlich nie für möglich gehalten, damit die Rache des Honey-Island-Sumpf-Monsters auf sich zu ziehen.

Als ich den Klappentext vor einer Weile gelesen habe, dachte ich mir schon „was für ein verrücktes Buch“. Der letzte Drache, Lord Highfire vom Drachenhorst derer von Highfire, auch Vern genannt, trifft auf den Halbwaisen Squib. Beide sind auf ihre eigene Art Außenseiter: Vern, weil er der letzte seiner Art ist und Squib, weil er trotz aller Umstände nicht vom rechten Weg abkommen will, obwohl der Bayou ansonsten ein Sündenpfuhl von Schmugglern und Mafia-Mitgliedern ist. Natürlich sind beide am Anfang nicht wirklich voneinander angetan, muss Vern doch ständig mit der Angst leben, entdeckt zu werden. Deswegen ist Verns erste Reaktion, den Jungen so schnell wie möglich zu beseitigen. Wäre da nicht sein guter Freund Waxmann, der ihn davon überzeugt, den Jungen erst mal als Hausgeist anzustellen. Die Entwicklung dieser ungleichen Freundschaft mitzuverfolgen, fand ich wirklich schön, weil sie beide irgendwann merken, dass sie sich brauchen und bei einem Zusammenschluss mehr Chancen haben gegen den gemeinsamen Feind: Regence Hook.

Regence Hook ist wirklich ein Charakter, der mich an mancher Stelle etwas aus der Fassung gebracht hat. Ich habe selten einen so unreflektierten und überheblichen Charakter erlebt, der sich am Leid anderer dermaßen aufgegeilt hat, dass ich fast sprachlos war. Umso mehr habe ich Vern und Squib die Daumen gedrückt, diesem Kerl endlich das Handwerk zu legen. Allerdings passt dieser Charakter auch einfach sehr gut zum Rest der Geschichte, denn die Geschichte ist ziemlich überdreht und überzeichnet. An mancher Stelle konnte ich nur noch herzlich lachen, weil die Szene so absurd war. Jedoch muss man auf solch einen Humor stehen. Es geht sehr oft unter die Gürtellinie und die Witze sind eher der flachen Natur. Aus diesem Grund waren mir auch manche Witze zu daneben, aber der große Rest empfand ich als sehr unterhaltsam. Bei diesem Buch konnte ich gut abschalten, wenn ich auch am Anfang etwas gebraucht habe, um mich an den Erzählstil zu gewöhnen. Denn die Kapitel sind sehr lang und jeder Charakter bekommt einen Absatz aus seiner Perspektive geschildert.

Mein Lieblingscharakter war aber Waxmann. Denn er hat sein Herz am rechten Fleck, und obwohl er ein Auftragsmörder ist, versucht er Vern davon abzuhalten, Squib zu töten. Zudem ist er auch eine interessante Mischung aus einem Menschen und einem Drachen, deren Zeugung alles andere als einfach vonstattengeht. Allein seine Existenz ist schon besonders. Deswegen hat mich eine Entwicklung besonders traurig gemacht, aber ganz ohne Tragik geht es in diesem Buch eben auch nicht.

Dennoch kann ich jedem dieses Buch empfehlen, der eine witzige und abgedrehte Geschichte über die Freundschaft zwischen einem Drachen und einem 15-jähringen Jungen lesen will. Und das Beste ist, bald wird es auch eine Serie dazu geben!

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Veröffentlicht am 26.05.2021

Man lebt zweimal: das erste Mal in der Wirklichkeit, das zweite Mal in der Erinnerung

Die Rose im Staub
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Nakhara lebt in einem Stamm von Wasserdieben in den Wüstenlanden. Ihr Leben ist von Entbehrungen gezeichnet und jeden Tag kämpft der Stamm gegen die Widrigkeiten der Wüste an. Allerdings haben sie sich ...

Nakhara lebt in einem Stamm von Wasserdieben in den Wüstenlanden. Ihr Leben ist von Entbehrungen gezeichnet und jeden Tag kämpft der Stamm gegen die Widrigkeiten der Wüste an. Allerdings haben sie sich dieses Leben selbst ausgesucht, denn in nicht allzu fern erhebt sich eine Stadt aus den Wüstenlanden, die mehr als genug Wasser zur Verfügung hat. Aus diesem Grund schleichen sich die Wasserdiebe in bestimmten Abständen in die Stadt, um Wasser zu stehlen und es ihren Gottheiten darzubringen, damit diese sie mit Wasser segnen und sie nicht abhängig von dieser Stadt werden, denn sie steht für alles, was ihnen genommen wurde. Doch eines Tages läuft bei einem Wasserdiebstahl in der Stadt etwas schief und Nakhara trifft auf Daegon. Und ihre alte Welt hört auf zu existieren..

