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Veröffentlicht am 03.11.2017

Wenn Unrecht geschieht

Blutföhre
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Bewertung: 4 1/2 Sterne

"Im Schloss in Friedberg überdauert ein 800 Jahre alter Baum die Zeit: Die Blutföhre. Sie wächst, wenn großes Unrecht sich ereignet – wie einst im Jahre 1268" - Monika Pfundmeier

Rund ...

Bewertung: 4 1/2 Sterne

"Im Schloss in Friedberg überdauert ein 800 Jahre alter Baum die Zeit: Die Blutföhre. Sie wächst, wenn großes Unrecht sich ereignet – wie einst im Jahre 1268" - Monika Pfundmeier

Rund um diese Legende hat die Autorin ihren Roman aufgebaut. Dabei verwendet sie historische Personen, wie Herzog Ludwig II. von Bayern, der auch "der Strenge" genannt wurde, wie auch fiktive Figuren.
Den Beinamen hat Ludwig nicht umsonst erhalten, denn er ließ einst seine erste Gemahlin hinrichten. Sein Plan seinen Neffen Konstantin, der Letzte aus dem Geschlecht der Staufer, zum Königstitel zu verhelfen, möchte er mit einem Feldzug nach Italien durchsetzen. Natürlich erhofft auch er sich einige Vorteile davon.
Graf Ulrich von Mehring, sein Vasalle und Berater, rät ihm vom Vorhaben ab und lässt in dem cholerischen Ludwig den Verdacht aufkommen, dass Ulrich gegen ihn intrigiert. Doch Ulrich hat ganz andere Probleme. Ein Raubritter mordet sich durch die Wälder und Dörfer der Gegend und überfällt immer wieder Fremde, aber vorallem die Dörfler, die ihren Pachtzins abgeben müssen. Dieser Strauchdieb sinnt allerdings auf Rache, die sich gegen Ulrich wendet.
Doch Ludwig will weder auf seinen Berater hören, noch ihn unterstützen. Er misstraut ihm immer mehr. Seine eigenen Ziele sind dem Wittelsbacher wichtiger und lässt ihn blind werden gegenüber den Nöten der Menschen im Umland. Ulrich hingegen möchte sein Land sichern und stellt sich gegen den Feldzug. Außerdem ist auch seine zukünftige Braut Agnes mit ihrer Familie auf den Weg durch die Wälder, die zu den Feierlichkeiten auf Schloss Friedberg unterwegs sind. Ulrichs Feind hat bereits einen fiesen Plan....

Der Einstieg gestaltete sich auch für mich als Liebhaber historischer Romane zuerst ein bisschen schwierig. Der außergwöhnliche Schreibstil war anfangs doch etwas gewöhnungsbedürftig. Doch bald war ich mitten in der Geschichte und gefangen von den Ränkespielen um Macht, Rache und Liebe.
Die widerspenstige Agnes, deren erster Ehemann noch in der Hochzeitsnacht verstarb und der Mehringer, denken beide nicht daran sich wiederzuverheiraten. Doch die Befehle Ludwigs sind unumstößlich. Die intrigante Hofdame Cäcilia, die auch bei Ludwig ihre Vorzüge gekonnt einsetzt und der verstoßene Hans von Eurasburg, ein verarmter Adeliger, kämpfen ebenfalls darum, ihre eigenen Pläne druchzusetzen. Da geschieht ein Mord...

Die letzten 200 Seiten hatte ich einem Rutsch durch, denn ich konnte nicht aufhören zu lesen. Der Spannungsbogen steigt so rasant an, dass ich den Roman nicht mehr aus der Hand legen konnte. Hat man sich an den außergewöhnlichen Schreibstil gewöhnt und in die atmosphärische Geschichte gefunden, möchte man nicht mehr aufhören zu lesen.

Schreibstil:
Monika Pfundmeier verwendet für ihren Roman rund um die Legende der Blutföhre die Sprache der damaligen Zeit. So wirkt die Geschichte besonders authentisch und man fühlt sich wie inmitten dieser dunklen Zeit. Bereitet der altertümliche und anspruchsvolle Schreibstil anfangs noch ein paar Probleme, ist man sehr schnell gefangen von der Atmosphäre und dem Leben im Mittelalter. Die Charaktere sind sehr lebendig und bildhaft beschrieben. Besonders die aufgeweckte Agnes habe ich sehr schnell ins Herz geschlossen. Der Spannungsbogen rund um den Raubritter und seiner Rache an Ulrich steigt immer mehr an. Das tragische Ende lässt einem sprachlos zurück....aber eine Legende kann man leider nicht umschreiben.

