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Veröffentlicht am 21.06.2022

Als Frau nichts und doch "alles" wert zu sein.

Der Report der Magd
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"Es gibt mehr als nur eine Art von Freiheit, sagte Tante Lydia, Freiheit zu und Freiheit von. In den Tagen der Anarchie war es die Freiheit zu. Jetzt bekommt ihr die Freiheit von. Unterschätzt sie nicht."

Erzählt ...

"Es gibt mehr als nur eine Art von Freiheit, sagte Tante Lydia, Freiheit zu und Freiheit von. In den Tagen der Anarchie war es die Freiheit zu. Jetzt bekommt ihr die Freiheit von. Unterschätzt sie nicht."

Erzählt wird die Geschichte von Desfred (die Magd "des Fred") und ihrer Rolle als Magd, in die sie gezwungen wurde, um nicht zu sterben. Ein System, in dem Frauen keine Rechte haben, wie Eigentum behandelt werden und in dem Mägde als reine Geburtsmaschinen dienen - natürlich alles zum Schutz der Frauen vor den Übergriffen der Männer. Zeigst du zu viel Haut und wirst verge*altigt, bist du als Frau schuld, denn du hast die Lust im Mann geweckt.

"Der Report der Magd" liest sich genauso erschreckend, wohl einerseits in dem Wissen, dass das Buch bereits 1985 erschien, als auch in dem Wissen, dass genau solche Ansichten heutzutage noch existieren und praktiziert werden. Dafür braucht es kein fiktives Land Gileads. Frauen dürfen nicht lesen, nicht denken, sich nicht zeigen, nicht handeln. Sie sind entweder Mägde, um für alte Ehepaare ein Kind mit dem Ehemann zu zeugen, wenn diese nicht mehr können, Tanten, die diese Lebensart lehren, oder Ehefrauen, die als Symbolbild für einen guten Kommandantenehemann dienen. Oder sie sind rein gar nichts wert.

Der Leser erfährt von Desfred, die früher noch ein Individuum war, wie sie vor der Herrschaft Gileads gelebt hat, frei mit ihrer Familie, wie sie zur Magd "umerzogen" wurde, wie sie ihr Leben fortan lebt und wie sie auf "Mayday" aufmerksam wird, einer Rebellenorganisation. Natürlich findet sich das ganze zu einem offenen Ende zusammen, so dass ich Band 2 ("Die Zeuginnen") direkt für mich bereitgestellt habe.

Der Schreibstil ist irgendwie trocken, geradezu abgebrüht, man spürt Desfreds Verzweiflung, Trauer und Niedergeschlagenheit. Ihre Akzeptanz, doch nichts ändern zu können. Gepaart mit dem schrecklichen System dieser Dystopie, der absolut verdrehten Wertevorstellungen und christlichem Fanatismus, war "Der Report der Magd" wirklich schwere Kost, die mich trotzdem fasziniert hat. Die Serie dazu werde ich ebenfalls beginnen, um das Ganze noch bildlich wirken zu lassen.

Ich kann dieses Buch nur jedem ans Herz legen, denn es ist wirklich ein Klassiker unter den Dystopien. Dieses absolut verdrehte, und doch erschreckend realistische Gedankenexperiment erhält von mir 4,5/5 Sterne.

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Veröffentlicht am 20.06.2022

Abgebrochen.

Der Wüstenplanet
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"Ich darf mich nicht fürchten. Die Furcht tötet das Bewußtsein. Die Furcht führt zu völliger Zerstörung. Ich werde ihr ins Gesicht sehen. Sie soll mich völlig durchdringen. Und wenn sie von mir gegangen ...

"Ich darf mich nicht fürchten. Die Furcht tötet das Bewußtsein. Die Furcht führt zu völliger Zerstörung. Ich werde ihr ins Gesicht sehen. Sie soll mich völlig durchdringen. Und wenn sie von mir gegangen ist, wird nichts zurückbleiben. Nichts außer mir."

Dieses Buch wollte ich wirklich mögen. Wirklich. Mein Partner hatte mir es immer wieder angepriesen und den Film haben wir auch inzwischen 3x gesehen. Dennoch sind "Der Wüstenplanet" und ich einfach nicht miteinander warm geworden, so dass ich das Buch nach knapp 200 Seiten in 6 Monaten abgebrochen habe.

Es gab leider nichts, was mich catchen konnte. Die Handlung war unglaublich zäh, keinerlei Spannung, endlos detaillierte Gespräche und Gedanken und Umgebungsbeschreibungen. Die Charaktere, zu viele, um den Überblick zu behalten, zu unnahbar, um sie im Gedächtnis oder im Herzen zu behalten. Vielleicht war diese geschaffene Welt von Frank Herbert auch einfach zu groß und genial für mich - ich habe ungefähr alle 5 Zeilen Begriffe hinten im Glossar nachschlagen oder meinen Partner fragen müssen, was das gerade Gelesene für eine Bedeutung hat, denn ich habe es einfach nicht verstanden.