Schon im Vorwort droht das Buch „diese Seiten wollen dir nicht immer gefallen. Sie werden sich mit beladenen Worten in deinen Händen bäumen“ und genau diesen Eindruck hat das Buch auch während des Lesens auf mich gemacht. Dieses Buch kann man nicht einfach mal so zwischendurch lesen, sondern das Buch braucht Aufmerksamkeit und man muss sich auch in gewisser Weise darauf einlassen können. Denn der Schreibstil ist sehr ungewöhnlich. Kunstvoll und schmuckhaft wird die Geschichte von Nakhara und Daegon abwechselnd erzählt und mutet so auf mancher Seite wie eine Erzählung von Shakespeare an. Dies muss man mögen. Ich für meinen Teil liebe Shakespeare und ungewöhnliche Erzählformen, denn ich habe schon sehr viele Bücher in meiner Vergangenheit gelesen, sodass ich mich freue, wenn ich Bücher entdecke, die sich fernab der ausgetretenen Pfade aufhalten. Dennoch kann ich es verstehen, wenn jemand nicht direkt warm mit dem Buch wird und erst mal seine Zeit braucht, um reinzukommen.

Hat man sich erst an den Schreibstil gewöhnt, erwartet den Leser eine Geschichte mit einem starken Kontrast, der aber nicht bewertet wird und mich an eine moderne Version von „Romeo und Julia“ in der Wüste erinnert hat. Auf der einen Seite leben die Wasserdiebe in der Wüste unter lebensunwürdigen Umständen und auf der anderen Seite leben die Menschen in einer Stadt mit Wasser im Überfluss. Schon allein dieser Umstand birgt genügend Konfliktpotenzial. Allerdings wird es weitaus komplizierter, als sich der Sohn des Senators in eine Frau aus dem Wüstenvolk verliebt. So wird er von seinem Vater verstoßen und muss fortan an der Seite von Nakhara einen Weg in die Freiheit finden, wobei das schwerer ist als gedacht, kann er doch keinen Menschen töten. Er wirkt in dieser Welt wie ein Sonderling, wo doch alle um ihn herum nicht davor zurückschrecken, anderen Menschen Gewalt anzutun, sei es, um die anderen zu bestrafen oder sich einen Vorteil vor den anderen zu verschaffen. Die Charaktere in diesem Buch haben alle ihre Ecken und Kanten und treffen oftmals aus Sicht des Lesers falsche Entscheidungen, aber das Buch bewertet diese Handlungen nicht.

Allerdings treibt alle Charaktere den „Durst nach Freiheit“ an. Die Wüstenrose empfand ich fast als Sinnbild für diese Situation. Trotz aller Widerstände wächst die Wüstenrose und lässt sich von nichts und niemandem unterkriegen. Sie ist hartnäckig und erkämpft sich ihren Platz in der Welt. Genauso wie dieses Buch. Ja, es ist ungewöhnlich. Aber sollte man sich nicht über die Bücher freuen, die einfach anders sind? Ich für meinen Teil bin sehr froh, dieses Buch gelesen zu haben, denn es war erfrischend anders. Und ich liebe anders!

Aus diesem Grund kann ich jedem dieses Buch empfehlen, der auf der Suche nach einem ungewöhnlichen Buch ist mit Charakteren, die sich ihren Platz in der Welt hartnäckig erkämpfen müssen!

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Veröffentlicht am 23.05.2021

Es ist nicht immer einfach für seine Träume zu kämpfen, aber es ist es immer wert!

Die Hofgärtnerin − Frühlingsträume
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Schon seit ihren frühen Kindheitstagen ist Marleene von der Pflanzen- und Blumenwelt begeistert. Begierig saugt sie jede Information auf, die ihr ihr Vater liefert, denn ihr Vater ist Gärtner in der Hofgärtnerei ...

Schon seit ihren frühen Kindheitstagen ist Marleene von der Pflanzen- und Blumenwelt begeistert. Begierig saugt sie jede Information auf, die ihr ihr Vater liefert, denn ihr Vater ist Gärtner in der Hofgärtnerei der Familie Goldbach in Oldenburg. Am liebsten würde Marleene auch später eine Gärtnerlehre absolvieren, aber da gibt es ein Problem: Marleene ist eine Frau und im Jahre 1881 war es undenkbar, dass eine Frau eine solche Tätigkeit aufnimmt. Als dann noch ihr Vater plötzlich verstirbt, steht sie mit ihrer Mutter vor dem Nichts und muss eine Stelle als Zimmermädchen in einem Hotel aufnehmen. Doch eines Tages hält Marleene diesen Zustand nicht mehr aus und trifft eine folgenschwere Entscheidung: Aus Marleene wird Marten, der neue Lehrling der Hofgärtnerei der Familie Goldbach.

