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Veröffentlicht am 11.09.2018

Leider zu konstruiert

Spielball des Schicksals
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Von Nora Berger habe ich bereits einige tolle historische Romane gelesen. Leider konnte mich ihr neuer Roman "Spielball des Lebens" nicht richtig überzeugen.

Der Roman ist in zwei Zeitebenen geteilt, ...

Von Nora Berger habe ich bereits einige tolle historische Romane gelesen. Leider konnte mich ihr neuer Roman "Spielball des Lebens" nicht richtig überzeugen.

Der Roman ist in zwei Zeitebenen geteilt, wobei der Gegenwartsstrang, der die eigentliche Rahmenhandlung bildet, viel zu kurz kommt. Auf der anderen Seite hätte er auch total wegfallen können und die Autorin hätte einen historischen Roman ohne zwei Zeitebenen daraus machen können, was mir wesentlich besser gefallen hätte.
Mich konnte nämlich der Strang in der Gegenwart überhaupt nicht abholen. Dieser erzählt die Geschichte der Ärztin Vanessa (ihr Nachname blieb im Roman unerwähnt) und Alexander von Waldheim, einem ehemaligen Patienten von ihr. Dieser hat ein Tagebuch seiner Ururgroßmutter Camilla gefunden, welches großes Potenzial für einen Roman haben könnte. Eine Person daraus, nämlich die Tänzerin Tessa Taylor, scheint mit Vanessa verwandt zu sein. Alexander kontaktiert daraufhin Vanessa. Er bittet sie seine Entwürfe zu lesen und hofft auch auf weitere Informationen über Tessa von ihr.

Der Hauptstrang in der Vergangenheit befasst sich mit diesen zwei interessanten Frauen und startet im Jahr 1862. Camilla und ihre kleine Schwester Emily haben erst ihre Mutter verloren, als ihr Vater auf Wunsch seiner neuen Geliebten Tessa, die Kinder ins Kloster steckt. Diesen Abschnitt fand ich sehr bedrückend, aber großartig dargestellt. Ich fühlte mit den beiden Mädchen mit, die vom Vater einfach im Stich gelassen und von den Nonnen alles andere als herzlich behandelt wurden. Als Camilla endlich volljährig ist, verlässt sie das Kloster und beginnt in einem Modehaus zu arbeiten. Dort ist sie nicht nur als Schneiderin tätig, sondern darf auch die schönsten Modelle vorführen. Dabei lernt sie Paul von Waldheim kennen und lieben. Der junge Adelige ist jedoch verlobt und ein notorischer Spieler.
Auch Camillas Vater ist ein Lebemann und kann nicht mit Geld umgehen. Tessas Traum eine berühmte Tänzerin zu werden scheint immer unmöglicher. Doch die ehrgeizige junge Frau ist das komplette Gegenteil von Camilla. Sie ist egoistisch, pickt sich überall ihren Vorteil heraus, manipuliert die Männer und lebt für den Tanz. Dabei meint es das Schicksal allerdings auch nicht immer gut mit ihr. Obwohl sie mir nicht wirklich sympathisch war, muss man Tessas Mut bewundern. Sie gibt einfach nicht auf...auch wenn sie dabei über Leichen gehen muss...