Für andere mag "Der Wüstenplanet" genial sein, ich kann dies nur für den Film aussprechen (wirklich, schaut ihn euch an!), also muss die Grundidee, die ja aus dem Roman stammt, mich trotzdem beeindruckt haben. Nur der schriftlichen Umsetzung konnte ich leider gar nichts abgewinnen. Für die gelesenen 200 Seiten vergebe ich deswegen 1/5 Stern.

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Veröffentlicht am 11.06.2022

Wie viel Wahrheit ist dein Glück wert?

All das Ungesagte zwischen uns
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"Wenn man beschließt, sich an einen Menschen zu binden, sagt man nicht: 'Ich verspreche dir, dass ich mich nie mehr zu irgendjemand anderem hingezogen fühlen werde', man sagt: 'Ich verspreche dir, dass ...

"Wenn man beschließt, sich an einen Menschen zu binden, sagt man nicht: 'Ich verspreche dir, dass ich mich nie mehr zu irgendjemand anderem hingezogen fühlen werde', man sagt: 'Ich verspreche dir, dass meine Loyalität dir gilt, obwohl ich möglicherweise anderen Menschen begegne, zu denen ich mich auch hingezogen fühlen werde.'"

Dieses Buch von Colleen Hoover habe ich ungünstigerweise nach "Layla" und "Verity" gelesen, wodurch meine Spannungserwartung wohl zu hoch war. Ich hatte mir mehr Plot Twists erhofft, mehr Unvorhergesehenes, doch stattdessen empfand ich die Enthüllungen als doch recht vorhersehbar. Das hat dazu geführt, dass die Spannung auf den mehr als 400 Seiten doch recht mau war und zu Längen geführt hat, die mir etwas die Freude am Weiterlesen verdorben haben.

Dazu kommt, wie der Titel eigentlich von Anfang an vermuten ließ, dass Morgan und Clara nicht miteinander reden. Morgen will die Wahrheit für sich behalten, um Claras Glück nicht zu zerstören, diese wiederum strickt sich durch das Schweigen ihre eigene Wahrheit zusammen (die nicht stimmt), hasst ihre Mutter und redet nicht mit ihr. Ein Teufelskreis, der mich unglaublich frustriert hat, denn als die Wahrheit dann rauskam, war natürlich alles halb so wild und Verständnis von beiden Seiten vorhanden. Für mich war das unnötiges gestrecktes Drama.

Was mir jedoch gut gefallen hat, war, dass der Fokus trotz der beiden erzählten Liebesbeziehungen auf der Mutter-Tochter-Dynamik geblieben ist. Klar, die Lovestories waren wirklich süß, voller Gestik und Geschichte, aber letztendlich war die Beziehung zwischen Morgan und Clara das, was zu Hochs und Tiefs und Weiterentwicklung geführt hat. Deren Charakterentwicklungen und Reife kann ich nur applaudieren.

"All das Ungesagte zwischen uns" ist eher eines von Colleen Hoovers schwächeren Werken, da Spannung und Gefühle zu kurz kommen. Es kann jedoch mit tollen Charakterentwicklungen, Selbstreflexion und einer intensiven Grundstory aufwarten, sodass ich 3/5 Sterne vergebe.

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Veröffentlicht am 07.06.2022

Wenn die Welt nicht mehr die ist, die du kennst.

Blue Sky Black. Ohne Dunkelheit keine Sterne
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"Du bist genau in dem Augenblick in mein Leben getreten, als ich völlig orientierungslos war. Du bist mein Nordstern in der Dunkelheit."

Zu "Blue Sky Black" habe ich damals vor allem wegen des wunderschönen ...

"Du bist genau in dem Augenblick in mein Leben getreten, als ich völlig orientierungslos war. Du bist mein Nordstern in der Dunkelheit."

Zu "Blue Sky Black" habe ich damals vor allem wegen des wunderschönen Covers gegriffen - als dann der Klappentext noch eine Dystopie versprach, war klar: Das Buch muss mit!

Dystopien habe ich schon ewig nicht mehr gelesen, die Hauptzeit war ja eher um 2012 herum. Dieses Buch ist deshalb definitiv nichts neues, mich hat es vor allem an "Die 5. Welle" erinnert. Und trotzdem hat die Autorin hier neu die Handlungsstränge gemischt und von einer Zukunft erzählt, die erschreckenderweise gar nicht so unrealistisch zu unserer sein könnte. Die Geschichte lässt sich durch mehrere Zeitsprünge in kleinere Abschnitte unterteilen - die Welt, bzw. eher Nordamerika, zum Zeitpunkt der Katastrophe, ein paar Monate später und schließlich nach der Rebellion und dem Umbruch des Systems. Diese Zeitsprünge fand ich leider etwas kreativlos, denn ich hätte gerne mehr zur völligen Weltveränderung erfahren, mehr ins Detail der menschlichen Schicksäle, mehr zur Änderung ihrer Lebensweise. Das kam hier etwas kurz.

