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Veröffentlicht am 22.08.2017

Stimmungsvoller Familienroman im Herzen Andalusiens

Ein Haus voller Träume
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Hope, die Mutter unserer drei Hauptprotaginisten Tom, Jo und Lucy, war ein Kind der wilden Siebziger. Ein lebensfroher Freigeist, die nach ihrem viel zu frühen Tod drei Kinder von drei verschiedenen Vätern ...

Hope, die Mutter unserer drei Hauptprotaginisten Tom, Jo und Lucy, war ein Kind der wilden Siebziger. Ein lebensfroher Freigeist, die nach ihrem viel zu frühen Tod drei Kinder von drei verschiedenen Vätern hinterlässt. Diese kommen nun gemeinsam mit Hopes Freunden und weiteren Verwandten ins Haus ihrer Kindheit zusammen, um gemeinsam Abschied zu nehmen. In der "Casa de Suenos", Hopes Haus in Andalusien, soll statt den Begräbnisfeierlichkeiten eine Party gefeiert und anschließend Hopes Asche im nahegelegenen Wald vertreut werden. Danach soll das Haus, das für sie und ihre Kinder stets ein Domizil zum Träumen und Entspannen war, verkauft werden. Die Geschwister treffen nacheinander aus England, ihrer Heimat, wo auch Hope zuletzt von ihrer jüngsten Tochter Lucy gepflegt wurde, zur Hausstandauflösung ein. Nur Hope selbst, deren Urne Jo in ihrem Koffer gepackt hatte, ist am falschen Flughafen gelandet. Ob sie es noch rechtzeitig zu ihrer eigenen Abschiedsparty schaffen wird?

Nach und nach lernen wir Tom, Jo und Lucy näher kennen, die von der Autorin sehr liebevoll und authentisch gezeichnet wurden. Tom, dem der Lebensstil seiner Mutter immer ein Gräuel war und sein Leben gerne strukturiert hat, ist mit Belle verheiratet und hat zwei Söhne, Alex und Ethan. Belle ist eine nach außen hin sehr kontrolllierte Frau, die nicht wirklich herzlich zu sein scheint und der es sehr wichtig ist, die Fassade nach außen hin aufrecht zu erhalten.
Jo, die Zweitälteste, ist eine erfolgreiche, etwas chaotische alleinerziehende Mutter. Sie bedrückt schon immer, dass ihre Mutter ihr nie den Namen ihres leiblichen Vaters verraten hat und erhofft sich nun endlich Antworten. Ivy, ihre vierjährige Tochter, hat nicht nur das Herz ihrer Tante Lucy, sondern auch mein Herz sofort erobert.
Lucy ist der Nachzügler und stand ihrer Mutter besonders nahe. Sie hat auch die größte Bindung zur Casa de Suenos, wo sie den Großteil ihres Lebens verbracht hat. Ihre Ehe mit Art steht gerade an einem Wendepunkt. Die ungewollte Kinderlosigkeit und die gegensätzlichen Lebensverläufe (Art beginnt als Schauspieler gerade Karriere zu machen, während Lucy ihr Partyservice zugunsten der Pflege ihrer Mutter immer mehr vernachlässigt hat) hat die Beiden von einander entfernt.
Neben den drei Geschwistern und deren Ehepartnern gibt es jede Menge Nebencharaktere, die ich lange Zeit sehr schwer zuordnen konnte. Auch meinen Mitlesern in der Leserunde ging es ähnlich. Trotz der vielen Figuren ist der Roman nicht zu voll gepackt.

Für Hope, die man aus immer wieder eingestreuten Erzählungen kennenlernt, konnte ich keine Sympathie empfinden. Zu sehr stellt sie sich selbst immer wieder in den Mittelpunkt, lebt ihr Leben und ist keine echte Mutter für ihre Kinder. Auch verschwieg sie meiner Meinung vorallem Tom und Jo sehr wichtige Dinge, die einschneidend sind und Auswirkungen auf ihr weiteres Leben haben. Allen ihren Kindern fehlte die Stabilität im Leben. Vorallem Tom sehnt sich danach und kompensiert diesen Wunsch mit seinem geregelten und durchgeplanten Tagesablauf und dem nach außen hin perfekten Familienleben.