Die gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten hat die Autorin gekonnt eingeflochthen. Man trifft auch auf Persönlichkeiten, wie Bismarck oder Rudolf Virchow, dem bekannten Mediziner der Charité. Der deutsch-französische Krieg erhält ebenfalls genug Anteile an der Geschichte.
Jedoch hat Nora Berger in diesem einen Roman viel zu viele Themen hineingepackt. Ohne den Gegenwartsstrang und einigen Nebenthemen, wäre der Roman wirklich äußerst gelungen. So hingegen wirkt alles etwas zu konstruiert und es spielen mir viel zu viele Zufälle hinein. Nicht nur die etwas verstrickten Verwandtschaftsverhältnisse, sondern auch einige Zusammentreffen und Erbangelegenheiten ließen mich den Kopf schütteln. Noch mehr brachte mich aber Camillas Naivität um das Lesevergnügen. Um ihr komplettes Geld gebracht, lässt sie sich wieder mit denjenigen ein, der ihr alles genommen hat. Dazu kommt noch eine Krimisequenz a la Jack the Ripper. Diese begann sehr spannend, verschwand danach völlig aus dem Geschehen, um am Ende noch schnell den Täter, den ich bereits früh identifiziert hatte, zu präsentieren. Auch hier half Freund Zufall kräftig nach.
Der Abschnitt in der Charité war wieder sehr interessant, vorallem weil ich auch erst im Juli ein Buch (Die Charité von Ulrike Schweikert - sehr zu empfehlen!) über das berühmte Berliner Krankenhaus gelesen habe.

Der Roman hätte wirklich Potential gehabt, doch die Autorin wollte einfach zu viele Themen hineinquetschen. Weniger davon, ohne den Gegenwartsstrang und die vielen Zufälle, und "Spielball des Schicksals" wäre eine wunderbare Geschichte geworden. So wirkte vieles zu konstruiert und unglaubwürdig und ich kann gerade noch mit viel Bauchweh 3 Sterne vergeben.

Schreibstil:
Nora Berger kann schreiben...dass weiß ich bereits von ihren anderen Romanen, die ich gelesen habe. Der Schreibstil ist fesselnd, detailliert und sehr bildhaft. Die Charaktere sind lebendig und wecken Gefühle beim Leser.
Die historischen Fakten werden mit der fiktiven Handlung perfekt verflochten. Abwechselnd wird aus der Sicht von Tessa oder Camilla erzählt, bzw. aus Vanessa's. Dieser Handlungsstrang in der Gegenwart hebt sich vom Vergangenheitsstrang durch kursive Schrift ab.

Fazit:
Leider kann "Spielball des Schicksalas" nicht mit den anderen Romanen der Autorin mithalten. Mir war die Geschichte zu konstruiert. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass Nora Berger zu viele Themen in den Roman quetschen wollte. Das ging leider nach hinten los. Den Gegenwartsstrang fand ich komplett überflüssig. Die Geschichte hätte wirklich großes Potential gehabt. Schade! Trotzdem werde ich auch die zukünftigen Bücher von Nora Berger lesen, da ich weiß, dass sie es kann!

Veröffentlicht am 08.09.2018

Neue Wege gehen

Cranberrysommer
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Michael Hunter hat sich eine Pause von seinem Job genommen und reist von Chicago an die Westküste íns kleine Städtchen Hope Harbour im Staat Oregon. Der Geschäftsführer einer wohltätigen Origanisation ...

Michael Hunter hat sich eine Pause von seinem Job genommen und reist von Chicago an die Westküste íns kleine Städtchen Hope Harbour im Staat Oregon. Der Geschäftsführer einer wohltätigen Origanisation ist ausgebrannt und hat außerdem seine Frau vor 18 Monaten verloren. Doch der Aufenthalt im Ort mit dem hoffnungsvollen Namen beginnt alles andere als gut. Die gebuchte Unterkunft ist geschlossen und die Motels der Umgebung ausgebucht. Als er auch noch ins Fahrrad von Tracy Campell läuft, würde er am liebsten den Rückzug nach Chicago antreten. Doch dann erhält er eine unerwartete Einladung. Gerade Anna Williams, die "Einsiedlerin" des Städtchens, bietet ihm ein Apartment an. Michael erinnert sie an ihren Sohn John, der vor 20 Jahren im Streit senin Elternhaus verlassen und zu dem sie den Kontakt verloren hat. Michael nimmt die Einladung an und beginnt langsam Annas Schutzschicht aufzubrechen, indem er ihr eine neue Herausforderung gibt...

