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Veröffentlicht am 19.02.2021

Untertauchen

Untertauchen
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Gretel will nach sechzehn Jahren endlich Antworten auf die Fragen die sie ihr halbes Leben lang begleiteten.
Was geschah auf dem Hausboot und warum hat ihre Mutter Sarah sie ohne Vorwarnung verlassen.
Als ...


Gretel will nach sechzehn Jahren endlich Antworten auf die Fragen die sie ihr halbes Leben lang begleiteten.
Was geschah auf dem Hausboot und warum hat ihre Mutter Sarah sie ohne Vorwarnung verlassen.
Als sie sie tatsächlich findet, drängt die Zeit, denn Sarah leidet unter Demenz das macht den Zugang zu ihr und das Zusammenleben schwierig. Doch Gretel muss Antworten finden um zu erfahren was in ihrer Kindheit geschehen ist.

Daisy Johnson hat einen thematisch schwierigen Roman geschrieben und sie hat nicht nur ein Thema aufgegriffen, sondern viele verschiedene in eine Geschichte verpackt und diese mit wunderbaren Worten zu einem stimmigen Gesamtbild verknüpft.
Untertauchen ist in drei Abschnitte aufgeteilt die im Wechsel erzählt werden.
Die Begebenheiten in der Gegenwart sind mit Cottage übertitelt, sie erzählen vom Leben Gretels und Sarahs, nachdem Gretel ihre Mutter bei sich aufgenommen hatte. Jagd beschreibt die Suche Gretels nach Sarah und Fluss erzählt vom Leben auf dem Hausboot.
Worte spielen in Gretels Leben eine große Rolle, während der gemeinsamen Zeit mit ihrer Mutter haben sie eigene Worte erfunden, für kleine Missgeschicke und für die große Angst. Als Erwachsene arbeitet Gretel als Lexikografin.

Es ist nicht ganz einfach gewesen einen Zugang zu der Geschichte zu finden, der Schreibstil und die Wortwahl sind ungewöhnlich, die Autorin bedient sich vieler Metaphern, das muss man mögen aber einmal eingetaucht, fesselt sie einen und lässt nicht mehr los.
Je mehr man liest, desto mehr enthüllt sich das Drama um die Mutter-Tochter Beziehung so ganz entwirrt sich das Geflecht allerdings nie, auch am Ende bleiben für meinen Geschmack ein paar Fragen zu viel unbeantwortet aber bis dahin war Untertauchen ein wunderbares, sprachlich forderndes Lesevergenügen.

Birgit Maria Pfaffinger hat als Übersetzerin übrigens einen wunderbaren Job gemacht.

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Veröffentlicht am 24.01.2021

Das Verschwinden der Erde

Das Verschwinden der Erde
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Die Schwestern Aljona und Sofija verschwinden spurlos, die beiden kleinen Mädchen kommen von einem Ausflug an Meer nicht nach Hause zurück. Ihr verschwinden beeinflusst das Leben vieler unterschiedlicher ...

Die Schwestern Aljona und Sofija verschwinden spurlos, die beiden kleinen Mädchen kommen von einem Ausflug an Meer nicht nach Hause zurück. Ihr verschwinden beeinflusst das Leben vieler unterschiedlicher Frauen auf der Halbinsel Kamtschatka.