Obwohl Hope immer gerne im Mittelpunkt stand und für "ihre Party" einige Überraschungen für ihre Kinder bereithält, werden in diesem Roman keine brisanten und dramatischen Geheimnisse gelüftet, wie es oft in diversen Familiensagen passiert. Es geht eher um das Abschied nehmen und um den Familienzusammenhalt. Trotzdem gibt es einige verblüffende Wendungen und für den einen oder anderen Gast eine doch noch größere Überraschung.

Die Geschichte ist eher ruhig und warmherzig. Sie lebt vorallem von der Charakterstudie und der tollen Atmosphäre. In der Mitte kommt es jedoch zu einigen Längen. Obwohl sich die Handlung nur über vier Tage erstreckt, erlebt man ein intensives Wochenende, bei dem jede Menge Konflikte ausbrechen.
Am Ende hat man allerdings das Gefühl, dass nur wenige davon gelöst wurden und einige Handlungsstränge offen bleiben.

Schreibstil:
Der sehr atmosphärische Schreibstil, von der mir noch unbekannten Autorin Fanny Blake, hat mir sehr gut gefallen. Die andalusische Landschaft wird sehr bildhaft dargestellt. Auch die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und sind sehr lebensecht mit ihren Ecken und Kanten. Die Atmosphäre und die Beschreibung der Casa de Suenos, dem Haus voller Träume, sind lebendig und voller Flair.
Die Kapitel erzählen abwechselnd von Tom, Jo oder Lucy und deren Erlebnissen und Gefühlen.


Fazit:
Ein leiser Roman mit viel Atmosphäre, der innehalten und das eigene Familienleben reflektieren lässt. Die Längen in der Mitte haben das Leseerlebnis leider etwas getrübt. Ansonsten ein sehr stimmungsvoller Roman, der noch ein bisschen Potential gehabt hätte.

Veröffentlicht am 22.08.2017

Auch ein perfekter zweiter Teil der Sturmwind-Tetralogie

Von ferne klingt mein Lied
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*****ACHTUNG, KANN SPOILER ENTHALTEN!****

Der zweite Band der Sturmzeiten-Tetralogie schließt nahtlos an den ersten Band "Geschrieben im Wind" an und spielt diesmal hauptsächlich auf den Philippinen, ...

*****ACHTUNG, KANN SPOILER ENTHALTEN!****

Der zweite Band der Sturmzeiten-Tetralogie schließt nahtlos an den ersten Band "Geschrieben im Wind" an und spielt diesmal hauptsächlich auf den Philippinen, was man auch auf dem Cover erkennen kann.....Palmen und Strand sind hier abgebildet. Doch der Schein trügt, denn auch die Philippinen hat der Zweite Weltkrieg erreicht. Die Japaner überrennen die Insel förmlich und Blair, die nach einer langen Schifffahrt endlich angekommen und auch Gary wiedergefunden hat, lebt in ständiger Gefahr. Gary legt ihr Nahe aus Manila zu fliehen. Doch anfangs denkt Blair gar nicht daran und lebt in ihrer eigenen Welt. Mit Claudette, einem philippinischen Mädchen, das sie als Hausmädchen anstellt und dem Pastorensohn Mateo,
macht sie sich schlussendlich doch auf den Weg in die Berge. In der Missionsstation der Doleys finden sie zunächst Schutz, doch auch dieser ist nicht von Dauer.
Ich musste immer wieder den Kopf schütteln, wie egoistisch und blauäugig Blair anfangs handelt. Sie hat überhaupt nicht begriffen, was Krieg bedeutet. Doch auf der Flucht erkennt sie sehr schnell, wie priviligiert sie bis dahin gelebt hat. Und bis zum Ende des zweiten Bandes erkennt man Blair kaum wieder....
Judith Pella lässt uns auch an Gary's Soldatenleben teilhaben. Besonders auf den letzten hundert Seiten des Buches spürt man die Verzweiflung und Mutlosigkeit der amerikanischen Truppen, die gegen die Japaner keine Chance haben. Hunger und Malaria sind ihre ständigen Begleiter. Die Autorin hat hier die Gefühlswelt der Soldaten und den Wandel von Blair großartig beschrieben.

