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Veröffentlicht am 22.10.2017

Außen ein Augenschmaus - innen ein Genuss!

Der Meisterkoch
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Dieser Roman lässt sich etwas schwer in ein Genre einordenen. Er ist nicht wirklich ein historischer Roman, auch wenn er im Jahre 1600 spielt. Es ist mehr oder weniger eine (Märchen-)Erzählung mit einer ...

Dieser Roman lässt sich etwas schwer in ein Genre einordenen. Er ist nicht wirklich ein historischer Roman, auch wenn er im Jahre 1600 spielt. Es ist mehr oder weniger eine (Märchen-)Erzählung mit einer kleinen Prise Magie und auch einer Spur Fantasy. Trotzallem spielt die Geschichte im Topkapi Palast Anfang des 17. Jahrhunderts.

Wie ein Märchen aus 1001 Nacht beschreibt der türkische Schriftsteller Saygin Esin die Geschichte des Küchenmeisters. Den Namen unseres Hauptprotagonisten erfahren wir erst ganz am Schluss, aber in Rückblenden erzählt uns der Autor vom Schicksal des Meisterkoches. Diesem gelang als kleiner Junge als Einziger die Flucht, als eines Tages der machthungrige Sultan anordnete, alle männlichen Verwandten zu ermorden. Der alte Küchenchef erkennt das große Talent des kleinen Jungen, der ein "Geschmacksbeherrscher" ist. Von nun an geht der angehende Küchenmeister in die Lehre angesehener Köche. Danach wird er zum Studium der Astrologie und der Heilkunst geschickt und erlernt das Geheimnis von Aromen und Gewürzen.
Mit seinem perfekten Geschmacksinn, dem exellenten Studium und ein bisschen Magie vermag er die Menschen zu verzaubern und mit seinem selbst zubereitetes Essen den Willen dieser zu lenken.
Das Ziel des Küchenmeisters ist es zurück ins Serail zu schaffen. Dabei hat er allerdings nicht die Macht außerhalb eines Kochtopfes im Auge, sondern er möchte seine große Liebe Kamer aus dem Tempel der Genüsse befreien. Wie er das schaffen will, bleibt bis zum Ende ein Geheimnis....

Beginnend mit der Gegenwart und einem besonderen Festessen im Hause eines Kaufmannes, erleben wir die Fertigkeiten des Küchenmeisters. Er verzaubert mit seinen Gerichten wichtige Staatsmänner und überzeugt sogar den gefürchteten Waffenmeister mit seinen Kreationen. Als er in den Palast des Sultans, als einer von vielen Küchenmeistern gelangt, ist er seinem Ziel näher gekommen.
Die Schilderungen der vielen Küchen und Angestellten im Serail und für wie viele Menschen hier gekocht wird, hat mich nur Staunen lassen. Während die Töpfe klappern und man die verschiedenen Gewürze riechen kann, wird immer wieder in die Vergangenheit zurückgeblendet. Dem Leser wird die beschwerliche Kindheit und die Reise des Küchenmeisters, die ihm schlussendlich zum Palast zurückführen wird, märchenhaft erzählt. Ich wähnte mich in einer der vielen Geschichten von 1001 Nacht. Man sollte diesen Roman auch nicht hungrig lesen, denn obwohl die meisten Speisen fremdländisch und mir unbekannt waren, läuft einem sprichwörtlich das Wasser im Mund zusammen.

Schreibstil:
Der Schreibstil des Autors ist blumig und voller Poesie. Obwohl der Roman im 17. Jahrhundert spielt ist die Sprache nicht historisch, wie in vielen Romanen dieses Genres, sondern wirkt eher modern. Dies störte mich hier allerdings gar nicht, wobei ich dies normaler Weise bei historischen Romanen gerne beanstande. Vermisst habe ich allerdings ein Glossar für die vielen Begriffe und fremdländischen Namen.