Fazit:
Ein sehr spannender und außergewöhnlicher historischer Roman über eine Legende, die Jahrhunderte überdauert. Eine Geschichte über Macht, Intrigen und Rache, die ein ganz besonderes Flair besitzt. Für Liebhaber des historischen Genres eine Leseempfehlung! Für Anfänger eher ungeeignet...

Veröffentlicht am 03.11.2017

Die Vorboten des Krieges

Das letzte Jahr
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In diesem kleinen Büchlein mit 152 Seiten steckt sehr viel Inhalt. Man erlebt die Gedanken eines neunjährigen Mädchens, während sich die Welt im Umbruch befindet.

1938: Für Elfi ist es ganz normal in ...

In diesem kleinen Büchlein mit 152 Seiten steckt sehr viel Inhalt. Man erlebt die Gedanken eines neunjährigen Mädchens, während sich die Welt im Umbruch befindet.

1938: Für Elfi ist es ganz normal in ihrem kleinen Dorf in Mähren gemeinsam mit Tschechen, Juden und Deutschen aufzuwachsen. Vor nicht allzu langer Zeit gehörte Mähren noch zu Österreich. Jetzt ist in Wien Hitler einmarschiert und Österreich gehört zur Ostmark und ihr Dorf Tarowitz wurde böhmisch. Marschenka, das Dienstmädchen der Familie stammt aus dem Nachbardorf Klein Tarowitz (Tarowitschky), wo großteils nur Tschechen leben. In Groß Tarowitz leben wiederum mehr Deutsche. Für die Kinder der Region ist dies kein Problem und man verständigt sich auch ohne große Probleme. Auch ihre Eltern sind liberal eingestellt und vermitteln Elfi, dass es egal ist. welcher Herkunft man ist. So kauft auch die Mutter ihren Lieblingsschinken bei Frau Hirsch, einer Jüdin und das Brot bei der Bäckerei Plicha, die einen Deutschen gehört.

Ilse Tielsch beschreibt in wunderbar authentischer Sprache aus der Ich-Perspektive über das Leben der neunjährigen Elfi. Dabei ist die Sprache angepasst, aber nicht zu kindlich. Man hat das Gefühl das Mädchen erzählt in einer Art Tagebuch von ihren Gedanken, Wünschen und Zielen. So sieht der Leser die Welt mit den Augen eines Kindes. Oft musste ich schmunzeln über ihren Ideenreichtum oder die Gedankengänge, die sie hat. Ich fühlte mich wieder als Kind und habe auch einige Parallelen aus meiner Kindheit zu der von Elfi entdecken können.
Noch ist ihr Leben in Ordnung. Sie wächst behütet auf und hat keinerlei Vorurteile. Am liebsten fährt sie mit ihrem roten Fahrrad hügelauf- und abwärts und versucht sich an diversen Kunststücken. Elfi träumt vom Zirkus oder davon mit dem Schiff über den Ozean zu fahren und nach Amerika auszuwandern. Durch ihre Liebe zu Bücher und den Romanen von Karl May interessiert sie sich für das Leben der Indianer. Mit ihren Freundinnen Lilli, einer Jüdin und Alenka, einer Tschechin, erlebt sie noch einen unbeschwerten Sommer. Und doch gibt es bereits dunkle Wolken am Himmel. Lilli und ihre Familie sind eines Tages verschwunden. Auch die jüdischen Geschäfte sind plötzlich geschlossen. Deutsche und Tschechen kaufen nur mehr bei ihresgleichen ein. Die Eltern verhalten sich immer ängstlicher und seltsamer und ihre Mutter beachtet sie kaum mehr. Elfi ist verwirrt und fühlt sich einsam. Warum sind ihre Eltern nicht mehr fröhlich? Warum kommt Lilli nicht zurück? Es wird das letzte Jahr einer unbekümmerten Kindheit sein...