Cameron verliebt sich hingegen immer mehr in Russland und auch in Alex. Jedoch beginnen die Beiden aus religiösen Dingen auseinanderzudriften und schlussendlich trennen sie sich. Auch bei der Kriegsberichterstattung tritt Cameron auf der Stelle. So widmet sie sich den Briefen von Jakow an ihre Mutter. Man erhält ein bisschen Einblick in sein Leben bzw. zu den ersten Lebensjahren von Semjon. Eine erschütternde Geschichte. Ob Cameron ihren Halbbruder je finden wird???
Im letzten Kapitel gibt es noch einen Schockmoment, der mich wirklich sehr betroffen gemacht hat.

Jackie und Sam erleben all den Hass der Amerikanier auf die Japaner hautnah mit. Sie dürfen nicht zu ihrer Liebe stehen. Der Aufruf der amerikanischen Regierung, dass alle Japaner in Internierungslager gesteckt werden sollen, zwingt sie zu Handeln.
Das Schicksal von Sam und Jackie hat mich sehr berührt und zeigt auf, wie schnell wir Menschen Schuldige gefunden haben. Sam, der in Amerika geboren wurde und die amerikanische Staatsbürgerschaft hat, hat genauso wenig Chancen wie sein Vater, der zwar in die USA gekommen ist, aber noch immer japanischer Staatsbürger ist. Die Grausamkeit und der offene Rassismus hat nicht nur in Europa stattgefunden, wie uns die Amis oft so schön unterstellen wollen....

In diesem zweiten Teil erleben Blair und Jackie die Auswirkungen des Krieges nun ebenso hautnah mit. Der Glaube spielt in "Von ferne klingt ein Lied" eine größere Rolle als im ersten Band. Besonders auch durch den Konflikt zwischen Cameron und Alex, wo dieser als Trennungsgrund herhalten muss.
Neben Blair scheinen auch Keagon und Cecilia eine größere Wandlung durchzumachen. Leider kann ich hier nicht mehr dazu sagen, ohne zu spoilern.

Schon im ersten Teil habe ich bewundert, wie Judith Pella, eine amerikanische Autorin, so wertfrei erzählen kann. Sie verurteilt hier niemand und rühmt auch keineswegs ihr eigens Volk - im Gegenteil. Schongslos erzählt sie auch von den Verbrechen der Amerikanier im Krieg. Der Krieg verändert alle.

Auch hier zeigt das Cover, dass Blair diesmal im Mittelpunkt des zweiten Romans steht. Man sieht sie im Vorder- und Gary im Hintergrund. Unten wird der Blick noch zu den bombardierten Flecken auf den Philippinen gelenkt.

Fazit:
Auch der zweite Band der Sturmwind-Tetralogie konnte mich begeistern und steht dem ersten Band der Reihe keineswegs nach. Krieg und Glauben stehen hier etwas mehr im Mittelpunkt als bei "Geschrieben im Wind". Es war wieder ein tolles Erlebnis die drei Schwestern zu begleiten und ich freue mich schon auf den dritten Band "Bevor der Morgen dämmert".

Veröffentlicht am 14.08.2017

Die Sonntagsblümchen

Die Dame mit dem blauen Koffer
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"Die Dame mit dem blauen Koffer" ist der Debütroman der französischen Fotografin und Drehbuchautorin Valérie Perrin. Wer schon einige - für mich so typisch französische Romane, wie z. Bsp. die Bücher von ...

"Die Dame mit dem blauen Koffer" ist der Debütroman der französischen Fotografin und Drehbuchautorin Valérie Perrin. Wer schon einige - für mich so typisch französische Romane, wie z. Bsp. die Bücher von Antoine Laurin oder Lorraine Fouchet gelesen hat, der findet auch dieses Flair und den Charme hier wieder.
Trotzdem konnte mich diesmal die Geschichte nicht wirklich packen....