Cover:
Leider habe ich weder den Originaltitel des Romans, noch das Orginalcover im Internet gefunden. Auch im Buch selbst und beim Verlag ist nichts vermerkt, was ich sehr schade finde. Gerne hätte ich euch das Originalcover gezeigt!
So möchte ich einige Worte zum Cover des Romans aus dem Atlantik Verlag sagen, das ich einfach traumhaft schön finde. Die Farben rot-gold und die schönen Ornamente samt Abbildungen von Obst, Gemüse, Löffel und einer Teekanne, sowie eine tanzende Frau im linken unteren Teil, stimmen auf den orientalischen Inhalt ein und vermitteln ein besonderes Flair. Ein wunderschönes Cover - außen ein Augenschmaus, innen ein Genuß!

Fazit:
Ein außergewöhnlicher Roman voller Magie, der uns ins Reich der Sinne führt. Ein philosphisches Märchen, bei dem wir den Küchenmeister auf seiner abenteuerlichen Reise zu sich selbst begleiten, während man den Geschmack der Speisen auf der Zunge spürt und die Gerüche der Aromen riecht. Wie ein Märchen aus 1001 Nacht.

Veröffentlicht am 21.10.2017

Dunkle Mächte

Die Prater-Morde
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Band 7 der Krimireihe rund um die Journalistin Sarah Pauli, entführt uns wieder an ein Plätzchen im wunderschönen Wien. Diesmal sind wir im Vergnügungsviertel, dem Wiener Prater, gelandet. Dort versucht ...

Band 7 der Krimireihe rund um die Journalistin Sarah Pauli, entführt uns wieder an ein Plätzchen im wunderschönen Wien. Diesmal sind wir im Vergnügungsviertel, dem Wiener Prater, gelandet. Dort versucht die ambitionierte Kunstfotografin Lucie Viktor für ihren Bildband die andere Seite dieser Vergnügungsstätte festzuhalten. In aussagekräftigen Bildern rund um Obdachlose, möchte sie endlich mit ihrer Fotografie Geld verdienen. Da gelingt ihr ein Schnapschuss, der dies endlich bewirken könnte....

Auch der Steuerberater Linus Freibach hat sich dem Thema der Obdachlosigkeit angenommen. Sein Ziel ist die Politik. Mit dem Geld seiner Frau, einer angesehenen Galeristin, hat er bereits seine eigene Partei gegründet und möchte sich den nächsten Wahlen stellen. Gemeinsam mit zwei Freunden, die Macht und Geld besitzen und keine Skrupel kennen, verfolgen sie einen ausgeklügelten Plan. Da kommt ihnen unverhofft Lucie in die Quere....

Sarah Pauli, unsere altbekannte Journalistin, die sich am liebsten den mystischen und rätselhaften Dingen widmet, ist beim Wiener Boten endlich im Chronik-Ressort angekommen. Bei Recherchen zum bevorstehenden Prater-Jubiläum fällt ihr auf, dass kurze Zeit hintereinander drei Obdachlose verstorben sind. An und für sich nicht unbedingt etwas Außergewöhnliches, aber da Sarah sowieso gerade vor Ort ist, hört sie sich um. Dabei lernt sie Lucie kennen und hört von der jungen Fotografin ein paar Details, die ihren Verdacht bestätigen, dass die Obdachlosen keines natürlichen Todes gestorben sind. Kurz darauf wird Lucie zusammengschlagen...

Nachdem mich "Mord in Schönbrunn" wirklich begeistert hat, ist das bei "Die Prater Morde" diesmal leider nicht ganz der Fall. Mir fehlte es an Spannung und das für Sarah Pauli so typische Faible für Okkultismus. Gerade diese Bräuche und Sarahs Vorliebe für alles Okkulte, sowie das typische Wiener Flair, machen das gewisse Etwas dieser Reihe aus. Davon gab es diesmal eindeutig zu wenig. Die Skrupellosigkeit einzelner mächtiger Männer steht in diesem Teil im Vordergrund, wobei die Bösewichte von Anfang an bekannt sind, was etwas an Spannung nimmt. Macht, Politik und Drogenhandel dominieren die Handlung.
Der Blick hinter die Kulissen der Medien und auch der Polizei wird wieder sehr lebendig dargestellt. Die Kollegen von Sarah beim Wiener Boten treten in diesem Band etwas mehr in den Hintergrund. Im privaten Bereich bleibt alles beim Alten, wobei sich Sarah und David Gedanken machen, zusammenzuziehen.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist wie gewohnt flüssig, humorvoll und sehr bildhaft. Man freut sich alte Bekannte zu treffen und auf Plätzen zu wandeln, die man kennt und bereits besucht hat.
Die Kapitel sind eher kurz gehalten, die Charaktere authentisch und aus dem Leben gegriffen.