Der Klappentext, die Buchbeschreibung auf der Verlagsseite und die Bezeichnung: literarischer Krimi, die ich irgendwo gelesen hatte, brachten mich ans Buch, ich bin immer auf der Suche nach den besonderen Büchern, insbesondere nach Krimis die mich nicht nur durch eine spannende Handlung, sondern auch durch das Setting überzeugen können.
Das Verschwinden der Erde, beginnt vielversprechend, der Leser lernt die Mädchen kennen, er verfolgt ihren Weg und sieht die atemberaubende Landschaft durch ihre Augen, dann ändert sich das Genre, aus einem Krimi wird ein Gesellschaftsroman, der aus dem Leben der unterschiedlichsten Frauen erzählt. Ksjuscha, die Studentin, die nur für ihr Studium lebt und ihrem Freund Ruslan, der in ihrem Heimatdorf zurückblieb, über jede Sekunde Rechenschaft ablegen muss und das aus irgendeinem Grund auch gern tut, sogar als ihre Cousine Alisa sie überredet an einem Tanzkurs für traditionelle Tänze teilzunehmen und sie Tschander kennenlernt.
Oder Lada, die mit Freunden Silvester feiert und nach langer Zeit ihre einst beste Freundin Mascha wiedersieht, und die nach und nach die Gründe für Maschas Schweigen erkennt.

All diese Geschichten sind sprachlich wunderbar erzählt, sie machen neugierig auf das Land und die Leute, das zumindest ist der Autorin wunderbar gelungen, nur von der erwähnten Beeinflussung, die das Verschwinden der Mädchen ausgelöst haben soll, war für mein Empfinden nicht allzu viel zu spüren, man liest in jeder Geschichte etwas über die Kinder, sie beschäftigen die Protagonisten mal mehr mal weniger, aber dieser Aspekt des Buches ist für meinen Geschmack zu lose in die Geschichten gewebt und bekommt erst gegen Ende des Buches wieder eine tragende Rolle.
Die Autorin Julia Phillips erzählt in einem vorangestellten Interview von ihrer Zeit in Kamtschatka und man spürt in jeder ihrer Zeilen die Liebe zu diesem besonderen Land. Das Verschwinden der Erde ist ein wirklich beeindruckendes Debüt und auch wenn es meine Erwartungen nicht ganz erfüllte, ein literarischer Krimi, ist es meiner Meinung nach leider nicht. Und auch die Geschichten der Frauen hätten für meinen Geschmack noch ausführlicher sein dürfen.

Die Großeltern und der Vater lebten das ganze Jahr über mit den Herden in der Tundra, während die Mutter mit Tschegga und Ksjuscha bis zu den Schulferien in Esso blieb. Dann ging es zurück in die Wildnis. Ksjuscha hatte als kleines Mädchen alle Schulferien verpasst. Sie musste mit dem Rest ihrer Familie auf dem weiten offenen Weideland schuften, während die weißen Dorfkinder in den Straßen Fußball spielten.

Genau davon hätte ich gern mehr gelesen, vom Leben außerhalb der Dörfer und Städte Kamtschatkas, von den Veränderungen, die der Zerfall der Sowjetunion mit sich brachte, so viele Themen hätten es verdient ausführlicher behandelt zu werden und die Autorin besitzt sicher das Talent und das Gefühl für das Land um einen Roman zu schreiben der nicht nur gut, sondern Großartig ist.

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Veröffentlicht am 08.01.2021

55

55 – Jedes Opfer zählt
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Police Sergeant Chandler steht vor dem schwierigsten Fall seines Lebens, zwei Männer tauchen nacheinander in der Stadt auf und beide behaupten einem Mörder entkommen zu sein und beide erzählen die gleiche ...