Mit der 21-jährigen Justine lernen wir eine sehr eigenwillige junge Frau kennen. Wie viele ihre Altersgenossen geht sie am Wochenende gerne in den nahegelegenen Club tanzen und ist auch One-Night-Stands nicht abgeneigt. Während der Woche arbeitet sie als Altenpflegerin im Haus Hortensie in der nur 400 Seelengemeinde Milly, wo sie auch wohnt. Sie unterscheidet sich aber vorallem darin von ihren Altersgenossen, dass sie in ihrem Beruf aufgeht und immer ein offenes Ohr für alte Menschen hat. Sie liebt die Geschichten ihres Lebens, die diese bereitwillig Justine erzählen. Besonders ans Herz gewachsen ist ihr die 90jährige Hélène, die in ihren Gedanken noch immer in Südfrankreich am Strand auf ihre große Liebe Lucien wartet.

In Rückblenden erfährt man mehr über diese große Liebe und wie Hélène und Lucien durch den Krieg getrennt wurden. Eine Geschichte, die sich wohl zu Hunderttausenden abgespielt hat, aber trotzdem berührt. Dennoch konnte ich vorallem bei der jungen Hélène diese Gefühle nicht wirklich nachempfinden. Mir fehlten hier weitgehend die Emotionen. Auch die Darstellung der Geschehnisse im Krieg sind nur kurz angerissen. Hier hätte ich mir einfach viel mehr Hintergrundgeschichte gewünscht.

Abwechselnd zu den Rückblenden erfahren wir auch mehr über Justine, die mit ihrem Kousin Jules bei den Großeltern wohnt. Die Väter der Beiden waren Zwillingsbrüder und sind 1996 gemeinsam mit ihren Ehefrauen bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Seitdem kümmern sich die Großeltern um Justine und Jules. Während Justine Stück für Stück die Lebensgeschichte von Hélène für ihren Enkelsohn Roman niederschreibt, beginnt sie sich auch mit ihrer eigenen Lebensgeschichte mehr auseinanderzusetzen. Durch einen Satz des Ortsgendarmes irritiert, der den Unfallhergang ihrer Eltern als ungewöhnlich titulierte, beginnt Justine nachzufragen. Doch sowohl Polizei, als auch ihre Großeltern schweigen. Sie beginnt Nachforschungen anzustellen, dessen Ergebnis überraschend und schockierend sind. Dieser Teil des Buches wartet mit einem erschreckenden Ergebnis auf und gefiel mir wesentlich besser, als der Rest des Buches.

Amüsant fand ich auch die Episoden rund um die sogenannten "Sonntagsblümchen". Dies sind jene Heimbewohner im Haus Hortensie, die nicht einmal am Sonntag Besuch von ihrer Familie bekommen. Der Originaltitel "Les oubliés du dimanche", was ungefähr übersetzt "die Vergessenen des Sonntags" heißt, spielt darauf an. Diese Vergessenen bekommen aber durch einen anonymen Anrufer, der ihren Familien mitteilt, dass sie verstorben sind, wieder Aufmerksamkeit. Eine amüsante Geschichte in der Geschichte. Die Auflösung hingegen war doch etwas plump.


Charaktere:
Justine ist eine sehr eigenwillige junge Frau. Die Autorin hat sie wunderbar gezeichnet und dennoch wurde ich nicht richtig warm mit ihr. Meine Tochter ist ebenfalls Einundzwanzig und sicherlich sind Menschen verschieden, aber bei Justine hatte ich wirklich nie das Gefühl, dass sie das Alter hat, das ihr die Autorin gegeben hat. Meistens kam sie mir älter vor und dann wieder absolut unreif. Ich konnte viele ihrer Handlungen nicht wirklich verstehen und nachvollziehen, wie ihre Beziehung zu "Ich-weiß-seinen-Namen-nicht. Wenn man monatelang mit jemanden ins Bett geht, kann ich mir nicht vorstellen, dass man den Namen desjenigen nicht kennt oder nie nachfragt. Aber vielleicht soll dies auch ein besonders gelungene Idee der Autorin sein, die ich anscheinend nicht verstanden habe...
Auch bei Hélène konnte ich mich nicht wiederfinden. Das ist zwar auch nicht Sinn und Zweck eines Buches, aber ich konnte diese großen Gefühle, die beschrieben wurden, einfach nicht nachvollziehen. Ich fand keine wirkliche Bindung zu den beiden Hauptprotagonistinnen, was ich sehr schade finde.