Tracy Campbell wuchs in Hope Harbour auf, hat aber ihre Heimat zum Studium verlassen. Aber das Leben hat oft andere Pläne und nun ist sie zurück, um ihren Onkel auf der Cranbverryfarm zu helfen. Sie ist entschlossen die Farm zu retten, die seit Generationen ihrer Familie gehört und finanzielle Schwierigkeiten hat. Neben der anstrengenden Arbeit auf der Farm sitzt sie abends über die Buchhaltung ihrer Klienten und engagiert sich unentgeltlich im Vorstand einer wohltätigen Organisation. Nicht nur die Farm braucht dringened Hilfe, sondern auch Tracy, der alles über den Kopf zu wachsen beginnt....

Anna hingegen ist seit 20 Jahren zur Einsiedlerin des Städtchens mutiert, als sie sich mit ihrem Sohn zerstritten hat. Seitdem ist der Kontakt zu ihm abgebrochen. Mit John hat sie auch ihre Lebensfreude verlassen und sie hat sich in ihrem Häuschen eingeigelt, wo sie verletzen Tieren hilft und für das Pfarrhaus kocht und bäckt.

Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet. Die drei Hauptprotagonisten des Romans haben in ihrer Vergangenheit alle eine Entscheidung getroffen, die noch heute Schuldgefühle bei ihnen hervorrufen. Alle drei haben das Gefühl, dass es für sie keine Hoffnung mehr gibt und haben eine Mauer rund um sich aufgebaut. Erst ganz langsam fängt diese an zu bröckeln, als sie versuchen auf andere zuzugehen. Nach und nach werden die Geheimnisse der drei Protagonisten aufgedeckt und die drei Stränge verbinden sich am Ende zu einem gefälligen Ende. Es geht um Hoffnung, Vertrauen, das Verlassen alter Wege und die Stärke neue einzuschlagen.

Die Entwicklung der Protagoinisten ist realistisch und findet genau im richtigen Tempo statt um glaubwürdig zu sein. Alle drei wachsen an ihren neuen Herausforderungen und man fühlt sich mit ihnen verbunden. Gerne wäre ich mit Anna zusammen auf der Terrasse gesessen und hätte ihre köstlichen Plätzchen gegessen oder den Streitgesprächen von Pater Kevin und Reverend Baker gelauscht. Der Star des Buches ist aber tierisch! Seemöwe Floyd sorgt für heitere Einlagen.

Komplettes Neuland war für mich der Anbau und die Ernte von Cranberries (Moosbeere). Ich hatte ebenfalls keine Ahnung, dass es auch in Oregon Cranberry Farmen gibt. So habe ich wieder etwas dazu gelernt....lesen bildet einfach! =)

Die Kulisse einer nebligen Stadt am Meer bietet das perfekte Ambiente für diese Geschichte von Liebe, Vergebung und einem Neubeginn.
Weitere Folgebände rund um Hope Harbour und seine Einwohner sollen noch erscheinen.

Schreibstil:
Der Schreibstil von Irene Hannon ist flüssig, einfühlsam und lässt sich gut lesen. Die Autorin erzählt ihre Geschichte aus drei verschiedenen Sichtweisen (Michael, Tracy und Anna) in der 3. Person, sowie wenige Kapitel aus der Sicht von John, Annas Sohn. Die Charaktere sind ganz wunderbar gezeichnet, ebenso punkten die bildhaften Beschreibungen des Ortes.

Fazit:
Ein Wohlfühlroman, in dem es um Hoffnung und Vertrauen, sowie das Verlassen alter Wege geht, eingebettet in einem wunderbaren Ambiente einer amerikanischen Kleinstadt an der Küste.

Veröffentlicht am 05.09.2018

Zurück ins Mittelalter

Schwert der Hoffnung
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Schon länger bin ich auf der Suche nach einem neuen Zeitreiseroman, der mich unterhält und überzeugen kann. Ist es Tanja Riegel mit "Schwert der Hoffnung" gelungen? Teils, teils...

