Reise zu sich selbst
Pinguine fliegen nur im WasserMit "Pinguine fliegen nur im Wasser" (der Titel wird in der Geschichte erklärt) hat Henriette Krohn einen etwas anderen Roman geschrieben.
Vincent lebt ein Leben auf der Überholspur, welches ihm das Gefühl ...
Mit "Pinguine fliegen nur im Wasser" (der Titel wird in der Geschichte erklärt) hat Henriette Krohn einen etwas anderen Roman geschrieben.
Vincent lebt ein Leben auf der Überholspur, welches ihm das Gefühl von Routine gibt. Gleichzeitig hat er seine Gefühlswelt seit Jahren ausgesperrt, nachdem ihm seine vietnamesische Mutter mit nur drei Jahren bei seinem depressiven Vater zurückgelassen hat. Seine Tage als Unternehmensberater sind durchgeplant und lassen keine Überraschungen zu. Und doch wird er eines Tages völlig unerwartet aus seinem Job und der dazugehörigen Firmenwohnung geschmissen. Seine Ex-Geliebte und Chefin hat alles daran gesetzt ihn nicht nur zu kündigen, sondern auch seinen Ruf zu ruinieren. Vincent ist sich keiner Schuld bewusst und landet von der Situation völlig überfordert im Taxi von Greta. Sie ist das komplette Gegenteil von Vincent und eine herzensgute Frau, die laut, bunt und überboardend ist. Greta macht ihm den Vorschlag bei ihr in ihrer vor kurzem geerbten Villa zu wohnen, wenn er ihr hilft, diese zu restaurieren. Als ihm dämmert, dass er weder Freunde, noch andere Wohnmöglichkeiten hat, nimmt er Gretas Angebot an. Er merkt, wie ihm die Renovierung immer mehr Spaß macht und lernt dabei weitere skurrile Personen in Gretas Umfeld kennen. Neben der alten Gräfin, die in der Nachbarvilla wohnt, Gretas kleiner Nichte Mathilda und Dackel Leah, Schildkröte Charlotte, Gretas großmäuligen Freund Boje und Kurt mit der Trillerpfeife, der ihn bei den Renovierungsarbeiten zur Hand geht, lernen wir mit der Zeit auch Greta besser kennen.
In Rückblenden erfahren wir von ihrer schweren und einsamen Kindheit. Als Tochter zweier Ärzte, denen ihr Kind nur im Weg stand und welches sie bei den gefühlskalten Großeltern abgeben, ist es verwunderlich, wie aus dem vereinsamten Kind eine so herzliche junge Frau mit "Menschenrettersyndrom" geworden ist. Genau diese Frau zeigt Vincent im Laufe der Renovierungsarbeiten, worauf es im richtigen Leben wirklich ankommt.
Die meisten Charaktere sind liebenswert und sympathisch, aber es gibt auch Menschen in beider Leben, die ihnen Energie rauben.
Der Schreibstil ist leicht, manchmal sehr detailliert und atmosphärisch. Die Dialoge sind lebendig und die Restaurierung und Dekoration der alten Villa wird sehr bildhaft beschrieben. Hier hatte ich wahrlich Kino im Kopf.
Während die am Ende kleine Liebesgeschichte bei mir nicht wirklich "angekommen" ist, fand ich den Humor der Autorin trotz mancher schweren Themen auflockernd. Eine leise Geschichte mit Tiefe, die für mich aber trotzdem nicht zu einem Highlight gereicht hat.
Fazit:
Ein bezaubernder Roman, der für mehr Toleranz, Diversität, Freundschaft und Herzlichkeit wirbt. Dabei spricht die Autorin aber auch Themen wie Depressionen, Vernachlässigung von Kindern durch ihre Eltern, Einsamkeit und Ausgrenzung an. Dies alles verpackt sie in eine kleine "Wohlfühlgeschichte" mit zwei sehr unterschiedlichen Charakteren, die schlussendlich zu sich selbst finden.