Ilse Tielsch hat in diesem wunderbaren Roman einige Erlebnisse aus ihrer Kindheit verarbeitet und in einem bezaubernden Schreibstil, der einem direkt in die kindliche Seele blicken lässt, wiedergegeben. Trotz des eher beklemmenden Themas schreibt die Autorin mit viel Humor und sehr identisch aus kindlicher Sichtweise.

Fazit:
Trotz der wenigen Seiten ein berührendes Buch mit viel Inhalt. Man erlebt die tiefbewegenden Gedanken eines Kindes, das den Umbruch der Gesellschaft bis zum Kriegsbeginn miterlebt. Durch den authentischen Schreibstil und einer kleinen Prise Humor wird das schwierige Thema aus kindlicher Sichtweise leichtfüßiger beschrieben.

Veröffentlicht am 03.11.2017

Eines meiner Highlights dieses Jahres!

Rebekkas Melodie
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Rebekka hat vor zehn Jahren ihre Heimatstadt Nashville verlassen, um in Wien Musik zu studieren. Nun kehrt sie nach dem Tod ihrer geliebten Großmutter nach Hause zurück. Die alte Dame war nach dem frühen ...

Rebekka hat vor zehn Jahren ihre Heimatstadt Nashville verlassen, um in Wien Musik zu studieren. Nun kehrt sie nach dem Tod ihrer geliebten Großmutter nach Hause zurück. Die alte Dame war nach dem frühen Ableben des Vaters ihr letzter Halt, denn zu ihrer Mutter hatte Rebekka nie eine sehr enge Verbindung. Diese hat auch nicht lange gewartet und sich schnell wiederverheiratet. Ihr Stiefvater Barton Ledbetter ist ein grausamer Mann und Rebekka möchte nicht zurück in ihr altes Zuhause. Ihr Herzenswunsch ist es, in einem Sinfonieorchester mitzuspielen, doch nur wenige Orchester in den Vereingten Staaten nehmen Frauen überhaupt auf. Diese sind reine Männerdomänen und weibliche Musiker sind unerwünscht. Auch der neue Dirigent der Philharmonie Nashville, Nathaniel Whitcomb, sieht keine Möglichkeit eine Frau einzustellen. Nicht nur, dass er selbst überzeugt ist, dass Frauen diesen Job nicht beherrschen, ist er auch abhängig von den Gönnern der Philharmonie. Diese unterstützen nicht nur ihn, sondern auch den Neubau des Opernhauses. Da bekommt Rebekka die Chance im Haus Belmont von Adelicia Cheatham als Musiklehrerin ihre Tochter Pauline zu unterrichten. Und kurze Zeit später wird sie als Assistentin des Dirigenten angestellt, der Hilfe beim aufschreiben seiner Symphonie benötigt....

Dies ist der dritte Band der Belmont Manison Reihe, was ich bei meiner Bewerbung zum Buch nicht gewusst habe. Einige von euch wissen, dass ich selten ein Buch bei dem es um Musik geht, auslassen kann ;) ...deswegen musste ich den Roman auch unbedingt lesen. "Rebekkas Melodie" lässt sich ohne Vorkenntnisse der ersten beiden Bände lesen, denn jeder Band handelt von einer anderen begabten Frau, die sich ihrer Leidenschaft widmet. Ist es hier die Musik, so sind es in den anderen Geschichten die Kunst und die Natur.
Inspiriert wurde die Autorin von einer ganz besonderen Frau, nämlich Adelicia Hayes Franklin Acklen Cheatham, der Herrin von Belmont.

Der Roman überzeugt mit viel Herzenswärme und interessanten Ansätzen. Die klassische Musik ist über die fast 500 Seiten immer präsent und man spürt diese wunderbare Hingabe zur Musik und die ungewöhnliche Begabung von Nathaniel "Tate" und Rebekka durch jede Zeile. Für Tate steht viel auf dem Spiel, denn er soll bei der Eröffnung des neuen Musiktheaters mit einer Eigenkomposition glänzen. Doch über den ersten Satz der Symphonie ist er noch nicht hinausgekommen. Zusätzliche persönliche Probleme halten ihn von seiner Komposition ab, ebenso wie die Förderer des neuen Opernhauses, die ihre eigenen Pläne haben.
Die Arbeit, die hinter einem Musikstück steckt, ebenso wie die des Orchesters bis zur Aufführung, wurde großartig beschrieben. Aber nicht nur die Abschnitte, bei denen es um Musik geht, sondern auch die Zweifel und Ängste der beiden Hauptprotagonisten sind spürbar.
Rebekka ist ein großes Talent auf der Violine, doch sie ist der Zeit weit voraus. Ihr Traum vor einem großen Publikum zu spielen und einem Orchester anzugehören, scheint immer mehr in weite Ferne zu rücken. Zu groß sind noch die Vorurteile gegenüber Frauen, die den Anforderungen nicht gewachsen sein können, weil sie zu zart und schwach sind. Außerdem erscheint eine musizierende Frau schamlos.