Der Klappentext hat mich direkt von Anfang an gepackt. Eine Frau, die gegen alle gesellschaftlichen Widerstände ihre Träume verfolgt? Dieses Buch musste ich einfach lesen. Ich fand es auf der einen Seite schön, Marleene auf ihrem Weg zu begleiten, aber habe auch auf der anderen Seite ein wenig mit ihr gelitten, dass sie einfach nicht die sein darf, die sie ist, wenn sie ihre Träume verwirklichen möchte. Marleene ist einfach eine durch und durch sympathische Person, die an erster Stelle ihre Familie setzt, bevor sie an sich denkt. So überlegt sie lange hin und her, ob sie ihren Plan wirklich in die Tat umsetzen soll, weil sie Angst hat, dass sie danach ihre Mutter nicht mehr versorgen kann. Sie verkauft sogar ihre wenigen Habseligkeiten, die ihr geblieben sind, nur um genug finanzielle Mittel zu haben, um den Plan in die Tat umzusetzen.

Ich fand es im Laufe des Buches einfach ungerecht, wie Frauen zur damaligen Zeit behandelt worden sind. Ihnen wurde die Fähigkeit zum logischen Denken aberkannt, sie bekamen keinen Mathematik-Unterricht, sodass sie noch mehr in ihrer Berufswahl eingeschränkt worden sind, und darüber hinaus war sowieso die landläufige Meinung, die natürliche Aufgabe der Frau sei der Haushalt und die Mutterschaft. Niemand hinterfragt dieses Frauenbild. Jeder schnürt die Frauen in dieses gesellschaftliche Zwangskorsett und empfinden es als das Normalste der Welt. Umso mehr hat es mich gefreut, dass Marleene sich dagegen auflehnt und eben dann als Mann verkleidet eine Gärtnerlehre beginnt. Dadurch zeigt sie auch, dass Frauen doch dazu fähig sind, eine solche „Männer-Tätigkeit“ auszuüben, auch wenn es gesellschaftlich nicht ihre Aufgabe zu sein scheint.

Interessant fand ich auch in diesem Zusammenhang die Rolle von Dorothea von Wallenhorst innerhalb der Geschichte. Als Tochter aus gutem Hause hat sie die Möglichkeit, als einer der ersten Frauen auf eine Gartenbauschule zu gehen. Zwar ist sie mit dem Abschluss dieser Schule eine ausgebildete Gärtnerin, wird aber in der Hofgärtnerei alles andere als so behandelt. Obwohl sie einen Abschluss hat, bekommt sie nur genauso viel Geld wie ein Lehrling und muss die schwere Gartenarbeit mit einem Arbeitskorsett und einem Rock bewältigen. Zudem wird sie von ihren „Arbeitskollegen“ nur belächelt und nicht ernst genommen. Allerdings lässt sich Dorothea davon nicht unterkriegen. Sie sagt offen ihre Meinung und ist eine Stimme für die Frauen dieser Zeit. Am Anfang war mir Dorothea noch unsympathisch, aber dies änderte sich schnell. Sie ist einfach eine bewundernswerte und starke Frau, die sich trotz ihres Standes für eine bessere Welt einsetzt.

Darüber hinaus fand ich auch am Ende des Buches, als Julius und Marleene an den Plänen zu dem neuen Garten des Großherzogs gearbeitet haben, die Botschaft berührend, die sich daraus ergeben hat. Es sollte kein angelegter Garten sein, sondern ein offener, natürlicher, in der die Pflanzen so wachsen dürfen, wie sie es auch in der Natur machen würden. Der Großherzog möchte weg von den alten ausgetreten Wegen und eine neue Zeit einläuten. Vielleicht auch eine neue Zeit für die Frauen? Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, wie die Reise von Marleene weitergehen wird, denn es wird einen 2. Band geben. Diese Nachricht am Ende zu lesen, hat mich auf jeden Fall sehr gefreut.

Aus diesem Grund kann ich jedem dieses Buch empfehlen, der das perfekte Buch für einen frühlingshaften Tag sucht und dazu Frauen auf ihrer Reise in ihre Unabhängigkeit begleiten möchte! Ich für meinen Teil drücke ihnen auf jeden Fall ganz fest die Daumen!

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