Police Sergeant Chandler steht vor dem schwierigsten Fall seines Lebens, zwei Männer tauchen nacheinander in der Stadt auf und beide behaupten einem Mörder entkommen zu sein und beide erzählen die gleiche Geschichte.
Wer sagt die Wahrheit, wer lügt?
Gabriel, der auf freien Stücken auf das Revier kam, vollkommen verängstigt und eingeschüchtert? Oder Heath, der bei dem Versuch ein Auto zu stehlen vom Eigentümer des Wagens überrascht und zur Wache gebracht wurde und aufbrausend und scheinbar auch zu Gewalttätigkeit neigt.
Ich verdächtigte immer mal wieder den einen und kurz darauf wieder den anderen.
Das klingt nicht nur ungewöhnlich und spannend das ist es auch.
James Delargys Erzählstil ist allerdings eher ruhig, manchmal für meinen Geschmack etwas zu ruhig, etwas mehr Tempo hätte dem Buch gutgetan. Der Autor verwendet viel Zeit darauf den Hauptprotagonisten Chandler vorzustellen, seine Lebensumstände, die er mit der Polizeiarbeit in Einklang bringen will, was ihm allerdings nicht wirklich gelingt, wie sich schnell herausstellt.
Ich weiß nicht was ich von Chandler halten soll, als Mensch ist er außerordentlich sympathisch, er kümmert sich als alleinerziehender Vater so gut es geht um seine Kinder und unterstützt seine Eltern, seine Mitarbeiter liegen ihm sehr am Herzen.
Und hier liegt auch sein Problem, Chandler ist zu nett, als er sich endlich dazu durchringt den Fall an übergeordnete Behörden zu melden und sein Vorgesetzter Mitch mit seiner Crew das Kommando übernimmt, lässt er sich von seinem früheren Freund herumschubsen als wäre er 12. Chandler und Mitch haben eine gemeinsame Geschichte, als Kinder und Teenager waren sie unzertrennlich, sie gingen gemeinsam zur Polizei und erst als Mich Karriere machen wollte und Chandler eine Familie gründet, trennen sich nach einem Vermisstenfall, der in Rückblenden erzählt wird, ihre Wege.

Mitch ist kalt und nur auf seine Karriere bedacht, dazu kommt seine unverhohlene Abneigung Chandler gegenüber, er lässt keine Gelegenheit aus Chandler mehr oder weniger subtil zu demütigen, auch sein Verhalten seinen Mitarbeitern gegenüber unterscheidet sich vom eher familiären Umgang Chandlers mit seinen Leuten sehr. Mitch ist der Alpha im Team und das spielt er auch ohne Rücksicht aus.

Die in Rückblenden erzählte Suche nach einem Vermissten, vermittelt die besondere Atmosphäre im australischen Outback, diese Rückblenden vermitteln dem Leser zwei Dinge, die ich euch aber nicht verraten kann, nur soviel meine ersten Gedanken dazu, das sie die Handlung nicht wirklich voranbringen haben sich nicht bestätigt.

Ich mochte das Buch und es bekommt eine absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 07.01.2021

Aufbruch in die Dunkelheit

Aufbruch in die Dunkelheit
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Mark Stichler stellt seine Personen behutsam vor, langsam lernen wir die Hauptprotagonisten kennen und das ist in diesem Fall auch gut so, denn man muss sich erst einmal einfühlen in eine Zeit die nicht ...

Mark Stichler stellt seine Personen behutsam vor, langsam lernen wir die Hauptprotagonisten kennen und das ist in diesem Fall auch gut so, denn man muss sich erst einmal einfühlen in eine Zeit die nicht nur zeitlich sondern auch Ideologisch so weit entfernt scheint.
1890 Deutschland steht am Beginn der weitgehend flächendeckenden Industrialisierung und Antisemitismus breitet sich aus. Nachdem 1869/71 endlich die Gleichstellung der Juden per Gesetz erfolgte, hetzen nicht nur in dem kleinen Städtchen Waldbrügg Männer wie der zwielichtige Michael Maarsen in nationalen Clubs gegen die jüdischen Bevölkerung.
Wie tief diese Vorbehalte gegen Juden in den Menschen verwurzelt sind, kann man gut am Beispiel Franz Eschers sehen, der von sich behauptet und auch glaubt mit seinem Geschäftspartner Jakob Mandelbaum befreundet zu sein und doch Vorurteile verinnerlicht hat die auch in der heutigen Gesellschaft noch viellerorts Bestand haben.
Eingebettet in die Geschichte zweier Familien und in die eher beschauliche Umgebung des Ortes Waldbrügg, schafft der Autor eine besondere Atmosphäre und durch die behutsame Einführung konnte ich mir dir Personen und den Ort sehr gut vorstellen.
Häufig sind solche Romane in Berlin angesiedelt, in der Anonymität der Großstadt lässt sich das Verhalten der Menschen einfacher erklären als in einer kleinen Stadt wie Waldbrügg, wo jeder jeden kennt und sich eigentlich bewusst sein, das die Eigenschaften die dem Gegner zugesprochen werden nicht zutreffen. Und doch schafft es Michael Maarsen viele Bürger auf seine Seite zu ziehen mit Lügen und offensichtlicher Hetze und er treibt einen Keil in die Familie Franz Eschers.
Diese Geschichte ist noch nicht auserzählt, das wird zum Ende des Buches klar, es bleiben viele Fragen offen und man darf gespannt sein, welches Schicksal Mark Stichler für die Familien Escher und Mandelbaum bereit hält.