Der Roman ist im christlichen ...

Schon länger bin ich auf der Suche nach einem neuen Zeitreiseroman, der mich unterhält und überzeugen kann. Ist es Tanja Riegel mit "Schwert der Hoffnung" gelungen? Teils, teils...

Der Roman ist im christlichen Francke Verlag erschienen und somit ist auch klar, dass hier der Glaube ein Rolle spielt. Mit der Location Malta, den Ritterorden der Johanniter und der Jahreszahl 1564 sind wir damit auch schon beim Thema und zwar bei der Belagerung von Malta durch die Osmanen.

Doch bevor wir mitten im Kampf zwischen Christen und Muslimen stecken, befinden wir uns in der Gegenwart in Frankreich. Die Französin Anna und der Brite Edward sind sehr unterschiedliche Protagonisten. Anna ist sehr strukturiert, hat ihre Zukunft bereits geplant und sich für ein Medizinstudium eingeschrieben. Selbst bezeichnet sie sich als graue Maus und ist eher zurückhaltend. Edward kommt zwar aus reichem Haus, lebte aber die letzte Zeit als Anführer einer Gang auf der Straße. Er ist großspurig und weiß mit dem Messer umzugehen. Das ist auch der Grund warum er als Strafe im Schuppen seines Großvaters aufräumen muss. Anna, die Tochter des Gärtners, hilft ihm dabei. Sie finden eine Holzkiste mit einem Art Tagebuch, sowie ein mit Edelsteinen besetztes Rapier. Bei der Berührung wird der Dolch heiß und die Beiden verlieren das Bewusstsein. Als sie erwachen befinden sie sich in einer Höhle in Malta im Jahr 1564....

Der Zeitprung passiert bereits auf den ersten Seiten und es ist interessant zu lesen, wie sich Anna und Ed versuchen zurechtzufinden. Sie sind weder ansprechend gekleidet, noch haben sie eine Ahnung in welcher Zeit sie gelandet sind. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als sich als Ehepaar ausgeben und so unauffällig wie möglich zu bleiben. Doch vorallem müssen sie versuchen das Rapier zu finden, um wieder in ihre Zeit zurückzukommen.
Leider konnte mich der Roman nicht immer fesseln. Manche Abschnitte gehen viel zu schnell und überhastet voran. Einer davon war sehr spannend, jedoch überstürzen sich die Ereignisse dermaßen, dass ich am Ende verwundert zurückgeblättert und nachgeschaut habe, ob ich etwas überlesen hatte. Dem war nicht so und leider folgten auch später keinerlei Erklärungen dazu. Für mich waren diese Szenen nicht wirklich schlüssig und zu unglaubwürdig. Danach wurde die Geschichte wieder ruhiger und man begleitet Anna und Ed, die versuchen sich der Zeit anzupassen. Edward wird im Schwertkampf ausgebildet und Anna bekommt Einblicke in die mittelalterliche Medizin. Beide wachsen an der Situation und kommen sich auch etwas näher. Als sie bemerken, dass sie nicht vor dem großen Angriff der Osmanen in ihr altes Leben zurückkehren können, kämpfen sie nicht nur um ihr eigenes Überleben, sondern auch um diejenigen, die während des Aufenthalts zu ihren Freunden geworden sind. Im weiteren Verlauf des Romans stehen die Kämpfe im Mittelpunkt. Dies verleiht der Geschichte mehr Spannung und hat mich endlich etwas mehr an die Seiten kleben lassen. Auch wenn der Roman eine durchschnittliche Seitenanzahl von nicht ganz 500 Seiten hat, lässt er sich nicht schnell lesen. Man braucht dazu Zeit und Muße.