Schreibstil:
Valérie Perrins Schreibsil ist keineswegs poetisch, sondern eher geradlinig mit kurzen und schnörkellosen Sätzen. Mir fehlte es vorallem an den Emotionen, die zwar beschrieben wurden, die ich aber nicht richtig fühlen konnte. Mit der Zeit findet man aber immer mehr in die Geschichte rund um Justine und Hélène hinein.
Der Romans ist teilweise im Präsens und in der Ich-Form (Justines Part), als auch in der Vergangenheit (Hélènes Part) geschrieben. Letzterer hebt sich auch durch kursive Schrift vom Gegenwartsstrang ab.

Fazit:
Eine etwas andere Geschichte, die Potenzial hat, die mich allerdings emotional nicht erreichen konnte. Mir fehlte die Atmosphäre, sowie einfach das Gefühl in die Geschichte abzutauchen. Trotzdem hat die Geschichte auch Charme. Am Besten ihr macht euch einen eigenen Eindruck und liest die Geschichte von Justine und Hélène selbst....

Veröffentlicht am 14.08.2017

Familiendrama um Verlust, TRauer und Lügen...

Die Bucht, die im Mondlicht versank
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Titel und Cover vermitteln hier einen lockeren Sommerroman. Dies trifft jedoch bei diesem Roman so gar nicht zu! Wer allerdings den Klappentext gelesen hat weiß, dass es sich hier mehr um ein Familiendrama, ...

Titel und Cover vermitteln hier einen lockeren Sommerroman. Dies trifft jedoch bei diesem Roman so gar nicht zu! Wer allerdings den Klappentext gelesen hat weiß, dass es sich hier mehr um ein Familiendrama, als um eine locker leichte Geschichte handelt.

Isla und Sarah sind seit ihren Teenagerjahren die besten Freundinnen. Beide hatten in ihrer Jugend einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften und gaben sich gegenseitig Halt. Später erfüllen sich die Beiden einen langgehegten Traum: Eine eigene Strandhütte auf der Sandbank in Longstone an der englischen Küste, wo sie sich kennergelernt haben.
Isla möchte aber auch die Welt bereisen. Deswegen nimmt sie sich nach dem Studium eine kleine Auszeit um fremde Länder kennenzulernen, auch wenn sie sich deswegen von ihrem Freund Nick trennen muss. Sarah und Nick treffen sich weiterhin auf der Sandbank und aus der anfänglichen Freundschaft wird Liebe. Sarah ist bereits schwanger, als Isla, ebenfalls in guter Hoffnung, von ihrer Weltreise nach 18 Monaten zurückkehrt. Die Freundschaft der beiden Frauen bleibt trotzdem bestehen. Ihre beiden Söhne, Marley und Jacob, werden im selben Jahr geboren und sind ebenfalls unzertrennlich.
Zehn Jahre später schwimmen die Beiden an Jacobs Geburtstag ins offene Meer hinaus und geraten in Schwierigkeiten. Nur Sarah's Sohn Jacob kann gerettet werden, während Isla's Marley ertrinkt. Genau sieben Jahre später verschwindet auch Jacob nach einer Strandparty.....

Lucy Clarke hat mit ihrem neuen Roman eine sehr fesselnde und emotionale Geschichte geschrieben, die sämtliche Eigenschaften eines Dramas beinhaltet. Die traumhafte Kulisse, die ich in meinen Gedanken wirklich nicht in England angesiedelt hatte, sondern irgendwo im Süden Europas, Asiens oder im Südwesten der Staaten, wurde von der Autorin sehr bildhaft eingefangen. Sie erzählt den Roman abwechselnd aus Sarahs und Islas Sicht in der Ich-Form. Der ständige Perspektivenwechel und das Zusammenspiel von Vergangenheit und Gegenwart sorgt für Spannung und Dramatik. Während die Tragödie ihren Lauf nimmt und immer mehr Geheimnisse aufgedeckt werden, rätselt man, was hinter den Beiden Vorfällen steckt. Ich konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen und wollte unbedingt wissen, was damals wirklich vorgefallen ist und wohin Jacob plötzlich verschwunden ist.