Ich bin immer auf der Suche nach Romanen (neben Sachbüchern zu dem Thema) die mir neben Unterhaltung auch die Ansätze einer Erklärung für das während des Nationalsozialismus geschah, bieten können. Aufbruch in die Dunkelheit gehört definitiv zu den geeigneten Büchern.

Aufbruch in die Dunkelheit bekommt von mir eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 15.12.2020

Der Spiegelmann

Der Spiegelmann
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Pamelas Tochter Alice kommt bei einem Angelausflug mit ihrem Stiefvater Martin ums Leben, der darauf hin zusammenbricht und sich in einer psychiatrischen Klinik behandeln lässt. Nach seiner Entlassung ...

Pamelas Tochter Alice kommt bei einem Angelausflug mit ihrem Stiefvater Martin ums Leben, der darauf hin zusammenbricht und sich in einer psychiatrischen Klinik behandeln lässt. Nach seiner Entlassung wird er Zeuge des Mordes an der Schülerin Jenny Lind die Jahre zuvor auf dem Heimweg von der Schule entführt wurde und seitdem als vermisst galt.
Martin ist nicht in der Lage das gesehene in Worte zu fassen, zu sehr quälen ihn die Schatten seiner Vergangenheit.
Pamela kämpft um Martin und um ihre eigene geistige und körperliche Gesundheit, sie entschließt sich Mia, eine junge Frau im Alter ihrer Tochter als Pflegekind aufzunehmen, doch bevor es soweit ist, wird Mia entführt und Pamela bekommt eine Botschaft:
Wenn Martin redet, wird Mia sterben.
Joona Linna ermittelt auf Hochtouren, um den Täter zu fassen, denn er glaubt nicht an eine einzelne Tat.

Den Inhalt dieses Buches zusammenzufassen ist wirklich schwierig, das Autorenduo Keppler, erzählt mehrere Handlungsstränge, die sich erst nach und nach zu einem verbinden.
Der Weg dorthin ist mit kaum zu überbietender Grausamkeit und Einblicken in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele gepflastert.
Der Spiegelmann ist der achte Band der Reihe die mit Der Hypnotiseur begann und mit diesem Buch sicher nicht enden wird. Ich war zunächst etwas skeptisch, ob ich nach einer längeren Pause,, wieder in die Reihe einfinden würde, ich hatte sie irgendwann aus den Augen verloren. Aber ich muss sagen, ich hatte keinerlei Schwierigkeiten. Jonna Linna und seine Ermittlungsmethoden, die nicht immer regelkonform sind und nicht nur ihn in Gefahr bringen, waren mir schnell wieder vertraut, was nicht heißt, dass er mir auch sympathisch ist, das war er noch nie, aber darauf kommt es nicht an, er tut was getan werden muss um den Opfern und deren Angehörigen zu helfen und das ist es, was ich mir wünschen würde, wäre ich in deren Situation, dafür muss ich ihn nicht mögen.
Der Spiegelmann ist ein echter Pageturner, seit langem endlich mal wieder ein Psychothriller der den Namen auch verdient und definitiv nichts für schwache Nerven.

Von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

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