Die geschichtliche Komponente und den Glaubenskrieg hat die Autorin wunderbar recherchiert und dargestellt. Der rote Faden in diesem christlichen Roman ist das Vertrauen auf Gott. Auch in diesem Buch habe ich wieder eine Epoche näher kennenlernen dürfen, die bis jetzt an mir vorübergegangen ist. Ich kenne zwar das Malteser Kreuz und weiß ein bisschen über die Ritter des Johanniterordens, aber das war es schon. Ein weiteres Thema ist die Medizin des 16. Jahrhunderts und ein ganz besonderes Heilmittel, das nur auf der maltesischen Insel Gozo zu finden ist.
Laut Verlag soll es noch einen weiteren Teil geben. Ich bin allerdings noch unschlüssig, ob ich diesen lesen werde.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin lässt sich gut lesen. Die Beschreibungen sind bildlhaft und detailliert. Die Autorin spricht viele Themen an und setzt sich damit auseinander.
Die unterschiedlichen Charaktere der beiden Hauptprotagonisten wurden sehr lebendig beschrieben. Im Laufe des Romans entwickeln sich beide weiter.
Zu Beginn des Buches gibt es zwei Orientierungskarten, am Ende Begriffserklärungen und historische Anmerkungen der Autorin.

Fazit:
Ein Roman, der mich etwas zwiegespalten zurücklässt. Interessanter historischer Hintergrund und Plot, Zeitreisen mag ich sowieso, aber manche Abschnitte waren mir zu "unausgegoren" und unlogisch. Für ein Erstlingswerk aber nicht schlecht, außerdem sehr gut recherchiert.

Veröffentlicht am 03.09.2018

Countdown bis zum Absturz

Flug der Träume
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Was wisst ihr eigentlich über Zeppeline? Im Besonderen über die Hindenburg, das größte gebaute Luftsschiff, welches den Nazis als Propagandamittel diente? Wahrscheinlich genauso viel, wie ich wusste, ...

Was wisst ihr eigentlich über Zeppeline? Im Besonderen über die Hindenburg, das größte gebaute Luftsschiff, welches den Nazis als Propagandamittel diente? Wahrscheinlich genauso viel, wie ich wusste, bevor ich dieses Buch gelesen habe....nicht sehr viel....

Ariel Lawhon hat sich in diesem wirklich sehr interessanten Roman dem Schicksal der Hindenburg gewidmet. Das Buch basiert auf der wahren Begebenheit des Unglücks am 6. mai 1937. Die Autorin hat jedoch ihre ganz eigene Idee betreffend der Explosion des Luftschiffes hier eingebracht, denn die Ursache des Unglücks ist bis heute nicht geklärt. Beim Lesen denkt man jedoch, dass es sich genauso abgespielt haben könnte...
Am 3. Mai 1937 trat der Zeppelin LZ 129 Hindenburg mit 97 Menschen an Bordseine Fahrt von Frankfurt nach Lakehurst (USA) an. Die Personen sind (bis auf eine) alles reale Figuren, die tatsächlich an Bord waren. Einige davon lernen wir näher kennen und begleiten sie die ganzen 500 Seiten über. Das sind der Navigator, die Stewardess, der Kabinenjunge, der Amerikaner, die Journalistin und ihr Ehemann.

Die Geschichte wird in Tage ab dem Start von Frankfurt in einem Art Countdown bis zum Absturz erzählt.
Ariel Lawhon nimmt den Leser mit auf einen spannenden Rundgang durch die Hindenburg. Dabei bindet sie auch technische Daten und den Aufbau des Luftschiffes mit ein. Für mich war es anfangs unvorstellbar, dass es wie auf einem Ozeandampfer Speisesäle, viele einzelne Kabinen, ein Raucher- oder Familienzimmer gab. Diese Größe war für mich kaum vorstellbar.
Die Autorin verbindet diese technischen Details perfekt mit der Handlung. Dadurch hat man das Gefühl selbst mit an Bord zu sein, das Flugschiff zu erkunden und die anderen Passagiere kennenzulernen.