Trotzdem hat die Geschichte auch ihre Schwächen. Ich bin selbst Mutter und obwohl ich die Verzweiflung und die Schuldgefühle der beiden Frauen sehr gut nachvollziehen konnte, blieben sie mir trotzdem irgendwie fremd. Sarah wirkte oftmals sehr kühl und distanziert auf mich, während ich wiederum einige Handlungen von Isla überhaupt nicht nachvollziehen konnte.

Die Autorin hat den Roman sehr vielschichtig und komplex angelegt und mit Themen wie Freundschaft, Loyalität, Hoffnung, Vertrauen, aber auch mit Schuldgefühlen, Verlust, Trauer und Neid bestückt. Geheimnisse und Lügen stellen die Freundschaft der beiden Frauen auf eine harte Probe bis sie zum Ende hin endgültig auseinanderbricht.

Das Tempo ist nicht sehr hoch und so kommt es mitunter zu einigen Längen. Das ist schade, denn der Plot ist wirklich großartig und die vielen Themen, die hier angesprochen werden, sind interessant und vielschichtig. Auch die Location wurde sehr stimmungsvoll beschrieben. Generell lässt sich der Schreibstil der Autorin wunderbar lesen, ist atmosphärisch und dicht. Die Stärke des Romans liegt eindeutig in der emotionalen Tiefe und dem wunderbaren Schreibstil.

Wer sich nicht vom Cover und Titel irreführen lässt und eine locker leichte Geschichte erwartet, erhält einen sehr emotionalen und vielschichten Roman, der trotz kleiner Längen überzeugen kann.

Zum deutschen Cover möchte ich noch sagen, dass ich die mit Seesternen bedruckte Schnittkante wirklich wunderschön finde und dem Buch das gewisse Etwas gibt.

Fazit:
Ein Familiendrama, das trotz einiger kleiner Längen, mit emotionaler Tiefe, einem interessanten Plot und stimmungsvollen Beschreibungen punkten kann. Keine locker-leichte Geschichte, sondern ein vielschichtiges Drama rund um eine Frauenfreundschaft.

Veröffentlicht am 10.08.2017

Komm in die Puppenstube

Das Porzellanmädchen
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Nachdem ich die Reihe rund um den Ermittler Nils Trojan noch nicht gelesen habe, Band 1 "Der Federmann" aber noch in meinem SuB Regal steht, dachte ich mir mit einem Stand alone des Autors kann man nun ...

Nachdem ich die Reihe rund um den Ermittler Nils Trojan noch nicht gelesen habe, Band 1 "Der Federmann" aber noch in meinem SuB Regal steht, dachte ich mir mit einem Stand alone des Autors kann man nun nichts falsch machen und ich kann ihn endlich kennenlernen.
Gleich vorweg kann ich sagen, dass der Spannungslevel wirklich hoch war und der Autor mit der Psyche des Leser gekonnt spielt. Und trotzdem fehlte mir irgendetwas, das mir das Gefühl gab, dieser Thriller ist Extraklasse und hat 5 Sterne verdient. Aber liest selbst....

Der erste Teil der Geschichte spielt im Jahre 2003 und geht über die ersten fünf Kapitel des Buches. In diesem Abschnitt wird ein junges Mädchen von einem Mann entführt, der sich mit einer Gasmaske unkenntlich macht und den sie "das Insekt" nennt. Im Zimmer ihres Martyriums sitzt neben ihr eine alte Porzellanpuppe mit zwei unterschiedlich blauen Augen. Diese hat, wie das entführte Mädchen, dunkle Haare und eine sehe helle Haut und wirkt irgendwie gruselig. Trotzdem ist sie für sie eine Art "Bezugsperson". Dem Mädchen gelingt es zu entkommen, doch der Entführer wird nie überführt und das entlegene Haus nicht gefunden.
Im zweiten Teil lernen wir die damals Entführte als erfolgreiche Thrillerautorin Luna Moor kennen. In ihren Büchern versucht sie die damalige Tat zu verarbeiten. Für ihren neuersten Thriller hat sie sich selbst die Latte sehr hoch gelegt, denn Luna zieht in den Schuppen des Hauses, indem einst ihr Martyrium begann. Als zweiwöchigen Mitbewohner hat sie den fünzehnjährigen Leon an ihrer Seite, den Sohn ihrer Freundin Anna, die in die Vereinigten Staaten reisen musste und sie bat Leon diese Zeit aufzunehmen. Luna ist dies gar nicht recht, denn sie möchte den Täter von damals reizen und ihre eigene Geschichte in ihrem neuen Thriller verpacken. Sie möchte ihn aus der Reserve locken und endlich überführen....