Die Charaktere sind lebendig, warmherzig und haben Ecken und Kanten. Besonders ans Herz gewachsen sind mir Delphia, die Köchin in Rebekkas ehemaligen zuhause, sowie auch Mrs. Adelicia Cheatham, hinter deren rauhen Außenschale ein großes Herz steckt. Die Charaktere sind authentisch und nicht nur schwarz-weiß gezeichnet. Besonders Tate hat viele Facetten.

Als Österreichein finde ich es beschämend, dass man vor mehr als einem Jahrhundert bereits die ersten Frauen in amerikanischen Orchestern aufgenommen hat, auch wenn dies nur vereinzelt galt. Die Wiener Philharmoner nahmen erst 1997 die erste Frau in ihr Orchester auf, nachdem der massive Druck heimischer Politiker, sowie internationale Proteste und Boykottaufrufe der Entscheidung vorausgegangen sind. Man kann darüber nur den Kopf schütteln...

Schreibstil:
Tamara Alexander hat einen wunderbaren und lebendigen Schreibstil. Man versinkt in der Geschichte und hat Tate und Rebekka wahrlich vor Augen, wenn sie zusammen am Klavier sitzen und komponieren, aber auch bei ihren Ausflügen in die Appalachen. Tamara Alexander hat das Nashville im Jahre 1871 perfekt eingefangen

Cover:
Ich finde beide Cover absolut gelungen, aber das englische Cover, das der Francke Verlag übernommen hat, gefällt mir trotzdem besser. Und die deutsche Varianate finde ich noch eine Spur besser, da die Schrift dezenter ist bzw. nicht dreiviertel des Covers einnimmt, sondern der Name der Autorin im oberen Bereich dezenter gesetzt wurde und der Titel über den Rock des Kleides steht. Ich finde es einfach wunderschön!
Das Opernhaus am Cover ist übrigens das Akademische nationale Theater für Oper und Ballett in Odessa (Ukraine). Es erinnert mich auch sehr an das Wiener Konzerthaus, wo alljährlich das Neujahrskonzert stattfindet.

Fazit:
Ein wunderbarer Roman um eine starke Frau, die ihren Traum leben möchte. Toller Schreibstil, viel Atmosphäre und facettenreiche Charaktere runden das musikalische Thema ab. Eines meiner Highlights dieses Jahres in diesem Genre! Unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 26.10.2017

Ein Corgi fürs Herz

Und dann kam Mr. Willow
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Ist der kleine Hund auf dem Cover nicht absolut herzig? Er hat mein Herz im Sturm erobert. Die Geschichte selbst leider nicht so wirklich.
Der Ausgangspunkt des Romanes ist nicht wirklich neu. Mirka wird ...

Ist der kleine Hund auf dem Cover nicht absolut herzig? Er hat mein Herz im Sturm erobert. Die Geschichte selbst leider nicht so wirklich.
Der Ausgangspunkt des Romanes ist nicht wirklich neu. Mirka wird von ihrem langjährigen Freund zu einem romantischen Wochenende nach London eingeladen. Sie erhofft sich den langersehnten Heiratsantrag und bekommt den Laufpass. Die Tochter des Chefs ist bereits mit ihm verlobt und auch noch schwanger. Mirka fällt aus allen Wolken und ist zutiefst verstört. Sie flüchtet in den angrenzenden Park, wo sich ihr ein kleiner Corgi anschließt und nicht mehr von ihrer Seite weicht. Mirka entschließt sich nicht ohne Hund, den sie Mr. Willow nennt, nach Haus zu fahren. In Deutschland angekommen steht sie kurz davor alles hinzuschmeißen. Ihr Lehrerjob fühlt sich schon längere Zeit nicht mehr richtig an und eine neue Wohnung wäre doch auch nicht schlecht....