Auch die Charaktere sind sehr liebevoll und detailliert beschrieben. Sie wuchsen mir sehr schnell ans Herz und ich hoffte im Stillen, dass alle davon überleben werden.
Vorallem Kabinenjunge Werner, der von den Besatzungsmitgliedern auch zu Arbeiten eingeteilt wurde, die ihm eigentlich nicht zustanden und daraus gewieft seine eigenen Vorzüge zog, mochte ich sehr. Er ist ein kluges Kerlchen und wird durch das Unglück viel zu schnell erwachsen. Aber auch Max, der Navigator, der unsterblich in die Stewardess Emilie verliebt ist und sie von seinen Vorzügen überzeugen will, war mir sehr sympathisch. Emilie, die erste weibliche Flugbegleiterin der Geschichte, und somit eine echte Pionierin der Luftfahrt, imponierte mir ebefalls sehr. Aber auch die aufgeweckte Journalistin, die sich nicht den Mund verbieten lässt und ihr zwanzig Jahre älterer Ehemann, sind ausgesprochen interessante Figuren. Einzig der Amerikaner hat seine dubiose Rolle und wirkt alles andere als sympathisch.

Durch den dreitägigen Aufenthalt und die damit zunehmend explosivere Spannung unter den Passagieren an Bord, erfahren wir Leser immer mehr Einzelheiten und entdecken, dass so einige Personen ein kleines Geheimnis hüten. Die Geschichte wird dadurch spannend, aber auch kleine Anekdoten und das Liebesgeplänkel zwischen Max und Emilie bringen Schwung in den Roman. Man nimmt Anteil an den Figuren und ihren Schicksalen.
Unaufhaltsam steuert man der Katastrophe entgegen und mit den immer weniger werdenden Stunden und Minuten werden auch gleichzeitig die Kapitel immer kürzer. So bringt die Autorin noch mehr Spannung in den Roman und lässt die letzten Stunden Revue passieren.
Der Roman lebt von der Atmosphäre an Bord des Schiffes, den Schicksalen einzelner Figuren, den historischen Tatsachen, sowie der tollen Mischung aus Unterhaltung, Spannung, Tragik und Romantik.
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Und wer noch immer nicht genug hat, kann sich dieses You Tube Video https://www.youtube.com/watch?v=CgWHbpMVQ1U ansehen, das mich erschüttert zurückgelassen hat und es eigentlich einem Wunder gleichkommt, dass "nur" 36 Menschen durch die Explosion gestorben sind. Anschauen!

Schreibstil:
Die Autorin schreibt sehr atmosphärisch und detailliert. Dadurch bekommt man ein wahnsinnig gutes Bild der Hindenburg und der Passagiere. Die teilweise sehr humorvollen Dialoge ließen trotz des drohenden Unglücks ein Lächeln auf meinem Gesicht zurück.
Hinweisen möchte ich auch noch auf das Nachwort der Autorin. In diesem geht sie näher darauf ein, was Fakt ist und welche eigenen Freiheiten sie sich für den Roman genommen hat. Ariel Lawhon hat wirklich sehr gut recherchiert und einen tollen Roman daraus entstehen lassen.

Fazit:
Ein sehr interessanter historischer Roman, der durch seine großartige Atmosphäre, den Schicksalen einzelner Passagiere, sowie dem Mix aus Realität und Fiktion punktet. Toll recherchiert und sehr informativ, spannend und ein kleiner Hauch Romantik lassen die 500 Seiten fast zu schnell vorbeigehen...
Ich finde es schade, dass dieser wundervolle Roman so wenig Beachtung findet. Ich empfehle ihn auf jeden Fall gerne weiter.

Veröffentlicht am 31.08.2018

Wir sind der Chor

Mein wunderbarer Küstenchor
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Der neue Roman von Janne Mommsen, der mich wie alle seine Bücher, in den Norden Deutschlands führen, zaubern mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Auch bei "Mein wunderbarer Küstenchor" haben wir einen ...