Fazit :
Der siebente Band der Reihe ist etwas anders als seine Vorgänger. Ich vermisste die okkulte Seite von Sarah, verspürte diesmal ein bisschen zu wenig Lokalkolorit und auch der Spannnungsbogen war nicht immer sehr hoch. Trotzdem mag ich diese Reihe und vorallem die unglaubliche Sarah Pauli, Journalsitin mit Spürsinn. Ich vergebe dreieinhalb Sterne und freue mich auf den nächsten Band!

Veröffentlicht am 21.10.2017

Musik ist Macht

Der Klang der Erinnerung
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Fantasy ist ja nicht gerade MEIN Genre, aber wenn es um Musik geht, greife ich auch gerne genrefremden Büchern. Man sollte ja auch hin und wieder seinen Horizont erweitern ;) Bei dieser Geschichte macht ...

Fantasy ist ja nicht gerade MEIN Genre, aber wenn es um Musik geht, greife ich auch gerne genrefremden Büchern. Man sollte ja auch hin und wieder seinen Horizont erweitern ;) Bei dieser Geschichte macht man das sicherlich, denn alleine der Schreibstil der Autorin ist eine kleine Herausforderung! Deswegen empfehle ich jeden, der sich für "Der Klang der Stille" interessiert zuerst in die Leseprobe reinzulesen.

Der Klappentext hat mich fasziniert, denn es geht um Musik und um Erinnerungen. Letztere wurden den Einwohnern der Stadt seit dem großen Bruch genommen. Simon lebt auf dem Land und kommt nach den Tod seiner Eltern nach London - einem London, das wir so nicht kennen. Er soll nach einer Melodie, die ihm seine Mutter zugeflüstert hat, suchen. Auch ein Name wird genannt und die Rabengilde. Simons Mutter war eine der wenigen Menschen, die sich auch nach dem großen Bruch erinnern kann. Sie hat die Gabe die Erinnungen anderen Menschen festzuhalten und zu verwahren. Kaum jemand aus der Rabengilde ist noch übrig, denn beim großen Bruch wurder der Klang zur Waffe. Viele Menschen starben, einige wurden blind und taub und übrig blieben nur mehr die, deren Herzen und Gehör rein waren, und die auf eine neue Harmonie warteten. Die Einwohner der Stadt haben seitdem nur mehr die Erinnerung eines Tages.
Auch Bücher oder Schriften, sogenannte Chiffren, gehören der Vergangenheit an Deshalb helfen sich die Menschen mit Melodien, um gegenseitig zu kommunizieren oder wieder nach Hause zu finden. Jeder geht anders mit dem Gedächtnisverlust um. Einige verlassen sich auf ihr Körpergedächtnis, viele verwenden Gegenstände, aber alle verlassen sich auf die Musik und jeder von ihnen spielt ein Instrument. Musik ist Macht.

"Ein Wanderarbeiter singt das Hin-und-Zurück seiner Tagesreise, die Kadenz seines Liedes endet an unserem Dorfplatz. […] Kaum jemand wagt sich weiter als eine Tagesreise von zu Hause und den dort verwahrten Erinnerungen fort. Schließlich könnte man die Melodie für den Rückweg vergessen."
- Seite 12

Simon ist unser Hauptprotagonist, der kaum in London angekommen, sich dem Pakt der Five Rover anschließt. Lucien ist ihr Anführer, der sich schnell mit Simon anfreundet, denn er erkennt, dass dieser Junge vom Land anders ist. Simon ist ebenso wie seine Mutter ein Hüter der Erinnerungen, was er selbst jedoch noch nicht erkennt. Gemeinsam gehen die Beiden in den Widerstand und haben das Ziel das Carillon, das sich in unter der Erde der inneren Stadt befindet, zu zerstören und den Menschen wieder die Erinnerung zu geben.