Eine Story, die bereits sehr oft zum Thema gemacht wurde. Hier kommt es letztendlich auf die Ausführung der Geschichte und der Schreibweise der Autorin an. In diesem Genre erwartet ich mir keine hochtrabende Literatur. Trotzdem sollte sie glaubwürdig und humorvoll sein, zu fesseln wissen und ein paar unvorhersehbare Wendungen beinhalten. Ich lasse dabei auch gerne meine Seele baumeln und möchte meine Sorgen ausblenden. Das traf bei diesem Roman leider nur teilweise zu.
Der lockere Schreibstil lässt sich sehr zügig lesen, doch den Charakteren fehlt es an Tiefe. Diese sind teilweise oberflächlich beschrieben und nicht authentisch.
Mirka ist eine sehr naive und gutgläubige Person, deren Emotionen ich nicht immer nachvollziehen konnte. Reuben, ihr Freund, ist ein Ekelpaket sondergleichen. Er ist eindeutig überzeichnet. Auch David konnte micht nicht überzeugen. Die Wandlung des anfangs unfreundlichen und unsympathischen Sonnenbrillenträgers zum liebevollen Typen, fand ich nicht glaubwürdig. Diese kam sehr plötzlich und war mir zu widersprüchlich.
Die Liebesgeschichte konnte mich ebenfalls nicht wirklich überzeugen, denn hier fehlte es eindeutig an Emotionen. Ich fühlte absolut kein romantisches Knistern oder überhaupt irgendwelche Gefühle, außer die anfangs große Abneigung gegeneinander. Auch die Zufälle wurden von der Autorin überstrapaziert! Sicherlich gibt es auch im wahren Leben oft Dinge, die man einfach nicht glauben kann, aber diese wiederholten zufälligen Treffen waren einfach zu viel. Eine gewisse Vorhersehbarkeit erwartet man sich als Leser hier ebenso, aber diese sollte doch im Rahmen bleiben. Die Story ist viel zu stark konstruiert und bleibt leider nicht wirklich lange im Gedächtnis.

Obwohl ich jetzt sehr viel Negatives geschrieben habe, ist der Roman auch sehr kurzweilig und lässt sich zügig lesen. Mr. Willow ist ein süßer kleiner Kerl, dem allerdings ebenfalls ein paar nicht sehr realistische Charakterzüge angedichtet wurden. Welcher Hund bleibt wohl über Stunden (Zugfahrt von England nach Deutschland) ohne zu bellen oder winseln in einer Tasche und rührt sich kaum? Trotzdem konnte der süße und lebhafte Corgi mein Herz rühren und hat der Geschichte etwas Spezielles gegeben.
Unterhaltsam ist der Roman allemal und man verbringt ein paar nette Stunden mit Mira, Mr. Willow, Ruben und David.
Bei Liebesromanen greife ich wohl doch in Zukunft lieber wieder zu realistischen und oft auch ernsteren Themen. Trotzdem mag ich auch zwischendurch lockere Romane aus diesem Genre, die jedoch realistisch bleiben sollten.

Schreibstil:
Anna Saalbach hat einen sehr lockeren und flüssigen Schreibstil, der sich zügig weglesen lässt. Der Humor ist gelungen und die Kapitel haben eine angenehme Länge.

Fazit:
"Und dann kam Mr. Willow" ist leider eine eher lauwarme Geschichte mit zu vielen Zufällen, blassen Charakteren und einer großen Vorherhsehbarkeit. Sie lässt sich aber sehr zügig lesen, ist humorvoll und besonders der kleine Corgi erobert das Herz im Sturm. Für mich leider zu kontruiert und farblos. Eine Geschichte, die nicht lange im Gedächtnis bleiben wird. Kann man lesen, muss man aber nicht.

Veröffentlicht am 26.10.2017

Die Bewältigung eines Traumas

Die gute Tochter
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Wird ein neuer Thriller von Karin Slaughter veröffentlicht, steht dieser ohne groß nachzudenken auf meiner MUST-HAVE-to-read Liste. Sie ist eine der Autoren, wo ich blind zum Buch greife, ohne vorher überhaupt ...

Wird ein neuer Thriller von Karin Slaughter veröffentlicht, steht dieser ohne groß nachzudenken auf meiner MUST-HAVE-to-read Liste. Sie ist eine der Autoren, wo ich blind zum Buch greife, ohne vorher überhaupt den Klappentext gelesen zu haben. Auch bei "Die gute Tochter" war das so. Dieses Buch ist ein stand-alone und gehört weder zur Will Trent, noch zur Georgie Reihe.

