Zu überzogen
GesteheMit "Gestehe" habe ich den neuersten Thriller vom österreichischen Autor Henri Faber, der in Hamburg lebt, gelesen. Seine beiden bereits erschienen Bücher "Kaltherz" und "Ausweglos" (hier fehlt meine Rezi ...
Mit "Gestehe" habe ich den neuersten Thriller vom österreichischen Autor Henri Faber, der in Hamburg lebt, gelesen. Seine beiden bereits erschienen Bücher "Kaltherz" und "Ausweglos" (hier fehlt meine Rezi noch immer) fand ich gelungen. Deshalb war die Neugierde auf sein neuerstes Werk groß.
Obwohl "Gestehe" nun in Wien spielt, fand ich die Geschichte sehr konstruiert und teilweise auch abgedreht. Der Plot liest sich nämlich wirklich gut! Ein Autor, der an seinem nächsten Thriller schreibt und dem seine erfundenen Morde in der Realität einholen. Wie genial!
Johann "Jacket" Winkler, Wiener Chefermittler, ist seit der Veröffentlichung seines Buches "Blutnacht" ein Medienstar und gefeierter Held, was ihn bei seinen Kollegen nicht wirklich beliebter macht. Er ist prahlerisch und unprofessionell. Als "Werbe-Testimonial" der Polizei tingelt er durch die österreichische Medienlandschaft. und ruht sich lieber auf seinen Lorbeeren aus, als tatsächlich bei Mordermittlungen präsent zu sein.
Das ändert sich schlagartig, als er zufällig bei einem Tatort in der näheren Umgebung seiner Wohnung eintrifft. Alles kommt ihm irgendwie bekannt vor, doch wirklich zuordnen kann er den Mord und den Tatort anfangs nicht. Dann erkennt er jedoch mit Entsetzen eine Szene aus seinem noch unveröffentlichten Manuskript und reißt den Fall an sich. Ihm zur Seite gestellt wird der ebenfalls "unbeliebte" Mohammad Moghaddam, der endlich seinen ersten Fall bearbeiten darf, anstatt angestaubte Akten zu sortieren.
Es hat etwas gedauert bis ich in die Geschichte gefunden habe, denn mir fehlte es anfangs an Spannung. Doch nachdem die Figuren mit allen Ecken und Kanten vorgestellt wurden, nahm der Thriller Fahrt auf.
Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven. Wir begleiten gedanklich, sowohl Jacket, als auch Mo und einen Unbekannten, der mit "ER" betitelt wird. Durch die kurzen Kapitel und den einfachen Schreibstil ist man schnell mittendrin. War der Anfang noch etwas sperrig, so wird der Triller immer mehr zum Pageturner.
Der Autor spart bei seinen Geschichten auch nie mit genauen Tatortbeschreibungen und blutrünstigen Morden, die genau beschrieben werden. Für Zartbesaitete ist der Thriller deshalb eher weniger geeignet.
Faber spielt oftmals auf typische wiener oder österreichische Charaktereigenschaften an, lässt auch politische und gesellschaftliche Themen einfließen und hat mit Mo, Mohammad Moghaddam, den typischen in Wien geborenen "Ausländer" miteinbezogen. Man erkennt deutlich den Alltagsrassismus, der Mo immer wieder entgegenschlägt. Auch Anspielungen auf Jörg Haider oder ähnlich ausgerichteten Parteikonsorten erkannte ich in seiner populistischen Parteigröße Schneider und seiner SHÖ wieder.
Als Österreicherin hatte ich allerdings manchmal das Gefühl, dass der Autor sich eher gegen seine Heimat ausspricht.
Die Figuren fand ich wieder teilweise sehr überzeichnet. Mit "Jacket" konnte ich mich nicht wirklich anfreunden, was aber der Geschichte keinen Abbruch tat. Er ist sicher ein Ermittler, der im Gedächtnis bleibt. Mit Mo hatte ich weniger Probleme, auch wenn er mich oftmals mit seinen sich im Kreis drehenden Gedankenschleifen nervte. Er ist ein intelligenter Ermittler, der sich durch seinen Migrationshintergrund benachteiligt fühlt. Ihm fallen sämtliche Ungereimtheiten sofort auf und mit seiner akribischen Genauigkeit sieht er auch Dinge, die andere im Team übersehen.
Wer gerne miträtselt wird enttäuscht sein, denn der Täter ist für den Leser nicht erkennbar, auch wenn er als "ER" seine eigenen Kapitel hat.
Zum Ende hin gibt es den üblichen Faber-Showdown, der eher an einen Action Film erinnert. Genau diese Art von überzogenen Action-Thrillern hat mich für längerer Zeit vom Lesen dieses Genres abgehalten, welches eigentlich zu meinen liebsten gehört. Ob ich zum nächsten Faber Buch greifen werde, weiß ich noch nicht.
Fazit:
Ein genialer Plot, der mich in der Umsetzung jedoch nicht ganz überzeugen konnte. Man fliegt zwar schnell durch die Seiten, aber vorallem das überzogene actionsreiche Ende konnte mich nicht erreichen. Für mich ist "Gestehe" im Vergleich zu den vorherigen Thrillern des Autors doch um einiges schwächer.