Die Grundidee ist wirklich originell! Eine Welt ohne Sprache und voll mit Musik und Klängen. Eine Klangkakaphonie statt einer Überpräsenz der Medien, die uns in der heutigen Welt begleitet. Auch der Verlust der Erinnerung durch einen besonderen Klang, ist eine gänzlich neue Idee. Bekannt war für mich die übliche Elite, die wir in jeder Dystopie finden, die sich von den gewöhnlichen Menschen abhebt und in Wohlstand lebt. Diese finden wir auch hier...
Doch der eigene Schreibstil macht es dem Leser schwer in die Geschichte zu finden. Auch die Charaktere wirkten für mich sehr blass. Ich konnte sie nicht richtig fassen und spürte keinerlei Emotionen bei ihren Weg ins Innere der Stadt, der eigentlich eine Art Widerstandsbewegung sein soll.
Erst ab der Hälfte wurde für mich die Geschichte immer verständlicher. Man gewöhnt sich mehr und mehr an den Schreibstil. Irgendwie hatte ich das Gefühl, umso mehr Erinnerungen Simon findet, umso klarer lässt sich der Roman lesen. Trotzdem kam keine richtige Spannung auf, die mich absolut an das Buch fesseln konnte.

Schreibstil:
Anna Smaill erzählt sehr bildhaft und poetisch. Der Schreibstil ist, neben der guten Grundidee, das Außergewöhnliche an dieser Geschichte, Die Autorin benutzt für ihren Roman die Sprache der Musik. So finden wir viele Fachwörter der Musiktheorie wie lento (langsam), tacet (schweigen, Pause), subito (schnell). Diese werden in die Sätze miteingebracht, was etwas gewöhnungsbedürftig ist. Genauso wie die Schreibweise von Mettall, Leerlinge und Pollizzei. Warum hier Doppelkonsanten verwendet wurden, hat sich mir leider bis zum Ende der Geschichte nicht erschlossen. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Simon.

Fazit :
Ein großartiger Plot, der durch den ziemlich schwierigen Schreibstil und fehlender Spannung leider ziemlich verliert. Deswegen konnte mich die Umsetzung nicht gänzlich überzeugen. Trotzdem fand ich meinen Ausflug in ein für mich eher selten gelesenes Genre interessant.
Wer sich für den Roman interessiert, sollte auf jeden Fall zuerst die Leseprobe lesen.

Veröffentlicht am 21.10.2017

Tödliches Klassentreffen

Nimmerwiedersehen
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Der Klappentext dieses Eifelkrimis versprach eine tolle und spannende Story rund um ein Klassentreffen. Nach zwanzig Jahren treffen sich die ehemaligen Abiturenten des Jahrganges 1995 des Münstereifeler ...

Der Klappentext dieses Eifelkrimis versprach eine tolle und spannende Story rund um ein Klassentreffen. Nach zwanzig Jahren treffen sich die ehemaligen Abiturenten des Jahrganges 1995 des Münstereifeler Gymnasiums wieder. Die Klassenkameraden von damals feiern zusammen auf dem abgelgenen Pferdehof eines Mitschülers. Wie es immer bei solchen Zusammenkünften ist, bilden sich auch nach all den Jahren sofort wieder Grüppchen. Jeder möchte den Anderen übertrumpfen mit seinem eingeschlagenen Berufsweg und wenn vorhanden, seiner Familie. Nur Cornelius ist zum Klassentreffen gekommen, um den Mörder seines damals besten Freundes zu einem Geständnis zu zwingen. Während einige sich bereits schlafen gelegt haben und der Rest noch feiert, sind Cornelius und Karsten plötzlich verschwunden. Während man die Leiche des Ersten auf einem Feld unweit des Pferdehofes findet, aufgespießt mit einer Heugabel, ist Karsten wie vom Erdboden verschluckt. Als die beiden Ermittler, Jan Grimberg und sein älterer Kollege Jürgen Wagner, am Hof eintreffen, ist klar, dass nur einer der Klassengemeinschaft von damals der Mörder sein kann....