Die Story beginnt extrem spannend mit dem Überfall auf die Familie des Strafverteidigers Rusty Quinn. Er ist Anwalt von Mördern und Drogendealern. Die Familie wird deswegen von den Einheimischen verachtet. Diese lebt seit dem Brand ihres Eigenheimes, das mutwillig mit einem Molotow-Cocktail in Brand gesetzt wurde, in einem heruntergekommenen Farmhaus. Der neuerliche Überfall, der eigentlich Rusty gegolten hätte, kostet seiner Frau Gemma das Leben. Die beiden Töchter, die fünfzehnjährige Samantha und die dreizehnjährige Charlie sind daraufhin den grausamen Brutalitäten zweier Männer ausgeliefert, die sie ihr Leben lang verfolgen und nie mehr loslassen.
Achtundzwanzig Jahre später ist Charlie Quinn in die Fußstapfen ihres Vaters getreten und arbeitet ebenfalls als Anwältin in der Kleinstadt Pikeville. Aber hier enden die Gemeinsamkeiten zwischen Charlie und ihrem Vater. Sie entschied sich, die andere Seite zu vertreten und den Menschen zu helfen, die sich in Schwierigkeiten befinden. Doch dann holt Charlie die Vergangenheit ein, als sie ungewollt Zeugin eines Amoklaufes an einer Schule wird. Dabei werden eine achtjährige Schülerin und der Direktor der Schule getötet. Die Schützin ist Kelly Wilson, ein junges Mädchen, das seit Jahren gemobbt wird..... Aber ist sie wirklich die Täterin?

Die Story wechselt, was für Slaughter eher ungewöhnlich ist, zwischen den Perspektiven der beiden Schwestern. Auch die Rückblicke in die Vergangenheit werden abwechselnd aus der Sicht von Charlie und Samantha erzählt. Während Charlie eher impulsiv ist und oft ohne nachzudenken handelt, ist Samantha ruhiger. Sie hat Pikeville nach dem Überfall verlassen und musste ihr Leben gänzlich ändern. Sie leidet noch immer körperlich an den Übergriffen, scheint aber fester im Leben zu stehen. Sie ist ebenfalls Anwältin, aber für Patenrecht. Die Charaktere sind sehr gut dargestellt und wirken lebendig. Slaughter schreibt ebenfalls sehr detailliert, was die gewünschte Brutalität und die genaue Beschreibung der Gewaltverbrechen genauestens darstellt.
Steht anfangs der Thriller im Vordergrund wird die Geschichte immer mehr zu einem Familiendrama. In der Mitte gab es einige Längen, die ich von der Autorin nicht wirklich gewohnt bin. Sicherlich haben auch die Wiederholungen der Geschehnisse, sowohl beim Überfall auf der Ranch, als auch in der Schule dazu beigetragen. Sicherlich kommen dabei auch ein paar neue Fakten dazu, aber im Großen und Ganzen hat es die Geschichte eher in die Länge gezogen. Und ich habe die Fakten auch schon beim ersten Mal verstanden....

Slaughter bringt das Thema der korrupten US Polizei wieder auf das Parkett. In ihren Thrillern gibt es immer wieder Polizisten, die Frauen als nicht ebenbürtig ansehen. Themen wie Rassismus, fehlende Frauenrechte und Ausgrenzung werden immer wieder aufgegriffen und dürften ihr ein Anliegen sein. Typisch amerikanisch fand ich den Hass der Stadtbewohner auf einen Anwalt, der die böse Seite vertritt. So etwas kann ich mir hier in Europa kaum vorstellen. Auch dass die ganze Familie darunter leiden muss und tätlich angegegriffen wird. Gott sei Dank sind wir hier noch nicht so weit!


Fazit:
Anfangs sehr spannend wird der Thriller mehr und mehr zu einem Familiendrama. Die aktuelle Tragödie steht einige Zeit sehr im Hintergrund und die Bewältigung des Traumas im Mittelpunkt. Bis es zum finalen Showdown kommt, gibt es noch ein paar Längen, aber im Großen und Ganzen hat mir auch "Die gute Tochter" wieder gut gefallen.