Was andererseits viel zu lang vorkam und absolut unnötig war, war die Liebesgeschichte. Liebe auf den ersten Blick, die magischen drei Worte nach 4 Tagen des Kennenlernens und "Ich werde dir überall hin folgen" - Moooooment. Wo sind hier die Gefühle? Das langsame Antasten? Ich verstehe schon, dass der Titel und das Cover auf die Beziehung anspielen und alles, was daraus folgt, aber das hätte auch ohne die Liebesbeziehung funktioniert. Oder wenn sie wenigstens romantisch und realistisch gewesen wäre. Klar gab es auch süße Momente, die ich gern gelesen habe, aber im Großen und Ganzen konnte ich der keinen Mehrwert abgewinnen.

Spannung wiederum kam immer mal wieder in kleineren Schüben, auch der große Showdown hat den High Peak jetzt nicht ganz erreicht, aber es war definitiv ausreichend, um mich ziemlich ans Buch zu fesseln. Pausen vom Lesen konnte ich mir keine erlauben, so sehr war ich gefangen zwischen Intrigen, Humor, Action, Skrupellosigkeit, Zerstörung und Rebellion. Es tat richtig gut, wieder in solch eine dystopische Welt einzutauchen. Die Story war zwar etwas schnell abgehandelt, eine Dilogie wäre hier die bessere Wahl gewesen, aber da das Rad eben nicht neu erfunden wurde, bin ich sehr zufrieden mit dem, was mir hier geboten wurde.

"Blue Sky Black" erhält von mir 4/5 Sterne. Es reicht zwar längst nicht an die 2012er-Dystopien heran, konnte mir aber doch recht fesselnde Lesestunden bescheren.

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Veröffentlicht am 05.06.2022

Wie ein Sommer alles verändern kann.

Ein unendlich kurzer Sommer
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"Wir waren unendlich, du und ich und der Sommer."

In Erwartung eines leichten Sommerromans habe ich zu diesem Buch gegriffen, wurde dann aber ganz neu überrascht.

Prinzipiell geht es in dem Buch um Lale, ...

"Wir waren unendlich, du und ich und der Sommer."

In Erwartung eines leichten Sommerromans habe ich zu diesem Buch gegriffen, wurde dann aber ganz neu überrascht.

Prinzipiell geht es in dem Buch um Lale, Chris, Gustav, Flo und James, die es irgendwie alle auf diesen einen deutschen Campingplatz verschlagen hat. Als Endhaltestelle? Als Zwischenstation? Oder doch als Startpunkt? Erzählt aus den Perspektiven von Chris und Lale, die sich in diesem unendlich kurzen Sommer immer näher kommen, wird nach und nach die Geschichte der einzelnen Personen erzählt, die einem dadurch mehr ans Herz gewachsen sind als man eigentlich wollte. Neben Campingplatzchaos, Renovierungen und süßen Kaninchen ging es nämlich auch um den Tod, Ehekrisen und Finden des eigenen Platzes im Leben.

Überlappend kommt dazu eine Geschichte aus der Vergangenheit, die den Leser im Prolog mitnimmt zu einem heißen Tag am See, einem Sommergewitter, der Liebe zweier junger Menschen und einer folgeschweren Offenbarung. Diese Story schlägt auch bis zum Ende den Bogen, was die Handlung wunderbar abgerundet hat. Es war dadurch nicht unbedingt Spannung vorhanden, aber immer wieder tauchte Situationskomik auf, gab es neue Enthüllungen und wurde einfach der Sommer auf dem Camingplatz genossen, dass ich fortwährend weiterlesen wollte.

Generell waren die Campingplatz-und-Sommer-Vibes in diesem Buch so spürbar, dass ich mich auch dort gesehen habe. Solche Orte im Sommer lassen einen die restliche Welt vergessen, und Kristina Pfister wusste ganz genau, wovon sie sprach - lediglich die exzessiven Saufgelange und Kater am nächsten Morgen kamen mir zu oft vor, ständig wurde gekifft oder gesoffen. Hätte nicht sein müssen.

Weiterhin konnte ich teilweise nicht die Logik oder das Handeln der Charaktere begreifen. Ich will hier aus Spoilergründen nicht zu sehr ins Details gehen, aber... Warum Chris, Gustav? Warum nicht Lale?

Wer sich hier auf einen melancholischen Sommerroman einlassen möchte, dem kann ich "Ein unendlich kurzer Sommer" nur ans Herz legen. Genau wie der Titel war auch das Buch - ich hätte ewig von den Renovierungen und Abläufen auf dem Campingplatz lesen können, auch wenn es sich noch so oft wiederholt. Ich vergebe 4/5 Sterne.

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