Ähnlich wie bei einem Krimi von Agathe Christie, wo sich alle Verdächtigen in einem Raum befinden, hat Stefan Barz die Gruppe der Verdächtigen versammeln lassen. Die vielen Namen zu Beginn der Geschichte haben mich anfangs ganz schön verwirrt. Mit der Zeit merkt man sich aber die wichtigsten Figuren, die alle sehr gut dargestellt sind. Man fühlt sich wie selbst anwesend in dieser Gruppe.
Auch die beiden Ermittler sind sehr authentisch und vorallem Jan Grimberg war mir sofort sympathisch. Dem älteren Kollegen ist Jan eher ein Dorn im Auge. Jürgen Wagner ist extrem ehrgeizig und er knabbert noch immer daran, dass sein jüngerer Kollege den letzten Fall gelöst hat. Außerdem steht er gerade vor der Scheidung und ist etwas angeschlagen.
Der Autor beschrieb auch die Umgebung und alle Schauplätze sehr bildhaft. Mein Kopfkino lief die ganze Zeit richtig mit.
Warum dann "nur" 3 1/2 Sterne? Spätestens nach zwei Drittel wusste ich, was hier gespielt wird. Ich durchschaute das Konstrukt, das der Autor aufgebaut hatte viel zu schnell und konnte auch die Täter richtig identifizieren. Das hat mir ziemlich den Spaß genommen und auch die Spannung ließ deswegen für mich abrupt nach. Ich hatte dann nur mehr den Wunsch den Krimi zu Ende zu lesen, damit ich weiß, ob ich richtig gelegen bin...und ja...es war genauso. Komischer Weise dürfte ich aber die Einzige in der Runde gewesen sein, was mich nun wirklich sehr verwundert hat.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist einfach und lässt sich schnell lesen. Die Figuren und Schauplätze sind sehr bildhaft und lebendig beschrieben. Leider gab es auch einige Fehler im Buch. Das zeigt leider, dass der Krimi nicht genau lektoriert wurde. Das ist schade!

Fazit :
Ein spannender Regionalkrimi, bei dem ich aber leider das Konstrukt nach 2/3 des Buches durchschaute und auch die Täter überführen konnte. Das hat mir leider etwas den Spaß genommen! Die charismatischen Figuren und die bildhafte Beschreibung des Schauplatzes fand ich allerdings gelungen.

Veröffentlicht am 16.10.2017

Wunderschön!!!

In all den Jahren
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Was für eine Geschichte, was für ein Buch!
Seit längerer Zeit konnte mich endlich wieder ein Roman total begeistern. Er hat mich bewegt, fasziniert und auch nachdenklich zurückgelassen.
Und deswegen tu ...

Was für eine Geschichte, was für ein Buch!
Seit längerer Zeit konnte mich endlich wieder ein Roman total begeistern. Er hat mich bewegt, fasziniert und auch nachdenklich zurückgelassen.
Und deswegen tu ich mir auch bei dieser Rezi furchtbar schwer! Seit Tagen grüble ich schon vor mich hin, wie ich eine aussagekräftige und zufriedenstellende Rezension schreiben könnte, die dieser einzigartigen Geschichte gerecht werden kann! Ich weiß es einfach nicht. Ich schreibe Sätze und verwerfe sie wieder, ich denke an die Freude, die ich beim Lesen dieses Romans verspührt habe und mir kommen wieder fast die Tränen. Ich kann es sehr schwer in Worte fassen und trotzdem muss ich es versuchen....