In zwei Handlungssträngen lässt Max Bentow den Leser an den Ereignissen rund um Luna und ihren Roman teilhaben. Einmal erzählt er die Geschichte, wie Luna mit Leon in den Schuppen des Hauses einzieht, indem sie damals gefangen gehalten wurde. Die düstere und unheimliche Stimmung des einsam gelegenen Anwesens und die Tatsache, dass darin ein Mord passiert ist, sorgt schon für leichte Gänsehaut.
Im zweiten Handlungsstrang begeben wir uns in die Story, die Luna schreibt und lesen praktisch ein Buch im Buch. Wir erhalten durch Leon Einblick in Lunas Manuskript, der sich verbotener Weise auf seinen Stick eine Kopie zieht. Was Leon liest, lässt ihn fortan nicht mehr los. Lunas Hauptprotagonistin, die sie Maria nennt, erlebt eine Geschichte, die der von Luna sehr ähnelt, doch Maria sinnt auf Rache. Sie hat keine Hemmungen das Beil, das sie immer mit sich herumträgt, auch einzusetzen und zieht eine Blutspur durch Berlin. Gemeinsam mit Leon rätselt man und fragt sich insgeheim: Was ist hier Wahrheit und was Fiktion? Dieses Übereinandergreifen von Realität und Fantasie ist der Stoff, auf den der Autor aufbaut. Die sprechende Porzellanpuppe tut dazu ihr Übriges....

Der Autor kommt in seinem Thriller ohne große Rahmenhandlung und mit nur wenigen Protagonisten aus. Die Geschichte wirkt spektakulär und manchmal auch absurd, sie ist gespickt mit kleinen Horrorelementen, die für mich trotzdem zu wenig waren, dass ich mich richtig gruseln hätte können (und ich bin eigentlich kein Leser des Horror-Genres...noch nicht). Mit unvorhersehbaren Wendungen hält Max Bentow den Leser an der Stange, die Spannungskurve bleibt konstant oben und auch ich habe mir den einen oder anderen Fingernagel abgekaut.

Leider bleiben auch die Figuren etwas an der Oberfläche, obwohl die Personenzahl sehr beschränkt ist. Während Luna gut charakterisiert wird und man ihr ihre Ängste und den Zweifel an ihrer eigenen Zurechnungsfähigkeit abnimmt, hätte ich mir von den Nebenfiguren doch etwas mehr erhofft. Auch Leon erschien mir als Fünfzehnjähriger doch etwas zu erwachsen.
Der Autor hat den Fokus eher auf die Spannung und die Psyche des Lesers angelegt und das ist ihm großteils auch gelungen. Den Täter habe ich trotzdem in der zweiten Hälfte des Buches erraten....

Schreibstil:
Der Schreibstil ist sehr einfach und nicht wirklich anspruchsvoll. Bei einem Thriller lege ich normaler Weise keinen großen Wert auf den Schreibstil, aber hier fiel mir doch die eher anspruchslose und schlichte Wortwahl auf. Trotzdem gelingt es dem Autor mithilfe der kurzen Sätze und Beschreibungen das Haus, die Umgebung und vor allem die Puppen sehr bildhaft darzustellen.
Die Kapitel sind ebenfalls kurz gehalten, die Schrift ist eher groß und diese Faktoren ermöglichen das Ruck-zuck-weglesen der Inhalts. Spannung ist sehr wohl vorhanden, aber mit seiner Art des Schreibens konnte mich der Autor nicht wirklich gewinnen.

Fazit:
Die vier Sterne vergebe ich für Spannung, Nervenkitzel und die düstere, unheimliche Stimmung des einsam gelegenen Anwesens, welche der Autor grandios eingefangen hat. Der Schreibstil und die etwas abstruse Handlung, die manchmal ein bisschen mystisch angehaucht ist, konnte mich allerdings nicht gänzlich überzeugen.