Der neue Roman von Janne Mommsen, der mich wie alle seine Bücher, in den Norden Deutschlands führen, zaubern mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Auch bei "Mein wunderbarer Küstenchor" haben wir einen locker leichten Roman mit viel Lokalkolorit, der mich wie gewohnt an die Küste oder auf eine Nord- oder Ostseeinsel führt.

Diesmal sind wir in dem kleinen Städtchen Klütz an der Ostsee und es wird musikalisch, denn im Mittelpunkt der Handlung steht der Klützer Chor. Dieser ist auch für Britta, neben ihrem Job als Hotelfachfrau, das Wichtigste im Leben. Jeden Mittwoch freut sie sich auf das Zusammentreffen mit den anderen Chormitgliedern und den gemeinsamen musischen Stunden. Die Gemeinschaft wird dabei groß geschrieben. Bereits seit 20 Jahren ist Britta Chormitglied und hat diesen zusammen mit ihrer betagten Tante Sibylle gegründet. Als Dustin, der Chorleiter plötzlich eine neue Stelle annimmt und wegzieht, steht der Chor vor dem Aus. Und das nur wenige Monate vor dem großen Wettbewerb im finnischen Tampere, wo der Klützer Chor bereits angemeldet ist. Die Sänger sind entsetzt! Auch Britta kann es nicht fassen! Wo soll sie nur so schnell einen neuen Chorleiter und Dirigenten finden? Auf der Suche nach Ersatz lernt sie Jasper kennen, einen Klavierprofessor, der an der Uni in Lübeck unterrichtet und der kleinen Chorgemeinschaft zumindest auf seinem Klavier begleitet und den Sängern beisteht. Wird es Britta gelingen den Chor zu retten und die Reise nach Finnland antreten?

Wie vom Autor gewohnt, war ich nach den ersten Seiten sofort mitten im Geschehen. Das Leben in Klütz und die Chorproben werden sehr bildhaft beschrieben. Bei den Musikstücken musste ich einfach mitsummen und hatte die Melodie danach den ganzen Tag im Ohr. Köstliche Unterhaltung verspricht vorallem das "Casting" für den neuen Chorleiter. Hier bleibt kein Auge trocken! Mein Kopfkino war wieder zu 100% ausgelastet. Doch nicht nur witzige Dialoge, diverse Katastrophen und die wunderbare Beschreibungen der Umgebung haben mich in der Lektüre versinken lassen. Neben dem humorigen Part wurden auch ein paar ernstere Themen angesprochen. Trotzdem ist der Roman eher von der leichteren Sorte, der sich locker an 1-2 Tagen weglesen lässt. Ab und zu hätte ich mir trotzdem ein bisschen mehr Tiefgang gewünscht und manche Szenen etwas realistischer. Auch bei der Liebesgeschichte fehlte mir das Knistern.....trotzallem wieder ein schönes Leseerlebnis!

Schreibstil:
Janne Mommsen schreibt locker und leichtfüßig...man fliegt durch die Seiten und wird gut unterhalten. Aber ganz besonders versteht es der Autor die Landschaft, die Region und das Leben der Einheimischen darzustellen. Die Charaktere strahlen Lebensfreude aus und sind wunderbar gezeichnet. Die witzigen und lebhaften Dialoge lockern die Geschichte auf und geben dem Roman seine Prise Leichtigkeit.
Die Kapitel sind sehr kurz gehalten.

Fazit:
Die eher leichte Lektüre eignet sich wunderbar für zwischendurch oder für amüsante Lesestunden mit einem Schuss Romantik und ganz viel Musik. Zum zurücklehnen und genießen...vielleicht mit ein paar Kopfhörer auf den Ohren und der Melodie zu ABBA's "Thank you for the music" im Kopf.