"In all den Jahren" von Barbara Leciejewski erzählt die Geschichte einer besonderen Freundschaft zwischen Elsa und Finn. Die Beiden sind Nachbarn und Elsa lernt Finn kennen, als er nackt an ihrer Tür klingelt, weil er sich aus seiner Wohnung ausgeschlossen hat. Na...wenn das kein Beginn ist? ;)
Sie, die Synchronsprecherin und Schauspielerin, er ein begnadeter Maler, verbindet ab diesem Zeitpunkt eine Freundschaft, die man nur sehr selten findet und die der Leser über 20 Jahre lang begleitet. Was die Autorin hier jedoch aus dieser Geschichte gemacht hat, ist ein besonderes Erlebnis!

Für mich war "Zwei an einem Tag" bis jetzt der ultimative Roman über Freundschaft bzw. Liebe, doch "In all den Jahren" kann meinen bisherigen Lieblingsroman tatsächlich das Wasser reichen bzw. sogar überflügeln! Was hier an Tiefe und Emotionen beschrieben wird, lässt einem kaum Luft holen.
Auch in diesem Buch geht es um eine ganz besondere Beziehung zwischen den beiden Hauptprotagonisten. Alle im Umkreis meinen, sie wären das perfekte Paar. Doch Elsa und Finn wollen diese Freundschaft nicht durch eine Liebesbeziehung zerstören und leiden trotzdem darunter - mal mehr, mal weniger. So durchlebt der Leser eine Bandbreite an Gefühlen, die nie ins Kitschige driften, sondern direkt aus dem Leben gegriffen sind. Man spürt hier alle Emotionen der handelnden Personen und man nimmt Barabra Leciejewski jede Handlungsweise dieser ab, auch wenn man sie am liebsten schütteln und fragen möchte, ob sie denn nicht das Offensichtliche sehen!
Der Roman ist einerseits humorvoll, aber auch traurig. Bis zum Ende war ich nicht sicher, wie die Geschichte ausgehen wird. Man durchläuft die ganzen 448 Seiten eine Achterbahn der Gefühle!

Charaktere:
Elsa ist dabei eine eher schüchterne und introvertierte junge Frau, die schon länger auf ihren eigenen Füßen steht. Sie lebt allerdings richtig auf, wenn sie in die Haut einer fremden Person schlüpft, sei es beim Synchronsprechen oder auf der Bühne.
Finn ist dagegen extrovertiert und chaotisch. Er ist selbstsicher und hat nur ein Problem, das er nie lösen kann: Er kann einfach nicht Schluss machen und seinen Freundinnen erklären, dass die Beziehung zu Ende ist.
Die Autorin hat die Charaktere in ihrem Roman wunderbar beschrieben. Beide Hauptprotagonisten besitzen sehr viel Tiefe. Aber auch die Nebencharaktere sind alle sehr liebevoll gezeichnet, authentisch und aus dem Leben gegriffen. Man fühlt sich dazugehörig, auch wenn hier einige Personen den Beiden etwas übel mitspielen. Dadurch enthält der Roman auch sehr viel echtes Leben und wird trotzdem nie langweilig. Jeder Nebencharakter spielt hier eine wichtige Rolle in Elsas und Finns Leben und trotzdem bleiben die Beiden der Mittelpunkt.

Schreibstil:
Die zwanzig Jahre, die wir mit Elsa und Finn mitfiebern, werden kapitelweise und im Jahresrhythmus erzählt. Ich kann sagen, dass dieser Roman eindeutig vom wunderbaren und aussagekräftigen, sowie gefühl- und humorvollen Schreibstil der Autorin lebt! Einige unvorhersehbare Wendungen lassen nie Langeweile aufkommen und brachten auch etwas Herzklopfen mit.

Fazit:
Eine eindeutige Leseempfehlung und eines der besten Bücher aus dem Genre, die ich die letzten Jahre gelesen habe! 5 Sterne sind hier einfach zu wenig.....ich würde auch das Doppelte vergeben. Eine Geschichte voller Emotionen, aber ohne Kitsch, direkt aus dem Leben. Wer dieses Buch nicht liest, ist selbst schuld!